Als man dem jungen Flavius das Eintreffen des Optio meldete, exaltierte diese Information selbigen umgehend in höchstem Maße. Schon als unmündiger Knabe hatte er mit Freuden in ein miniaturiertes Feldherrenkleid sich zu werfen geliebt, hatte Soldaten-Figürlein über imaginierte Schlachtfelder gelenkt und endlich mit reifendem Intellekt auch literarische Produkte hinsichtlich des Soldatentums wie des Kriegswesens studiert. Doch heute würde er jenen Weg antreten, der einst ihn womöglich ihn realiter zum Schlachtenlenker und Kommandanten würde machen, um gleich Onkel Felix, Onkel Aristides, wie sämtliche Divi Flavii den Ruhm des Roms wie des eigenen Geschlechtes nicht lediglich durch wohlfeile Reden, sondern ebenso durch den Einsatz der eigenen Physis, ja des Lebens zu mehren, was selbstredend, obschon er vor wenigen Tagen noch ein feuriges Plädoyer zur Defension der militärischen Komponenten des Cursus Honorum hatte gehalten, auch mit einiger Furcht war befangen: Seine athletische Expertise war deplorabel, wie der Gymnasion-Besuch mit den Myrmidonen ebenso klärlich hatte demonstriert wie sein exhaustierlicher Auftritt bei den Salii Palatini und selbst wenn sein purgierendes Krankenbett ihn nicht lediglich von jenen fatalen, epikureischen Flausen, sondern ebenso einigen Pfunden seiner lukullischen Leibesfülle hatte liberiert, so restierte noch immer ein massiger, defizienter Leib, dessen Muskulatur unter einer Schicht behäbigen Specks verborgen war, dem es an sportlicher Übung in ebensolchem Maße fehlte wie an jedweder anderen Koordination, zumal seine visuelle Inkapazität ihn daran gewöhnt hatte, sich in jedweder widrigen Situation der stützenden Hand seines getreuen Patrokolos zu bedienen.
Auch heute eskortierte ihn sein Diener in den noch leeren Hof, wo der Jüngling noch keinen Instrukteur vorfand und deshalb ein wenig nervös sich neben dem Pfahle positionierte.
"Hätte ich den ledernen Panzer nicht doch sogleich anlegen sollen?"
, fragte er ein wenig timid den tröstend ihm zur Seite stehenden Patrokolos.
"Ich denke nicht, dass das nötig ist, Domine. Es wurde doch gesagt, dass der Miles sämtliche Ausrüstung mitgebracht hat."
Manius Minor blickte hinab zu seinem Bauch, der sich unter seiner linnernen Tunica wölbte und in welcher es ihn angesichts der kühlen Temperaturen des Morgens ein wenig fröstelte. Erst vor wenigen Tagen hatte er sich einen Lederharnisch auf diesen für militärische Zwecke wenig geeigneten Leib schneidern lassen, nachdem die im Hause der Flavii tradierten Rüstungen seiner Ahnen jener umfangreichen Ventralpartie nicht den erforderlichen Raum geboten hatten. Kaum vermochte er zu imaginieren, dass die Cohortes Urbanae, denen Onkel Aristides' Klient angehörte, für derartig adipöse Tirones adäquates Material besaßen.
Doch würde dieses sich in Kürze aufklären, denn schon trat ein Fremder in den Hof, dessen Cingulum Militare ihn als Soldaten, dessen Gepäck ihn hingegen konkreter als jenen versprochenen Instrukteur auswies, welchen er erwartete. Der junge Flavius runzelte ein wenig irritiert die Stirn, als er, obschon die Züge des Mannes im raschen Nähertreten verschwammen, klärlich erkannte, dass es sich mitnichten um einen vielschrötigen Alten handelte, als welcher ihm Lucilius war angekündigt worden, sondern um einen Mann mittleren Alters.
"In der Tat. Du musst Lucilius sein!"
, erwiderte er dennoch artig und präsentierte ein genantes Lächeln, da er doch, nachdem er Onkel Aristides' Klienten bisherig niemals ansichtig war geworden, sodass womöglich ein Irrtum hinsichtlich seiner Deskription vorlag.