Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Der Jüngling nickte. Augenscheinlich rotierten die Tribunen als diensthabende Stabsoffiziere, wobei auch der senatorische eine Dienstschicht, zweifelsohne folglich etwa zwei Monate des Jahres, seinen Beitrag zu leisten hatte. Ein wenig beklommen verhoffte er, möglichst noch zu einem späteren Zeitpunkte auf jene Stelle zu rotieren, wenn er ein wenig an Erfahrung bezüglich der alltäglichen Abläufe gewonnen haben würde.
    "Befasst sich der Legatus regulär in Persona mit den alltäglichen Dingen unserer Legion?"
    Selbstredend war dem jungen Flavius bekannt, dass Duccius Vala nicht lediglich Legatus Legionis, sondern ebenso Legatus Augusti pro Praetore war, folglich neben einer Legion auch noch eine ganze Provinz zu regieren hatte, was ihn zweifelsohne weitaus stärker in Beschlag nahm als der militärische Posten, bei welchem ihm immerhin zahlreiche erfahrene Offiziere assistierten. Insonderheit interessierte ihn diese Frage jedoch, weil Optio Octavius ihm in Roma gelehrt hatte, dass formal der Tribunus laticlavius der ranghöchste Offizier nach dem Legaten war, womit faktisch ihm die Befehlsgewalt innerhalb des Castellums würde zufallen.

    "In der Tat."
    , konfirmierte der Jüngling, selbstredend ohne sich explizit vorzustellen, da er als Offizier zweifelsohne bereits allseitig bekannt war.
    "Ich habe dich und deine Kameraden rufen lassen, da ich gewisse Unterstützung für einen überaus partikulären Fall benötige: Ich gedenke zu meinem Einstand einige Honoratioren Mogontiacums in mein Haus zu laden und bedarf dafür einiger Hilfskräfte für meinen Haushalt. Gütigerweise war man so freundlich, mir einige Milites zur Verfügung zu stellen, um in meiner Casa alles zu bereiten und den Gästen bei Bedarf zur Hand zu gehen."
    Fragend blickte er zu dem Octavius, welcher fortunablerweise in einer hinreichenden Distanz zu ihm Aufstellung genommen hatte, dass er trotz seiner Fehlsicht die Mimik zumindest zu erahnen imstande war.
    "Glaubst du, du wärst dessen kapabel? Es würde dein Schaden nicht sein, so du zu meiner Zufriedenheit dich engagieren würdest."
    Nicht jeder grobe Soldat mochte immerhin geeignet sein, gleich einem wohlexerzierten Sklaven zu servieren und jenes Flair gehobener Eleganz nicht zu disturbieren, welches er sich für ein dergestalte Gastmahl in seinem Hause imaginierte.

    Artigwartete der junge Flavius, als die Wache seine Ankunft meldete, bis final er sich doch im Kreise der nidaesischen Honoratiorenschaft wiederfand, die soeben augenscheinlich ebenfalls dem Duccius ihre Aufwartung machte. Der Statthalter schien über ihn Erkundigungen eingezogen zu haben, denn sogleich wurde er mit eben jener Qualifikation präsentiert, welche ihm nach seinem eigenen Dafürhalten am wenigsten zur Ehre gereichte, immerhin erschien es ihm wenig erstreblich, just in jener Philosophie, die auf einem kapitalen, ja heilsgefährdenden Irrtum fußte, Meisterschaft erworben zu haben.
    "Salvete, die Herren. Ich danke, dass mir gestattet wurde eure zweifelsohne bedeutsamen Unterredungen zu stören."
    Er trat näher und reichte dem Duccius die Hand zum Gruße, präsentierte ein formales Lächeln und zog final die Hand wieder zurück. Konträr zu seinen Kommilitonen hatte er durchaus sich über die Person des Statthalters informiert, ja erinnerte sich gar dunkel, ihn hier oder dort im Knabenalter auf gesellschaftlichen Anlässen getroffen zu haben. Final zumindest hatte sein Vater ihn als überaus vernunftvollen Emporkömmling charakterisiert , selbst wenn ein Flavius selbstredend es mit Misstrauen musste betrachten, wenn ein Homo novus eine Patrizierin aus nobelstem Geschlecht geehelicht hatte.
    "Es ist mir eine Freude, deine Bekanntschaft zu machen, Titus Duccius Vala, und eine Ehre, unter deinem Kommando meinen Kriegsdienst zu leisten."
    , fügte er schließlich an, da er doch zu konzedieren hatte, dass Vala konträr zu seinem Vater zumindest auf dem Schlachtfeld einige Expertise hatte gewonnen und dem vescularischen Usurpator auch zugunsten des Patriziates die Stirne hatte geboten, was erwarten ließ, dass unter seiner Anleitung manches zu lernen sein würde.

    Ein wenig furchtsam stakste der junge Flavius über die sorgsam gehegten Wege des Gartens, da er auf infamiliarem Terrain, insonderheit in freier Natur, stets er ob seiner Hypermetropie befürchtete, eine kleine Erhebung, ein sich mäßig abzeichnender Stein oder dergleichen mochten ihn zu Fall bringen. Patrokolos, sein Diener, folgte ihm zwar auf dem Fuße, doch zweifelte der Jüngling, dass dieser imstande war den gesamten Bereich vor seinen Schritten aus seiner Position hinreichend zu kontrollieren. Insofern schenkte er den liebevoll bepflanzten Beeten wenig Aufmerksamkeit und war durchaus erleichtert, als er ohne einen Unfall endlich den augenscheinlich okkupierten Hausherrn erreichte.
    "In der Tat. Ave, Duccius!"
    , salutierte er in unbestimmter Weise seinen Gastgeber, da augenscheinlich es sich nicht um den Statthalter persönlich handelte, er jedoch noch mit keinem anderen Duccius persönlich bekannt war.

    Im Schatten der Kolonnade vermochte der junge Flavius die pretiosen Schnitzereien nicht zu identifizieren, da, als er endlich unter das Dach trat und seine Augensich an den Kontrast adaptiert hatten, er ihnen bereits zu nahe war, um sie in seiner Fehlsicht identifizieren zu können. Dennoch besaß er bedingt durch den Ritt über die Allee einen guten Eindruck von der Weitläufigkeit des Anwesens, dessen Bikulturalität durchaus bisweilen ins Auge fiel.


    Er wusste nicht einmal, wer der Herr dieses Hauses war, da doch lediglich erfahren hatte, dass der Legatus Augusti keineswegs der einzige der Duccii in diesen Breiten war, weshalb potentiell diverse Personen aus der provinzialen Elite als Inhaber der Hros Duccia infrage kamen.
    "Gern."
    ,vermerkte er somit durchaus vorwitzig und schickte sich an seinem Ross zu entsteigen, wobei ihm ein Miles behilflich war, welcher sich unter seinen Calceus kauerte und damit gleichsam als Trepplein fungierte.

    Nachdem Manius Minor seine Quartiere bezogen und auch sein Officium adäquat eingerichtet hatte, widmete er sich in einem erstlichen Schritte der Frage, wie sein erster Auftrag, die Organisation eines Übungsmarsches, zu bewältigen sei. Praefectus Iulius hatte ihm diesbezüglich diverse hilfreiche Personen genannt, doch keiner von selbigen war dem Jüngling bekannt, was die Problematik offenbarte, welche der Einsatz eines römischen Aristokraten an den Grenzen des Imperiums implizierte: Das pretioseste der Kapitalien der Nobilitas, nämlich die Kontakte in sämtliche Direktionen der Staatskunst, jene akkumulierte Kompetenz eines Netzwerkes erfahrener Staatsmänner, glorreicher Militärs und findiger Administratoren, war für einen noblen Jüngling hier im fernen Germania Superior von minderer Nutzbarkeit, da keiner der lokalen Honoratioren ihm mediat oder immediat bekannt war. Folglich galt es, diesen Umstand zu ändern, wofür sich insonderheit eine Einladung der bedeutendsten Persönlichkeiten der Legion sowie Mogontiacums offerierte.


    Und dies war auch der Grund, warum der Tribun den wachhabenden Centurio gebeten hatte, einige abkömmliche Militres zu seiner Verfügung bereitzuhalten, da es dem jungen Flavius bisherig noch an einer adäquaten Zahl an Dienern mangelte, um ein derartiges Gastmahl zu bewerkstelligen. Als somit Octavius Frugi sich beim Cornicularius im Vorzimmer meldete (Manius Minor hatte den seines Vorgängers schlicht übernommen), wurde er sogleich hineinkomplementiert, wo der Jüngling hinter seinem Schreibtisch wartete.

    Selbst die Casa eines Tribunus Laticlavius in einem Standlager verfügte nicht über eigene Thermen, weshalb Manius Minor sich genötigt sah, seit seinem Aufenthalt im fernen Alexandria, wo stets er in der Gesellschaft der Myrmidonen war gewesen, wieder einmal eine nicht-private Thermenanlage aufzusuchen, um jene Sauberkeit zu erlangen, für welche das Volk der Quiriten weithin bekannt war. Obschon es einem Römer ob dieses Umstandes gemeinhin nicht infamiliar war, seine Hüllen vor Dritten fallen zu lassen, so genierte sich der Jüngling doch, als er gleich einem gemeinen Plebejer in den Umkleideräumen seine edle Tunica laticlava an einen Haken hängte und bereits um sich die ausnahmslos athletischen, wohltrainierten Leiber der Milites gregarii erblickte. Obschon manch altgedienter Veteran zwischen den kräftigen Armen durchaus ein kleines Wohlstandsbäuchlein vor sich hintransportierte, mancher langjährige Scriba des Praetoriums an Muskulatur abgebaut hatte, so ragte der weiche, wülstige Leib des jungen Flavius doch merklich aus der Schar der Gäste heraus. All seinen Mühen zu Trotze war er nicht imstande gewesen, seinen Leib dergestalt zu stählen, dass jene überflüssigen Fettreserven sich hatte gemindert oder gar seine Muskulatur unter ihnen hervorgetreten war, weshalb noch immer er einem unförmigen, kraftlosen Sack glich, welcher unablässig und bar jedweder Kontrolle Speisen sich einverleibte.


    Folglich wählte er eine Stille Ecke, in welcher Patrokolos ihn mit Strigilis und Öl den Schweiß vom Leibe schabte, ehe beide gemeinsam sich ins Frigidarium begaben, wo heftig prustend der Jüngling ins kühle Nass glitt, einige Schwimmbewegungen vollführte und dann erlahmte, um einen Augenschlag zu verweilen und sodann eilig sich ins Tepidarium zu begaben, wo das Verweilen ihm leichter erschien.
    In der Tat fand er dort ein Bänklein, auf welchem es ihm gestattet war im wohltemperierten Nass ein wenig zu verweilen und die übrigen Gäste zu beobachten, welche hier ihrerseits jenes prinzipale Stück römischer Lebenskunst zelebrierten.

    Sim-Off:

    Passanten sind herzlich willkommen!

    Auf dem Rücken eines geliehenen Pferdes aus den Pabulae der Legion erreichte Manius Minor von Mogontiacum aus kommend das Anwesen der Duccii. Durchaus ansehnlich erschien ihm das Torhaus, welches ihn an die Landhäuser Italias erinnerte und ob der Länge der Umfassungsmauer ein formidables Latifundium erwarten ließ. Er trug seine leichte Reitmontur, dazu jedoch das rote Paludamentum eines Offiziers, welches er kaum abgelegt hatte, seit er es in Roma in Empfang genommen hatte. Ihm folgte Patrokolos auf einem weiteren Pferd, obschon er nicht zu reiten wusste und deshalb von einem der Equites seiner Eskorte gleich einem Packtier am Zügel geführt wurde. Zweifelsohne war ob seiner Entourage leichtlich zu erkennen, dass es sich bei ihm, obschon sein feister Leib nicht eben dies andeutete, um einen ranghohen Offizier handelte, welcher die Villa Duccia visitierte.


    Einer der Legionsreiter war es, der vom Pferd stieg und Manius Flavius Gracchus Minor, Tribunus Laticlavius der Legio II Germanica und Interessent am Kauf eines Pferdes des lokalen Gestüts, anmeldete.

    Nach dem Gespräch mit dem Praefectus Castrorum machte Manius Minor erstlich sich auf den Weg in seine neue Casa, welche das folgende Jahr sein Refugium sein sollte. Bereits als er aus der Haupthalle der Principia trat, erkannte er die sechs gleichförmigen Häuser der Tribunen, unter welchen er sein eigenes nicht zu identifizieren vermocht hätte, hätte ihn nicht ein Miles begleitet, welcher ihm seine Heimstatt erst eröffnen musste, da nach der Abreise seines Präzedenten, eines gewissen Iulius Avianus, die Casa Tribuni Laticlavii selbstredend versperrt worden war.


    Nicht viel später stand er im verwaisten Atrium und nahm die Schlüssel entgegen, um den Soldaten wieder zu seinen Pflichten zu entlassen. Eine Weile wog der junge Flavius sie in seiner Hand, da ihm gewahr wurde, dass sie förmlich ein Symbol für jenes Anwesen waren, welches das erste darstellte, in dem er unlimitierte Hausherrschaft ausübte. Weder Manius Maior, noch Onkel Aristides, Vindex oder irgendein Anverwandter oder Freund der Familie überragte ihn hier an Auctoritas, sodass er zu tun oder zu unterlassen vermochte, was ihm beliebte.
    "Patrokolos, wie mir scheint, bin ich nun ein Pater familias! Mein Haus!"
    Versonnen lächelte er seinen Diener an, dessen kritische Miene ihm ob seiner Fehlsicht selbstredend entging, obschon er seine Haltung auch dem Timbre in seiner Stimme zu entnehmen imstande war:
    "Ein etwas in die Jahre gekommenes Haus, wie mir scheint."
    Er streckte den Fuß aus und trat auf eine gesprungene Fließe auf dem Boden, sodass diese mit einem schabenden Geräusch ein wenig auf und ab wippte. Auch Manius Minor vermochte zu erkennen, dass die Casa nicht eben das neueste und gepflegteste unter allen Anwesen war und in Konfrontation mit der Villa Flavia Felix Romae, die weitaus älter, jedoch in weitaus besserem Zustand und weitläufiger war, geradehin eine bescheidene Kate darstellte. Doch diese Casa gehörte ihm allein und er war zuversichtlich, einen wohnlichen Ort aus ihr zu gestalten.
    "Erkunden wir die Räumlichkeiten! Womöglich können wir mein Gepäck dann direkt in die vorgesehenen Räume dirigieren!"

    Der junge Flavius nickte zu jeder Information, welche der Praefectus ihm nun offerierte und prägte sogleich sich die Namen seiner Collegae ein. Selbstredend waren nicht wenige equestrale Familien ihm bekannt, da auch sie zur besseren Gesellschaft Romas zählten, doch war weder ein Brisius, noch ein Severus ihm bekannt, weshalb er durchaus ein wenig vorwitzig ob jener Fremden war, mit welchen augenscheinlich er nunmehr aufs Engste würde kooperieren müssen.
    "Dann werde ich mein Officium umgehend beziehen, sobald ich meine Unterkunft eingerichtet habe."
    , konfirmierte er final die Explikationen.
    "Sind mir ob meines Amtes unmittelbar weitere Obliegenheiten anvertraut, welchen ich mich sogleich widmen sollte?"
    Fragend blickte er den Iulius an, während in sein Bewusstsein die Einsicht drang, dass er zuerst diverse private Angelegenheiten würde klären müssen, da er ja nur die dringlichsten Necessitäten mit auf seine Reise genommen hatte, sodass seine Wohnung neu würde einzurichten sein, diverse Kleidungsstücke, ebenso ein Pferd und anderes Equippement zu erwerben waren etc. etc. Doch primär war er selbstredend nun Offizier, was ihm die Pflicht auferlegte, seinen Dienst deshalb nicht zu vernachlässigen.

    Casa Tribuni Laticlavii
    Manius Flavius Gracchus Minor



    Die Stabsoffiziere einer Legion genießen besondere Privilegien. Das zeigt sich auch an ihren Unterkünften, die sich sehr von denen der einfachen Soldaten und Mannschaftsoffiziere unterscheiden. Ihnen stehen eigene Häuser zur Verfügung, die wenig mit der sonstigen Kasernenbebauung gemein haben, sondern stattdessen sehr stark den typisch römischen, städtischen Atriumhäusern ähneln. Wie bei diesen gliedern sich fast alle Räume um ein zentrales atrium, mit im Boden eingelassenem Wasserbecken (impluvium) und einer damit korrespondierenden Dachöffnung (compluvium). Auch die weitere Raumnutzung, mit z. B. fauces (Eingangsbereich), tablinum (Wohnraum), triclinium (Esszimmer) und cubiculum (Schlafzimmer), gleicht der ziviler Stadthäuser. Jedem Tribun steht ein eigenes Haus zu, in dem er zusammen mit seiner Familie und dem Hauspersonal wohnt. Die Tribunenhäuser befinden sich an der via principalis und zwar auf der Straßenseite, die der principia gegenüber liegt.


    Manius Flavius Gracchus Minor hat drei Sklaven erworben, die das Haus im Wesentlichen bewirtschaften, nämlich eine Köchin und Haushälterin, eine Magd und einen Knecht, welche die kleinen Kammern neben der Küche bewohnen (1,2,4). Daneben assistiert wie gewohnt ihm der getreue Patrokolos, sein aus Roma importierter Leibsklave, in sämtlichen Belangen des Alltags, weshalb er wie bereits in der Heimat sein Nachtlager neben dem Cubiculum seines Herrn (12) aufgeschlagen hat (11).

    Der junge Flavius, welcher habituell stets es gewohnt war, stets exklusive Produkte zu verwenden, vermochte kaum zu imaginieren, dass just jene Fabricae, die gewöhnlich das günstige, simple Equippement des Miles Gregarius produzierten, auch tatsächlich die beste Qualität darboten, doch stellte die Herstellung militärischer Ausrüstung wohl ein eher extraordinäres Handwerk dar, welches sonst in dieser Region mäßig gepflegt wurde. Doch zumindest die Hros Duccia erschien ihm eine adäquate Adresse, selbst wenn die Vokabel 'Hros' ihm ein wenig suspekt deuchte.


    Dass er schließlich eine Unterkunft innerhalb des Castellums erhalten sollte, quittierte er mit einem wissenden Nicken, hatte doch Optio Octavius in Roma ihm auch einiges bezüglich der Anlage von Legionslagern vermittelt. Alles weitere würde zweifelsohne sich ergeben, wenn er seine Obliegenheiten besser zu ponderieren gelernt haben würde.


    Diese hingegen bereiteten ihm doch noch einige Fragen:
    "Einige Fragen hinsichtlich meines ersten Auftrages würde ich gerne noch klarifizieren: Welche Art von Marsch soll ich präparieren? Jenen monatlichen oder wäre der größere Marsch demnächst wieder an der Reihe? Im Übrigen würde ich gern erfahren, wer bisherig für die Organisation verantwortlich gezeichnet hatte, um im Bedarfsfalle mich über die örtlichen Gepflogenheiten zu informieren. Und wird mir hier in der Principia ein Officium zugewiesen oder sollte ich besser in meiner Unterkunft arbeiten?"
    Letzteres war er als Magistrat in Roma bisherig gewohnt gewesen, doch vermeinte er sich zu erinnern, dass die militärischen Stellen in Mantua, wo als Knabe er einige Zeit verbracht hatte, jedweder Stabsoffizier eine Stelle in der Principia unterhalten hatte.

    Ein wenig perplex vernahm der junge Flavius die prompte Erteilung einer Order, noch ehe überhaupt er auch nur sein Quartier hatte bezogen, welche zudem ihm überaus unklar erschien. Zumindest offenbarte man ihm erstlich noch, welcher Stab ihm für dergestalte Obliegenheiten zur Verfügung stand.
    "Eine Rüstung besitze ich, ein Schwert ebenso."
    Er klopfte auf den Schwertgurt, welchen er trug und in dem der Gladius steckte, den sein Vater ihm zu seinem sechzehnten Wiegenfest hatte geschenkt. Alles weitere hatte er nicht für notwendig erachtet, durch das halbe Imperium zu transportieren, weshalb er anfügte:
    "Ein Pferd und sämtliches übriges Equippement werde ich selbstredend umgehend erwerben. Gibt es eine Empfehlung, wo ich derartiges erhalten könnte?"
    Ein Flavius verfügte immerhin über hinreichende finanzielle Mittel, um an jedem Ort des Imperiums alles zu erwerben, wessen er für die Erfüllung seiner Pflichten bedurfte. Dass die Legion ihm dieses stellen würde, bedachte er ob dessen überhaupt nicht, zumal ja auch die Magistrate Roms ihr Equippement, ja gar einen Teil ihres Hilfspersonals, auf eigene Rechnung finanzierten.

    Da ihn durchaus ein wenig dürstete, ergriff der junge Flavius dankbar sein Getränk und nahm einen vornehmen Schluck, welcher ihm offenbarte, dass die Weine hier an der Grenze von eher inferiorer Qualität waren.
    Sodann lauschte er dem Lagebericht des Praefectus, welcher in der Tat eine Novität implizierte, denn obschon sie den gesamten Rhenus hinabgefahren waren, war nirgends die Kunde von jenem Hinterhalt an Manius Minors Ohr gedrungen, welches der Iulius hier umschrieb. Insofern bedurfte jene Information durchaus einer gewissen Bedenkzeit, ehe der Jüngling weitere Fragen zu diesem Falle zu stellen imstande war, zumal es ihm nicht adäquat erschien, sich immediat in die Arbeit zu stürzen, noch ehe auch nur seine Besitztümer die Castra Praetoria hatten durchschritten.


    Nicht weniger überrumpelte ihn jedoch die folgende Frage, denn obschon er seit seinem Knabenalter eine gewisse Faszination für das Kriegswesen hegte, hatte er niemals ernstlich reflektiert, wo realistischerweise seine Qualitäten im Betrieb einer Militäreinheit mochten liegen. Rasch bedachte er somit, was Optio Octavius ihm in Roma über die Abläufe des Soldatenhandwerkes hatte gelehrt, was Onkel Aristides bei ihren sommerlichen Aufenthalten in Baiae hatte berichtet und was ihm durch das Studium der historischen Klassiker diesbezüglich war ins Auge gesprungen. Selbstredend erschien ihm wie jedem Jüngling das Proprium des Kriegsdienstes, der Kampf, die Taktik und strategische Planung überaus reizvoll, doch war er genötigt sich einzugestehen, dass er diesbezüglich überaus unerfahren war und ob seiner korporalen Verfasstheit wenig Eignung für exhaustierende Gefechte besitzen musste. Die administrativen Bereiche wirkten dagegen mäßig attraktiv (zumal er ja mit dem Vorsatze war aufgebrochen, Heldentaten zu Ehren seines Geschlechtes zu vollbringen), zumal er deplorablerweise bereits während seines Vigintivirates nur bedingt sich mit derartigen Angelegenheiten befasst hatte.
    Es blieb ihm somit lediglich eine unbestimmte Positionierung, welche hoffentlich geeignet war, seine unbedingte Motivation und Opferbereitschaft zu exprimieren:
    "Ich bin geneigt, mich in jegliches Metier einzuarbeiten, in welchem mein Dienst benötigt wird. Ich scheue mich nicht, auch an riskanten Aktionen zu partizipieren. So dies notwendig sein wird."
    Dass es einem Spross der Nobilitas an praktischen Kapazitäten eher gebrach, vermeinte er nicht erst erwähnen zu müssen, obschon selbstredend er sich wie jeder Aristokrat auch für einen passablen Rhetoren und fürsorglichen Herren erachtete, selbst wenn er nicht wagte, dies in jenem Kontext nicht verbalisierte.

    Selbstredend wartete der junge Flavius artig vor dem Officium, wo er sich ob des neuerlichen ennuyanten Intermezzos vorwitzig umsah und endlich seinen Diener Patrokolos fragte:
    "Ob mir ebenfalls ein Vorzimmer zugewiesen werden wird?"
    Der Sklave zuckte lediglich knapp mit den Schultern, doch bedurfte es ohnehin keines weiteren Dialoges, denn schon kehrte der Scriba zurück und komplementierte sie hinein.


    Ihn erwartete ein hagerer Scheme, dessen Gesichtszüge, sobald Manius Minor sich approximierte, zu jener familiaren amorphen Masse zerflossen, welche es dem Jüngling kaum gestattete, verschiedene, ähnlich geformte Antlitze zu differenzieren, jedoch ebensowenig die Mimik seines Opponenten zu decodieren.
    "Einen Becher Weines würde ich nicht ablehnen!"
    , bemerkte er beiläufig, um sodann jedoch sogleich den offerierten Platz einzunehmen, wo der Praefectus sogleich in medias res ging, noch ehe der Wein war bereitet. Erstlich mochte dies den Jüngling ein wenig irritieren, doch gewahrte ihm sodann, dass ein Praefectus Castrorum für gewöhnlich dem gemeinen Volke entstammte, weshalb er der Etikette zweifelsohne nicht allzu geübt war, wobei er mit einiger Verwunderung erkannte, dass er sich überhaupt nicht kundig gemacht hatte, wer weiters im Offizierskorps der ihm zugewiesenen Legion seinen Dienst tat, was es ihm gänzlich verbat, irgendwelche Spekulationen hinsichtlich dieser Person anzustellen.
    "Einen Augenblick."
    , erwiderte er somit lakonisch, wie das Gespräch es vorgab und wandte sich an Patrokolos, welcher aus einer Tasche das gewünschte Dokument hervorholte, seinem Herren reichte und es diesem gestattete, die Papyri an den Iulius weiterzugeben:

    AQUILIANUS Primicerius ab epistulis M' FLAVIO GRACCHO MINORI s.d.


    Hiermit informiere ich die darüber, dass du mit Wirkung zum PRIDIE NON IUN DCCCLXVII A.U.C. (4.6.2017/114 n.Chr.) zum Tribunus Laticlavius der Legio II Germanica ernannt wurdest. In diesem Sinne fordere ich dich auf, dich unmittelbar nach Erhalt dieses Schreibens auf den Weg nach Mogontiacum in die Provinz Germania Superior zu begeben, um deinen Posten anzutreten.


    Im Anhang sende ich dir zudem eine Kopie deiner Ernennungsurkunde, mit der du dich in Mogontiacum legitimieren kannst.


    Im Auftrage des Kaiser,


    Caius Aquilianus Pullo


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    MANIUS FLAVIUS GRACCHUS MINOR


    MIT WIRKUNG VOM
    PRIDIE NON IUN DCCCLXVII A.U.C. (4.6.2017/114 n.Chr.)


    ZUM
    TRIBUNUS LATICLAVIUS
    DER
    LEGIO II GERMANICA



    "Dies sind sämtliche meine Befehle, welche ich erhielt, Praefectus."
    , explizierte er flankierend und legte genierlich die Hände in den Schoß.

    Wie ihm geheißen worden war, hatte Manius Flavius Gracchus Minor die Verfolgung des Legatus Augusti auf sich genommen, eskortiert von einigen Equites Singulares, welche der Statthalter während seinen Reisen in Mogontiacum hinterlassen hatte. Der junge Flavius war ein mäßiger Reiter, weshalb er das Tempo nicht allzu stark forcierte, was indessen ihm zugleich Gelegenheit bot, die Landschaft seiner Provinz ein wenig genauer zu inspizieren. Die Civitas Taunensium, wie die Equites den zu durchreitenden Verwaltungsbezirk titulierten, strahlte jene Mixtur aus germanischer Wildheit und römischer Zivilisation aus, die auch die Dörflein und Städte am Ufer des Rhenus, in welchen der Jüngling während seiner Reise nach Mogontiacum Station gemacht hatte, geprägt hatte, obschon das Land nicht in jenem Maße kultiviert erschien wie das Tal des großen Flusses. Dennoch beeindruckten Manius Minor die in regulären Abständen erkennbaren Villae Rusticae, welche im Sonnenlicht des germanischen Sommers kaum von jenen Italias differierten (sofern man davon absah, dass sie kaum Wein und Oliven, die zentralen Produkte des quiritischen Mutterlandes, kultivierten).


    Als sie endlich Nida erreichten, sah der Tribunus sich ein wenig desillusioniert ob des strikt militärischen Gepräges jener Zivilsiedlung, die ihm von Ferne geradehin als eine bescheidenere Kopie Mogontiacums erschien, die ebenso wie die Hauptstadt der Provinz sich um ein Castellum schmiegte, was den Jüngling zu einem Scherz bemüßigte:
    "Mir scheint, die größte Differenz zwischen Roma und den germanischen Dörfern besteht darin, dass dortig das Castellum an der Stadt parasitiert, hier hingegen die Stadt am Castellum."
    Vergnügt lächelte er den Kommandeur seiner Eskorte an, der indessen nicht recht humorvoll sich gerierte. Mit schroffer Stimme vermerkte er lediglich:
    "Hier ist es auch gefährlicher als in Roma, Tribunus."
    Dies hingegen wagte der Jüngling, der beständig vor den insekuren Gassen der Urbs seit Knabenjahren gewarnt worden war, zu bezweifeln, beschloss jedoch, es nicht auf einen Disput ankommen zu lassen, sondern der Kompetenz der Eingesessenen zu schmeicheln:
    "Welche Einheit campiert in diesem Castellum?"
    "Cohors V Delmaturum*."
    Jener Name erweckte bei dem Jüngling keinerlei Assoziation, sodass er eine weitere Debatte über das Prestige und die Funktion dergestalter Auxiliarverbände unterließ und stattdessen in Schweigen verfiel, sein Pferd ein wenig antrieb und so die letzte Meile zum aktuellen Standort seines Kommandanten überwand, welcher hoffentlich durch die vorausgesandten Boten bereits über seine Ankunft im Bilde war.


    Sim-Off:

    * Ich hoffe, jene Karte korrekt interpretiert zu haben!

    "In diesem Falle werde ich mich erstlich umkleiden."
    Ein wenig ratlos blickte er um sich, unwissend, in welcher Richtung er Nida vermuten sollte, was die Bestimmung eines Rendez-vous ein wenig diffizil gestaltete.
    "Ich erwarte die Eskorte in etwa einer halben Stunde an der Porta Praetoria des Castellum."
    Es war noch relativ früh am Morgen, sodass er unter Umständen imstande würde sein, am heutigen Tage zu Duccius Vala zu reiten und wieder nach Mogontiacum zurückzukehren, doch würde die Zeit für die Umkleide an diesem Umstand kaum etwas ändern.
    "Sofern dies möglich wäre, könnte mir bereits ein Bote voraus gesandt werden, um Duccius auf meine Ankunft vorzubereiten."
    Ein Vorsprung von einer halben Stunde würde zwar kaum etwas verändern, doch da die Pedites singulares derart hilfsbereit waren, erschien es ihm doch bequem, den Statthalter nicht gänzlich unpräpariert aufzusuchen.

    Manius Minor wartete artig, während der Offizier die erbetenen Informationen einholte und wandte sich unterdessen an seinen Diener:
    "Wie es scheint, ist Duccius ein reiselustiger Geselle."
    , vermerkte er, da doch jene langen Reisen ihm, welcher vornehmlich die amtlichen Aktivitäten im Rahmen des Cursus Honorum kannte, die bequem von zu Hause aus zu verrichten waren, überaus strapaziös erschienen.
    "Nun, eine Provinz ist eben eine fordernde Aufgabe."
    , erwiderte Patrokolos mit einem kaum notablen, ratlosen Zucken seiner Schultern.
    "Nun, ich hoffe mir bleiben allzu intensive Exkursionen erspart."
    , schloss der Tribun jene minimale Unterredung ab, als der Offizier wieder aus seiner Stube trat und die unerfreuliche Kunde verbreitete, welche dem jungen Flavius ein Seufzen entlockte.
    "Nun, in diesem Falle würde ich die Offerte mit der Eskorte in der Tat in Anspruch nehmen."
    Sein Tribunat würde möglicherweise nur ein Jahr dauern, sodass ein Antrittsbesuch bei seinem Kommandeur erst einen Monat nach dessen Beginn ihm doch ein wenig incordial erschien, zumal lediglich wenige Stunden zu Pferde sie augenscheinlich trennten.
    "Sofern es möglich ist, heute dorthin und wieder zurück zu kommen, könnte ich unmittelbar aufbrechen. Andernfalls würde ich in meine Reitmontur wechseln."
    Derzeitig trug er die schlichte Tunica laticlavia, den Schwertgurt mit dem Gladius, welchen sein Vater ihm geschenkt hatte, und das Paludamentum. Ein mehrstündiger Ritt jedoch schien ihm doch das Anlegen jener Feminalia erforderlich zu machen, die die Kavallerie und auch die vor ihm befindlichen Pedites singulares trugen.