Beiträge von Claudia Romana

    Hier, in einem nicht allzu überdimensionierten Cubiculum, befindet sich die Schlafstätte von Claudia Romana. Ein Fenster bietet einen schönen Ausblick über den Garten der Villa Claudia. Die Wände des Zimmers sind bemalt mit exquisiten Fresken. Die Besitztümer der Claudierin sind schön säuberlich in Regale und Schränke geschlichtet. Ein Arbeitstisch und eine Kline stehen unter dem Fenster. Die Kline steht direkt gegenüber vom Bett. Der Schreibtisch steht neben der Kline, auf ihm liegen ein paar Federkiele, Tintenfässer und einige Schriftrollen. Die meisten sind auf Latein, ein paar in etruskischer Sprache.


    Das Bett, welches nicht im Bild unten ist, ist eine Art Himmelbett mit Daunenmatratze und seitlich vom Dächlein herunterhängende Gardinen. Im Bett selber liegen eine Unmenge von Kissen etwas chaotisch durcheinandergewürfelt beieinander.


    Ein Blick auf das Cubiculum

    „Hm, gut gebrüllt, Löwe.“, stimmte sie zu. „Ich denke absolut dasselbe.“ Sie verachtete Leute, die sich am Leiden der anderen bereicherten, und doch nichts dagegen taten. Sie konnte vor Wut platzen, wenn sie darüber nachdachte. Ihr ausgeprägter Sinn für Moral ließ es nicht zu, dass sie diese Scharlatane und ihr Werk gutheißen konnte. Und gerade deshalb wollte sie nicht weiter darüber nachdenken. Bringen würde es eh nichts. Sie war also relativ dankbar dafür, dass ihr Vetter keine zusätzlichen Anekdoten diesbezüglich aus dem Ärmel schüttelte.


    „Das sind sie fürwahr.“, stimmte Romana andächtig zu und wurde eine kleine Spur rot, als ihr Vetter sie, schon fast ein bisschen vorwurfsvoll, fragte, wieso er ihr nciht glauben sollte. Sie schluckte leicht. „Ähmm...“, brachte sie heraus und ließ den Kopf leicht hängen. „Du hast recht. Ich hätte nicht an dir zweifeln sollen. Es tut mir Leid, Quintus.“, entschuldigte sie sich und blickte ein wenig kläglich aus der Wäsche. Dermaßen unkonzentriert, und mit Schuldgefühlen ringend, kam die Umarmung ein wenig überraschend. Doch sie zeigte ihr, dass Lepidus die Sache nicht ganz so tragisch sah wie Romana selber. Erleichtert lachte sie. „Quintus, du bist ein echt guter Kerl, weißt du das?“, fragte sie mit einem leichten Tätscheln auf seine Schultern. Hie und da war er ja ein bisschen ein Klotz, aber niemals zu ihr, und sie schätzte ihn dafür.


    Doch er interpretierte ihre Aussage, was den Senat anging, so, als ob sie ihn auslachen würde. Wieder druckste sie verlegen herum, doch schien Lepidus zufriden zu sein mit ihrem Versuch, sich zu retten vor der Vermutung, dass sie es ihm nicht zutrauen würde. Sie würde es ihm durchaus zutrauen, doch es war sehr unvermutet gekommen. Als es noch en vogue gewesen war für Patrizier, ins Militär zu gehen, wie es ihr Vater getan hatte, hatte sie sich oft gedacht, den Weg würde Quintus Lepidus auch einschlagen. Sie blickte ihn also nur warm und herzlich an. „Wenn das nicht so kommt, mein Guter, fresse ich einen Besen, in Person.“, wettete sie. „Besprich dich mit meinem Vater, er weiß sicherlich, was gut für dich ist.“ Sie war sich darin ganz sicher.


    Über sein sich selber gesetztes Ziel war sie dann doch etwas erstaunt. „Kanzlei? Du als Bürohengst? Hm, lass mich nachdenken.“ Sie hatte ein gutes Gedächtnis, und las ja die Acta. „Da gab es ja kürzlich drei Ernennungen, die Primiceriiposten sind also ausgefüllt. Da müsstest du vielleicht als Notarius anfangen...? Sprich dann vielleicht einfach mit einem Procurator, vielleicht kannst du den überzeugen. Und, ich glaube, irgendwo in der Kanzlei arbeitet ein Vetter von Epicharis‘ Ehemann, ein Flavier. Vielleicht kann dir der helfen? Frag mich aber nicht, wie er heißt.“ Sie zuckte die Achseln.

    Oje, es scheinte, als ob sie wieder was gesagt hätte, wo ihr Vater komplett den Faden verloren hatte. Sie schaute ihn ihrerseits an, schlug die Wimpern nieder und dachte kurz nach, wie sie ihre Worte erklären sollte. „Weißt du, ich fühle so eine... unterschwellige Verbindung mit Gärtnern. Wenn ich ein Mann wäre, und nicht patrizisch, und nicht gewillt, in den Gottesdienst einzutreten, wäre ich Gärtner geworden. Ich denke, es liegt mir einfach. Man mag es den grünen Daumen nennen, um eine abgedroschene Redensart zu benutzen. Sie schafft eine spezielle Verbindung zwischen menschen. Das meine ich.“ Verstand dies ihr Vater, oder würde sie jetzt einen endlosen Vortrag über ihr, zugegebenermaßen leicht eigenwilliges, Weltbild schwingen müssen? Fragend blickte sie den Vater an.


    Die Erscheinung der Göttin war durchaus kein Traum gewesen, sondern eine Erscheinung im wahrsten Sinne des Wortes, jäh, unvermutet, aus heiterem Himmel, am hellichten Tage, unverhofft. Eine Halluzination, wenn man so will. Doch jene rationale und realitätsnahe Erklärung der Erscheinung war der jungen Frau fremd, und dass ihr Vater sie darin bestärkte, verschaffte ihrer Überzeugung noch einmal einen gewaltigen Auftrieb. Einen Traum hätte Romana vielleicht noch abgetan, doch eine solche Erscheinung war für sie absolut persuasiv gewesen.


    Die nächsten Worte ihres Vaters zauberten ein Lächeln auf ihr Gesicht, und fast wäre eine Freudenträne aus ihrem linken Auge gequollen. „Es ist so schön, dass du das sagst.“, meinte sie warm und umarmte ihren Vater abermals. „Ich bin auch stolz, und zwar auf dich, Vater. Du siehst die Wahrheit, du vertraust mir...“ Glücklich strahlte sie ihn an. Sie wusste durchaus, dass eine Karriere als Vestalin im Sinne ihres Vaters war, und dass sie es machen würde, mit vollstem Eifer und größtem Einsatz, stand außer Frage.


    Doch hatte sie, wie es aussah, ihren Vater wieder einmal komplett aus der Reihe gebracht durch ihre nächste Ansage. Jetzt hatte sie ihn wieder verunsichert! Und würde ihre Worte erklären müssen. Also tat sie das. „Auf dem Weg von den Stadtmauern zur Villa habe ich so viele Leute gesehen, vor allem Männer. Besoffen waren viele, andere haben herumgehurt, andere haben sich gegenseitig ihre Visagen eingeschlagen. Es gab kaum Ausnahmen.“ Steile Falten bildeten sich auf ihrem Gesicht. Glücklich war sie darob ganz sicher nicht. „Und ich lese die Acta, Vater. Ich verfolge die Debatten, die es momentan gibt... nur Quereleien und Streitigkeiten. An den Kolumnen, die Klatsch und Tratsch, und Kultur und Leben, und Meldungen und Beförderungen betreffen, sieht man immer wieder das selbe. Männer, die sich in ihrer eigenen Eitelkeit wälzen. Karrieregeil und machtlüstern. Interessiert an den Nichtigkeiten der Welt, lassen sie die wichtigen Dinge im Leben außer Acht. Der eine will sich als Kriegsheld profilieren, der andere als Künstler, und der andere als Politiker. Rücksicht? Moral? Scham? Nicht doch, das wäre zuviel verlangt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Kurz gesagt, sie alle gehen mir auf den Sack.“ Das war ein treffendes Schlusswort zu ihrer kleinen Schimpftirade. „Wie wohltuend ist es da, dass es Leute gibt, die über diesen Sachen stehen.“ Es war eindeutig, dass sie damit ihre eigene Familie meinte.


    „Noch etwas wollte ich fragen, Vater.“ Da sie ja gerade auf die Claudier Bezug genommen hatte, war es natürlich, dass sie nun darauf zu sprechen kam. „Wie geht es meinen Geschwistern? Prisca ist ja jetzt irgendwo, keine Ahnung, wo sie sich herumtreibt. Hast du eine Ahnung? Von Narcissa habe ich schon ewig nichts mehr gehört. Hat die Villa sie verschluckt? Und Lucius ist sicher noch hier. Ich hoffe doch, dass er bei seiner Karriere in der Priesterschaft gut vorankommt. Und Epicharis? Was ist mit Deandra passiert, ich habe ewig nichts mehr von ich gehört?“ Sie wollte alles genau wissen. „Und was ist mit dem Rest der Familie? Wer ist in der Villa, hier in Rom?“ Sie wollte doch durchaus mit anderen Familienmitgliedern in Kontakt treten.

    Roman lachte abermals auf, als sie das Zwinkern der Germanicerin sah. Es war jetzt nicht so, dass sie persönlich dachte, zuviele Sünden auf sich geladen zu haben, doch sie selbst wollte das nicht sagen. Doch Fehler hatte sicherlich auch gemacht, wer denn nicht? „Wenn dich deine Taten zu dem machten, was jetzt vor mir steht, dann können deine Taten ja gar nicht so schlecht gewesen sein.“, lächelte die Claudierin und blickte auf Calvena herab – nicht im metaphorischen Sinne natürlich, sondern, weil es eine physikalische Notwendigkeit war. „Solange du so über deine Erfahrungen sprechen kannst, und ncihts davon bereust, dann hat bisher alles seine Richtigkeit gehabt, und du hast keinen Grund, dir etwas vorzuwerfen.“ Natürlich war es klar, dass Romana Calvena nicht auspressen würde wie eine Zitrone, sie war nicht der Typ Mensch, der das machte. Es musste sich einfach entwickeln, bis alles richtig war.


    Sie hörte Calvena aufmerksam zu und lächelte schwach, wusste sie doch darüber Bescheid. „Das fühle ich auch. Vielemeiner Freunde, die ich damals in Rom zurückgelassen hatte, sind weg. Nimm meine Schwestern. Eine davon ist jetzt irgendwo im Imperium, niemand weiß, wo sie sich aufhält. Eine davon hat einen Flavier geheiratet und lebt jetzt zurückgezogen auf irgendeinem Landgut. Und eine davon ist spurlos verschwunden, niemand weiß, wo sie hin ist. Du siehst, man verliert schnell den Kontakt mit den Menschen. Und Anschluss wieder zu finden ist... schwer.“ Sie gab Calvena einen verständnisvollen Blick.


    „Normal. Wer will denn schon normal sein.“ Sie zwinkerte nun ihrerseits der Germanicerin zu. „Normalität ist doch nichts anderes als Langeweile. Stell dir vor, ich wäre ein normaler, gewöhnlicher Mensch. Wie öde wäre das denn? Pure Fadesse. Versuch niemals, normal zu sein, Calvena. Es wird dich kaputt machen.“, prophezeite sie ihr. „Was wird denn von dir erwartet, von Seiten deiner Familie? Dass du eine brave, wohl erzogene Tochter oder Nichte oder was auch immer bist? Das kannst du ja sein, denn niemand wird von dir erwarten, dass du darüber hinaus „normal“ wirst. Normal. Was für ein besch...“ Sie hielt rechtzeitig inne, bevor ihr ein sehr unpatrizisches Wort über die Lippen gekommen wäre. „Bescheidenes Wort.“, setzte sie fort, auf ihren Wangen konnte man eine leichte Röte erkennen, und ihren Mund zierte ein kleines, verlegenes Grinsen.


    „Ja, das ist eben das, was ich dir gesagt habe. Doch dass du sie nur selten zu Gesicht bekommst, ist noch ein Zeichen dafür, dass sie noch nicht komplett den Faden verloren haben. Mein Vater hingegen...“ Sie unterbrach sich abermals und blickte dann Calvena fast verängstigt an. „Bitte, sag niemanden etwas davon, wie ich mich um meinen Vater sorge. Versprichst du mir das?“ Auch ihr Vater musste das Gesicht bewahren und dabei von seiner Tochter unterstützt werden. Es würde ihm garantiert nicht gefallen, wenn ihm zu Ohren käme, dass Romana brühwarm Anekdoten über seinen Gesundheitszustand weitererzählte.


    „Ich bin mir ganz sicher, dass mein Weg der richtige ist.“, bestätigte sie. „Ich wollte nur, dass du über diese Möglichkeit Bescheid weißt. Du bist eine junge Frau, dir steht dir Welt offen. Denke nicht, dass dir deines Geschlechts wegen die Türen alle verschlossen sind. Du musst nur wissen, wo die Türen zu finden sind, und wie sie zu öffnen sind.“, vertraute sie Calvena an. „Denke gut darüber nach... sag, bist du eigentlich überhaupt gläubig?“

    Fast hätte man eine kurze Ahnung, einen kaum spürbaren hauch von Sehnsucht in Calvenas Augen sehen können. Romana bildete sich ein, eindeutig etwas gesehen zu haben, als sie von Clusium erzählte. „Unschuldig?“, wiederholte Romana und stieß ihrer neuen Freundin neckisch sachte in den Oberarm. „Niemand ist ohne Sünde. Oder hast du es total faustdick hinter den Ohren?“ Sie wäre Calvena nicht wirklich böse, wenn sie nun irgendwelche Geständnisse machen würde. Wer wäre sie, über die Aktionen einer bis vor kurzem komplett fremden jungen Frau zu urteilen? Und wenn Calvena nichts sagen wollte, wenn schon? Es wäre ihr Sache.


    Doch ihr Lachen verklang, als Calvena das Leben in Rom ansprach. „Das stimmt...“, gab Romana zu. „Niemand traut, sich selber zu sein. Jeder denkt, daraus könnte ein massiver Nachteil erwachsen. Schau einmal in die ländlichen Regionen, schau nach Clusium. Dort hat jedes Tierchen sein eigenes Pläsierchen.“ Einer der Lieblingssprüche ihrer Großmutter. „Ich habe ja auch meine Macken, meine Schrullen und ganz eigenen Verrücktheiten. Aber ich halte mich damit nicht hinterm Busch. Wenn man sich selber nicht treu ist, hat man schon verloren.“, gab sie freimütig zu und blickte warm auf Calvena. „Offenbar hast du dies schon erlebt, dass man dich hintergangen hat, hm? Jeder hier in Rom kann dir Geschichten erzählen, sage ich dir... Es ist halt so. Willkommen in Rom.“, seufzte sie.


    Sie nickte anerkennend. „Sie sind also deine Verwandten. Ich lese oft die Acta Diurna, und deren Ausgaben sind immer voll von den Namen deiner Verwandten. Einflussreiche Männer. Auch bei ihnen ist es wohl so, dass sie gefangen sind, dass ihre macht einen Käfig für sie bildet. Privatleben? Fehlanzeige. Ich erlebe es bei meinem Vater.“ Sorge konnte man ihrem Gesicht ansehen. „Er ist komplett darniedergestreckt, weißt du? Krank. Mit seinem Nerven am Ende. Elend schaut er aus. Das hat die Macht Roms ihm angetan.“


    Doch die Verblüfftheit Calvenas hatte das potential, sie wieder aufzuheitern. „Der Weg, den ich meine, heißt Priesterschaft.“, sagte sie. „Bist du gläubig? Ich schon, von tiefsten Herzen. Meine Göttin, die, mit der ich mich am meisten verbunden fühle, ist Vesta.“ Sie machte eine Pause. „Ich werde in ihren Kult eintreten. Ja.“ Sie blickte Calvena tief in die Augen. „Ich möchte Vestalin werden, und ich werde es auch schaffen. Das heißt Freiheit, Ungebundenheit, und Selbstbestimmung. Und ich würde den Willen meiner Göttin erfüllen. Weißt du, sie ist...“ Sie unterbrach sich. Ob ihre Freundschaft schon dick genug war, dass sie ihr dies anvertrauen konnte? „Also, wie schon gesagt, die Priesterschaft erlaubt es dir, dein Leben selber zu bestimmen. Selbst wenn du nicht Vestalin wirst, sondern Priesterin der Venus, Minerva, Iuno, welcher Göttin auch immer.“ Ihr viel gar nicht auf, dass sie klassische Werbung für den Cultus Deorum machte. Aber das sollte gut so sein, bald würde sie ihm selbst angehören.

    „Gut überlegt?“, wiederholte Romana und blickte die Vestalin an, als ob jene ein UFO wäre. „Vestalin zu werden ist mein Schicksal!“, verkündete sie dramatisch – nun, kritische Geister konnten vielleicht meinen, ihre Worte wären ein bisschen kitschig, doch Romana war jetzt richtig in Fahrt. „Der Weg ist mir vorgezeichnet worden! Durch Vesta selbst! Sie ist mir erschienen, leibhaftig, in ihrer pracht, und hat mir gesagt, ich soll Vestalin werden!“


    Gotteswahn flackerte in ihren Augen auf. Fast manisch war er, ein kleines bisschen unheimlich auf jeden Fall. Und Zweifel daran, dass sie es nicht absolut bierernst meinte, ließ der Blick nicht.


    Jedoch erlosch er fast augenblicklich und wich einem Ausdruck voller Frieden und Freundlichkeit. „Ich habe es mit meinem Vater beredet. Er hat mir die Erlaubnis gegeben, ja, er hat mir auch recht gegeben in meiner Meinung, der Wille der Götter muss befolgt werden.“ Sie schluckte und blickte die Vestalin vor ihr an, mit einem Blick voller Entschlossenheit und Willenskraft.

    „Wenn es das tut, inschallah, man kann da nichts machen.“, versetzte Saud nur trocken. Es war ja nicht sein Geld, welches Claudia Romana zu verschleudern gedachte. „Du siehst, Arbeit wirst du genug haben. Was das an Arbeit ist, weiß ich nicht, ich verstehe wenig von der Natur.“ Was brauchte man schon Grünzeug! Eine ordentliche Wüste wäre ihm lieber.


    „Du siehst, der Garten ist ein bisschen schleifen gelassen worden. Und eben das hat die Gens Claudia vor zu ändern. Du siehst, ich denke, da müsste man vielleicht ein wenig hacken, ich verstehe jetzt gar nichts davon, und dort sollte man vielleicht was schneiden...“ Kreuz und quer gingen diverse vage Bewegungen.


    „Und vielleicht, ich glaube einmal...“ Saud wäre in seinen ahnungslosen Ausführungen noch weiter fortgeschritten, wenn ihn nicht eine weibliche Stimme unterbrochen hätte. „Du hast einen Gast gebracht, Saud?“, lachte sie, und noch bevor Saud herumfuhr und sie demütig anblickte, wusste er schon, wer das hinter ihm war. „Ja Herrin.“, sagte er also nur. „Das hier ist ein Gärtner, ich habe ihn in Rom gefunden, er...“ „Wunderbar!“, unterbrach Romana das salbungsvolle Gelabere ihres Sklaven und ging auf Marhabal zu.


    „Gärtner bist du also, soso.“, meinte sie, ging lockeren Schrittes auf die beiden zu und lächelte den Fremden nonchalant, vielleicht ein kleines bisschen sich überlegen vorkommend an. „Ich bin Romana von den Claudiern, Tochter des Senators Claudius Menecrates. Was ist deine Nase... äh, dein Name, Gärtner?“


    Sie hatte durchaus eine Schwäche für Gärtner, selbst wenn sie so krumme, seltsame Nasen hatten wie der Punier. Und einen sehr, sehr schmüseligen Bart, mit dem man eigentlich sich nicht einmal in einer plebejischen Casa sich hätte blicken lassen konnten. Doch Romana war bereit, über die Rasur hinwegzusehen. Wenngleich die Nase höchst interessant war. War sie vielleicht aus Pappe? Mutter Natur würde sicher nicht Gestalten mit einer solch komischen Nase frei herumrennen lassen.

    Romana lhelte leicht verträumt, als Calvena Clusium erwähnte. „Ein wundervoller Ort. Sehr schön, auch wenn seine hohe Zeit vorbei ist. Alt ist die Stadt. Älter als Rom. Man merkt dieses Alter. Es ist fast so... als ob dort die Götter noch unter den Menschen wandeln würden.“ Was ja auch stimmte. Leicht schauderte ihr, als ob eine kalte Brise über das Forum fahren würde, obwohl der Tag warm und strahlend war. „Dann bist du auch, in gewisser Weise, ein Mädchen vom Land. Obwohl ich Rom schon gut kenne, ich bin hier geboren und aufgewachsen, kennt man sich nicht mehr gut aus, wenn man nur eine längere Zeit fort war.“ Fast kam es ihr so vor, als ob Calvena ihr etwas verschweigen würde. Aber was denn? Ach was, Schmarren, das war wohl wieder eines ihrer Hirngespinste, mit denen sie sich schon gerade vorhin so lächerlich gemacht hat. Und selbst wenn Calvena ihr etwas verbarg, auch Romana verbarg ihr etwas.


    „Weißt du, was besonders beängstigend an Rom ist?“, vertraute sie Calvena an. „Die Macht. Wirklich. Es ist fast so, als könnte man sie hier in der Luft angreifen. Reine, destillierte Macht. Hier in Rom wird über das Schicksal von Tausenden entschlossen. Mit seinem Daumen kann der Kaiser die Leute umbringen. Mit einer Handbewegung können die Senatoren über das Wohl und Wehe der Provinzen entscheiden. Mit einer Unterschrift kann die Kanzlei den Menschen das Leben zur Hölle machen. Mit einer Fingerbewegung kann die Stadtplanung ganze Viertel abreißen.“ Gut, das war jetzt etwas drastisch dargestellt, aber im Prinzip dachte sie, sie hätte das schon gut dargestellt. „Bist du mit Senator Sedulus, oder Senator Avarus verwandt? Mächtige Leute, die die Zügel in der Hand haben. Dann weißt du sicher, was ich damit meine. Ich bin die Tochter von Claudius Menecrates, ebenfalls ein einflussreicher Senator... die Macht Roms bedrückt nicht nur dessen Feinde, sondern auch dessen Bewohner...“ Kurz blickte sie düster daher, bevor sie wieder einen freundlichen Gesichtsausdruck zusatndebrachte.


    „Müssen muss man nichts.“ Nun war es für Romana Zeit, ihre Weisheiten hervorzuholen. „Es gibt Wege, dem zu entkommen... sag, Calvena, was hast du denn später für dich vor? Du klingst nicht so, als würdest du damit zufrieden sein, dich mit einem dicken Senator vermählen zu lassen und dann als seine Dienstmagd herhalten zu müssen.“, vermutete die junge Claudierin und schmunzelte leicht. „Ich sage dir... ich habe schon einen Weg, durch den ich aus dem Ganzen ausbrechen kann.“ Mysteriös lächelte sie. „Ich habe einen gefunden... nein, er wurde mir... gewiesen...“ Ja, und sie war stolz darauf. Sie hob ihren Kopf unwillkürlich etwas, wodurch sie nochmals eine Spur größer wirkte.


    Sim-Off:

    Lassen wir unsere Heldinnen noch etwas quasseln, bis wir zum Markt kommen? ;)

    Sim-Off:

    Nix passiert... ;)


    Romana wollte sich schon umdrehen und enttäuscht, mit hängendem Kopf wegtraben, da tat sich etwas. Etwas knarzte. War das die Türe? Nein, die Tür war sorgfältig geölt und eingeschmiert. Das knarzende Geräusch kam vielmehr von einer Frau, welche hinter der Tür hervorlugte. Eine Frau in weißen Gewändern... eine Vestalin. Was Romana wolle, fragte die Frau, deren Stimme eine einzigartige Kombination von menschlichem Sprechorgan und mies gewarteter Türe darstellte.


    Nun wäre jetzt ja ihr großer Auftritt gewesen. Mit ihrer samtigen, tiefen Stimme hätte sie jetzt eine pathetische Rede geschwungen, die sie innerlich schon vorbereitet hatte – über den Vestalinnenkult, deren Wichtigkeit, und die Wichtigkeit, dass sie Mitglied werden würde, wurde dies doch durch göttlichen Beschluss verlangt. Und sie hätte sicherlich einige schwungvolle Gesten gemacht, die ihr Anliegen dramatisch untermalt hätten.


    Doch dies geschah nicht. Stattdessen stand Romana nur starr da und blickte auf die ehrwürdige Frau mit einem undefinierbaren Blick, der zutiefst respektvoll war, aber auch zum Ausdruck brachte, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte.


    Dann nahm sie ihrem Mut zusammen. Als sie sprach, merkte sie, dass sie kiekste. „Vestalin werden.“, waren also die Worte, die ihren Mund verließen, statt eines langen Wortschwalles. Als sie merkte, dass diese Worte eher piepsend klangen als eindrucksschindend, räusperte sie sich und versuchte es abermals: „Ich bin gekommen, um Vestalin zu werden, ehrwürdige Mutter.“ Das klang schon besser.

    Sie seufzte, holte aus einer Tasche, die sie bei sich trug, eine Nagelfeile hervor, setzte sich auf einer Stufe hin, und begann, sich jeden einzelnen Nagel an ihren Fingern zu feilen.


    Mittlerweile erstrahlte schon die Sonne das Forum Romanum. Stimmen erklangen, der Platz erwachte zum Leben. Romana setzte sich auf und klopfte nochmals, dieses Mal noch kraftvoller als vorher.


    Sim-Off:

    Jemand überhaupt noch da?

    Der alte Araber hatte Marhabal bis zur Villa Claudia gelotst, hatte ihn an Sharif vorbeigeschleust und durchs Atrium bugsiert. „Bei Manaat, siehst du die Pflanzen hier?“ Er zeigte ihm, wie es im Atrium aussah. Nachtschattengewächse waren im hellsten Licht aufgestellt, und gerade jene Pflanzen, die Licht am Dringensten nötig hatten, waren im Schatten augestellt, hingen traurig und vertrocknet von Töpfen, die am Dachstuhl im Gebälk platziert waren, herunter.


    Saud zog an einer der Pflanze, der vertrocknete Zweig brach sofort ab. „Ums Atrium müsstest du dich auch kümmern, hier schaut es traurig aus...“, meinte er und zog ihn dann weiter in den Garten.


    Zwar hatte Menecrates zu seiner Tochter gesagt, der Garten wäre in Ordnung, doch jeder, der von der Materie eine Ahnung hätte, würde wissen, dass dem nicht so war. Vielmehr konnte man sehen, dass die meisten Bäume etwas an der Rinde hatten. Weinreben, die sich an der Mauer emporrankten, hatten Wurmstich und weiße Flecken auf den Blättern. Das Gras war von unregelmäßiger Farbe und unterschiedlicher Dichte. Die Blumen waren welk. Und die Wege, die über den Garten führten, waren von Moos überwachsen.


    Doch das grösste Problem war das Unkraut, welches im Garten wilde Urstände feierte. Es überwucherte Teile des Rasens. In manchen dunklen Ecken sprossen die Brennesseln empor. Zwischen den Blumen blühten Gewächse, die sicher nicht in den Garten einer patrizischen gens gehörten.


    Hier war etwas überhaupt nicht in Ordnung. Saud blickte Marhabal an. „Denkst du, du könntest das schaffen?“, meinte er zu ihm.

    Der Araber blickte kurz zum Punier auf und seufzte dann. „Oh Bruder, du machst es mir schwer! Wenn du unbedingt zu den Claudiern willst, um dir die Sache einmal anzusehen, dann komme halt. Ich wollte eh gehen.“ Er langte hoch und zog das Plakat hinunter.


    Bei den Göttern, hätte er doch nur nicht das Kreuz erwähnt! „Solltest du zu Schaden kommen durch die Fahrlässigkeit eines der Claudier, werden sie sicherlich dafür aufkommen!“, meinte er. „Doch wie sollte ein so kraftvoller Mann mit einer jugendlichen Ausstrahlung wie du einen Unfall erleiden? Ich sage dir, die Arbeit wird schon nicht so heftig. Für das ganz Grobe, Kies schleppen, schwer schaufeln, Löcher graben, wird man sicher noch einen ungelernten Sklaven hinzuziehen!“, bot er an und unterließ es dabei nicht, dem Mann etwas Honig um den Mund zu schmieren. „Du wirst nicht mehr als eine extensive Beraterfunktion annehmen! Ein Berater, der mit anpackt. Das ist doch gut!“, rief er enthusiastisch aus.


    „Neinnein, wäre ich schamlos, hätte ich sie als ein Ebenbild von niemand geringerem als Allaat bezeichnet!“, meinte er eingeschnappt. „Doch allzu weit entfernt ist eine solche Beschreibung nicht. Wirklich. Ich würde sie jetzt nicht von der Bettkante stoßen...“, wenn ich nicht schon seit Jahren Probleme mit der Libido hätte. Doch dies verschwieg er.


    „Also, wenn du mit mir zur Villa Claudia willst...“ Er klappte seine Sachen zusammen und wickte den Punier zu sich, „dann komm mit mir.“

    „Ja, da hast du recht.“, pflichtete sie bei. „Weißt du, bis vor kurzem habe ich in Clusium gelebt. Kennst du das? Eine Stadt nördlich von Rom, in Etrurien. Nicht zu vergleichen mit Rom, zwar schon eine Stadt, aber doch relativ ländlich, wenn man es mit diesem Moloch hier vergleicht.“ Sie machte eine fahrige Bewegung mit der rechten Hand über das Forum Romanum. „Auch du bist noch nicht lange hier in Rom sesshaft.“, vermutete Romana zu Calvena und lächelte dabei. „Was hat dich hierher, anch Rom, verschlagen?“ Sie hatte ja auch eine Geschichte, wie sie nach Rom kam. Doch sie wollte ihre aufkeimende Freundschaft nicht mit der potentiell destruktiven Geschichte von Vestas Erscheinung untergraben.


    Sie hörte Calvena einfach nur zu, es tat gut, auf eine Frau zu treffen, welche ihr einfach... aus der Seele sprach. „Das stimmt.“, meinte sie nur und seufzte. „Weißt du, was mir von früher Kindheit an eingetrichtert wurde? Das dümmste Sprichwort von allen: Adel verpflichtet. Was macht mich meine Abstammung besser oder schlechter als andere? Ich meine, ich bin die Tochter eines Senators, und ich stamme aus der väterlichen Linie von diversen Kaisern von Rom und aus der mütterlichen Linie von diversen etruskischen Königen ab. Macht das irgendeinen Unterschied? Nichts davon war mein Verdienst.“


    Sie gestikulierte wild mit ihren Händen herum, wie immer, wenn sie ein bisschen agitiert war. Sie hielt inne, als sie einsah, dass es blöd ausschauen musste, und ließ ihre Arme sinken. „Und ich muss mich geben, als ob es dies wäre.“ Sie lächelte schwach und zuckte die Achseln. „Ich habe es gut erwischt... aber auf der anderen Seite dann auch wieder... na ja.“ Calvena hatte gerade genau jene Punkte aufgezählt, die das Leben als Mädchen aus einem guten Hause schwer machten. Romana musste sie nicht reiterieren.


    „Mich freut es auch, Calvena.“, sagte Romana ehrlicherweise und lachte auf ihre Weisheit hin. „Da hast du recht. Es gibt viele verbockte, sture Leute, die sich nichts sagen lassen. Hmm, nicht zuletzt unter Patriziern ist diese Eigenschaft verbreitet. Aber dies hast du nicht von mir.“, lächelte sie.


    „Zum Markt! Super!“, rief Romana, die Kaufeslust funkelte in ihren Augen auf. Fast wäre sie vor Freude gehüpft, aber sie bewahrte doch noch Haltung. „Dann... gehen wir?“ Sie blcikte auf Calvena und deren Sklavin, während sie darüber nachdachte, wie sie ihre eigenen Einkäufe zur Villa schleppen sollte. Selber tragen? Eine Unvorstellbarkeit, doch hatte sie keinen Sklaven zur Hand. Mal sehen. Vielleicht ließ man noch unterwegs einen mitgehen.

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    „Halt, verzeihe einem armen alten Mann.“, sagte Saud kleinlaut und fuhr zusammen. „Natürlich meinte ich: Es ist weniger Arbeit, als es ausschaut. So ist es richtig.“, korrigierte er sich. „Also! Es steht jetzt doch nichts mehr im Weg! Jetzt kannst du doch sicher ohne zu Zögern einschlagen!“, rief er aus und blickte den Punier hoffnungsvoll an.


    „Aber es ist natürlich nicht so, dass es wenig Arbeit wird. Aufs Kreuz gehen wird es schon. Ahhh, bei der Mondgöttin, niemals vergleichbar mit dem Schmerz, den mein Körper mitmacht!“, stöhnte er, griff sich theatralisch an die Brust und keuchte. „Mach dir keine Sorgen, schinden werden sie dich nicht. Es ist nicht so viel Arbeit, wie du es dir vorstellt.“ Vorausgesetzt, Marhabals Vorstellungen von Arbeitslast bei den Claudiern sind absolut fantastisch und absurd.


    „Dann sage ich dir, oh ehemaliger Leidensbruder, nutze deine neue Freiheit. Such dir eine Arbeit! Hier!“, meinte er und lächelte ihn an.


    „Und die Herrin, sie ist...“ Er führte seine Hand zu seinem Mund, küsste sie mit einem langen und lauten Schmatzlaut und machte einen Luftkuss. „...dschajida*!“ Er grinste breit. „Sie hat ein etwas herbes Gesicht, und sie ist eine echte Gigantin... aber einen Hintern hat sie, wie zwei reife Äpfel. Und Brüste, und Beine, alhamdulillah!“, meinte er und grinste.


    „Zum Schauen wirst du schon etwas haben. Aber Zeit zum Abgelenkt lassen wirst du nicht haben. Wenn sie sieht, dass du ihr etwas wegschaust, kann es gut sein, dass das nächste, was du spürst, eine Schaufel ist, die sie dir über den Kopf brettert.“ Er grinste und schluckte dann, als er fühlte, dass eine solche Beschreibung den Gärtner eher abstoßen würde. „Ich übertreibe, wieder einmal. Sie ist sehr nett und wird dich sicherlich gut entlohnen. Da kannst du sicher noch was herausholen.“


    Sim-Off:

    *Arabisch: Schön

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    Saud gaffte den Fremden an, als er sagte, er verstehe sich auf Gartenarbeit. „Wundervoll! Das ist ja... wunderbar! Wenigstens einer!“ Der Araber blickte dem Punier flehentlich in die Augen. „Wenn du den Garten deines Patrons hergerichtet hast, dann kannst du doch das auch bei den Claudiern machen, oder?“ Es wäre eine unheimliche Erleichterung für ihn, jetzt jemanden zu finden. Dies würde eine Extraportion Pampe heute Abend bedeuten. Und er müsste morgen nicht mehr herumhocken in der Hitze. Wer weiß, vielleicht würde er einen freien Tag bekommen?


    „Ein besonders großer und kreativer Gärtner musst du eh nicht sein. So wie ich meine Herrin kenne, hat die schon einige Ideen zur Gartengestaltung. Du müsstest einfach nur ein bisschen schaufeln, etwas einsetzen, etwas umorganisieren. Ist mehr Arbeit, als wie es ausschaut.“ Er untertrieb natürlich, doch er wollte heute schon einen Gärtner haben, und vor ihm stand der aussichtsreichste Kandidat für heute.


    Die nächste Ansage des Mannes veranlasste ihn dazu, noch größer zu schauen. „Dann... warst du auch Sklave? Bist wohl freigelassen worden. Mann.“ Mit einem neidvollen Gesichtsausdruck blickte der alte Araber Marhabal an und seufzte.


    „Also, die Claudier zahlen gut.“ Er nannte einen Betrag.* „Du siehst also, nicht schlecht. Wärst du dabei? Und ach ja, ich habe eine Herrin. Mit ihr würdest du dann auch im Garten arbeiten. Aber ihr Vater blecht für den Garten.“, grinste er.


    Sim-Off:

    *Das Gehalt kann ich dir noch nicht sagen. Ich weiß, ein Vertrag ohne bestimmte Summe ist ziemlich suboptimal, aber ich ziehe dich garantiert nicht übers Ohr. ;)

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    Der Mann, der da auf ihn zutrat, hatte eine durchaus... bemerkenswerte Nase. Saud öffnete seine Augen komplett und blickte den Kerl erstaunt an. Jener begann gleich auf ihn einzureden, ohne sich lange mit einer Begrüßung aufzuhalten. Suad machte erstmal ein artiges „Salam... äh... Salve. Da hast du durchaus recht.“, und verdrehte dann die Augen. „6 Stunden.“, antwortete er wahrheitsgemäß und blickte hinauf. „Ohne Schutz vor der Sonne! Schlimm.“ Er war auch nicht mehr der Jüngste und konnte auch nicht mehr soviel aushalten wie ein junger Spund. „Danke aber trotzdem.“


    Er seufzte. Wenigstens jemand, der sich um ihn scherte. „Ich glaube, ich packe jetzt aber ein. Ich bin fertig für heute.“ Er blickte den Mann schief an. Genau, da gab es was, das wollte er ihn noch schnell fragen. „Sag mal. Bist du zufälligerweise Gärtner?“


    Er deutete hinauf auf das Plakat, und dann fiel ihm ein, dass der Fremde ja nicht unbedingt lesen können musste. „Gärtner bei den Claudiern gesucht. Und da gibt es gutes Geld. Leider nicht für mich.“, grummelte er. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie elend das Leben als Sklave ist.“, bemitleidete er sich selber.

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    Saud, war, wie immer, nicht unbedingt zu beneiden. Er war schon seit Stunden auf einer Stelle beim Markt gestanden und hatte ein Plakat in die Luft gehalten, welches eine Stelle als Gärtner anpries, in der Villa Claudia. Es war selbstredend, dass das Geld gut sein würde, also gab es gleich einmal eine Stange von Leuten, welche sich anstellten. Sandler, Heimatlose, Gauner, zwielichte Gestalten, die Saud nicht einmal für Geld in den Garten der Villa gelassen hätte, geschweige denn sie dafür bezahlt hätte. Es gab wohl keine ordentliche Gärtner mehr in Rom.


    Zwar war er, als Sohn der Wüste, Hitze gewohnt, doch andauernde Hitze machte ihn durchaus zu schaffen. „Pfff.“, machte er. „Alhamdullilah.“ Es war zum davonrennen.


    Er seufzte und sackte in seinem Stuhl zurück. Allmählich verlor sich die Menge, als das Wort sich verbreitete, dass die Claudier nach QUALIFIZIERTEN Gärtnern suchte. Und nicht unbedingt nach Leuten, die einen Vorwand suchten, um sich Zutritt in eine patrizische Villa zu verschaffen und dann dort alles zu klauen, was nicht niet- und nagelfest ist.


    Desillusioniert wollte er gerade seine Sachen zusammenpacken, seine Plakate einstecken und sich trollen, da sah er, wie jemand auf ihn zukam. Noch ein Bewerber, offenbar. Träge blickte er auf.


    Sim-Off:

    Fast vergessen, reserviert.

    Was Calvena dachte, dass hätte Romana nur unterschreiben können, hätte sie davon erfahren. Es war Rom. Hier war alles um vieles komplizierter. Es war genau so, wie sie es schon Lepidus gesagt hatte – es ist eine Stadt, an die man sich erst gewöhnen musste. Sie atmete kaum hörbar auf, als die Germanicerin ihr so freundlich versuchte, ihr ins Gewissen zu reden. Tatsächlich fühlte sie sich, mit jedem Satz, den die bisher Unbekannte sagte, besser. „Ich versuche ja gar nicht, ein falsches Bild von mir zu zeigen, ich versuche zu sein, wer ich wirklich bin. Obwohl auch das hie und da sehr schwer ist.“, meinte sie. „Normalerweise bin ich überhaupt nicht... so. Du weißt schon, was ich meine.“ Sie hoffte es einmal. „Es ist einfach über mich gekommen. Verzeihung. Ich bin neu hier in Rom, ich bin gerade vor ein paar Tagen angekommen.“


    Verlegen lächelte sie, rief sich dann ins Gedächtnis, dass sie wirklich selbstbewusster auftreten sollte. Es half ihr durchaus dabei, dies zu tun, indem sie daran dachte, dass das, was Calvena sich insgeheim dachte, dass sie nur ein Spielball der Gens wäre, bald nicht mehr auf sie zutreffen würde. Bald wäre sie ihr eigener Herr. Wenn es die Götter wollen. Und das tun sie ja.


    Ihr nächster Satz brachte sie tatsächlich zum Lachen, man sah, dass wieder alles in Ordnung war. „Das ist ein guter Spruch! Nur ist das Dasein als Patrizierin nicht immer so einfach, und oft ist die Sitaution komplizierter, als man denken könnte...“ Sie räusperte sich, sie wollte die Plebejerin nicht mit Heul- und Schluchzgeschichten aus dem Patriziat eindecken. Vermutlich waren sie Kleinkram verglichen mit den Sorgen anderer Leute.


    „Danke.“, meinte sie nur und lächelte. „Es freut mich, dich kennen zu lernen, Calvena von den Germanicern. Weißt du, was du gesagt hast... hat wirklich geholfen. Ich fühle mich schon um vieles besser. Du solltest in die Welt gehen und deine Fähigkeiten, anderen Leuten beizustehen, zur Verfügung stellen.“ Ganz bierernst meinte sie das nicht, doch schien es ihr, auf der anderen Seite, auch keine Unvorstellbarkeit. Die Frau hatte etwas an sich, was sie Romana sehr sympathisch machte.


    „Das ist ein sehr netter Vorschlag.“, freute sie sich. „Das würde ich gerne machen. Salve, Elissa!“, machte sie zur Sklavin neben Calvena hin. „Leider habe ich ja meinen Sklaven nicht mitgenommen. Schade. Saud heißt er, ein Araber, und er ist ein echter Kavalier. Und schleppen kann er auch.“, erwähnte sie ihren eigenen Sklaven. „Was bitter nötig ist bei manchen Einkäufen. Wohin willst du jetzt gehen? Zum Markt, nehme ich an?“

    Kurz, ohne zu wissen, wieso, wanderte Romanas Blick zur Sklavin der anderen. Ein durchaus wilde Gestalt. Zwar nicht so groß wie sie, doch noch immer ungewöhnlich hoch gewachsen für eine Frau, und mit zu Bergen stehenden Haaren. Ein blasses Gesicht, welches die Leute vom Norden kennzeichnet. Obwohl auch ihr direktes Gegenüber, die Plebejerin, nicht unbedingt sonnengebräunt war. Romana spürte die Blicke der Sklavin auf ihren Fingern lasten. Unwillkürlich blickte sie auf sie. Mist! Sie hatte noch immer Dreck unter den Fingernägeln, wohl noch vom Morgen her, als sie sich um ein paar Gewächse im Atrium gekümmert hatte. Jetzt konnte man da nichts mehr machen.


    Und so versuchte sie alles, um die Aufmerksamkeit ihrer Umgebung nicht auf ihre Fingernägel zu lenken, sondern blickte die Frau an, als sie antwortete. Und sie hatte ja recht, musste Romana zugeben, es war schon ein abstuser Gedanke gewesen. Deshalb winkte sie nur mit der rechten Hand ab. „Ach, du hast ja recht. Es war ein dummer Gedanke. Ich habe halt hie und da solche Anwandlungen. Verzeih mir. Ich habe dir ja gesagt, die Frage wird affig sein. Aber danke, dass du mir trotzdem geantwortet hast.“ Sie lächelte die Fremde an. „Es war nur so... gerade vorhin... habe ich Leute getroffen, denen ich wohl Angst eingeflösst habe... durch meine schiere Präsenz... oder so...“


    Hier verließ sie ihre Eloquenz, und sie schaute kurz herum, bevor sie seufzte. „Na ja, immerhin hast du jetzt eine neue Anekdote, über die jung und alt lachen können. Wenn du den Namen der Protagonistin wissen willst, ich bin Claudia Romana. Und, danke für deine Antwort. War wirklich sehr nett von dir, das zu sagen, ....“ Herrje, sie kannte den Namen der Frau noch gar nicht, so endete das, was sie sagen wollte, in einer etwas schrägen Satzmelodie. Zwei unbeholfene Situationen innerhalb von nur einer Minute, das brachte auch nur Romana zusammen.

    Auf seine stolze Ansage bezüglich Rom zuckte Romana nur die Achseln und lächelte leicht. Abzustreiten war das ja nicht. Rom war Rom, eine tautologische Tatsache. Und Lepidus schien sich über jene Tatsache zu freuen, gut für ihn. Nun mochte auch Romana Rom sehr gerne, doch die Enge und Größe der Stadt waren für sie noch ein bisschen ungewohnt. Es war vermutlich sie selber, die sich noch eher wieder an Rom gewöhnen musste, als Quintus.


    Jener war aber sichtlich ebenfalls froh über die bessere Gesundheit von Romanas Großeltern, und stieg dafür gleich wieder in Romanas Wertschätzung empor. Zwar kannte er sie kaum, doch war seine Freude ehrlich. „Quacksalber? Nein, nein, keine Sorge. Solche lasse ich doch nicht an meine Verwandten heran. Sie machen die Krankheit nur noch viel schlimmer und sind oft die Ursache der Krankheit.“ Es schüttelte sie leicht, als ihr diverse Schauergeschichten, die sie gehört hatte, ins Gedächtnis kamen. Da war der eine arme Mann, der hatte sich den Knöchel verstaucht, und nachdem sich ein Pfuscher daran betätigt hatte, musste ihm von einem erfahrenen Heeresarzt der Fuß amputiert werden,w eil jener vom „Wunderdoktor“ heillos zerstört worden war. „Ich vertraue dem Mann, der sich jetzt um sie kümmer. Er ist ein guter und frommer Mensch, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde.“, versicherte sie ihm.


    Fast konnte man schon meinen, Lepidus wäre ein bisschen entsetzt von jenem Schuss Fanatismus, der kurz in Romanas Augen aufgeflackert war. Doch wenn, dann ließ er sich nichts anmerken. Auf jeden Fall, und dies freute Romana imständig, kanzelte er ihr Erlebnis nicht als Halluzination und sie selber als Spinnerin ab. Er glaubte ihr. Dies musste am unumstößlichen Götterglauben der claudischen Familie liegen. Oder daran, dass er die Wahrheit in Romanas Augen gesehen hatte. Sie atmete tief ein und meinte dann. „Danke, Quintus. Danke. Dass du mir glaubst, das bedeutet mir... viel.“ Sie war erleichtert, dass ihr Vetter diese Nachricht so aufgenommen hatte.


    Was nun ihr Vetter sagte, veranlasste sie dazu, kurz zu lachen. Sie hielt abrupt inne und hielt sich die Hand vor den Mund, um ein komplettes Losprusten zu verhindern. „Entschuldigung.“, grinste sie. „Aber... du als Senator, als Consul gar? Hmmm. Quintus Claudius Lepidus, Consul der Republik. Das Jahr des Consulats des Claudius Lepidus.“ Sie dachte kurz nach. „Eigentlich klingt das gar nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht. Aber wie willst du das beginnen? Du hast doch gar kein Startkapital. Willst du es nicht vorher vielleicht, sagen wir, in der Kanzlei, oder in der Stadtverwaltung, zu etwas Geld bringen?“ Die Frage kam ihr gar nicht so abwegig vor; viele der derzeitigen Leute im Cursus Honorum hatten eine Karriere als Soldat, Beamter oder Priester, bevor sie in den Senat gingen. Unzweifelhaft half jenen ihre frühere Karriere viel. Aber Quintus musste selber wissen, was er tat.


    Sie blickte kurz auf ihn, als er den Garten erwähnte, und blickte kurz beleidigt drein, bevor sie ihn wieder freundlich und selbstsicher anschaute. „Ich werde das mit dem Garten schon machen. Keine Sorge. Wieso denkst du, ich kann das mit dem Garten nicht hinkriegen? Einen Gärtner werde ich schon finden.“ Sie nickte amüsiert zu ihrem Vetter hin. „Natürlich kann ich das. Selbst du wirst staunen, Vetterlein...“, meinte sie und stocherte ihm leicht scherzhaft mit ihrem Zeigefinger in seine Seite.