Die Nacht verbrachte Manius Minor im Hause des Tiberius Aquilianus Privatus, kaiserlicher Freigelassener und seit wenigen Jahren kaiserlicher Procurator für die Minen um Populonia, welcher anlässlich des hohen Besuches aus Roma eine Cena initiierte, auf welcher neben den beiden Duumviri des Städtleins, welche überaus servil sich gerierten und damit bei dem jungen Flavius die Impression von Speichelleckern hinterließen, welche augenscheinlich verhofften, sich durch ihre Verbindlichkeit Fürsprecher für sich und ihre Stadt durch den consularen Gracchen zu erwerben. Der jüngere Gracchus mochte darüber im Stillen sich amüsieren, da doch die Relation ihrer beider soeben nicht war geeignet, durch Minor den Maior in irgend gearteter Weise zu motivieren, doch im Laufe des Abends erwiesen sich die Schmeicheleien und das betonte Interesse der beiden Magistrate als überaus ennuyant, sodass der nüchterne Procurator sich gar als Retter in der Not erwies, obwohl seine Reflexionen über die Kapazitäten der Bergwerke keineswegs größeres Interesse bei dem Jüngling zu erwecken vermochten.
Infolgedessen ging der junge Flavius entgegen seiner Gewohnheit zeitig zu Bett, genehmigte sich noch einen Schlummertrunk aus den Früchten des Morpheus und entfleuchte dergestalt berauscht in dessen Reich. Am nächsten Morgen sodann war der Zeitpunkt gekommen, die Minen selbst in Augenschein zu nehmen, wofür der Procurator ihn zeitig ließ erwecken. Gemeinsam ging es dann hoch zu Ross erneut bergab in Richtung des Hafens, um sodann sich östlich zu wenden und die abgeholzte Ebene, deren einstmals prächtiger Bewuchs zweifelsohne den Metallschmelzen am populonesischen Hafen war zum Opfer gefallen, zu durchqueren und die Berge zu avisieren.
"Was ist jene Rauchsäule dort auf dem Meer? Ein Schiffsbrand?"
, fragte der junge Flavius kurz nachdem sie die Tore der Stadt passiert hatten, und er eine Rauchentwicklung an jener Stelle entdeckte, wo hinter dem sichtbaren Pinienwäldlein seinem Dafürhalten das Meer sich musste befinden.
"Nein, das sind die Eisenschmelzen von Ilva. Die Insel hat ebenfalls zahlreiche Bergwerke und Eisenschmelzen. Die Griechen nennen sie Aithalia deshalb, die Rußige."
Selbstredend hätte der junge Flavius jene Vokabel auch selbst zu dechiffrieren vermocht, da er doch in Kindertagen stets im Hellenischen mit seinen Ammen und auch dem greisen Artaxias hatte parliert, sodann jüngst gar geraume Zeit in Alexandreia hatte verbracht. Doch hatte er zu konzedieren, dass jene Terminologie überaus adäquat war für diese Insel und lediglich die Impression ihrer Hässlichkeit von Ferne unterstützte, sodass es ihn nicht im geringsten gelüstete, sie zu visitieren. Doch ebenso wenig war er geneigt, sich weiterhin mit jenem seelenlosen Eiland zu befassen, welches wie so vieles in den ehernen Griff der menschlichen Gier war geraten.
"Dann lasst uns dankbar sein, dass jenes Desaster sich nicht auf jener Insel zugetragen hat."
Er blickte hinab zu den Milites, welche neuerlich zu Fuß mit den Pferden der Administratoren Schritt zu halten hatten. Welch glücklicher Wink des Zufalls, dass ihre Position nicht vertauscht war und er die Vorzüge des aristokratischen Daseins genießen durfte, anstatt wie ein Sklave sich den Schlägen und Instruktionen eines Offizieres zu beugen!