Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~


    Er blickte durch jenes gigantische Portal, welches wallende, rote Vorhänge säumten und gar in unendlicher Höhe überspannten. Aus ihm strömte Licht auf ihn, doch unter seinen sonnengleichen Quellen erblickte er zahllose bartlose Häupter, einen infantilen Chor von Jünglingen und Maidlein, welche nicht mehr als zehn Lenze mochten zählen. Doch voll Appetenz waren ihre Blicke ihm zugewandt, ja erblickte nicht selten er ein Glänzen der Faszination in ihren Augen, das geradehin possierlich ihm erschien.
    "Seid ihr alle da?"
    , vernahm er seine eigene, exaltierte Stimme und er verspürte den Drang, beide Arme in paralleler Weise gen Himmel zu recken.
    "Jaa!"
    , tönte es ihm aus unzähligen Kinderkehlen entgegen, freudig und innocent zugleich. Mitnichten irritierte ihn jenes groteske Auditorium, als er sich umwandte, um zu erkunden, welche Gestalt sich nunmehr ihm von der Seite näherte. Es handelte sich um eine androgyne Gestalt, deren hageres, fahles Antlitz von dünnem Haar war umrahmt, auf welchem wiederum ein Krönlein thronte. Mit hastigen Worten grüßte sie ihn:
    "Caspius, Caspius, da bist du ja endlich!"
    "Prinzessin Cornelia, was bedrückt dich?"
    , entfuhr es ihm, zugleich staunend, dass der Name jener unansehnlichen Gestalt ihm war geläufig, hingegen mitnichten verwundert, mit dem Terminus eines orientalischen Stammes tituliert zu werden.
    "Caspius, das Krokodil! Das Krokodil von Alexandria! Es will unser Glück hindern! So tu doch etwas, mein lieber Caspius!"
    Die Prinzessin herzte ihn furchtsam, sodass er ihre knochigen Glieder am Leibe spürte, doch schon eilte sie hinfort, ihn ratlos hinterlassend.
    "Wo mag das Krokodil uns auflauern?"
    Jenes Wesen aus den Fluten des Niles war ihm klärlich vor Augen, doch ließ die Region, in welcher er weilte, jedweden Gewässers missen, welches den Corpus eines derart gigantischen Wesens hätte gefasst.
    "Gib Acht, Caspius!"
    , tönte neuerlich der Chor jenseits des Portales und eilig wandte er sich um, um sogleich der Bestie selbst ansichtig zu werden. Ein Krokodil durchaus, wie er eines als Knabe von seinem blinden Anverwandten als Präsent hatte erhalten, doch war es angetan mit weibischer Tracht, dazu mitnichten furchtgebärend, sondern vielmehr gemächlich und friedvoll, zumal es nunmehr mit vertrauter Stimme ihn rief:
    "Caspius, komm zu uns zurück!"
    Doch obschon es ihm widerstrebte, vernahm er neuerlich die eigene Stimme, diesmal tollkühn und maliziös:
    "Gib Acht, ich werde dich zerschmettern!"
    Hastig neigte er sein Haupt, um sogleich vom Boden eine überdimensionierte Waffe, eine Keule, welche mit Leichtigkeit er schwang, um sogleich die Bestie niederzuwerfen, obschon er doch nicht wenige Sympathie für jenes infortunable Untier hegte, welches nicht einmal Zähne in seinem gewaltigen Rachen aufwies, sondern furchtsam sein Maul verbarg.
    "Nimm dies!"
    , gellte seine Stimme und wider Willen erteilte er ihm einen Hieb mit der Keule, sogleich neuerlich ihr Anlauf gewährend, um mit einem weiteren Ausruf:
    "Und das!"
    , noch einen Streich auszuführen.
    "Au! Au!"
    , lamentierte das Krokodil und ließ artig sich die Schläge gefallen, während jenseits des Portales höhnisches Lachen zu vernehmen war.
    Er wollte inne halten, wollte nicht jene abscheuliche Prinzessin erretten, sondern vielmehr das miserable Wesen, welches nun er beständig mit Hieben traktierte, wollte nicht zur Belustigung des infantilen Publikums einem Gladiatoren gleich jenem innocenten Wesen den Garaus bereiten.
    Doch etwas hinderte ihn und schlagartig erkannte er, dass nicht er Herr seiner Glieder war, sondern spinnenfadendünne Schnüre aus seinen Handflächen gen Himmel erwuchsen, sie hierhin und dorthin dirigierten und somit jede Regung und jeden Hieb koordinierten. Irritiert folgte sein Blick den Fäden gen Himmel, wo über dem Vorhange Dunkelheit lauerte und dann, inmitten jener inilluminierten Leere eine wohlvertraute Gestalt, welche behände die Fäden an hölzernen Kreuzen bald hierhin, bald dorthin bewegte, sie drehte und sodann wieder ließ zurückweichen. Und über den kolossalen Händen im Halbdunkel eines verborgenen Raumes lauerte ein höchst konzentriertes Antlitz...


    ~ ~ ~


    Manius Flavius Gracchus Maior! Dies war der letzte Gedanke, ehe Morpheus' ihn rüde aus seinem Reiche verstieß und in die Welt der Lebenden katapultierte. Irritiert richtete Manius Minor sich auf, einen Augenschlag in jenen Traumgespinsten verweilend, welche so grotesk anmuteten und in ihrer Albernheit doch so trefflich seine Situation kommentierten, welche am heutigen Tage um ein Weiteres war aggraviert worden.


    Denn obschon sein Leib von Schweiß war benetzt und sein Magen ihm durchaus blümerant erschien, was zweifelsohne ein Gruß des Opium-Trunkes war, welcher ihm die Ruhe des Schlafes hatte gewährt, so vermochte er doch zu reminiszieren, welche Situation ihn dorthin hatte gebracht:
    Der heutige Tag war der Wahltag und am frühen Morgen bereits war er im Kreise seiner Familie zum Comitium geeilt, vorerst zum letzten Male angetan mit der Toga candida, um nochmalig die Senatoren vor dem Betreten der Curia Iulia seiner Ambitionen zu erinnern. Erst als die Pforten der Curia sich geschlossen hatten und er dem wachenden Blick Manius Maiors war entschwunden, hatte er gewagt unter dem Vorwande des Missbehagens, welches durchaus keine Lüge war gewesen, nach Hause zurückzukehren, um mit besagtem Opium sich über den Irrwitz jenes Tages hinwegzutrösten. Nun aber blieb lediglich der fahle Geschmack des Mohnsaftes, ein schweres Haupt und das Bewusstsein, durch jene winzige Eskapade keineswegs dem großen Spiel keineswegs entfleucht zu sein. Intuitiv strich er sich über die Hände, als vermöge er mit jener superstitiösen Geste die invisiblen Fäden, an welchen sein Vater ihn dirigierte, abzulösen und eigener Wege zu gehen, doch sinnfälligerweise bremste den Weg seiner Linke über den Handrücken der anderen Hand der opulente Karneol seines Siegelringes, welcher ihn gleich dem Halsband eines Sklaven auswies als Besitz der Gens Flavia, juristisch zwar ein freier Mann, doch realiter nicht weniger gefangen und rechtlos wie die miserablen Unfreien, welche auf den flavischen Latifundien jenen Reichtum erwirtschafteten, von dem zu leben das einzige Privileg seines Standes mochte sein.

    Zwar erleichterte ihn das Wort seines Vaters, welches ihn vom Kontakt mit der Plebs dispensierte, doch schreckte ihn zugleich der finale Rat, welcher mit größter Klarität offenbarte, dass das Geschäft, in welches Manius Maior ihn zu stoßen gedachte, mitnichten mit Wahrheit, Ehre und Tugend war verbunden, sondern primär einen Handel monetärer und anderer Gunsterweise repräsentierte, womit es in doppelter Weise als hohle Fassade sich enttarnte, da doch nicht einmal jene leeren, doch zumindest erfreulichen Meinungen von Werten und Tugenden sie dominierten, sondern nur niedere Instinkte und faule Kontrakte es bestimmten.


    Selbstredend enthielt er sich jedoch eines verbalen Kommentars, sondern markierte seine Abscheu lediglich durch ein melancholisches Seufzen, ehe er seinen Blick Scato zuwandte, der für sein höheres Amt zweifelsohne einen höheren Aufwand würde betreiben müssen, um letztlich zu reüssieren.

    Augenscheinlich saturierte die Replik des Jünglings mitnichten den Purgitius, welcher intuitiv neuerlich auf seinen Vater, den Pontifex, rekurrierte, was Manius Minor gewahrte, dass Manius Maior nicht nur als Amateur leeren Meinungen anhing, sondern gar in professioneller Weise sich der Besänftigung von Wesenheiten hatte verschrieben, welche im besten Falle in fernen Sphären dem seligen Nichtstun frönten, bar jeder Pflicht und Neigung.


    Dies indessen war auch sein Streben, welchem er doch, solange nicht sein Vater das Zeitliche segnete, so ferne stand wie einem Consulat oder dem Lorbeerkranz bei den Olympischen Spielen. Dessenungeachtet war sein Streben nach Freiheit von jedweder Öffentlichkeit kaum geeignet, bei einer Wahlkampfvisite als Wunsch geäußert zu werden, sodass rasch er in Ermangelung eigener Perspektiven bedachte, welcher der drei offerierten Pfade ihm noch am attraktivsten mochte erscheinen:
    Das Consulat zählte zu den verehrtesten Positionen der Res Publica, doch war mit seinem Erstreben wohl ein Maximum an politischen Engagement und Ränkespielen verbunden. Der Kriegsdienst hingegen war kaum mit jenem ersten Lehrsatz seines Meisters in Kongruenz zu bringen, der da hieß: Ein glückliches und unvergängliches Wesen hat weder selbst Schwierigkeiten noch bereitet es einem anderen Schwierigkeiten. Doch sinnentleerter noch erschien ihm ein Flaminat, welches zu den ohnehin deplorablen sozialen Konstriktionen eines Aristokraten weitere Beschränkungen addierte, um seinem Vater gleich einem Gespinste nachzujagen, welches doch angeblich die Welt zusammenhielt.
    "Ein Kommando erscheint mir durchaus erstreblich."
    , erwiderte er schließlich rasch, einem inneren Impuls und zugleich infantilen Traum seiner Kindheit folgend.

    Auch der jüngste Flavius des Hauses war genötigt, in jenen unsäglichen Reigen der Eitelkeiten einzufallen, welcher in der Villa Flavia Felix wurde veranstaltet, um zweien ihrer Sprosse den Weg in die Ämter der Ehren zu ebnen. Entsprechend hatte der Tonsor dem Jüngling nach dem Prandium das Haar geschnitten und gerichtet, man hatte ihm eine neue, maßgeschneiderte, strahlend weiße Synthesis angelegt, welche seine barocke Figur so gut als möglich cachierte, und ihm die Liste der Gäste nochmalig vorgetragen, um ihn für sämtliche Eventualitäten des Zwiegesprächs zu rüsten.


    Dessenungeachtet verspürte Manius Minor jedoch nur eine geringe Neigung, an diesem Tage den leutseligen Nachwuchspolitiker zu mimen, welchen Manius Maior als Sprössling sich wünschte und dessen Karrikatur durch die Macht der Patria Potestas er hatte ertrotzt. Genant verbarg der Jüngling sich folglich vorerst hinter einer Säule, um aus unbesehener Position sich dem zuzuwenden, was als Epikureer ihm zumindest adäquat erschien, indem er die Schausteller betrachtete, die trotz der grässlichen Situation ihm mit ihren fulminanten Artistereien Lust zu bereiten imstande waren.

    Die sublime Mimik und Gestik des Maidleins verschwamm im gehinderten Gesichtsfeld des jungen Flavius zu inidentifikablen Regungen, sodass lediglich die Pause, welche zwischen den seinen und den ihrigen Worten eintrat, ihm kommunizierte, dass sie insekur war, welche Reaktion auf die Äußerung des Jünglings adäquat mochte sein. Das Resultat ihres Spintisierens war augenscheinlich der Triumph eines gewissen Vorwitzes, welcher ihn selbst einerseits erstaunte, andererseits jedoch die Desperation seiner Lage zu konfirmieren ihn nötigte, weshalb nach seinerseitigem Zögern er schließlich schroff und zugleich bitter verlautete:
    "Das singuläre Bestreben des Einzelnen ist belanglos in dieser Sache."
    Wer die Privilegien der noblen Geburt erlangen wollte, musste ihren Obliegenheiten folgen, ohne dass die Possibilität eines partiellen oder sektoralen Erwerbs jenes Pflichten-Rechte-Konvoluts bestand, welches er vergeblich hatte seinem Vater offeriert.


    Doch erschien es ihm geboten, nicht weiter mit einer flavischen Dienerin die Crudelitäten flavischer Familienpolitik zu eruieren, da selbige womöglich ihr die Loyalität zum Hause würden erschweren, was wiederum das Risiko nährte, von seiner erbarmungslosen Natter von Stiefmutter, welche dereinst ihre Inhumanität gegen das Gesinde selbst hatte konfirmiert und nach mehr als einem Ehejahr zweifelsohne das Regiment der Villa Flavia Felix hatte übernommen.
    Folglich nahm er stärker auf ihre timide Refutation eines Trinkgeldes Bezug, welche ihn irritierte, doch ebenso ein wenig amüsierte:
    "Sammelst du dir kein Peculium? Kaufst du dir nicht gern einige schöne Dinge?"
    Nicht wenige Sklaven sammelten ein eigenes Vermögen, welches aus den Sporteln ihrer Herren sie zu bilden die Möglichkeit hatten, um in den Zeiten der Muse sich von ihm persönliche Dinge zu beschaffen oder auf einen Loskauf ex proprio zu sparen, obschon formell selbstredend juristisch ihr Besitz dem ihres Besitzers war zuzurechnen.
    Er lächelte, da es doch geradehin absurd erschien, dass jemand jene Option nicht freudig ergriff, doch erstarb selbiges mit einem Male in eine sorgenvolle Mimik, als er erkannte, dass ein überaus profaner wie unerfreulicher Grund dahinter mochte stehen:
    "Oder ist dir das verboten?"
    Soeben noch hatte er der Inhumanität der Aurelia gedacht, und obschon Iduna alias Attica zum Eigentum seines Vetters Scato mochte zählen, so schien es doch nicht exkludibel, dass sie den Regularien des gesamten flavischen Gesindes war unterworfen, welche neben dem tyrannischen Maiordomus die Herrin des Hauses erließ.

    Die Inquisition schien vollendet, als Iulius Dives die Interrogation nicht mehr zu prolongieren entschied, um stattdessen endlich ihm gar Fortune für die anstehenden Wahlen zu prognostizieren, was ein wenig ihn glücklich stimmte, da doch eine Niederlage zweifelsohne ihm von Manius Maior als Zeugnis mangelnden Engagements würde ausgelegt werden, was einerseits das Risiko barg, letztlich trotz seines Verrates an den epikureischen Lehren doch der flavischen Familia verstoßen zu werden, andererseits die nicht minder erstrebliche Gefahr, nochmalig und intensiver die Strapazen des Wahlkampfes auf sich nehmen zu müssen.


    Dessen vollmundige Empfehlungen für seine Person vermochten hingegen kaum das Herz Manius Minors zu wärmen, da sie doch lediglich ein Medium waren, die ureigenen Interessen der flavischen Narretei zu verfolgen, was nahe legte, dass seine wahrhaftigen Qualifikationen, deren Konfirmation ihm womöglich trotz des Entschlusses, sich nicht ihrer bedienen zu wollen, geschmeichelt hätte, in keinerlei Relationen zu den Beteuerungen und Lobpreisungen seines Vaters standen.


    Da schlussendlich niemand augenscheinlich geneigt war, weitere Worte hinsichtlich seiner Kandidatur zu verlieren, die Tortur somit vollends vollendet war, verlautbarte der Jüngling ein wenig verlegen und hastig:
    "Ich danke Euch für das Zuhören und die Unterstützung!"
    , um sodann mit der Erlaubnis der Consuln einem weiteren Kandidaten Raum zu schaffen und eilig durch die Reihen der Senatoren die Curia zu verlassen.

    Auch der junge Flavius präsentierte ein genantes Lächeln, als der Consular seinen potenten Adoptivsohn in einer Weise thematisierte, in welcher beliebige Eltern an einem beliebigen Orte über die ihrem Dafürhalten nach ewig unmündigen, doch bereits seit geraumer Zeit eigene Wege beschreitenden Kinder sprachen.


    Seine Frage evozierte hingegen prima facie Irritation im Geiste des Jünglings, welche auch seine Mimik affektierte, da doch selbige überaus weitläufig ihm erschien. Indessen wagte er auch nicht, um eine Spezifikation ihrer selbst anzusuchen, da doch dies ihm als Kritik, respektive Eingeständnis von Inkapabilität ihm erschien.
    Um einen Augenschlag Bedenkzeit addieren zu können, räusperte er sich folglich erstlich, kühlte dann, dem Prosit seines Gastgebers gehorsam, seine Kehle und wagte sodann einen hasardeurenhaften Versuch, die Intention des Decimus zu antizipieren:
    "Ich habe beschlossen, das Amt des Triumvir Auro Argento Aere flando feriundo anzustreben."
    So hatte es seine Fortuna, die Sklavin Iduna beschieden.

    Die Courteoisie quittierte der junge Flavius mit einem ambitioniert-artigen Nicken, obschon er sich wunderte, inwiefern Freude die adäquate Emotion angesichts seiner Ambitionen mochte sein, zumal nicht einmal er selbst jene verspürte.
    Doch ebensowenig hatte er sich eine Vision erdacht, hatte vielmehr lediglich die drängendsten Necessitäten für seine Kandidatur vollbracht und die übrige Zeit mit Melancholie und deren Bekämpfung durch die süßen Freuden des Opium gefüllt. Dessen inspirierendes Potential war es auch, welches er auf die Frage des Purgitius herbeisehnte.
    "Nun"
    , hob er an, ehe seine Stimme spintisierend erstarb. In Wahrheit erwartete Rom wohl ein Magistrat wider Willen, welcher gänzlich überzeugt war von der Unsinnigkeit seiner Okkupation, welcher jeden Tag würde die brennende Wunde des Verrats an seinen Einsichten verspüren und bar jeder Motivation seine Geschäfte beginnen. Doch ebenso sicher war, dass er sie beginnen würde, dass er in Furcht vor dem tiefen Fall, der Verstoßung aus dem familiaren Paradiese jedwede Obliegenheit penibel würde erfüllen, um den leeren Meinungen Manius Maiors zu genügen.
    "Einen Mann, welcher seine Pflicht erfüllt, wie es die Mores Maiorum diktieren."
    , war endlich die Replik, welche ihm über die Lippen trat und dabei durchaus der Wahrheit am nächsten kam, da doch Manius Maior gewissermaßen bereits jetzt unter die Maiores zu rechnen war, ja als einziger real existierte, da all die anderen ja bereits in unzählige Atome aich hatten annihiliert.

    Ein halber Claudius mochte er sein, doch musste er nun, da er dem Oberhaupt jener Gens ins Antlitz blickte, erkennen, dass nichts an ihm familiar erschien. Selbstredend war er ob der Distanz ohnehin außerstande, die Gesichtszüge mit den seinen oder gar der verblichenen Reminiszenz an seine Mutter zu vergleichen, doch auch jene ihm gebräuchlichen Identifikatoren wie die Silhouette, die Gestik und selbst die Stimme wirkten mitnichten vertraut. Zu lange waren die Flavii und Claudii getrennte Wege gegangen, zu lange lag das letzte gemeinsame Convivium zurück, ja selbst von der Bestattung seiner Mutter vermochte er sich nicht an jenen Anverwandten zu erinnern. Umso schändlicher erschien es ihm nun, jene familiaren Relationen zu aktivieren, ja gar seine arme Mutter zum politischen Argument zu instrumentalisieren, ja zu degradieren, da doch dies gesamte eitle Ringen zuletzt sinn- und ziellos war, sodass zweifelsohne sie mit Gram auf ihn hätte herabgeblickt, wäre sie nicht vor Jahren bereits restlos in unzählige Atome zerfallen.


    Die Frage des Senators indessen kalmierte ihn keineswegs, sondern erweckte in ihm die Furcht, eine paternale Warnung übersehen zu haben, da sie doch nahelegte, dass sein Gruß in diesem Hause Anlass zur Verwunderung war, wie es im Falle eines Zwistes zwischen den Geschlechtern mochte erklärlich sein.
    "Nun, ja."
    , replizierte er somit seinerseits sichtlich irritiert, zumal jene Hypothese in vielfacher Hinsicht in seinem Falle die Realität vortrefflich traf, da ja seine gesamte Kandidatur nicht mehr war als eine paternale Sendung.
    "Ich grüße dich ebenso."
    , addierte er sodann hastig, auf die Salutation seines Opponenten sich schlagartig der Etikette entsinnend.

    Der Jüngling fixierte den in weiterer Distanz sitzenden und folglich ihm relativ scharf erkennbaren Iulius ein wenig furchtsam, als jener sich durch das harsche Wort des Consulars keineswegs saturiert gab, sondern nochmalig in die offene Wunde seiner mäßig präparierten Fassade stieß.
    Fortunablerweise hatte er indessen das Feigenblatt, welches die offene Parade zu decken geeignet war, selbst bereits offeriert, weshalb der junge Flavius ein wenig zögerlich mit einem
    "Durchaus, durchaus."
    den vermeintlich korrekten Schluss konfirmierte.


    Doch hatte augenscheinlich sein Antipode bereits eine neue Tortur ersonnen, denn schon identifizierte er die nächste Schwäche in der Vita Manius Minors, da doch es, wie dem Jüngling wohlbewusst war, war in den vergangenen Jahren verstärkt zum Usus geworden, explizit ein Jahr an der Seite eines Amtsträgers zu verbringen.
    Doch anstatt auf den Umstand seines Fehlens zu rekurrieren, wandte Dives sich einem gänzlich differenten Sujet, nämlich den klientelären Relationen des jungen Flavius zu. Diesbezüglich vertrat der Jüngling, neuerlich inspiriert von seinem Lehrer, eine dezidierte Meinung, welche indessen neuerlich mit den leeren Meinungen der Gesellschaft konfligierte, denn während hier jedwede Form von Beziehung als Gewinn wurde erachtet, so betrachtete Manius Minor Klientel und Patronat schlicht als lästige Konstriktionen, welche gleich dem familiaren Imperativ ihn nötigen, in dieser oder jener Weise seine Freiheit zu beschränken, ohne hiervon einen qualitativ adäquaten Gewinn zu generieren, da doch einzig Freunde es waren, die ihm als Mitmenschen echten Trost und unmaskierte Freude zu spenden vermochten.
    Fortunablerweise war er jedoch in jenem Punkt durch das Schicksal begünstigt, denn erstlich würde er, solange Manius Maior noch unter den Lebenden weilte, die Pflichten eines Patrons nicht auf sich zu nehmen genötigt sein, zum anderen dispensierte ihn seine noble Dezendenz von der Obliegenheit, sich durch servile Speichelleckerei als Klient anbiedern zu müssen, um seine bescheidenen Ziele zu verfolgen. Die Insekurität, ob eine derartige Replik einem Homo Novus wie dem Iulius jedoch als arrogant mochte erscheinen, ließ seine Stimme hingegen ein wenig demütig, ja gar ängstlich erklingen, als er erwiderte:
    "Nun, meine Familie war bisherig mein Patron, würde ich vermuten."
    Kaum hatte er jene Worte gesprochen, wurde ihm gewahr, wie treffend die Metapher von der Familie als Patronus doch war: Sie gewährte Schutz, doch forderte sie ebenso unwidersprechliche Observanz, wie er in torquierender Klarität hatte erfahren.

    Der junge Flavius seufzte. War es noch vor Jahren sein Traum gewesen, zu den Patrs conscribiert zu werden, so erschien ihm nach der epikureischen Läuterung heute dies als gänzlich unerstreblich, ja geradehin als schier unerträgliche Last, welche ihm sein Vater, getrieben von leeren Meinungen und irrigen Sorgen um nichtige Reputation, ihm aufbürdete.
    Einen Augenschlag erwog er, dem Sklavenmaidlein sein hwez zu öffnen, ihr sein Laborieren zu explizieren in der Hoffnung auf Trost und womöglich Compassion, zumal doch der große Philosoph auch die Indifferenz gegenüber Ständen und Ordines lehrte.
    "Nun"
    , hob er an und seufzte. Er war außerstande, einer gänzlich fremden Unfreien seinen Schmerz zu klagen, sie einzuweihen in eine Welt, welche ihr so fremd musste sein wie ihm der Gedanke, einsam in den Gassen Romas sein Dasein zu fristen, wie es die vollendete Existenz als Epikureer von ihm hätte erfordert, zumal er beständig in Furcht würde zu leben haben, dass sie seine in den Augen der Welt ridikulöse Kleinmut hinausposaunen und ihren Herrn darüber in Kenntnis setzen würde, womit allzu leicht sie an das Ohr Manius Maiors mochte gelangen, welcher schlussendlich dies als Indiz musste verstehen, dass sein nominelles Alter Ego doch dazu neigte, die Ehre seines Hauses zu verspielen.
    "Es ist die Obliegenheit jedes Flavius, nach dem Senat zu streben."
    Jenes Faktum hatte der Jüngling schmerzlich müssen erfahren. Mitnichten war es ein Privileg zum Aristokraten geboren zu sein, welcher keinerlei praktische Kapabilität zu entwickeln imstande war und somit auf Gedeih und Verderb den karrierellen Konstriktionen seines Standes war ausgeliefert.


    "Du hast indessen deine Aufgabe hervorragend erfüllt. Möchtest du ein kleines Trinkgeld für deine Dienste?"
    , mühte er sich, Iduna nicht durch seine melancholischen Gedanken zu betrüben, weshalb er gar sich zu einem verhaltenen Lächeln nötigte. Bar jeder Kapazität zur Ästimation, ob der Dienst des Mädchens adäquaterweise mit einem Sesterzen war zu honorieren, mühte er sich durch jenen Gestus doch, ihm eine kleine Freude zu bereiten, da sie doch gänzlich innocent war hinsichtlich seiner deplorablen Lage und obendrein er spontan den Beschluss fasste, dem Gesinde zukünftig nach epikureischem Vorbild ein höheres Maß an respekt zukommen zu lassen.

    Das Amusement des jungen Flavius erstarb prompt, als der Ianitor ihn höflich, doch bestimmt der Pforte verwies, da er es präferierte, erstlich den gemeinen Pöbel, welchen er zu seiner Entourage zählte, zu empfangen, ehe er dem Sohn eines Consulars und Spross eines altehrwürdigen Geschlechtes bereit war sein Ohr zu leihen.
    Welch Infamität: Er, ein Flavius, wurde von einem gemeinen Iulius der Tür verwiesen! Er legte die Stirne in Falten und öffnete ungehalten den Mund, um sogleich ihn zu schließen, da er adäquater Worte für jenen Affront entbehrte.


    "Nein, besten Dank. Wir werden ein andermal wieder kommen!"
    , war neuerlich Patrokolos zur Stelle und ergriff seinen sichtlich irritierten Herrn sanft am Arm, um ihm den Weg zu weisen. Aufs Neue ließ dieser ihn gewähren und von der Pforte wie der wartenden Klientenschar abwenden.


    Kaum einen Schritt waren sie gegangen, da stieß Manius Minor voll Erregung hervor:
    "Er hat mich nicht eingelassen, Patrokolos!"
    "Ich weiß, Domine."
    "Ein schnöder Homo Novus vertröstet einen Flavius wegen einiger parasitärer Plebejer und Freigelassenen."
    Etwas anderes vermochte er unter der Klientel jenes Quaestoriers nicht zu erwarten.
    "Vergiss nicht, dass Epikur allen Menschen gleichen Wert zumisst. Wer sagt, dass dein Anliegen von größerer Bedeutung ist als ihres?"
    Der Jüngling öffnete den Mund, um mit einer abschätzigen Äußerung zu reagieren, doch ehe ein Laut seine Lippen verließ, musste er doch konzedieren, dass die Mahnung seines Sklaven nicht war von der Hand zu weisen, da doch die gemeinen Klienten Morgen für Morgen im Atrium ihres Patronus erschienen, um substantielle Begierden, welche zweifelsohne natürlich und notwendig waren, zu befriedigen, während er selbst in einer Mission auf Basis leerer Meinungen die Salutatio hatte aufgesucht.
    "Es ist dennoch eine Unverfrorenheit!"
    , beschied er endlich. Zweifelsohne bewegte der Iulius sich immerhin in jenem herkömmlichen Glaubenssystem leerer Meinungen, welches die Weisheit Epikurs negierte und somit auch nach jenen Maßstäben war zu ponderieren, welche es selbst sich auferlegte.
    "Soll er doch zu uns kommen, wenn er meine Bekanntschaft machen möchte!"
    Ein Quaestorius würde es kaum verdienen, ein weiteres Mal den strapaziösen Weg vom Collis Quirinalis über den Viminalis hierher zum Esquilinus zu unternehmen, zumal er für jene Visite extra zeitig war aufgebrochen!
    Da präferierte es der flavische Jüngling doch, die gewonnene Zeit in einen Augenblick behaglichen Dösens im Opiumrausche zu investieren, um sein Gemüt zu kühlen.

    Manierlich folgte der Jüngling der Offerte seines Gastgebers und erklomm die Kline, hierfür seinen Becher an seinen Diener reichend. Als er in leidlich bequemer Position sich situiert hatte, ließ er sich neuerlich den Trinkgefäß reichen und antwortete:
    "Mein Vater ist wohlauf. Meines Erachtens hat er die Last des Amtes nunmehr endgültig hinter sich gelassen."
    Manius Minor war just während des gesamten Consulats Manius Maiors außer Landes gewesen, hatte folglich ebenso den strapaziösen Wahlkampf und die Nachwehen jenes eminenten Amtes nicht, wie es dem Spross eines nobilitären Geschlechtes hätte angestanden, durch seine Dienste unterstützt und dadurch Anteil gewonnen an seinem Glanze. Vielmehr war sein Vater ihm gänzlich unverändert erschienen im Vergleich zu jenem Tage, da sie in äußerster Kühle voneinander sich hatten geschieden, zumal jene Distanz, obschon räumlich überwunden, nunmehr nicht nur emotional, sondern auch philosophisch war intakt, was das Interesse des Jünglings an den Befindlichkeiten seines Erzeugers weiters schmälerte.
    Insofern waren seine Worte reine Spekulation, die Simulation familiarer Eintracht und Einvernehmlichkeit, welche doch schon so lange war zerbrochen.
    "Dein Sohn-"
    Der junge Flavius stockte, da eine derartige Titulatur für den potentesten aller Equites des Imperiums ihm despektierlich erschien, insonderheit aus dem Munde eines Jünglings.
    "Der Praefectus Praetorio ist ebenfalls wohlauf?"

    Sim-Off:

    Ohne selbstredend die Entscheidung des Senates in irgendeiner Weise manipulieren oder gar prädisponieren zu wollen darf ich anfügen, dass die Präferenz selbstredend einer SimOff-Intention entspringt ;)


    Dem Jüngling entging in seiner Nervosität, dass Iulius Dives in der Tat nichts anderes unternahm, als seine Worte zu repetieren, obschon er selbstredend sie in eine kausale Relation zueinander stellte, wodurch die Aussage Manius Minor als eine kritisierende Korrektur erschien, die ihn dankbar in Richtung des Decimus ließ blicken, als jener durchaus ungehalten den Iulius in die Schranken wies.


    Er interpretierte dies als vehemente Form der Assistenz eines getreuen Unterstützers, anstatt die Erregung seiner gedrechselten Diktion zuzuweisen, welche ihm doch so evident erschien wie das Tragen einer Toga und zweifelsohne ein Erbe seines beredsamen Vaters repräsentierte. Folglich unterließ er vorerst deren Gebrauch in der Hoffnung, mit jenem positiven Beitrag des decimischen Consulars bereits einen finalen für seine Präsentation errungen zu haben.

    Nicht lange bedurfte es des Wartens, ehe der Hausherr erschien und die Gäste salutierte. Die Frage, sich bei dem Consular hinsichtlich der Aktivitäten seines Sohnes während des Bürgerkrieges zu informieren, annihilierte sich prompt angesichts der imposanten Gestalt des Decimus, der trotz seines Alters eine augenscheinlich muskulöse Statur aufwies.
    "Ave, Consular Decimus."
    , grüßte der Jüngling vielmehr kleinmütig und bedurfte eines Augenschlages, ehe er imstande sich sah sein Sprüchlein zu memorieren, welches er als Praefatio seiner Wahlkampf-Visiten präpariert hatte:
    "Ich bin gekommen, um dir die Grüße meines Vaters auszurichten. Er sendet mich, um dir Gelegenheit zu geben, meine persönliche Bekanntschaft zu machen, und in der Hoffnung, dich als Unterstützer für meine Kandidatur zum Vigintivirat zu gewinnen."

    Konträr zur claudischen Salutatio diente jene Institution in der Villa Flavia Felix wie auch in manch anderem Hause nicht exklusiv den formellen Klienten der Gens, sondern generell als Zeit des Pater Familias für Bittsteller diverser Relation, wobei die Klienten selbstredend eine extraordinäre Rolle spielten, doch auch lose assoziierte Freunde und Günstlinge der Familia ein Forum erhielten, mit ihren patrizischen Mäzenen zu konferieren. In einem derartigen Sinne hatten auch die Berater Manius Minors beschieden, diese Zeit für die Besuche bei den oftmals intensiv okkupierten Senatoren zu nutzen, welche zu zur morgendlichen Stunde mit größter Sekurität waren anzutreffen.


    Der junge Flavius erschrak somit ein wenig, als der Nomenclator an der Seite seines claudischen Anverwandten ihn als potentiellen Klienten präsentierte, was keineswegs die Intention seines Besuches war gewesen.
    "Oh, dies ist ein Irrtum!"
    , stieß er daher, uneingedenk der Konsequenzen einer derart negativen Äußerungen, spontan aus. Erst im Folgenden gewahrte ihn, dass womöglich sie dem Claudius mochte den wahren, doch unhöflichen Umstand mochte suggerieren, ihm erscheine ein claudisches Patronat als generell unerstreblich oder inadäquat.
    Neuerlich rettete den Jüngling sein Diener Patrokolos, welcher ebenso sichtlich die Worte seines Antipoden hatten irritiert, nun jedoch (wie so oft) rascher als sein Herr die Fassung zurückgewann:
    "Das Anliegen meines Herrn ist weitaus bescheidener."
    Erwartungsvoll blickte er hinab auf den jungen Flavius, welcher doch selbst seine Bitte sollte formulieren:
    "Ich bin gekommen, um dir die Grüße meines Vaters auszurichten. Er sendet mich, um dich um meiner Mutter und unserer gemeinsamen Ahnen willen zu bitten, meine Kandidatur zur Vigintivirat zu unterstützen."

    Artig folgten Manius Minor und sein Schatten Patrokolos dem Ianitor ins Tablinium des Hauses, wo man rasch sie mit den üblichen Necessitäten versorgte. Der Jüngling nahm einen Schluck vermischten Weines und seufzte. Jene Visiten waren überaus ermattend, da doch die Instandhaltung jener Fassade politischer Ambitioniertheit, verbunden mit der Karenz seines geliebten Opium, vehement an seinen Kräften zehrte.


    "Vergiss nicht, Decimus Livianus ist ein wichtiger Verbündeter."
    , mahnte Patrokolos, welcher seinem Stande gemäß sich zur Rechten seines Herrn hatte postiert, nachdem Ephialtes das Tablinium hatte verlassen.
    "Ich weiß. Der Adoptivvater eines Freundes von Vater."
    , erwiderte der junge Flavius, die Belehrungen eben des präparierenden Gespräches für seinen Besuch repetierend. Die Erwähnung des Praefectus Praetorio erweckte indessen neuerlich die Remineszenz an jenes Gespräch vor Jahren, in welchem Manius Minor und Manius Maior sich hatten entzweit, nachdem dieser jenen hatte glauben machen wollen, seine Flucht aus Cremona habe dem Zwecke gedient, seinen decimischen Freund zur Revolte zu bewegen.
    Die Erinnerung stieß aufs Neue einen Dolch in sein Herz und sein Antlitz verhärtete sich. Ob er die Ausflüchte seines Vaters sollte falsifizieren, indem er den Consular immediat diesbezüglich interrogierte? Immerhin hatte Decimus Livianus selbst unter der Knute Salinators gelitten.

    Die Visite in der Domus Purgitia zählte zu den ersten Wahlkampfterminen des Jünglings, weshalb noch immer das Verfahren der Salutatio, welches aus Perspektive des Patronus ihm wohlbekannt war, aus der Position des Bittstellers noch immer höchst unfamiliar und inkommod ihm erschien. Mitnichten offerierte man ihm ein Getränk oder dergleichen, wie es bei singulären Besuchen unter Freunden war gebräuchlich, noch umhegte man ihn in der Schar der Besucher oder räumte ihm gar die unlimitierte Aufmerksamkeit ein.


    Dennoch präsentierte er ein genantes Lächeln, als endlich Purgitius Macer ihn freundlich begrüßte. Dem Jüngling war der Consular selbstredend bekannt, doch vermochte er nicht zu memorieren, wann das letzte Mal sie das Vergnügen gehabt hatten.
    "Ich bin gekommen, um dir die Grüße meines Vaters auszurichten. Er sendet mich, um dir Gelegenheit zu geben, meine persönliche Bekanntschaft zu machen, und in der Hoffnung, dich als Unterstützer für meine Kandidatur zum Vigintivirat zu gewinnen."
    Jenes Sprüchlein hatte Manius Minor gemeinsam mit Patrokolos präpariert, um nicht für jede Visite aufs Neue sich hinsichtlich seiner Worte sorgen zu müssen und bereits zu Beginn der Unterredungen sich der Popularität Manius Maiors zu bedienen, welche darauf zielte, die potentielle Barriere zwischen den etablierten Senatoren und dem in der Öffentlichkeit mäßig präsenten Kandidaten zu überwinden.

    Die Frage des Ianitors erschien dem Jüngling geradehin ridikulös, da doch Iulius Dives' Vater, wie Patrokolos ihm hatte recherchiert, ein gemeiner Soldat der Cohortes Urbanae war gewesen, während er selbst einem uralten consularen Hause entstammte, welches traditionell nur Klienten der Imperatoren, respektive der bedeutendsten Männer ihrer Tage waren, so sie überhaupt ein Bedürfnis nach einem Patron verspürten.
    Vergnügt gluckste er daher und setzte an, den Sklaven über jenen evidenten Sachverhalt zu belehren:
    "Nein, selbstredend nicht, ein Flavius ein-"
    "Mein Herr Manius Flavius Gracchus, Sohn des Consulars Flavius Gracchus, ist kein Klient von Iulius Dives."
    , intervenierte rasch Patrokolos und schob sich vor seinen Herrn, um eine Beleidigung der Gens Iulia, ehe man den Hausherrn zu Gesicht hatte bekommen, zu präventieren.
    Der Sklave räusperte sich, während der junge Flavius die Objektion seines Dieners jovial gewähren ließ.
    "Er möchte sich dem ehrenwerten Senator Iulius Dives vorstellen, um ihn über seine Kandidatur zum Cursus Honorum zu unterrichten."

    Der junge Flavius hatte erhofft, ohne jedwede intensivere Interrogation jenen Auftritt zu durchlaufen, doch selbstredend nutzte der Senat die Option, einen potentiellen Amtskollegen der Zukunft genau zu prüfen, da sich hiesig doch eine günstige Gelegenheit ergab, auch die Schlagfertigkeit der Kandidaten coram publico zu erproben.


    Deplorablerweise lenkte Iulius Dives just auf jenes Sujet die Appetenz, welches der Jüngling am lässlichsten hatte präpariert, da doch der schnöde Zufall allein seine Präferenz hatte bestimmt, während realiter jedwedes Amt ihm gleichermaßen unwillkommen war. Diesem Umstande nun war es geschuldet, dass er keineswegs das Amt intensiver hatte reflektiert, obschon er noch zu memorieren imstande sich sah, dass die Nennung eines spezifischen Amtes eben jene Reflexion suggerieren hatte sollen, gleichsam als Probe seines versprochenen Engagements im Amte.
    "Nun-"
    , setzte er somit an und stockte sogleich, panisch spintisierend, welche Argumente vor dem Wurf des Astragals ihm waren in den Sinn gekommen. Hektisch griff sein Geist nach dem Hauch einer Remineszenz, dass Scato eben jenes Amt hatte bekleidet, doch befiel sofort ihn ein Zweifel hinsichtlich jenes Gedankens, was wiederum ihn überaus inadäquat für eine Verbalisierung ließ erscheinen, da inkorrekte Referenzen lediglich seine defizitäre Präparation würden offenbaren und letztlich ihn zum Gespött der Väter werden lassen.
    Nach einem erschrockenen Schweigen nötigte er sich somit zu einer eher nebulösen Aussage, um zumindest nicht die Blöße sich zu geben, vor diesem hohen Hause der Worte verlustig zu gehen:
    "Es gibt selbstredend eine gewisse Tradition in meiner Familie für jenes Amt."
    Selbst wenn ihn seine Memoria täuschte, würde diese Aussage wohl kaum zu falsifizieren sein, da im gigantischen Stammbaum der Flavia zweifelsohne manch ein Debütant jenes durchaus angesehene Vigintivirat hatte bekleidet.
    "Darüberhinaus reizt es mich schlichtweg, jenes angesehene Amt zu bekleiden."
    , fügte er daher eilig an, wohlbewusst, mit jenen Brocken gleichsam nur sehr partiell die Fragen des Iulius beantwortet zu haben, und deshalb zuletzt mit rosigen Wangen ein wenig beschämt zu Boden blickend.
    Welche Qualifikation mochte er vorweisen? Das Kalkulieren und Rechnen war ihm ein Gram, weitere spezifische Anforderungen für jene Okkupation mochten ihm im Kreuzverhör mit den hohen Herren nicht in den Sinn kommen.
    Ihm blieb auf die Gnade des Wohlwollens zu hoffen, welche eine torquierende intensivere Interrogation hinsichtlich seiner Äußerungen abwendete.