Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Die Nacht verbrachte Manius Minor im Hause des Tiberius Aquilianus Privatus, kaiserlicher Freigelassener und seit wenigen Jahren kaiserlicher Procurator für die Minen um Populonia, welcher anlässlich des hohen Besuches aus Roma eine Cena initiierte, auf welcher neben den beiden Duumviri des Städtleins, welche überaus servil sich gerierten und damit bei dem jungen Flavius die Impression von Speichelleckern hinterließen, welche augenscheinlich verhofften, sich durch ihre Verbindlichkeit Fürsprecher für sich und ihre Stadt durch den consularen Gracchen zu erwerben. Der jüngere Gracchus mochte darüber im Stillen sich amüsieren, da doch die Relation ihrer beider soeben nicht war geeignet, durch Minor den Maior in irgend gearteter Weise zu motivieren, doch im Laufe des Abends erwiesen sich die Schmeicheleien und das betonte Interesse der beiden Magistrate als überaus ennuyant, sodass der nüchterne Procurator sich gar als Retter in der Not erwies, obwohl seine Reflexionen über die Kapazitäten der Bergwerke keineswegs größeres Interesse bei dem Jüngling zu erwecken vermochten.


    Infolgedessen ging der junge Flavius entgegen seiner Gewohnheit zeitig zu Bett, genehmigte sich noch einen Schlummertrunk aus den Früchten des Morpheus und entfleuchte dergestalt berauscht in dessen Reich. Am nächsten Morgen sodann war der Zeitpunkt gekommen, die Minen selbst in Augenschein zu nehmen, wofür der Procurator ihn zeitig ließ erwecken. Gemeinsam ging es dann hoch zu Ross erneut bergab in Richtung des Hafens, um sodann sich östlich zu wenden und die abgeholzte Ebene, deren einstmals prächtiger Bewuchs zweifelsohne den Metallschmelzen am populonesischen Hafen war zum Opfer gefallen, zu durchqueren und die Berge zu avisieren.
    "Was ist jene Rauchsäule dort auf dem Meer? Ein Schiffsbrand?"
    , fragte der junge Flavius kurz nachdem sie die Tore der Stadt passiert hatten, und er eine Rauchentwicklung an jener Stelle entdeckte, wo hinter dem sichtbaren Pinienwäldlein seinem Dafürhalten das Meer sich musste befinden.
    "Nein, das sind die Eisenschmelzen von Ilva. Die Insel hat ebenfalls zahlreiche Bergwerke und Eisenschmelzen. Die Griechen nennen sie Aithalia deshalb, die Rußige."
    Selbstredend hätte der junge Flavius jene Vokabel auch selbst zu dechiffrieren vermocht, da er doch in Kindertagen stets im Hellenischen mit seinen Ammen und auch dem greisen Artaxias hatte parliert, sodann jüngst gar geraume Zeit in Alexandreia hatte verbracht. Doch hatte er zu konzedieren, dass jene Terminologie überaus adäquat war für diese Insel und lediglich die Impression ihrer Hässlichkeit von Ferne unterstützte, sodass es ihn nicht im geringsten gelüstete, sie zu visitieren. Doch ebenso wenig war er geneigt, sich weiterhin mit jenem seelenlosen Eiland zu befassen, welches wie so vieles in den ehernen Griff der menschlichen Gier war geraten.
    "Dann lasst uns dankbar sein, dass jenes Desaster sich nicht auf jener Insel zugetragen hat."
    Er blickte hinab zu den Milites, welche neuerlich zu Fuß mit den Pferden der Administratoren Schritt zu halten hatten. Welch glücklicher Wink des Zufalls, dass ihre Position nicht vertauscht war und er die Vorzüge des aristokratischen Daseins genießen durfte, anstatt wie ein Sklave sich den Schlägen und Instruktionen eines Offizieres zu beugen!

    In der opiösen Umnachtung gefangen platzierte der Jüngling sich auf den rechten der Stühle und betrachtete das befremdliche Verhalten seines Vaters, welches er nicht recht zu identifizieren vermochte, sodass er vermutete, mit einem ennuyanten Schreiben konfrontiert zu werden, womöglich einem Vertrag oder dergleichen, was für gewöhnlich in einem Regal ward verwahrt. Indessen erschien es ihm selbst in seinem Status befremdlich, einen solchen in einem hölzernen Kästlein zu verwahren, sodass mit wachsender Irritation er dem Introitus jenes obskuren Zwiegesprächs lauschte.
    Erstlich argwöhnte er bereits, Manius Maior habe seine eigene Mutter höchstselbst ermordet, als erstlich der kalte Stahl ward aufgedeckt und sodann Diva Flavia Nyreti wurde erwähnt. Doch ehe noch sein nebulöser Geist die Konsequenzen jenes Argwohnes zu ermessen imstande war, enthüllte endlich sich der wahrhafte Anlass. Dieser jedoch erschien dem Jüngling in keinster Weise erschröcklich, respektive nicht dergestalt, dass jene Information nicht auf den nächsten Tag hätte warten können, denn weder der Römer, welcher die leeren Meinungen der Majorität verfolgte, missbilligte den Freitod, noch der große Philosoph, der da an Menoikos hatte geschrieben (was Epimenides nicht lediglich einmalig hatte rezitiert):
    Noch viel minderer aber ist, wer da sagt: Schön ist's, gar nicht geboren zu sein. Ist man geboren, aufs schnellste des Hades Tor zu durchschreiten.
    Ist dies nämlich seine wirkliche Überzeugung, warum gibt er dann das Leben nicht auf? Das steht ihm ja frei, wenn er es sich fest vornimmt. Redet er aber nur aus Spott so daher, dann gilt er bei denen, die solches Gerede nicht mögen, erst recht als Narr.

    Die Melancholie erschien somit zwar irrational, doch keinesfalls kondemnabel, zumal der junge Flavius niemals die Bekanntschaft seiner Großmutter hatte gemacht und somit außerstande war zu ermessen, inwieweit die Trübsal ihr Leben wahrhaftig hatte ruiniert.


    Indessen ängstigte es ihn doch ein wenig, als der ältere Gracchus eine weitere Klinge hervorholte, bezeichnenderweise orientalischer Provenienz und somit wohl als überaus adäquat um dem Vater zu erlauben, dem Sohne den Gram über dessen Häresie zu symbolisieren, indem er mit selbigem sich oder gar ihn selbst nun ebenfalls aus dem Leben verabsentierte. Mit beachtlicher Gleichmut nahm der jüngere der Gracchen indessen auch diesen Gedanken hin, was ihn als wahren Schüler Epikurs wohl adelte, ehe auch diese unerhörte Ästimation durch weitere Explikationen wurde zerschlagen. Doch obschon Minervina bisweilen in seinen Kindertagen ward thematisiert worden, vermochte er auch dieser Person sich nicht zu entsinnen, sodass es seiner Droge keine Mühe bereitete, ihn in einer Apathie gefangen zu halten, welche die Seelenpein seines sonst so reservierten Vaters umso stärker kontrastierte.


    Die finale Information endlich drang wieder hindurch durch den Panzer seiner Lethargie, erreichte seinen Geist: Flamma! Sogleich erwachten Remineszenzen an jenen Tag, als er im so unendlich fernen Alexandreia die Botschaft ihres Verscheidens hatte empfangen! Sogleich erinnerte er sich seiner Spekulationen hinsichtlich der Involviertheit seiner Stiefmutter, mit welcher soeben er noch den Tisch hatte geteilt, präsentierte sich ihm jener emotionale Brief, den er damals seinem Vetter Scato hatte gesandt und der doch niemals war repliziert worden.
    Schlagartig war sämtliche epikureische Ataraxie verschwunden, fühlte er sich trotz der Schwere der Glieder hinreichend klar, weshalb unvermittelt er sich aufrichtete und jene Schatten fixierte, welche zweifelsohne die traurigen Augen seines Vaters verbargen.

    Die Cena dieses Tages war Manius Minor überaus vergnüglich erschienen, da erstlich Manius Maior, dessen Präsenz, obschon er den Jüngling seines drückenden Joches der Vita Activa ledig hatte gesprochen, stets die Furcht erweckte, er möge seine Gabe retirieren, dem Male ferne war geblieben, zum zweiten der junge Flavius hatte erkannt, dass der ersehnte Moment der Freiheit nun am Ende seiner Amtszeit in tangible Nähe war gerückt und drittens endlich die Familia ein kurzweiliges Gespräch über die zurückliegenden Ludi Plebei hatte entsponnen, welches gar die gewöhnliche Trübsal über der Villa Flavia Felix ein wenig hatte gelichtet. Erstorben war das Lächeln auf den Lippen des Jünglings indessen, als ein Sklave zu dem süßlich-physischen ein bitter-informationelles Dessert ihm reichte, denn welchen Grund mochte der ältere Gracchus haben, seinen Sprössling zu später Stunde noch zum Gespräch zu bitten, als ein überaus ernstliches Sujet, welches keinen Aufschub ihm gestattete?


    Sogleich waren Furcht und Ratlosigkeit in den Jüngling zurückgekehrt und sein Appetit, welchen er ob des regulären Konsumes an Opium ohnehin nicht selten lediglich in geringer Vehemenz verspürte, zur Gänze erstorben, sodass er sich genötigt sah, die Speise beiseite zu stellen und sich zu exkulpieren, um mit einem kleinen Schlücklein Opiums sich doch zumindest zu stärken, ehe er seinem Vater gegenüber trat. Dergestalt durch opiöse Gleichmut kalmiert (obschon der Thanatos-Trunk bei dem Jüngling bei weitem nicht mehr jene intensive Wirkung evozierte, wie dies einem ungeübten Konsumenten mochte geschehen) machte er final sich auf, dem Unentrinnbaren die Stirne zu bieten und jene zweifelsohne unerfreuliche Angelegenheit, deren Tragweite ihm unter dem Eindruck seiner Droge ohnehin bereits belanglos erschien, zu passieren, um endlich sich der Ruhe hinzugeben.


    Wie gewöhnlich klopfte er an die Türe des Officium, ehe er mit leisen Sohlen eintrat, den Schemen seines Vaters im dämmrigen Licht des scheidenden Tages, verstärkt durch die zarte Flamme einer Öllampe erblickend, gebeugt über ein Schriftstück.
    "Du hast mich rufen lassen, Vater?"
    , fragte er, wobei er die Schwere seiner Zunge verspürte, da sein Trunk bereits seine Wirkung entfaltete und vehement durch Mattheit den Leib des Jünglings gemahnte, sich in die Behaglichkeit einer Kline zu retirieren!

    "Sieh nur, was für gewaltige Grabanlagen!"
    , bemerkte Patrokolos, als sie eine Felswand passierten, in die die wohl vor Jahrhunderten die Bewohner jener Region Fenster und Räume, zweifelsohne zur Verwahrung der Toten hatten geschlagen, nachdem zuvor auf einem Gräberfeld steinerne Sarkophage hatten dominiert, diw nicht nach römischer Sitte in separaten Gruften, sondern vielmehr similär als Monumente unter freiem Himmel fungierten.
    "Augenscheinlich sind die Populonier durch das Graben von Minen noch nicht saturiert."
    , vermerkte Manius Minor mit einem sublimen Lächeln auf den Lippen, ehe seine Miene aufs Neue sich versteinerte, da doch dieser Friedhof ihn (wie schon die Mausolea an den Ausfallstraßen Romas) ihn seiner toten Anverwandten gewahrten, insonderheit seiner geliebten Mutter. Obschon sie nun schon viele Jahre war verstorben, ja ihn Epikur gemahnte, dass die Toten schlicht zu Staub zerfielen und weder Bewusstsein, noch Interesse mehr besaßen und folglich auch weder zu beklagen, noch zu verehren waren, ja er deshalb sich geboten hatte, das flavische Mausoleum niemals wieder aufzusuchen, um den ridikulösen Totenkult zu praktizieren, so war er doch genötigt zu konzedieren, dass er sie noch immer vermisste und ihr Fehlen als einen Schmerz verspürte, den auch die Lektüre über den großen Weisen nicht zu kalmieren vermochte. Sehr wohl hingegen eine hinreichende Menge an Opium, nach der es ihn schlagartig aufs Höchste gelüstete.
    "Eilen wir uns. Die Destination ist nahe!"
    , spornte er daher seine Gefährten an und trieb das Pferd voran, den Gräbern als Symbol der Reminiszenz seiner Mutter entfliehend und hinauf strebend, wo die erhabene Lage der Gefilde der Lebenden zweifelsohne einen lustgewährenden Blick über das Meer offerierte.

    Nicht lange darauf trat Manius Minor, respektive sein Sklave Patrokolos die flavische Schicht an. Der Jüngling hatte sich genötigt gefühlt, zumindest seinen Diener und Freund zu Beginn ein wenig Gesellschaft zu leisten, denn obschon dieser selbstredend derartiges niemals hätte erwartet, so erschien es jenem doch als unverantwortlich, einem geliebten Menschen jene ennuyante Bürde aufzuladen, ohne ihn doch zumindest temporär zu unterstützen, zumal all jene Obliegenheiten ja keineswegs den Wünschen oder Nutzen des Sklaven entsprangen. Als Patrizier und habitueller Herr erachtete er es hingegen keineswegs für problematisch, Patrokolos seinen Siegelring anzuvertrauen, um ihm die Mühe des Verschlusses sämtlicher gezählter Kisten zu überlassen, sodass er selbst lediglich dabei zu verweilen hatte, ohne zu den mit Eisenbändern gefassten Kästen sich hinabzubeugen genötigt zu sein.


    Als nunmehr Patrokolos genötigt war auszutreten, verblieb der Jüngling allein in jenem sinistren Winkel, in welchem die Schatzkammern der Münze waren verborgen. Rasch erschien ihm das Betrachten der fröstelnden Sklavenleiber, welche Barren um Barren, Münze um Münze zählten und verstauten, als ermüdend, zumal die misslichen luminösen Verhältnisse es ihm überaus fatiguierlich machten, jene Szenerie in voller Schärfe zu fixieren.
    Somit wandte er endlich sich beiseite und erblickte zufällig die Milites der Cohortes Urbanae, welche jene miserable Order hatten zu vollziehen, die Staatssklaven zu kontrollieren und zugleich den überaus unplausiblen Fall zu verhindern, dass Banditen just in jenem Augenblick der eröffneten Schatzkammern sich Zutritt zu jener Festung verschafften und sich der kaiserlichen Gelder bemächtigten.
    "Wie lautet dein Name, Miles?"
    , fragte Manius Minor somit nicht ohne Vorwitz, woraufhin selbiger lakonisch und bar jedweder Anteilnahme erwiderte:
    "Miles Pedanius Minor, Centuria III der Cohors XIV, Tresvir."
    Der Jüngling benötigte einen Augenblick, jene militärische Information zu ermessen, da es ihm doch abstrus erschien, seine Affiliation zu einer spezifischen Einheit als Teil seines Namens zu erachten, was letztlich doch nichts anderes zu bedeuten hatte, als dass der Soldat seine Persönlichkeit primär auf seinen Sklavenstatus in einem Kollektiv bezog und somit gänzlich natürlich sich einer Herrschaft unterwarf.
    "Wie lange vollziehst du deinen Dienst bereits?"
    "Vierzehn Jahre, Tresvir."
    Der Blick des Miles verblieb auf den Sklaven, die Stimme blieb distanziert wie zuvor, doch Manius Minor wünschte doch mehr zu erfahren über jene augenscheinlich miserable Existenz:
    "Bist du zufrieden mit deiner Arbeit?"
    "Der Centurio ist zufrieden mit mir."
    Offenbar definierte Pedanius sich in der Tat über die Hierarchie, welche ihn unterdrückte.
    "Und bist du zufrieden mit deinem Centurio?"
    "Das steht mir nicht zu, das zu beurteilen."
    "Willst du eines Tages auch Centurio werden?"
    "Wer nicht?"
    Dies mochte der Grund sein, warum ein freier Mann sich entschied, jenem repressiven Apparat des Exercitus Romanus sich anzuschließen, wo die eigene Lust zurückstehen musste hinter der Lust jenes Imperatoren, zu dessen Freude auch der junge Flavius laborierte, deren Ruhm sie letztlich beide in ihrer spezifischen Manier sie mehrten, obschon doch er selbst zumindest wusste, dass damit weder ihm, noch seinem Herrn auf dem Palatin wahres Glück würde beschieden sein, während Pedanius augenscheinlich zu jenen deplorablen Gestalten zählte, welche an jenem Spiel der Macht partizipierten in der Hoffnung, eines Tages selbst ihre verdorbenen Früchte zu genießen.
    "Warum?"
    , fragte Manius Minor daher vorwitzig. Der Miles stockte.
    "Weil das jeder will!"
    Der Fluch der leeren Meinung: Was alle taten, war erstreblich!
    "Ein Centurio bekommt viel mehr Sold, er hat eine ordentliche Befehlsgewalt! Außerdem ist er ein angesehener Mann!"
    Da waren sie versammelt, jene influenziösesten aller verdorbenen Begierden: Reichtum, Macht und Ansehen! Der junge Philosoph musste weiter fragen, war doch dies schon seit Sokrates die favorisierte Methode, den anderen an der eigenen Weisheit partizipieren zu lassen:
    "Und dies gereicht dir zum Glück?"
    Wieder antwortete lapidar:
    "Ja."
    "Doch ist dieses Glück nicht überaus unbeständig?"
    "Wenn man sich nicht ganz dumm anstellt nicht. Degradiert werden nur Dummköpfe."
    Manius Minor versuchte es erneut:
    "Doch erweckt nicht das Amt des Centurionen nicht neue Dissatisfaktion? Strebt nicht auch der Centurio lediglich nach höheren Ämtern, größerer Macht, besserem Sold?"
    "Ja und?"
    Die Begriffsstutzigkeit des Miles begann den Jüngling zu enervieren und in flavischer Manier zog sich seine rechte Augenbraue ein wenig in die Höhe.
    "Damit würdest du doch nicht mehr Glück empfinden als heute!"
    "Doch. 450 statt 30 Sesterzen würden mich schon sehr viel glücklicher machen."
    Der junge Flavius legte die Stirne in Falten ob jenes augenscheinlich gänzlich hoffnungslosen Falles, jenes unentwirrbar verstrickten Sklaven der leeren Meinungen, welcher schlicht des Intellekts entbehrte, die Verstrickungen seines Unglücks zu erkennen.
    Fortunablerweise vernahm er schon Schritte auf der Treppe und kurz darauf erblickte er den vertrauten Schemen seines Dieners.
    "Patrokolos, da bist du ja wieder! Ich werde mich ein wenig retirieren!"
    Ob jener Uneinsichtlichkeit der Welt verspürte er die dringliche Neigung, sich einen Schluck Mohnsaftes zu genehmigen!

    Sim-Off:

    Um jener Exkursion einen winzigen Impuls zu verleihen, führe ich uns nunmehr zum Ziel. Selbstredend wäre ich durchaus geneigt, unsere Unterredung fortzuführen, was doch dank der Zitieren-Funktion des Forums glänzend zu bewerkstelligen sein wird.


    Populonia war eher zu die kleineren unter den Landstädtchen Italias zu rechnen, welche Manius Minor in seinen bisherigen Exkursionen aus der Urbs hatte visitiert, selbst sein langjähriges Exil Cremona übertraf es deutlich an Größe. Indessen war es überaus attraktiv gelegen, thronend auf einem Hügel direkt an der Küste, flankiert von saftigen Wäldern auf der einen, imposanten Grabmälern auf der anderen Seite, welche beinahe sich bis hinab zur Via Aurelia und einer Bucht zogen, an der augenscheinlich sämtliche unansehnlichen Gewerbe jener Region, namentlich der Hafen sowie die Gießereien, sich kauerten gleich ungeliebten, missgestalteten Kindern der glänzenden Zitadelle, und das ultramarine Meer durch den schwarzen Qualm ihrer Öfen befleckten.
    "Ich vernahm, dies wäre der einzige Hafen der Etrusker!"
    , gab der flavische Jüngling eine Scherbe randomisierter Information zum Besten und ließ sein Pferd innehalten. Jene grässliche Verunstaltung dieser vortrefflichen Landschaft durch die begierige Emsigkeit der Metallurgen und Mineure schien aufs neue zu konfirmieren, welch bedenkliche Früchte die unerschöpfliche Begierde nach Reichtum zeitigte. Patrokolos hingegen entgingen dergestalt philosophische Erwägungen, vielmehr kommentierte er:
    "Tatsächlich? Der Hafen wirkt so neu. Unglaublich, dass er schon seit Jahrhunderten in Gebrauch ist!"
    Die Inkredibilität jenes Faktums mochte dem gelehrten Lauscher weitaus restringierter erscheinen als jenen beiden, welche der Vorlieben historischer Siedlungsgründer und der dem schnöden Broterwerb Verpflichteter zur Gänze unwissend waren, doch musste auch der junge Flavius, der die archaischen Zeiten der Etrusker niemals mit Handwerkern und Industrien assoziierte, sehr wohl indessen mit schimmernden Rüstungen und trutzigen Festungen, dem Erstaunen seines Dieners beipflichten.
    "Ich frage mich, ob hier noch immer die Etrusker regieren. Lasst uns gehen und es herausfinden."
    Mit jenen Worten trieb der Jüngling aufs Neue sein Pferd an und lenkte es auf die Abzweigung der Via Aurelia, welche zwischen Grabmälern hindurch hinauf zu der Oberstadt sich wand.

    Als Tresvir oblag es dem jungen Flavius (obschon die Tresviri Monetales nicht den Aediles, sondern vielmehr dem Quaestor Urbanus waren untergeben) selbstredend, die Spiele zu besuchen, was indessen zu den willkommeneren Verpflichtungen des Jünglings zählte, welcher seit seinen ersten Besuche eines Wagenrennens insonderheit an der Seite der Myrmidonen im Hippodrom Alexandrias einiges an Expertise hatte gewonnen. Selbstredend war auch seine Wahl hinsichtlich des favorisierten Rennstalles vor geraumer Zeit während der Sommerfrische auf den Gütern Onkel Aristides' und unter massivem Einfluss seines älteren Vetters Serenus zugunsten der Factio Russata gefallen, welche derzeitig nicht geringer Erfolge sich rühmte.


    Angesichts der nicht zu präsumierenden Obliegenheit zur politisch relevanten Konversation und ob seiner inzwischen überaus routinierten Kontrolle über seine Droge hatte er, wie es seinem Usus entsprach (und in herzlicher Remineszenz an die guten Zeiten in Alexandria), sich mit einem reichlichen Trunk Opiums für die Hektik und Emotionalität des Laufes präpariert. Ein wenig matt wirkte er somit, als er, eskortiert von Patrokolos, den Platz seines Vaters in den consularischen Rängen des Circus Flaminius einnahm.

    Die Zeitspanne, in welcher die Sodales nichts weiter unternahmen als ihn teilnahmslos anzustarren, evozierte in Manius Minor die aufsteigende Furcht, den Ansprüchen nicht zu genügen und somit sich die Ungunst Manius Maiors und etwaige Sanktionen zuzuziehen, sodass sie ihm schier einem Säkulum gleich erschien, obschon sie doch zweifelsohne nur wenige Augenblicke sich erstreckte. Schon imaginierte er, wie er genötigt würde werden, jenes degradierende Ritual des Ansuchens um die Aufnahme in eine derartige Sodalität zu iterieren, womöglich bei den collinischen Saliern oder gar den Arvales Fratres anzuklopfen, nachdem die erhabenen Palatini ihn ablehnten (welche doch zumindest nicht waren genötigt, alberne Tänze zu vollführen).


    Indessen stellte jene Eventualität selbstredend eine Absurdität dar, denn kaum konnte ein Jüngling vortrefflicher präpariert erscheinen als der junge Flavius, welcher neben seiner aristokratischen Edukation ja gar zwei nahe Gentile als Fürsprecher besaß, die zu verärgern auch die übrigen honorigen Herrschaften nicht wagten, sodass final eine positive Abstimmung sich ergab. Zwar mochte auch dieses dem Jüngling nicht eben zur Freude gereichen, da es doch implizierte, dass er in den folgenden Jahren an dem fatiguierenden Ritual eines Tanzes in voller Rüstung durch die Straßen zu partizipieren, zugleich sich mit lauen Lippenbekenntnissen zu Cultus und Götterfurcht bekennend und diese perpetuierend, obschon er doch im Innersten aufs Schärfste derart leere Ängste refutierte.
    "Ich danke euch, werte Sodales."
    , erfolgte dennoch sogleich die erste Lüge als Glied jenes Zirkels.

    Unbekannterweise sprach der Princeps jenes Verdikt, welches seine beiden Collegae weiter hineinzog in jenen Strom des Ehrgeizes und der Ruhmsucht, welchem kaum einer entkam. Leichtlich vermochte Manius Minor dagegen, jener Offerte zu widerstehen, wie er auch sogleich geneigt sich fühlte, die Hypothese hinsichtlich seiner eigenen Karriere zu refutieren, da doch bereits die Aufnahme bei den Salii Palatini ihn nicht weniges an Überwindung hatte gekostet und weitere kultische Lasten ihm, der als Jünger Epikurs doch jedweden Cultus Deorum im Herzen verdammte, überaus ferne lagen.
    "Ich-"
    , hob er an und verstummte, da doch die Offenbarung der Absicht, sich mitnichten weiter der Vita publica zu widmen, sondern vielmehr sich auf einem fernen Landgute der Philosophie hinzugeben, zweifelsohne ein negatives Licht auf Manius Maior geworfen und damit dessen Unwillen, womöglich die Gefahr einer Rücknahme seiner Zusage evoziert hätte. Folglich griff er nach der erstbesten Ausflucht, welche sich ihm erbot und führte den Satz sodann fort:
    "-bin noch ein wenig insekur, welcher Pfad mir bestimmt ist."

    "Oh, du meinst wohl die Via Aurelia."
    , korrigierte Manius Minor intuitiv, da er ja eben nach jener hatte gefragt und die Via Appia sich erst von Roma an ihren Weg den Stiefel abwärts bahnte, um an seiner Spitze in der Hafenstadt Brundisium zum Ende zu gelangen.
    Ein wenig genierlich erschien es ihm doch, seinen Opponenten bereits zu Beginn korrigiert zu haben, da doch er schlichtweg sich das Seine zu denken vermocht hätte, anstatt neuerlich altklug zu erscheinen. Indessen waren die Worte gesprochen und so beschloss er, in ein Sujet zu wechseln, in welchem sein Trabant mehr zu berichten würde wissen und er selbst in Unkenntnis zu lauschen würde genötigt sein:
    "Woher genau aus Germania stammtest du noch gleich?"
    Der Jüngling vermochte nicht zu memorieren, ob der Miles ihm einst seine Heimstatt hatte genannt.

    Der Jüngling blickte hinaus auf das Blau des Meeres, welches definitiv nicht zu seinen favorisierten Elementen war zu zählen. Er wandte seinen Blick zur der friedlichen italischen Landschaft, jenen Weiden, welche an nahezu jedem Flecken des Landes waren zu erblicken. Beinahe vermeinte er, auf dieser Straße bereits gewandelt zu sein, da doch nicht weniges ihn an seine letzte Reise den Stiefelschaft hinab gewahrte, doch war ihm selbstredend wohlbewusst, dass damals nicht die Via Aurelia, sondern eine östlichere Route ihn in die Urbs zurück hatte geführt.
    "Nein, jedoch führt eine similäre Straße hinab zum Golf von Neapolis, wo ich diverse Male meinen Oheim besuchte. Die Via Appia."
    In der Tat wies sie auf dem Stück ab Formiae weitaus größere Ähnlichkeit zu der hiesigen Situation auf.
    "Hast du diese Straße auf deinem Weg von Germania hierher passiert?"
    Selbstredend vermochte der junge Flavius zu memorieren, dass er mit eben jenem Miles erneut Unterredung hielt, welcher sich nicht lediglich als vom Stamme der Germanici, sondern ebenso aus dem Lande des korrespondierenden Volkes stammend hatte offenbart.

    Obschon dies nicht die primäre Intention jenes Threads darstellt, möchte ich doch auf ein Gesuch verweisen, welches an die Dauer meiner Amtszeit ist gebunden und der ausgesimmten Stillung harrt:


    DECRETUM
    IIIvirorum aureo argento aere flando feriundo


    Die IIIviri Monetales vergeben öffentliche Aufträge für die Produktion von Schrötlingen für die Münzherstellung im Namen des Senates und des Volkes von Rom.


    Inhaber von Werkstätten mit der Möglickeit zum Gießen von Gold-, Silber- und Kupferbarren zu Metallschrötlingen mögen bei dem IIIvir Monetalis Manius Flavius Gracchus Minor vorsprechen.





    Dieser Auftrag kann, so gewünscht, durch Schmiede- sowie Goldschmiede-Betriebe in der WiSim abgebildet werden ;)

    Der junge Flavius vernahm ein Schnauben, welches er ob seiner Expertise in der Dechiffrierung derartiger Laute, die seine similären Wege zur Interpretation der Regungen seines Opponenten repräsentierten, da ihm die Mimik der jener Distanz weitestgehend blieb verschlossen, entweder als verächtlich oder als amüsiert zu identifizieren vermochte, was indessen überaus konträre Deutungen darstellte und somit den Jüngling dem Spintisieren ob der Adäquanz seines finalen Motivs anheim stellte. Da jedoch sodann ein positives Verdikt des Kaisers erfolgte und es ihm schien, als habe der Imperator sein Antlitz zu einem Lächeln verzogen, entscheid er sich für die letztere Interpretation und präsentierte seinerseits ein genantes Lächeln.


    Einen Kommentar wagte er hingegen nicht, zumal die finale Frage ihn ohnehin wieder kaum mehr tangierte: Als Epikureer suchte er seine Lust doch primär autonom und damit frei von potentiellen Desillusionen zu befriedigen, sodass selbst ein mächtiger Mann wie der Princeps ihm kaum zu Glück würde verhelfen können, als Tresvir hegte er lediglich äußerst limitiertes Interesse für sein Metier, sodass ihm intensivere Erkundigungen über die Beschaffenheit seiner Obliegenheiten nicht in den Sinn kamen.
    "Ich bitte gerne... also ich würde gerne"
    , wagte hingegen Baebius, aufs Neue die Worte in Elation perturbierend und ob dessen leicht errötend, einen Vorstoß, die Gunst der Stunde zu nutzen:
    "Ich möchte um ein Tribunat im kommenden Jahr bitten."
    "Ich würde ebenfalls gern ein Tribunat ableisten. Vorzugsweise bei der XII Fulminata. Genucius Faustulus ist ein Freund meines Vaters."
    , eilte sich sogleich auch der Licinius, seine Wünsche zur rechten Zeit zu verbalisieren, während der junge Flavius lediglich teilnahmslos seine beiden Amtskollegen betrachtete, welche voller Ehrgeiz in jenes Verderben rannten, vor welchem bereits der weise Epikur die Seinen hatte gewarnt und in welches doch in familiarer Tradition auch sein Vater war gerannt (obschon selbstredend ob seiner Feigheit die Station des Kriegsdienstes evitierend). Für niemanden, nicht einmal den Narren, welcher sich in der Pflicht glaubte, den Cursus Honorum zu beschreiten, brachte jener Weg dauerhafte Lust und Glückseligkeit.
    Doch fortunablerweise würde er jenem Schicksal entgehen, würde er mit Ende des Amtsjahres befreit sein von der Last der öffentlichen Dienste; befreit zum Leben eines wahren Philosophen fern von der Politik und den geistlosen Massen der Urbs, um auf einem der flavischen Güter sich mit einem Zirkel von Gleichgesinnten zu umgeben und schlicht der Glückseligkeit zu frönen! So brauchte er an diesem Tage noch nicht einmal mehr an der flavischen Fassade fortzubauen und servil die Gnaden des Kaisers erbitten, die erforderlichen Steine für jenes Unterfangen geliefert zu erhalten.
    Jene Einsicht zumindest war indessen geeignet, ein sanftes Lächeln auf die Lippen des flavischen Jünglings zu zaubern und somit einen Kontrast zu den ernsten, ja geradehin flehenden Mienen der beiden verbliebenen Triumvirn zu offerieren.

    Eine beachtliche Entourage präsentierte sich den Reisenden auf der Via Aurelia, welche von Roma aus in die nördlichen Gefilde des Reiches führte. Die Straße war vor mehr als drei Saecula durch einen aurelischen Censor erbaut worden und führte doch noch immer gemächlich und nicht ohne landschaftlichen Reiz an der Küste des Tyrrhenischen Meeres entlang, ohne dass Berge oder Hügel sie in größerem Maße disturbierten, weshalb sie insonderheit unter den Spediteuren, welche die gewaltigen Mengen an Gütern zur Versorgung der Urbs auf Ochsenkarren aus Gallia Cisalpina und den gallisch-germanischen Provinzen nach Roma transportierten, große Beliebtheit genoss. Jene Karawanen aus Vieh und Gütern nun erblickten an diesem Tage einen Jüngling hoch zu Ross, gehüllt in einen leuchtend roten Reisemantel von exquisiter Qualität, geleitet von einer Schar Milites der Cohortes Urbanae und einem kleinen Tross von Sklaven, welche ihm seine Notdurft an Kleidung und Objekten des täglichen Bedarfs auf zwei Packeseln transportierten.


    Manius Flavius Gracchus Minor, Tresvir auro argento aere flando feriundo, war auf dem Wege nach Populonia, wo nicht lange zuvor eine Kupfermine war in sich zusammengestürzt, sodass nun einer mit der Prägung betrauten subalternen Magistrate war genötigt, den Schaden persönlich zu inspizieren. Ob des Umstandes, dass der junge Flavius seinem Amt nur mit Widerwillen nachging und mitnichten sich geneigt erzeigte, die Kontexte seines Metiers intensiver zu erforschen, war es ein Glück, dass der umsichtige Heracles, der Optio et Exactor Auri Argenti Aeris, ihm einen seiner Dispensatores, welcher den klangvollen Namen Avarus trug, hatte beigegeben, doch war dem Jüngling überaus rasch bewusst geworden, dass jener dröge Schreiberling keinerlei Esprit sein Eigen nannte und lediglich ein Interesse für Zahlenkolonnen und Statistiken hegte, was ihn als exquisiten Rechnungsführer, indessen miserablen Gesprächspartner qualifizierte. Folglich hatte Manius Minor, dem zudem bereits jedwede Befassung mit Zahlen aufs höchste degoutierte, überaus rasch den Beschluss gefasst, auf Avarus' Gesellschaft zu verzichten.
    Dennoch erwies sich der Tag im Sattel als überaus ennuyant, denn obschon er sich in jenen erquicklichen Herbsttage durchaus bisweilen an der Schönheit der gefärbten Blätter und stillen Weiden zur Rechten und dem unvermindert strahlenden Meer zur Rechten zu erfreuen vermochte, so verlangte es ihn doch bisweilen nach einem Gespräch und da sein geliebter Patrokolos ihnen war voraus geeilt, um eine Unterkunft für die Nacht zu bereiten, so verblieb lediglich einer der Soldaten, welcher in seiner Nähe den Marsch verfolgte:
    "Welch herrlicher Tag!"
    , thematisierte er unbefangen in Ermangelung eines adäquaten Sujuts die meteorologischen Verhältnisse und blickte hinüber zu dem Miles.

    Baebius und Licinius wirkten entlastet, als der Princeps sein Placet ließ verlauten, während Manius Minor noch orakelte, in welcher Weise jener Zeit seines Lebens im Bau befindliche Heiligtum unweit des Forum Romanum wohl mochte auf das winzige Revers einer Münze gebannt worden sein.


    Aus jenen Träumereien riss ihn indessen die Frage des Severus Augustus, ließ einen Augenschlag ihn derangiert in das bärtige Antlitz blicken, welches vor seinem Auge verschwamm und damit insgesamt die Gestalt des Kaisers dunkler, doch in ihrer individuellen Musterung auch unverkennbarer ließ erscheinen als andere Gesichter.
    "Ich darf dir Entwürfe für Sestertius, den Dupondius, das As und des Semis offerieren."
    , erwiderte er endlich und räusperte sich, nun doch ein wenig von Nervosität befallen, da doch sein Bildprogramm bisweilen ein wenig unorthodox mochte erscheinen, sodass er war genötigt gewesen, vorgeschobene Motive zu erdenken, um seine Wahl gegenüber den Mächtigen zu exkulpieren und ihre verborgene Intention zu cachieren.
    "Erstlich habe ich für den Sestertius neben deinem Konterfei die Abundantia Augusti zum Motiv erkoren, repräsentiert durch ein Füllhorn, um den Überfluss deiner Regierung mit jener finalen Überwindung des Bürgerkrieges zu zelebrieren."
    Patrokolos trat vor und öffnete seinerseits ein Etui, welches die Prototypen der Buntmetallprägungen beherbergte. Der Jüngling verschränkte bescheiden die Hände hinter dem Rücken, wippte einmalig vor und zurück und gestattete somit dem Princeps ein wenig Zeit, das erste Objekt zu betrachten.
    "Für das As habe ich ein Konterfei deines Sohnes erkoren, welcher augenscheinlich derzeitig ja aus deinem Schatten zu treten beginnt. Ob seiner kürzlichen jurisdiktionellen Tätigkeit habe ich ihm Iustitia appliziert."
    Damit hatte der Jüngling die basalen Münzsorten präsentiert. Fatiguiert von jenen bereits überaus schweren Geburten hatte er bei den verbliebenen beiden Sorten kapituliert und endlich sich dem Diktat der Tradition unterworfen:
    "Der Dupondius ziert das Abbild deiner verehrten Gattin Veturia Serena, deren Schönheit deinem Volk nicht vorenthalten sollte sein."
    , integrierte er zumindest ein Kompliment in seine anderweitig überaus phantasielose Wahl, denn im übrigen war er auf Anraten Patrokolos' gänzlich zum Herkömmlichen zurückgekehrt:
    "Das Revers trägt den Mores Maiorum gemäß eine Mondsichel, kombiniert mit einem strahlenden Stern."
    Die Polysemie jenes Symboles, welches zugleich Standesabzeichen des Patriziats war, mochte dem geistreichen Betrachter jener durch einen Flavius edierten Münze ins Auge fallen, obschon dies in diesem Falle keineswegs der Intention des Jünglings, welcher ja gedachte, der Konstriktionen und Obliegenheiten seines Standes ledig zu werden, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, entsprach.
    Dies hingegen war nicht vom finalen Entwurf zu postulieren, da hier die Zweideutigkeit so augenfällig war gegeben, dass niemand sie zu leugnen vermochte:
    "Für den Semis habe ich in Addition zu deinem Porträt den Caduceus gewählt."
    Er hielt inne, ein wenig genant ob jenes in augenfälliger Weise dezidiert flavischen Bildprogrammes, da doch der Heroldsstab des Mercurius nicht nur zahlreiche imperiale Münzen, sondern insonderheit auch den flavischen Siegelring zierte, den auch der Tresvir an seiner Rechten trug. Ob dieses Motiv hatte sich nochmals eine längere Disputation zwischen Patrokolos und ihm ergeben, da es dem Jüngling als Ausdruck von politischer Ambition und familiarem Stolz, also leerer Meinungen und damit schlicht eitles Protzen war erschienen, das eigene Familienwappen auf einer kaiserlichen Münze zu verewigen. Dagegen hatte der Sklave eingewandt, dass es geradezu eine Obliegenheit darstellte, jene Gelegenheit zu nutzen, denn:
    "Es ist ja gemeinhin bekannt, dass du dem Götterboten in besonderer Weise bist zugetan, daher dachte ich..."
    Als Ausdruck jenes stillen Protestes gegen die paternalen Wünsche und die flavische Fassade, an welcher zu bauen er noch genötigt war, hatte Manius Minor zumindest beschlossen, den Caduceus auf diejenige Münze zu bannen, welche den geringsten Wert von allen besaß und damit dem Eingeweihten symbolisierte, welch gering die Familie mit ihren Konstriktionen ihm galt.

    "Existieren nicht auch Motive, welche die Menschen einfach inspirieren, sich ihres Lebens zu erfreuen? Was ist mit Glück? Mit Lust?"
    , warf der junge Flavius endlich ein, blickte ratlos zu seinem Sklaven, welcher konträr zu ihm imstande war, sich fortwährend an den Exempeln der flavischen Arca zu inspirieren. In jener Situation nun erschien es überaus deplorabel, dass seit nicht weniger als einem Dezennium er nicht mehr die Münzbilder zu lesen imstande war, sodass final sie ihm weitestgehend waren entfallen.
    "Außer Göttern und Politik haben wir hier nur Tugenden: Virtus, Pietas, Fides, Iustitia, Libertas, Pax..."
    , benannte der Sklave die Motive zahlloser Münzen, welche er aus dem monetaren Haufen fischte, begutachtete und wieder zu den ihren warf, mehr und mehr von Desperation ergriffen, mit seinem Herrn noch zu einem guten Ende zu gelangen und endlich stumm seine Inspektion fortzuführen.
    Manius Minor hing unterdessen seinen Gedanken nach, rezitierte gedanklich die epikureischen Lehrsätze, stets spintisierend, welche von ihnen mochten zu den leeren Meinungen der Majorität der Gesellschaft kompatibel sein, zugleich indessen symbolisierbar durch ein bloßes, allgemein detektables Bild, welches aus dem limitierten Raum der Münze hinreichenden Platz fand. Doch weder war Ataraxia, noch Lust als römische Tugend zu ponderieren, noch ließ die unschuldige Freundschaft sich in einen staatstragenden Diskurs transferieren, um als Amicitia Augusti die Bürger zu inspirieren, während ihr womöglich gangbares Pendant Concordia dem Jüngling als unattraktiv erschien, da es ihm doch zu eng war verbunden mit dem Tempel der Concordia, der Farce des Staatskultes und nicht zuletzt jener erzwungenen Eintracht, welche auch sich in der Fassade des flavischen Hauses wiederfand und hinter welcher die Interessen, Wünsche und Begierden des einzelnen gleichsam planiert wurden unter den leeren Meinungen des Hauptes, hier Manius Minors, dort des Princeps.
    "Degoutiert oder abhorresziert denn die Majorität vor allem, was dem Philosophen gut und erstreblich ist?"
    , lamentierte er endlich und ließ ein klagendes Seufzen seinem Munde entfleuchen. Womöglich sollte schlicht er sich mit einem Becher Opium kalmieren und jene unerfreuliche Obliegenheit prokrastinieren.
    "Ich habe hier eine Drachme mit einem Füllhorn. Wäre ein Füllhorn nicht auch im Sinne Epikurs? Erfreue dich des Überflusses?"
    Der junge Flavius, desillusioniert treibend im Meer der Trübsal, blickte auf, als habe er am Horizont den Flug von Möwen als Zeichen des rettenden Festlandes entdeckt.
    "Das Füllhorn..."
    , repetierte er das Motiv, verkostete während seiner Artikulation es in Gedanken und ließ sein Boquet nachklingen, ehe endlich er saturiert nickte.
    "Das Füllhorn wäre durchaus adäquat. Die Abundantia Augusti mag das Volk erinnern, in welchem Überfluss es lebt und zugleich inspirieren, sich an jenem Überflusse zu erfreuen!"

    Zitat

    Original von Nero Germanicus Peticus
    "Ganz recht aus Gemanien, nun falls Du denkst das ich Germame bin, falsch ich bin Römer wie Du aus einer alten Familie wie Du, nur mein alter Herr zu es vor als Offizier in Germanien Karriere zumachen und ich bin dort geboren. Nun sind die Eltern tot und ich ging in die Heimat meines Vater um nach anverwandten zu suchen, siehe ich fand sie. es hat gewisse Vorteile wenn man so aufwuchs wie ich, man lernte die Sprachen der Germanen, ihre Lebenweise und ihre Kampfstile kennen, war ein großer Vorteil gegen über dem normalen Römer ist."
    Germanicus schaute den Jungen schon fast mitleidig an, den erahne des Gedankengänge.
    "Geld besitze ich , Macht kann ich mir nehmen, zu den Urbanern ging ich weil Kampf mein Beruf ist , zur Zeit zu mindest, bis ich mir wie gesagt die Macht genommen habe. Meine verwandten werden mirgenauso behilflich sein wie Du."
    Natürlich hatte Germanicus nicht genug Geld aber das würde er dem Jüngling nie auf die Nase binden.


    Obschon der junge Flavius intellektuell war zum dem Schlusse gekommen, dass der Umstand seiner familiaren Provenienz nichts mehr war als eine arbiträre Wendung der Atome, aus welchen er similär zu dem Tiro und sämtlichen Menschen, Dingen und Elementen bestand, so amüsierten ihn doch intuitiv die vollmundigen Behauptungen jenes Tiro, der die Impertinenz besaß sich auf eine Stufe zu stellen mit einem Spross der altehrwürdigen Gens Flavia, welche eine Reihe von Consuln, ja Imperatoren hatte produziert, während weder der Name des Germanicus, noch der seines Vaters augenscheinlich in der Urbs von sonderlicher Prominenz war, ja er Nihilitäten wie Kampfstile und barbarische Sprachkenntnisse als seine Qualitäten hatte hervorzuheben. Für den Epikureer mochte seine klassische Bildung, seine beständige Präparation auf nichts als den Cursus Honorum und die Leitung eines herrschaftlichen Hauses nicht von größerem oder mindererem Wert sein, da beides doch auf leeren Meinungen war errichtet und zum wahrhaftigen Glück nichts mochte beitragen, doch verspürte er doch jene Arroganz des Aristokraten, welcher mit der akkumulierten Erfahrung vieler Generationen von Mächtigen lediglich müde zu lächeln imstande war über die Naivität des Emporkömmlings, der vermeinte durch Arbeit sich jenen Platz zu erwerben, welcher in den Augen eines wahrhaften Patriziers durch nichts als genealogische Erbfolge war zu erringen.


    Geradezu provozierend erschien Manius Minor endlich der finale Satz des Germanicus, welcher implizierte, dass dieser ihn zu instrumentalisieren gedachte, als verfüge er tatsächlich um jene Macht, welche er zu besitzen sich einbildete, weshalb für einen Augenschlag sich eine überaus kritische Miene auf das Antlitz des Flavius zeichnete, ehe er die Kontrolle über seine Züge zurückgewann und die Äußerung des Misstrauens durch jene der Gleichmut ersetzte, mit welcher die patrizische Gravitas und Dignitas über derart minimale Entgleisungen hinwegzublicken vermochte.
    "Wie sollte ich dir diesbezüglich behilflich sein?"
    Selbstredend gedachte er weder, einem Fremden die Unterstützung der flavischen Hausmacht angedeihen zu lassen, nur weil dieser in impertinenter Weise sie forderte, zumal er den Beschluss hatte gefasst, andere nicht in jenem trügerischen und insaturablen Streben nach Macht zu bestärken, welches doch zwangsläufig in Desillusion und Unglück, ja Schmerz würde münden und damit ihm sinnlose Mühen, dem anderen hingegen trügerische Freude nur bereitete. Dennoch beschied er aus purem Vorwitz, das Spiel zu kontinuieren, welches der andere nunmehr hatte eröffnet.

    Zwar überraschte es den jungen Flavius, als der Tiro, welcher augenscheinlich ihn ins Herz hatte geschlossen, seinerseits das Wort ergriff, doch schenkte er selbigem doch einen wohlwollenden Blick, nachdem der Tribun ihn hinauskomplementierte.
    Indessen verblieb der Jüngling nun allein gegenüber dem Offizier, welcher seine Kompetenz bei Weitem überästimierte, da er ja bereits kaum zu ermessen war imstande, welche Eskorte einer Spaziergang durch das herbstliche Roma mochte adäquat erscheinen, zu schweigen von den Präkonditionen einer solchen für die Reise in ein italisches Landstädtchen.
    "Nun"
    , hob er an und blickte fragend zu Patrokolos, welcher ihm einen seinem Herrn ob der Fehlsicht ohnehin unerkenntlichen, nicht minder ratlosen Blick zurückwarf und unmerklich mit den Schultern zuckte, und wieder zurück zu dem Iunius.
    "Ich vermute, die gebräuchliche Zahl für das Geleit eines Transportes edler Metalle."

    Es erstaunte den flavischen Jüngling in der Tat zu ersichtlich, welch vielseitige Edukation einem gemeinen Soldaten bei den Cohortes Urbanae wurde angediehen, da doch er hatte vermutet, dass jene sich in den Gebrauch der Waffe und das Exerzieren erschöpfte, womöglich flankiert von wenigen Ratschlägen hinsichtlich des Verhaltens in wiederkehrenden Situationen.
    Ob hingegen die finale Offerte lediglich dem Stolze des Rekruten war geschuldet, des Schreibens mächtig zu sein (obschon dies, wie Onkel Aristides einst hatte erwähnt, unerlässliche Prämisse für den Eintritt in militärische Einheiten darstellte), oder es einen differenten, mysteriösen Grund gab, warum er einem Aristokraten eine derartige literarische Produktion offerierte. Dessenungeachtet hegte Manius Minor indessen ohnehin nicht die kleinste Intention, über den Kampf und politische Kontexte, welchen er sich ja so baldig als möglich zu entziehen gedachte, zu reflektieren, sodass er vielmehr sich auf jene winzige zivile Information stürzte, welche ihm der Germanicus darreichte:
    "Aus Germania, tatsächlich? Was hat dich bewogen, hierher nach Roma zu kommen?"
    Zweifelsohne das, was sämtliche Emporkömmlinge und das Lumpenproletariat der Subura hierher trieb: die Hoffnung auf Arbeit, auf Avancement, Macht und Geld. Aus der Perspektive des jungen Flavius somit nichts als leere Meinungen.

    Das paternale Zurückweichen versetzte Manius Minor einen weiteren Stich in sein geschundenes Herz, riss eine jener zahllosen Narben, welche Manius Maior ihm in all den Jahren hatte bereitet, aufs Neue auf, erschreckte ihn gar ein wenig und ließ ihn seinerseits zurückweichen. Die Philippica, welche sodann gegen die Wahrheit, jene durch philosophische Kritik geläuterte, einzig restierende Tugend, erfolgte, irritierte ihn hingegen in weitaus größerem Maße. Verspürte er anfangs noch eine Neigung, den desillusioninerten Worten des älteren Gracchen zu folgen, erkannte er doch rasch, dass dieser mit ihnen nichts anderes tat, als auf verschlungene Weise die Inferiorität seiner Lebenswelt zu konzedieren. Familie, Staat und Götter waren nichts anderes als Verstecke vor jener so simplen und für den Törichten womöglich durchaus gräulichen Wahrheit, doch wer wie der junge Flavius die rechte Unterweisung hatte erhalten, wie mit ihr umzugehen sei, der musste sie nicht fürchten.
    Schon setzte er an, einige altkluge Worte dem Vater zu replizieren, ihm seine Niederlage vor Augen zu führen und ihm womöglich einen Weg zu offerieren, seie Qualen zu überwinden, was selbstredend einer kurzen Weile der Sammlung bedurfte, da unterbrach ein knappes Wort jenes irritierende Schweigen: Eine Amtszeit.


    Mochte ein desillusionierter Vater, der vor dem eigenen Sohne zurückwich, ja selbst vor den Grundfesten seiner eigenen Maximen, disturbierlich erscheinen, so erschien es Manius Minor nun, als habe Manius Maior den Beschluss gefasst, sich gänzlich selbst zu verleugnen und gleichsam zum Kyniker zu werden. Obschon der Vater, wie er nun selbst konzedierte, sein Leben als Lüge hatte verlebt, so schmerzte es den Sohn doch, ihn dergestalt laborieren zu sehen, sämtliche seiner Prinzipien verratend. Und doch übertraf die Begierde, der nunmehr ihm bevorstehenden Last des öffentlichen Dienstes ledig zu werden, der Neigung, jener Offerte aus dem Moment der paternalen Schwäche heraus zu entsagen.
    "Dies war niemals meine Absicht."
    , erwiderte er somit trocken, doch wohleingedenk, dass seine Maßstäbe von Schande von denen seiner übrigen Familia zweifelsohne differierten.