Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Augenscheinlich war er ein wenig spät erschienen, um an der Salutatio zu partizipieren, denn die Pforten der Casa Decima waren verschlossen und jene Schar vermeintlicher Klienten, welche neben dem jungen Flavius und seinem Compagnon die Straße vor dem Hause hatten bevölkert, zerstreuten sich, als der Mohr hinter dem Türflügel sich zeigte.


    "Dies ist Manius Flavius Gracchus Minor, Sohn des Consulars Manius Flavius Gracchus. Er wünscht den ehrenwerten Consular Marcus Decimus Livianus zu sprechen, so dies möglich wäre."
    , übernahm Patrokolos die Präsentation seines Herrn, welcher irritiert den dunklen Schemen betrachtete, dessen kuriose Haartracht ihm Remineszenzen an die Nubier erweckte, welche allzu häufig die Straßen Alexandreias hatten bevölkert.

    Obschon es einem wahren Epikureer zweifelsohne wohl hätte angestanden, keinerlei Distinktionen zwischen den verschiedenen Ordines zu treffen, welche doch gleich der Gerechtigkeit und sämtlicher Institutionen willkürliche Fügungen des schnöden Zufalles waren und somit gänzlich arbiträr, weshalb der Meister Sklaven und Frauen selbstverständlich unter seine Schüler hatte gezählt, missbehagte dem jungen Flavius als Spross seiner Sozialisation der Umgang mit der Plebs, welche stets ihm mit seinem vermeintlich tumb-geistlosen Auftreten stets einige Insekurität bereitete. Niemals würde ihm ein Bad in der Menge behagen, zumal bereits der Kontakt mit jener Schar von Senatoren, welche im Wahlkampf selbst für jenes niedere Amt, um welches er sich zu bewerben hatte, inevitabel war, ängstigte.
    "Welchen Nutzen sollte er mir bieten?"
    , hoffte er somit, ein rationales Argument für seine Distanz zum gemeinen Mann zu gewinnen, indem er die Haltung seines älteren Neffen disputativ überwand.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Hierzu war Decimus Livianus, jener langjährige und hoch erfahrene Consular zweifelsohne zu zählen, obschon er seit Abschluss seines Consulats nicht mehr allzu häufig in der Curia das Wort hatte ergriffen. Nichtsdestotrotz hatte er für viele Jahre als Praefectus Urbi fungiert und sein Sohn bekleidete die Praetorianerpraefectur, was ihn zum Vater des wohl mächtigsten Eques des Imperiums erkor. Folglich musste Manius Minor auch an jene Pforte klopfen und fand sich eines Morgens in der Schar der Klienten, um gemeinsam mit ihnen den momentanen Herrn des Hauses um seine Unterstützung für die folgenden Wahlen zu bitten.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Iulius Dives mochte ein Homo Novus sein und erst in der Rangklasse der Quaestorier firmieren, doch da er erstlich sich um das Aedilat bewarb, des Weiteren durch zahlreiche Initiativen im Senat die Appetenz der Senatoren hatte erweckt und schließlich das Potential offenbarte, langfristig einigen Erfolg zu erringen, hatte das flavische Wahlkampfkomitee beschieden, dass auch hier eine Visite adäquat mochte sein. Folglich stand der junge Flavius, gehüllt in die Tunica laticlava, kombiniert mit der sorgsam gebleichten Toga candida, in der Menge der Klienten, als an diesem Morgen die Pforten für die iulische Salutatio wurden geöffnet.


    Wie gewohnt geleitete Patrokolos ihn auch auf diesen schweren Weg, ebenso ein leichter Rausch von Opium, da nach der Vielzahl ennuyanter Besuche es ihn diesen Morgen dringend einiger Ermunterung hatte bedurft, um seinen schweren Weg fortzuführen.

    Obschon konfident, dass das senatorische Plenum, vor welchem heute er seine Kandidatur verkünden sollte, nichts anderes als eine Kongregation gieriger Eitelkeiten und niederer Machtspiele, so verspürte er doch eine gewisse Nervosität, als endlich er die Pforten der Curia Iulia, vor welcher so viele Jahre er nicht selten artig seinen Vater hatte erwartet, passierte und voranschritt bis zum Podest der Consuln, von wo aus er seine Rede zu halten hatte. Zaghaft, doch sorgsam hob er einen Fuß nach dem anderen, stets fürchtend, ihm entgehe nun, da Patrokolos ihn nicht geleiten und navigieren konnte, unter der üppigen, strahlend weißen Toga eine Unebenheit oder ein seinem hypermetropischen Augenlicht verborgenes Hindernis.


    Doch final erreichte er endlich jenen Ort, an welchem er schon so zahlreiche Rhetoren hatte sprechen sehen (aus der Distanz der Pforte vermochte er jene Region des Hauses nämlich durchaus in Clarität zu betrachten), präsentierte eine dankende Geste an die Adresse der Consuln und wandte sodann sich dem Plenum zu.


    "Patres conscripti,"
    , initiierte er seine Rede mit jener altherkömmlichen Anrede, welcher wohl bereits seine claudischen Ahnen zu republikanischen Zeiten sich hatten bedient.
    "aufs Neue hat mit dem heutigen Tage ein Flavius die Ehre, in hiesigen Hallen sich der Wahl zu stellen und zu jenem Lauf der Ehren anzusetzen, welchen so viele seiner Ahnen vor ihm durcheilten.


    Mitnichten bin ich, Manius Flavius Gracchus Minor, am heutigen Tage imstande, impressive Verdienste vorzuweisen, da weder die Diplomae, welche ich beim Studium von Rhetorik und Philosophie erwarb, noch die Experienz einer Bildungsreise an das Museion von Alexandria samt Erwerb der dortigen Proxenie diesem ehrwürdigen Gremium sonderlichen Respekt mögen abnötigen."
    In der Tat vermochten jene Akkreditierungen infantiler Gelehrsamkeit selbst dem jungen Flavius selbst nicht mehr zu imponieren, da doch das eitle Streben nach Ruhm gleichzeitig welcher Art nichts anderes war als Knechtschaft leerer Meinungen.
    "Dessenungeachtet bin ich überaus konfident, jenes Ehrenamt, welches selbstredend auch gewisse Obliegenheiten impliziert, in adäquater Weise auszufüllen, da doch, wo nicht eigene Verdienste, mir doch die vortrefflichsten Anlagen in die Wiege gelegt sind.
    Mein Name bereits offenbart nicht lediglich die Deszendenz meiner Person aus der hochehrwürdigen Gens der Flavii, sondern ebenso der consularen Stirps der Flavii Gracchi. Noch lauter und klar wird euch das Consulat meines Vaters präsent sein, welcher im vergangenen Jahr das höchste Amt im Staate bekleidete und den Künsten neues Leben einhauchte, was in diesem Hause größten Beifall genoss. Darüber hinaus trägt er seit Jahren höchste Responsibilität für den Cultus Deorum und berät als Pontifex pro Magistro den Imperator Caesar Augustus in allen Belangen der unsterblichen Götter."

    Vortrefflich offenbarte das Consulat Manius Maiors, über welches Manius Minor sich bei der Präparation jener Rede eifrig hatte informiert, dem kundigen Rezipienten das wahrhafte Wesen, welches nichts als Schauspiel und leere Worte implizierte, da doch in jener Stunde größter Gefahr der Urbs nichts heroischeres ihm war gelungen, als furchtsam sich in einem Versteck zu verkriechen, gar sein eigen Fleisch und Blut zurückzulassen, um sodann, kaum war jedwede Insekurität verschwunden, sich neuerlich an die Spitze der Tugendprediger zu setzen.
    Doch hatte der junge Flavius selbst sich jenem Blendwerk endlich unterworfen, hatte wider Wahrheit und Gewissen geschworen, selbst an jener Fassade mitzubauen, Stein um Stein der Narrheit ihr zu addieren, nur um seine kümmerliche Begierde nach den Annehmlichkeiten des Lebens zu saturieren.
    So blieb ihm nichts, als wider besseres Wissen seine Ahnen, welche doch seit Jahren und Dekaden in winzige Atome waren zerfallen, in den Zeugenstand seiner Qualitäten zu berufen, um den Respekt jener honorigen Männer zu gewinnen, obschon doch schon vor Jahrhunderten Epikur das törichte Staunen vor dem Ruhm, welcher doch nichts war als ein Produkt vergeblichen Strebens nach Sicherheit, als Irrsinn hatte entlarvt.
    "In selbiger Weise stellte jedoch auch dessen Vater und mein Großvater Titus Flavius Vespasianus sein Leben gänzlich in den Dienst jenes Staatswesens, welchem nun auch ich zu dienen anstrebe. Auch er bekleidete höchste Ämter, nicht zuletzt das des Praefectus Urbi, und wurde zum Zeichen des Vertrauens seines Kaisers in einer marmornen Statue verewigt, welche stets an seine irrevokable Treue zu Divus Iulianus und seinem Hause uns gemahnt. Und selbst meines Großvaters Gattin Diva Flavia Nyreti wirkte getreu fürs Vaterland als Senatorin, welcher gar, dem Usus ihrer Zeit gemäß, das reiche Aegyptus ward anvertraut."
    Obschon selbst im Zentrum des Pharaonenreiches die letzten Jahre seines Lebens fristend, hatte der Jüngling erst bei der Recherche für seine Rede neuerlich die Remineszenz an seine Großmutter aktiviert, welche einst die Procuratur Ägyptens hatte bekleidet.
    "Der Cognomen Vespasianus mag indessen auch gemahnen, dass meine Gens nicht lediglich Senatoren und Consulare, sondern selbst eine imperiale Dynastie einstmals hervorbrachte, welche die Wirren des grässlichen Bürgerkrieges überwand und der Stadt und dem Erdkreis Frieden und Stabilität verlieh."
    Insonderheit der letzte der flavischen Kaiser dokumentierte neuerlich den Irrsinn des Strebens nach Macht und Kontrolle, jener insaturablen Begierden nach Sekurität vor den Menschen, welche doch ad absurdum sich selbst hatte geführt und als Frucht von Machthunger und Tyrannis den Mord durch seine Vertrauten hatte gezeitigt.
    "Doch nicht nur mein Vater, auch meine Mutter entstammte edelstem Geblüt. Claudia Antonia war ein wahrer Spross der Claudii, welche schon seit dem Tag, als Appius Claudius Sabinus vor mehr als sechs Centennien das Bürgerrecht dieser Stadt erwarb, unter die Senatoren wird gezählt. Bis in jüngste Zeit dienten auch sie unter höchstem Einsatz der öffentlichen Sache und brachten Männer wie meinen Großonkel Marcellus Claudius Macrinius hervor, der als Praefectus Praetorio gar mit dem Ehrennamen 'Restitutor' sich zu schmücken die Ehre hatte."
    Selbstredend hätte auch Onkel Menecrates hier einen Platz erhalten, doch hatte letztlich er dagegen sich entschieden, da selbiger doch in allzu peripherer Relation zu ihm sich befand und zugleich jenseits militärischen Ruhmes (welcher ihn doch wohltuend von seinem feigen Erzeuger distanzierte) mitnichten in den Dimensionen der hiesig dominierenden leeren Meinungen hatte reüssiert.
    Zuletzt blieb ihm nur, seine absurde Beweisführung in einer bemühten Synthese zu finalisieren und seine überaus kontingente Wahl des präferierten Amtes, welche den Eindruck von Reflexion und Zielstrebigkeit sollte transportieren, zu offenbaren.
    "Zweifelsohne vereine ich somit zwei der wahrhaftig älteren Geschlechter, welche stets nur zum Ruhme Roms zu blühen suchten und es noch immer tun. Im Schatten jener kräftigen Gewächse wurde ich geboren und wuchs heran, die gesamte Adoleszenz gleichsam als beständiges Tirocinium fori, in welchem sämtliche Bereiche des öffentlichen Lebens mir vertraut gemacht wurden."
    Zum Finale seiner Rede war dem Jüngling jene Pflanzen-Metapher in den Sinn gekommen, zu welcher ausgerechnet er seinem Nachhängen an Epikurs Lehren während der Inventio hatte inspiriert. Beim Sehnen nach dem Kepos, dem Garten seines großen Lehrers, war ihm nämlich die Analogie zwischen einer Gens und einem Baume in den Sinn gekommen. Hätte dies sich wohl ebenso aus einem Blick in ein beliebiges Lararium ergeben, wo nicht selten die Wachsmasken der Ahnen in einem wahrhaftigen Stammbaum waren angeordnet, so erschien es dem jungen Flavius dennoch als geniale Idee (zweifelsohne, weil er selbst gemäß der Lehren seines Meisters seine Vorväter als in unzählige Atome zerfallen und damit ihren Besuch im Familienschrein als sinnlos erachtete).
    Folglich führte er sie fort, als er zur Conclusio voranschritt:
    "Folglich bitte ich Euch, Patres conscripti, jener bewährten Pflanzen, welche schon so zahlreiche gute Früchte hervorbrachte, ein weiteres Mal das Vertrauen zu schenken und mit mir einer weiteren Knospe zum Durchbruch zu verhelfen.
    Denn nur mit eurem Vertrauen wird es mir vergönnt sein, meinen ersten, bescheidenen Dienst als Triumvir Auro Argento Aere flando feriundo im Collegium der Vigintiviri zu leisten und dort heranzureifen und zu einer Blüte zu gelangen, welche sich einfügt zum Ruhme jenes heiligen Hains, den unser Staatswesen bildet."

    Noch immer ein wenig erregt stieß er die verbleibende Luft aus, welche er im Übermut, seinen finalen Worten die adäquate Vehemenz zu verleihen, begierig hatte eingesogen und schwieg.
    Bangend blickte er in die Reihen der Senatoren, beginnend bei den Plätzen nahe der Türe, wo er mühelos sie in voller Schärfe zu identifizieren vermochte, obschon selbstredend jene Antlitze, welche er sodann fixierte und ihm näher lagen, ob ihrer Similität an Dienst und Ehren zu seinem Vater von Gastmählern und Visitationen in Kindertagen vertrauter waren.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Zu ihnen zu zählen war auch Spurius Purgitius Macer, jener zähe Militär, welcher ex caligae sich zum Consuln hochgedient hatte, als Vertrauter verschiedener Kaiser wurde gerechnet und nunmehr zwar keine Ämter mehr bekleidete, dennoch allseitig größten Respekt genoss und sich somit, so er im Senat das Wort erhob, durchaus einer großen Zahl an Pediarii im Gefolge sicher sein konnte.
    Folglich war der flavische Jüngling auch hier zur Salutatio, gehüllt in die Tunica laticlava, welche ihn als Spross von noblem Hause auswies (so dies nicht bereits der Sichelmond an seinem Calceus tat), darüber die Toga candida der Bewerber um öffentliche Ämter, was dem findigen Observatoren zweifelsohne bereits Schlüsse auf die Intention des Jünglings gestattete.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Obschon Gaius Octavius Victor zu den eher diskreten Gestalten des Senates war zu zählen und eher als Verwalter und Soldat sich einen Namen hatte gemacht, war das flavische Wahlkampf-Komitee zu dem Schluss gekommen, auch ihn als exemplarischen Repräsentanten jener Partei entgegenzutreten, um den Respekt der alten Geschlechter auch vor dieser beachtlichen Gruppe zu demonstrieren. Der quiritischen Tradition gemäß trug er hierzu die Tunica laticlava, welche ihn als Spross von noblem Hause auswies (so dies nicht bereits der Sichelmond an seinem Calceus tat), darüber die Toga candida der Bewerber um öffentliche Ämter, was dem findigen Observatoren zweifelsohne bereits Schlüsse auf die Intention des Jünglings gestattete.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Zu diesen zählte auch Kaeso Annaeus Modestus, der immerhin die Praetur hatte durchlaufen und mit seinem Heere im vergangenen Bellum Civile die Waagschale in Richtung des cornelischen Imperators hatte gewendet, obschon es in den vergangenen Jahren etwas ruhiger um ihn war geworden.


    Dennoch hatte der junge Flavius beschlossen, auch diesem Senatoren seine Referenz zu erweisen. Der quiritischen Tradition gemäß trug er hierzu die Tunica laticlava, welche ihn als Spross von noblem Hause auswies (so dies nicht bereits der Sichelmond an seinem Calceus tat), darüber die Toga candida der Bewerber um öffentliche Ämter, was dem findigen Observatoren zweifelsohne bereits Schlüsse auf die Intention des Jünglings gestattete.

    Der quiritischen Tradition gemäß trug Manius Minor am heutigen Tage die Tunica laticlava, welche ihn als Spross von noblem Hause auswies (so dies nicht bereits der Sichelmond an seinem Calceus tat), darüber die Toga candida der Bewerber um öffentliche Ämter, was dem findigen Observatoren zweifelsohne bereits Schlüsse auf die Intention des Jünglings gestattete.


    Dennoch war es nicht verwunderlich, dass die Ianitores den jungen Flavius ansprachen, zumal schon Jahre vor dem Tode seiner Mutter er nicht mehr ihre Heimstatt hatte betreten, sodass mancher im Haushalte ihn zu identifizieren nicht mehr imstande war.
    "Mein Name ist Manius Flavius Gracchus Minor, Sohn des Manius Flavius Gracchus und der Claudia Antonia. Ich wünsche Herius Claudius Menecrates zu sprechen."
    , erklärte er, noch ehe Patrokolos jene Formalitäten für ihn zu übernehmen imstande war.

    Nicht lange war der Jüngling genötigt in Unwissen zu verharren, den beflissen prüfte die Glücksfee selbst das Resultat ihres Wurfes. Ob indessen dieser als Venuswurf sich mochte erweisen, erschien dem jungen Flavius durchaus dubitabel, da doch Drei Beta die Chiffre war für jenes Collegium, welches sich der Produktion der Münzen hatte verschrieben und somit einem Sujet, welches nicht nur dem Epikureer, sondern auch dem Aristokraten, welcher nie Gedanken an den schnöden Mammon verschwendete, sondern schlichtweg ihn besaß, in ihm degoutierte. Kritisch legte er folglich die Stirne in Falten und erwog einen Augenschlag, den Wurf zu repetieren, was jedoch neuerlich einer Manipulation wäre gleichgekommen, weshalb endlich er beschied, Fortunas Wahl zu akzeptieren.


    Die Frage Idunas riss ihn aus den Reflexionen hinsichtlich der Konsequenzen jenes Beschlusses.
    "Nun"
    , setzte er an und zögerte, blickte hinab zu dem vorwitzigen Wesen zu seinen Füßen, welches prinzipiell keinerlei Recht besaß die Obliegenheiten der Herrschaft zu erfahren, deren naiv-freundliche Anteilnahme jedoch ihn rührte und jedweden Argwohn, seine Explikationen gegen ihn zu wenden, zerstreute.
    "Ich habe gewürfelt, für welches Amt ich im kommenden Jahr kandidieren sollte."
    Im Grunde mochte es einerlei sein, ob sie jene Vermessenheit Manius Maior beichtete, da selbiger kaum so irrsinnig konnte sein zu glauben, Manius Minor habe mit seiner Kapitulation wahrhaftige Einsicht in seine Perspektive erhalten, zumal jene Spielerei fern der Öffentlichkeit sich zutrug und somit die so umhegte flavische Fassade nicht diminuierte.

    Eine Weile herrschte eisiges Schweigen, nachdem Scato seine Offerte hatte getan, denn Manius Minor, welchem ja keineswegs daran war gelegen, ein Amt zu ergreifen, vermochte keine rechte Freude und folglich kaum Dankbarkeit für selbige zu verspüren. Um indessen nicht seinen Anverwandten zu brüskieren und in jenen Konflikt, dessen Ursache allein Manius Maiors Verblendung repräsentierte, zu integrieren, sprach er endlich doch:
    "Das wäre zweifelsohne nützlich. Ich danke dir."
    Um sodann nicht neuerlich eine Debatte hinsichtlich seines Lebenswandels zu riskieren, fügte er nach einem weiteren Zögern an:
    "Ist es denn erforderlich, das Volk mit Brotspenden zu umgarnen, wo es von der Kür der Magistrate gänzlich exkludiert ist?"
    Selbstredend erschien auch dieses Sujet ihm völlig arbiträr, doch womöglich fruchtbarer als Debatten um Philosophie und deren Konsequenzen, jedoch jedwedes Gespräch seinen Geist womöglich ein wenig vom steten Kreisen um seine Begierde nach dem Trank des Morpheus abbringen mochte.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Nicht fehlen durfte hierbei selbstredend Sextus Aurelius Lupus, welcher zwar lediglich die Quaestur hatte bekleidet, indessen Klient des verblichenen cornelischen Kaisers war gewesen und insofern insbesondere in der palmanischen Partei eine nicht geringe Bedeutung besaß.
    Folglich stand er heute zur Zeit der Salutatio vor eben jener Villa, in welcher er kurz vor seiner Abreise nach Alexandreia in heimtückischerer Intention war gewesen. Ein wenig fröstelte ihn ob jener Kontexte, welche beim Warten in der Schar der aurelischen Klienten ihm neuerlich bewusst wurden, doch tröstete er sich mit der Einsicht Epikurs, dass auch derartige magische Beschwörungen jedweder Substanz entbehrten und ein Pakt mit sinistren übernatürlichen Mächten ebenso nichtig mussten sein wie die mit den strahlenden Unsterblichen.

    Nach einigem Spintisieren hatte Manius Minor den Beschluss gefasst, zur Absicherung eines Erfolges bei den Wahlen zum Vigintivirat persönlich bei all jenen Senatoren vorstellig zu werden, welche nicht zum gemeinen Stimmvolk der Pediarii waren zu zählen, sondern über einen gewissen Grad an Einfluss in der Curia Iulia verfügten.


    Nicht fehlen durfte hierbei Herius Claudius Menecrates, der Anverwandte seiner Mutter. Selten hatte er fulminante Reden geschwungen, da er doch eher ein Mann des Krieges als der Worte war, doch zeitigte auch dies den Respekt nicht weniger der aus dem militärischen Ritterstand aufgestiegenen Senatoren.
    Folglich stand er heute zur Zeit der Salutatio vor eben jener Villa, welche er als Knabe mit seiner Mutter nicht selten hatte frequentiert, um jenen Mann zu besuchen, der schon so lange nicht mehr in der Villa Flavia Felix war zu Gast gewesen.

    Selbstredend war es dem jungen Flavius, welcher als stiller Epikureer dem Agnostizismus fröhnte, respektive die seligen Unsterblichen in fernen Sphären wähnte, gänzlich abhorrend, einer Sodalität kultischen Charakters sich anzuschließen, zumal den Saliern, deren religiöse Praxis primär in antiquierten, unästhetischen Tänzen sich erschöpfte, welche schon in jenen Tagen, als er die Götter weitaus näher hatte erachtet, als unerstreblich ihm waren erschienen, zur Besänftigung einer Gottheit jedoch selbst dann als absurd erschien, wenn man deren Existenz präsumierte. Indessen hatte sein tentativer Widerspruch selbstredend keinerlei Effekt bei dem gestrengen Worte Manius Maiors gefruchtet, welcher der Überzeugung anhing, dass es sich für jeden politisch aktiven Flavius aufs höchste geziemte, einem der patrizischen Kultvereine anzugehören, nicht zuletzt ob des Faktums, dass augenscheinlich der Kaiser selbst auf ein kultisches Engagement der patrizischen Senatoren achtete.


    Nichtsdestoweniger verspürte der Jüngling Abscheu, als er vor der Curia die Sodales passieren ließ, welche ihm bereits von zahllosen Abendgesellschaften in der Villa Flavia Felix waren bekannt, zumal aus jenen Tagen, als sein Vater als Magister ihnen hatte präsidert, jedoch ebenso jene, die in den letzten Jahren erst in die Sodalität waren kooptiert worden, allen voran sein Vetter Scato, den der Kaiser selbst zum Magister jener honorigen Gesellschaft hatte erkoren. Erstmalig wurde er ebenso des Caesar ansichtig, der in den letzten Jahren seiner Absenz stärker in den Fokus der Öffentlichkeit war getreten, dem jungen Flavius indessen noch nicht persönlich bekannt war und somit einigen Vorwitz evozierte, zumal er nicht viel älter als er selbst ihm erschien.


    Als die Türen sich endlich schlossen, kehrte indessen rasch die Frustration zurück, welche gar ihn ließ erwägen, anstatt der präparierten, kurze Präsentation seiner selbst den Sodales schlicht mit trutzigem Schweigen zu irritieren, ja gar in einer Stegreifrede die Irrsinnigkeit ihres Handelns zu beweisen und sodann die zweifellos folgende Scheidung von seiner Familie, seinen Reichtümern und seinem gesamten bisherigen Leben nun doch zu vollziehen, um endlich als wahrhafter Jünger Epikurs sein Dasein zu fristen. In der Tat stellte er sich die Frage, als er beim Betreten der Curia Atilius Propertius im Kreise der Sodales ausmachte, ob jener geschliffene Philosoph in der Reihe der Palatini womöglich Sympathie für eine derartige Entscheidung würde entgegenbringen oder eine Disputation anstoßen.
    Doch das Nicken Manius Maiors genügte, um jedwede Tollkühnheit Manius Minors zu annihilieren, ehe sie war geschehen, sodass mechanisch er begann, sein Gesuchen zu formulieren:
    "Verehrte Sodales Saliorum Palatinorum"
    , begann er und blickte in die vertrauten Gesichter, welche im Schatten der Curia nicht in jedem Falle zweifelsfrei waren zu identifizieren.
    "Mein Vater ist euch allen wohlbekannt, er zählt zu den langjährigsten Sodales eurer hochwürdigen Sodalität, stand ihr gar mehrere Jahre als Magister vor. Mein gesamtes Leben ihr Glied, sodass sie nicht nur zu einem Teil seiner selbst, sondern gleichsam zu einem Teil meines eigenen Lebens wurde: Bei nahezu sämtlichen heiligen Handlungen der Salii partizipierte ich Zeit meines Lebens, nicht wenigen von euch bin ich bekannt aus den Contiones in der Villa Flavia Felix aus der Amtszeit meines Vaters."
    In der Tat exagerierte der junge Flavius mit jenen Äußerungen die Realität, denn wie jedem aristokratischen Knaben hatte es seit seinem siebten Lebensjahr zumeist nicht mehr zur Disposition gestanden, ob er seinen Vater bei dessen kultischen Obliegenheiten begleitete, an abendlichen Gastmählern für einige Stunden partizipierte und ihm bisweilen als Minister assistierte.
    Erst seit seiner Rückkehr aus Rom hatte er sich bemüht, jene Pflicht zu limitieren, obschon selbstredend sein Vater war bemüht, die Fassade aristokratischer Normalität weiterhin aufrechtzuerhalten, sodass bisweilen er es nicht hatte vermeiden können, bei den staatlichen Opferhandlungen aufzutreten.
    "Nun, da mein Vater den Beschluss hat gefasst, diese Sodalität zu verlassen, um Platz zu schaffen für jüngere Sodales, erscheint es mir als Pflicht und Ehre, den Namen der Flavii Gracchi in dieser hochwürdigen Gemeinschaft fortzutragen und zugleich mich in die Reihe meiner zahllosen Anverwandten einzufügen, die unter euch den Cultus Martis pflegten."
    Die Liste der Flavii unter den Salii Palatini war in der Tat lang und es erschien Manius Minor doch tröstlich, dass, wo seine Pläne mit Iullus nicht mochten zu realisieren sein, doch zumindest Scato ihm hier Gesellschaft leistete und als Magister womöglich würde imstande sein, ihn so weit als possibel zu schonen.


    Er würde es ihm zweifelsohne auch erleichtern, am heutigen Tage zu reüssieren und die Wünsche seines Vaters zu befriedigen, ohne dass er sich allzu lange durch die Interrogationen der Sodales würde torquieren lassen müssen.

    Obschon ideell noch immer von seiner Konversion zum Epikureer, wie auch dem Gros seines Lebensstiles in Alexandreia prinzipiell überzeugt, beschämte es Manius Minor nicht wenig, als Manius Maior ihn coram Scatone in derart despektierlicher Weise als unreflektierten Narren präsentierte, was als Resultat seine feisten Wangen rötlich colorierte. Indessen verärgerte zugleich ihn der Umstand seiner Pudenz ihn, als ihm gewahr wurde, dass konträr zur Prätension seines Vaters nicht er, sondern jener selbst ebenso wie Supplicius und all die ruhm- und ehrversessenen Herren und Damen der vermeintlichen aristokratischen Gesellschaft die wahrhaftigen Narren waren. Und dennoch sprach der ältere Gracche augenscheinlich die Wahrheit, als er die Begründung seiner Kandidatur verkündete, denn hieß es ein Flavius zu sein wohl nichts anderes, als ein Narr zu sein.


    Eine Narretei freilich, welcher der junge Flavius konsentiert hatte, um seine armseligen Annehmlichkeiten zu retten, welche auch er angesichts dieser Degradation nicht hinter sich zu lassen imstande war, sodass auch nun er seine Widerworte hinabwürgte und hastig nach einer Dattel griff.
    Obschon in Honig eingelegt vermochte sie jedoch nicht, den bitteren Geschmack seiner Niederlage zu vertreiben.
    Er bedurfte dringlich eines Schluckes Opium, wollte er jenen Spießrutenlauf paternaler Verachtung den gesamten Abend ertragen!

    Der Name, welchen Scato seiner Sklavin verliehen hatte, erschien dem Jüngling angesichts der aus ihrem Akzent unweigerlich zu derivierenden Provenienz als reichlich kurios, was ein amüsiertes Lächeln ihm entlockte.


    Sodann wandte er sich indessen gleich Iduna dem eigentlichen Anlasse ihrer Präsenz zu, denn augenscheinlich hatte die visuelle Unterstützung seines Anliegens das Verständnis in die Beschaffenheit seiner Order simplifiziert, weshalb sie nun zügig parierte und geschwind die Zahlen verteilte, um sogleich und bar jeder Annuntiation den Astragal zu werfen. Mitnichten hatte Manius Minor einen derartig unprätentiösen Beginn eines Losverfahrens erwartet, sodass mit gewisser Entgeisterung er nun dem Lauf des Schicksals folgte:
    Hurtig erhob das güldene Objekt, gefolgt vom Blick sämtlicher Attendenten, sich in die Höhe, verlangsamte seinen Flug mit jedem Digitus und beschleunigte nach der Klimax erneut sein Tempo gen Erde. Da diesmalig weder die geschickte Hand des flavischen Herren, noch seiner Diener ihn bremste, sauste er hernieder und kam mit einem beachtlich lauten, metallischen Klirren auf dem Mosaikfußboden auf, prallte gar ob der Fallhöhe nochmalig ab und kam final zur Ruhe.


    Der Jüngling kniff die Augen zusammen, um das Resultat jenes immediat erfolgten Wurfes zu identifizieren, doch in jener geringen Distanz, verbunden mit den luminösen Verhältnissen des schmalen Fensters war es ihm impossibel, die Seiten des güldenen Knochens zu differenzieren. Selbstredend hätte er Patrokolos gleich sich zu dem Corpus hinabbeugen können, doch erstlich versprach eine derartige Approximation ob seiner Hypermetropie kaum eine visuelle Klarifikation, zum nächsten bereitete eine derartige Wendung jedoch ihm aufgrund der Leibesfülle unwürdige Mühe, weshalb er beschied, sich auf das Urteil seiner Diener zu stützen:
    "Nun, welche Zahl hat nun den Sieg davon getragen?"
    Durchaus befiel ihm Vorwitz ob jenes Ergebnisses, welches mit nicht geringer Probabilität sein kommendes Jahr würde prägen.

    Sim-Off:

    Oh, ich hatte gehofft wir hätten noch etwas Zeit zum Plaudern gehabt, ehe Patrokolos zurückkehrt ;)


    Nicht nur vorwitzig und zerstreut, auch servil war das Mädchen, welches wortreich um Erbarmen flehte, obschon der junge Herr weder Kritik, noch Strafe hatte angebracht, was womöglich seiner Natter von Stiefmutter war geschuldet, welche, wie einst sie hatte berichtet, das Gesinde mit gestrenger Knute führte. Den Jüngling, welcher seinerseits als Antithese seiner verhassten Mutter sich verstand, irritierte jenes Betragen indessen, erfüllte zugleich ihn jedoch mit Kompassion, sodass jovial, doch zugleich ein wenig insekur er lächelnd ihr eine güldene Brücke offerierte:
    "Schon gut, ich kehrte erst kürzlich in dieses Haus zurück. Du wirst mir hervorragende Dienste erweisen, diesbezüglich bin ich mir sicher."


    Fortunablerweise wurde die missliche Situation der zerknirschten Sklavin in jenem Augenschlage durch Patrokolos aufgelöst, welcher in Händen das wohlvertraute Kästlein mit den Astragaloi.
    "Patrokolos, dies ist-"
    , setzte er an, das Maidlein zu introduzieren, stockte in jenem Augenschlage jedoch, als ihm gewahr wurde, dass er wieder einmal sich nicht über den Namen der Magd hatte informiert, mithin sich des Mädchens nicht anders als der Astragaloi gleich einem Spielgerät hatte bedient. Nun seinerseits beschämt blickte er zu Iduna mit fragendem Blick in der Hoffnung, sie würde seine Präsentation entsprechend vollenden. Unterdessen fuhr er schlicht fort, ihren Nutzen seinem Diener zu explizieren:
    "Sie wird uns assistieren und die Alternativen unseres Losverfahrens den Seiten des Astragals zuweisen."
    "Ave!"
    , salutierte der wohlgestalte Sklave, welcher ein wenig älter als sein jugendlicher Herr mochte sein, Iduna und schenkte ihr ein sympathisches, wo nicht gar seduktives Lächeln, mit dem er schon das Herz mancher jungen Dame mochte erobert haben.


    Dem fehlsichtigen Herrn indessen entgingen derartige Subtilitäten. Die finale Fragen Idunas aufgreifend erhob er sich vielmehr und eröffnete das Kästlein mit jener Routine, die jahrelanger Gebrauch hatte erwachsen lassen. Er entnahm hieraus einen der vier Spielsteine von purem Gold und erhob ihn in die Höhe, um dortig im Lichte des schmalen Fensters ihn allseitig zu wenden.
    "Dies ist ein Astragal. Es handelt sich um die Replik eines Fußknochens eines Schafes, wie ich meine. Unseren Sitten gemäß dient er, wie ich bereits sagte, als Spielgerät. Wir betreiben mit ihm Geschicklichkeitsspiele-"
    Mit einer beläufigen Bewegung warf der Jüngling den güldenen Knochen in die Höhe und fing ihn, das Gesicht in Konzentration verzogen, da jene Übung für einen Fehlsichtigen weitaus größerer Mühen bedurfte als für andere, mit dem Handrücken auf. Insonderheit als Kind hatte er wie seine Altersgenossen jenem Penthelita genannten Spiel intensiv gefrönt, obschon für gewöhnlich gar fünf Steine in jener Manier waren aufzufangen gewesen.
    "-oder nutzen ihn als Würfel, wie ich bereits sagte."
    Er reichte den Astragal dem Maidlein, welche somit Gelegenheit erhielt, ihn eingehend zu studieren.
    "Wirft man ihn, kommt er auf einer von vier Seiten zum Liegen: dem Bauch, dem Rücken, der flachen Schmalseite oder der s-förmigen. Du darfst ihn auch gern zur Probe werfen."
    Für einen Augenschlag hielt er inne, um der Dienerin zu gestatten, seine Worte visuell, respektive haptisch zu rekonstruieren. Die beiden übrigen Seiten, welche rund, respektive mit Fortsätzen versehenen waren, bedurften keiner Erwähnung, da niemals ein Astragal auf ihnen zu landen imstande war, wie jede Probe zeitig würde offenbaren.
    "Deine Obliegenheit wäre es nun, diesen Seiten vier Begriffe zuzuweisen und sodann zu würfeln, welcher jener Begriffe von Fortuna erwählt würde."
    Erst nun wurde ihm gewahr, dass die Ämter bei jenem Modus womöglich dennoch einer gewissen Codierung bedurften, sodass das Mädchen nicht begriff, dass er hier um sein Schicksal im künftigen Amtsjahre würfeln ließ. Naheliegend war es, schlicht die Zahl der einzelnen Subcollegae zu verwenden, folglich die Werte Zehn, Vier, zwiefach drei zu verwenden. Indessen bedurften in jenem Falle die Capitales und Monetales einer anderweitigen Differenzierung, weshalb Manius Minor schlicht beschied:
    "Es handelt sich um die Zahlen X, IV, III Alpha und III Beta."

    Augenscheinlich mangelte es dem Mädchen nicht lediglich an einem gewissen Maß an Diskretion, sondern ebenso an Konzentration, denn anstatt sogleich dem jungen Flavius zu Diensten zu sein, wandte sie sich der Büste in einer Ecke des Officium zu, bei welcher es sich um Horatius Flaccus handelte. Selbiger war nämlich nicht nur der Hofpoet des Divus Augustus, sondern zugleich ein Schüler Epikurs gewesen, womit er einen idealen Kompromiss zwischen den Interessen Manius Minors und den potentiellen Restriktionen Manius Maiors repräsentierte, welche das Standbild eines Epikureers oder gar des großen Meisters selbst niemals geduldet hätten.
    Ein wenig irritiert, doch keineswegs verärgert (Epikur lehrte ja, dass auch Sklaven letztlich zu den Menschen waren zu zählen) runzelte er die Stirne. In jener Haltung verharrte er ebenso, als die Dienerin ihren Eigentümer offenbarte, welcher nicht wie antizipiert, sein Vater, sondern sein Vetter war, was wiederum eine Korrektur seiner Äußerungen erforderte:
    "Oh, dann liegt hier ein Missverständnis vor. Ich bin Manius Flavius Gracchus Minor, Sohn des Hausherrn."
    Dass sein Vater denselben Namen trug, war nun selbst von einer neuen Magd zu erwarten, ebenso, dass, obschon Scato sui iuris und damit frei jedweder Patria Potestas war, eben jener und nicht dieser die oberste Supervision über den Haushalt führte.


    Noch immer war ihm die Mimik Idunas verborgen, doch der germanische Akzent vermochte ihre Irritation mitnichten zu verbergen, sodass de Jüngling erkannte, zu weiteren Explikationen genötigt zu sein, was ihn ein wenig enervierte, obschon er letztlich sich um geduldige Milde mühte:
    "Es dreht sich um eine gänzlich zufällige Zuordnung. Gewissermaßen gibt es keine korrekte oder irrige Zuweisung der Begriffe. Die Repliken wird mir erst im Folgenden der Astragal selbst bieten."
    Womöglich konnte das Mädchen in der Tat auch den Wurf übernehmen, was jedoch eher abergläubisch als rational begründet mochte erscheinen.
    "Womöglich wird es dir einsichtig, wenn mein Diener die Astragaloi gebracht hat."
    , addierte er sodann in Antizipation weiterer begrifflicher Inklaritäten.

    Mit Wohlwollen erkannte der junge Flavius, dass sie ein artiges Maidlein war, welches devot sich gerierte, obschon auch ein wenig voreilig, da doch seine Explikationen immediat wurden antizipiert, während die Erkundigungen hinsichtlich seiner familiaren Dependenz im eigenen Hause gar ein wenig despektierlich mochten klingen. Dennoch gqb er bereitwillig Auskunft in der irrigen Annahme, sein Vater hätte das Mädchen erworben.
    "Ich bin sein Sohn."
    Seine weiteren Worte klarifizierten ihre übrigen Rückfragen weitgehend, weshalb final nur jene verblieb, die er bereits hatte antizipiert.
    So begann er altklug zu explizieren:
    "Astragaloi sind Würfel aus den Knochen eines Rindes oder Schafes. Sie besitzen vier Seiten, welchen für gewöhnlich ein spezifischer Zahlenwert zugewiesen wird. In meinem Falle sollen indessen vier Begriffe ihnen zugeordnet werden. Sie soll jedoch rein zufällig erfolgen, weshalb ich dich benötige, da du, wie ich hoffe, die Begriffe nicht bereits assoziativ ponderieren magst."
    So ihr jenes Spiel unbekannt war, war in der Tat zu vermuten, dass sie hinsichtlich des römischen Ämterwesens erst recht keine Kenntnis besitzen mochte. Zumal sie, ihrem Gebahren zufolge ein wenig naiv erschien.

    Zwar entging dem jungen Flavius die Farbe der Augen des Mädchens, welche ob der Hypermetropie in einem gesichtsartigen Schemen verschwammen, nicht jedoch der germanische Akzent, den er dank seines geschulten Gehöres durchaus einzuordnen imstande war. Eine germanische Sklavin hatte er also aufgegriffen, was insofern als günstig mochte erscheinen, dass sie wohl über keinerlei Kenntnis über die Kontexte seines Anliegens verfügte.
    "Formidabel!"
    , kommentierte er also und präsentierte ein sublimes Lächeln.
    "Dann komm einen Augenblick in mein Officium!"
    Selbstredend unterließ er es, sich in seinem eigenen Hause vorzustellen, ebenso, die Motive seines Handelns gegenüber dem Gesinde zu offenbaren. Vielmehr bedeutete er der Maid, einzutreten und folgte ihr sodann, um neuerlich seinen Platz auf dem bequemen Scherenstuhl einzunehmen. Erst dann präsentierte er sein Anliegen:
    "Ich benötige deine Hilfe hinsichtlich eines-"
    Er runzelte einen Augenschlag die Stirn, während er sinnierte, worum konkret es sich hier überhaupt handelte.
    "-Spieles. Ich benötige jemanden, der einige Begriffe zufällig den Seiten meines Astragals zuzuweisen."
    Neuerlich stockte er, da ihm doch in den Sinn kam, dass das Mädchen, welches ja augenscheinlich nicht aus Roma stammte, das überaus populäre Spielgerät überhaupt nicht kennen mochte. Andererseits frönten auch die Unfreien das Glücksspiel und da ein Knochen nicht von großem Wert war, verfügten auch nicht wenige über ihre eigenen Astragaloi. Dennoch erschien es adäquat, sich diesbezüglich zu versichern:
    "Dir sind Astragaloi bekannt?"