Beiträge von Iullus Quintilius Sermo

    "Das ist ja ein Zufall," gab er sich überrascht, als Axilla sich als Serranas Cousine offenbarte. "Dann wundert es mich, dass wir uns nicht schon zuvor kennen gelernt haben. Ich durfte nämlich die Gastfreundschaft der Casa Iunia in Anspruch nehmen, als deine Cousine eine kleine Feier zum Anlass der Ludi Romani abhielt." Sermo wartete kurz ihre Reaktion ab und hakte dann tatsächlich nach: "Was meinst du mit 'schon mal' in Rom? Du kommst also nicht von hier, oder aus der Nähe?" Ihr Lächeln war entzückend und der Quintilius erfreute sich an der Unbekümmertheit der Iunia. Erfrischend, wenn man daran dachte was für Stress er sich oft genug selbst machte. Und da kam jetzt dieses Persönchen an und brachte ihn zu einem ehrlichen Lächeln. Wie ungewohnt.
    "Nunja, ich habe die beiden auch auf den Ludi Romani kennen gelernt und konnte mich mit Furia später bei jener Cena im Haus deiner Gens auch näher unterhalten. Aber ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass ich das Paar gut kenne." Er zuckte mit den Schultern und wich einem Sklaven mit einem Tablett voller Gläser aus, der hektisch an ihnen vorbeistürmte. Schade, die Gläser waren allesamt leer.

    Der Quintilius überging selbstverfreilich das nicht ganz so vorbildlich damenhafte Verhalten der Iunia, die offenbar nicht so häufig auf Feiern zu solcherlei Anlässen auftrat. Vermutlich war sie für eine nicht genügend umfassende Erziehung zu bemitleiden, oder aber sie war schlichtweg tollpatschig. Jedenfalls hakte sie sich bereitwillig bei ihm unter und schien geradezu vor dem Iulius zu flüchten. Diesen ließ Sermo mit einem knappen Nicken stehen und führte seine frisch geangelte Begleiterin dann sicheren Schritts in eine willkürliche Richtung mitten durch die Gäste. Er hatte die Verlobten nämlich noch immer nicht entdeckt und hielt daher nebenbei Ausschau, während er mit einem schmalen Lächeln wieder das Wort an die Iunia richtete. "Du kennst also deine heutigen Gastgeber gar nicht? Mit wem bist du dann hier?" Der Hintergedanke war natürlich, den Bogen zu Iunia Serrana zu schlagen. Denn die kannte Sermo ja und so eröffnete er einen leichten Einstieg ins Gespräch, während sie über den Steinboden der Casa Iulia spazierten. Es gefiel Sermo, die junge Frau an seiner Seite zu haben. Er schätzte sie auf etwa zwanzig Sommer, plus minus ein oder zwei Jahre. Vermutlich war sie etwas jünger als er selbst, der ja immerhin schon dreiundzwanzig war.
    Und hübsch war sie. Er wollte Valerians Gesicht sehen, wenn er ihm gleich mit einer ansehnlichen Begleitung am Arm antraf. Was Calvena wohl denken mochte? Sie hatte Sermo immerhin bei den Ludi Romani mit einer völlig anderen Frau herumschwirren sehen. Bei dem Gedanken musste er ein spitzbübisches Grinsen unterdrücken. Statt dessen setzte er einen interessierten Gesichtsausdruck auf, als Iunia Axilla zur Antwort ansetzte.

    Zitat

    Original von Germanica Calvena
    ...


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    Diomedes


    "Die Freude ist ganz auf meiner Seite, Herrin." Er holte seine ganze vorbildliche Erziehung hervor, die er als Grieche in einem anderen Leben erhalten hatte. Simplex nickte Diomedes freundlich zu. "Auch du sei herzlich willkommen," begrüßte er diesen und nahm ihm auch den tropfenden Mantel ab. Die beiden triefenden Umhänge wurden zum trocknen an einen Ständer gehängt, dann ging der Sklave voraus und bedeutete den Gästen ihm zu folgen. "Kommt, macht es euch doch erst einmal im Triclinium gemütlich. Dort könnt ihr euch aufwärmen." Und ohne Widerspruch zuzulassen, ging er schon voraus.

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    Diomedes


    Diomedes führte die Verlobte seines Herren Valerian von der Porta hierher und machte eine einladende Geste in Richtung der Clinen. "Mach es dir ruhig gemütlich. Ich werde sehen, ob Quintilius Sermo oder seine Schwester wohl da sind. Kann ich dir in der Zwischenzeit etwas zu trinken anbieten? Einen warmen Gewürzwein zum Aufwärmen womöglich?" Das Triclinium war zu dieser Jahreszeit einer der wärmeren Räume. Direkt neben dem Balneum gelegen, besaß es auch eine Fußbodenheizung und bot angenehme Wärme.

    Eigentlich hatte Sermo Arbeit erledigen wollen. Caius Laetorius Thyrsus, der Schuster, der eins der Ladenlokale der Casa Quintilia angemietet hatte, war säumig. Offenbar lief sein Geschäft schlecht und so hatte er nun schon zwei Monate lang seinen Mietzins nicht entrichten können. Während der Quintilius über dem Mietvertrag grübelte, schweiften seine Gedanken jedoch ab und schon driftete er wieder ab ins Trübsalblasen. Sermo war einsam. Valentinus war tot. Melina bei ihrer Tante. Lupercus hatte sich seit Monaten nicht mehr aus Mantua gemeldet. Es blieben einzig Valerian und Diomedes. Und selbst Valerian würde bald heiraten und sich dann mehr um seine Frau kümmern, als um den schlechtgelaunten Vetter! Frustriert starrte Sermo das Tintenfass an, das auf der schweren Schreibtischplatte stand. Da waren zwar immer noch der kleine Sven, Lysandra und Diocles. Aber die hatten alle auch ihre eigenen Probleme. Mal abgesehen von Sven, der sowieso noch ein kleiner Junge war und der Sermo momentan nur für kleine Späße und erledigte Küchenarbeit nutzte. So in trübsinnige Gedanken versunken saß er am Schreibtisch in seinen Scherenstuhl gefläzt und sinnierte über sein ach so ätzendes Leben nach...


    ...als plötzlich mit aller Gewalt die Tür aufgerissen wurde und ein Sturm durch den Raum fegte! Sermo fiel beinahe vom Stuhl vor Schreck und drohte am Herzinfarkt zu krepieren, als er realisierte was - oder besser wer - da über ihn gekommen war. "Melina!" rief er überrascht und glücklich zugleich aus. Er erhob sich hastig und umarmte seine Schwester herzlich. "Wie habe ich dich vermisst!" Seine Augen wurden feucht, war er doch vor Melancholie etwas angeschlagen. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals und er brachte erstmal kein weiteres Wort hervor. Als er sich von ihr löste, hatte er sich wieder halbwegs gefasst und sah den Wirbelwind ernst an. "Wir müssen reden. Es gibt schlimme Neuigkeiten."

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    Diomedes


    "Huch!" machte der Sklave überrascht, als er so herzlich umarmt wurde. "Ja," meinte er nur ganz überrumpelt, als Melina erklärte wie schön es war wieder da zu sein und ihn zu sehen. "Dein Bruder ist...nun ja, er wird sich gewiss freuen dich zu sehen. Er hatte eine schwere Zeit in den letzten Tagen..." Sollte er ihr sagen, dass der Jüngste aus ihrer Familie - Quintilius Valentinus - verstorben war? Nein, besser nicht. Das würde Dominus Sermo schon tun. "Es, ja...es gibt bald essen. Bitte tritt ein, tritt ein." Er folgte seiner Herrin zugleich froh und bedrückt ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Dann deutete er auf den Reisesack. "Soll ich den auf dein Zimmer bringen? Ich werde die Laken wieder von den Möbeln nehmen, dann kannst du gleich heute Nacht wieder dort schlafen." Er lächelte verschmitzt, dann fügte er mit einem Wink noch hinzu: "Dominus Sermo hält sich gerade im Officium auf."

    ~ OFFICIUM ~
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    DAS OFFICIUM BIETET DIE NÖTIGE RUHE, UM SICH AUF ANFALLENDE GESCHÄFTE UND SCHRIFTWECHSEL ZU KONZENTRIEREN

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    Das Arbeitszimmer der Casa Quintilia ist klein, muffig und voller Regale. Hier stapeln sich Wachstafeln, Schriftrollen und Bronzeplatten in Schubladen und in den Regalen, dort hängt eine alte Auszeichnung an der Wand. Dem Eintretenden sticht sofort der wuchtige Schreibtisch ins Auge, der komplett aus feinem Sandstein gefertigt wurde. Zwei große Steinböcke - das Wappentier der Gens Quintilia - bilden die beiden schweren Tischbeine, auf der die Tischplatte aufliegt. Auf der Rückseite des Tisches sind Fächer in den Stein eingearbeitet, die jedoch nicht verschließbar sind. Dafür befinden sich zwischen den Regalen eigene Schränke und Truhen, die mit etlichen Schlüsseln unzugänglich gemacht werden können und so Dokumente, Urkunden oder Vermögen sicher aufbewahren.

    Sermo folgte dankend der Einladung sich niederzulassen und versuchte es ebenfalls im Schneidersitz. Er fand das zwar immer noch ungewöhnlich im Gegensatz zur Cline - seinem bevorzugten Speisemobiliar - doch war er offen für Neues. "Oh ja, dieses Lokal hat wirklich einiges für sich," erwiderte er auf Serapios Worte. "Dann will ich doch mal den Wein kosten und mich überzeugen, ob dein Eindruck dem meinen entspricht." Er lächelte schmal und wurde dann wie sein Gegenüber von der Bedienung abgelenkt. Oh, diese Bedienung! Sie war nichts Beständiges, nein. Nichts, was auf lange Sicht nützlich wäre. Doch für das kurze Vergnügen war dieses Persönchen perfekt. Ihre Aufzählung verschiedenster völlig fremder Wörter riss Sermo aus seiner gierigen Betrachtung, in der er das Mädchen gedanklich schon auszuziehen drohte. Fragend wechselte er einen Blick mit dem Decimus. Was bitte hatte sie ihnen da gerade angeboten? "Ja, was auch immer es ist," grinste er nicht minder schief zurück. "Versuchen wir es."
    Die Verzückung des Shaikh. Klang irgendwie anrüchig. Gut so, das mochte Sermo. Was auch immer ein Shaikh war, es schmeckte hoffentlich. Und vielleicht würde er später auch noch ganz verzückt sein. "Wie ihrr wünscht," bestätigte die Orientalin und sah noch einmal vom einen zum anderen Gast. "Darrf's noch etwas zu trrinken sein?" Achja, trinken. Sermo sah nochmal auf und bestellte:"Ja, dazu noch den gleichen Wein wie er." Er deutete auf den Palmwein, den Serapio sich hatte bringen lassen und lächelte zuckersüß. Das Mädchen wimpernklimperte erneut und lächelte ebenso süß zurück, während sie die Bestellung mit einem Nicken quittierte. "Den Palmwein also, sehrr wohl, mein Herr." Damit drehte sie sich um und verschwand mit wackelnder Hüfte. Sermo schaute ihr einen Moment lang hinterher, sein Lächeln war abrupt von seinem Gesicht verschwunden. Nur noch die leicht gehobene Augenbraue zeugte von seinem Interesse an diesem Hintern.


    Das harfenähnliche Instrument verbreitete weiterhin angenehm ruhige Klänge im Schankraum und Sermo nutzte den Augenblick, sich etwas gemütlicher zu positionieren. Während sie auf das Essen und auf seinen Wein warteten, nahm er den verlorenen Faden wieder auf. "Wahrlich, ein bezauberndes Lokal. Danke jedenfalls nochmal für die Einladung, das wäre nicht nötig gewesen." Er nickte verhalten. Er war sich immer noch nicht sicher, ob der Zweck dieser Einladung nicht doch eine weitere Möglichkeit des heimlichen Verhörs war. Vorerst würde er sich auf jeden Fall ahnungslos geben, sollte er etwas bemerken.

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    Diomedes


    Schon wieder wollte jemand etwas von ihm. Konnte das Volk nicht einmal aufhören, an den Haustüren zu betteln? So kam man ja nie zur Arbeit! Diomedes öffnete ruckartig die Tür und entdeckte...zunächst niemanden. Verwundert und vorsichtig zugleich trat er einen Schritt vor, auf die Straße hinaus, da erblickte er an seiner Seite ein Mädchen an der Mauer lehnend. Er blinzelte und schaute nochmal hin. Oh, das war ja die junge Herrin Quintilia Melina! Erfreut begrüßte er die junge Dame. "Herrin Melina! Welch eine Freude dich hier zu sehen. Bitte komm doch herein, es ist doch immer noch viel zu kalt draußen. Bitte, bittesehr!" Er machte eine einladende Geste zur Türe hin und verneigte sich auch leicht. Zudem sprühte Diomedes förmlich vor Freude, denn er war die düstere Stimmung des Herrn Sermo in letzter Zeit langsam leid geworden. Melina würde hoffentlich wieder etwas Freude in die Casa bringen.



    Sim-Off:

    Willkommen zurück aus dem Exil! Schön dich wiederzusehen. :)

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    Diomedes


    Kurz zog der alte Grieche die Stirn kraus. Draußen war es düster und im andauernden Regenplätschern musste er die Worte der Frau zweimal in seinem Kopf widerhallen lassen, um sie ganz zu verstehen. Man wurde ja nicht jünger. Dann aber bat er die Germanica mit einer freundlichen Geste hinein, während er eiligst die Tür freimachte. "Oh, bitte tritt ein, Herrin! Komm erst einmal ins Trockene!" Damit war konkludent natürlich auch ihr völlig durchnässter Sklave gemeint. Hinter ihnen schloss Diomedes die schwere Tür und nahm Calvena den triefenden Mantel ab. "Bitte verzeih, meine Ohren sind nicht mehr so gut wie einst. Valerian ist noch nicht aus der Castra hergekommen, vermutlich wurde er aufgehalten. Ich bin Diomedes, der Haussklave Quintiliae. Von nun an auch stets zu deinen Diensten." Er lächelte gutmütig und verneigte sich leicht. Einen verhalten fragenden Blick warf er dann auch dem anderen Sklaven zu. Aber die Verlobte seines Herrn würde sich und ihren Sklaven ja gewiss vorzustellen wissen.

    Sermo musste ein gewinnendes Lächeln unterdrücken, als er dem 'Retter'-Lächeln der jungen Frau gewahr wurde. Iunia Axilla war also ihr Name. Sie musste mit Iunia Serrana verwandt sein. Wie praktisch, da hatte er direkt ein Gesprächsthema, an das er anknüpfen konnte. "Iullus Quintilius Sermo. Es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen." Er verneigte sich leicht und streckte Axilla die Hand zur Begrüßung hin. Allerdings hielt er seine Handfläche gen Boden, sodass er die Hand der Iunia sodann zu seinen Lippen führen konnte. Galant hauchte er einen flüchtigen Kuss auf den iunischen Handrücken und wandte sich dann eher beiläufig dem jungen Mann zu, der bei ihr stand, um ihm die Hand zum Gruß zu reichen. "Salve, und du bist?" Ihm gefiel es nicht wirklich, dass der andere dabei stand, denn Konkurrenz war Sermo verhasst. Zumindest, wenn es um Frauen ging. Und dann auch noch um so hübsche. (:D) Nach der Vorstellung fuhr Sermo dann im Plauderton mit dem Gespräch fort. An Axilla gewandt ging er auf ihre Worte ein. "Ich kann dir das Paar gern vorstellen, wenn du magst. Ich hatte bis gerade noch keine Gelegenheit, ihnen meine Aufwartung zu machen. Und mein Geschenk möchte ich selbstverständlich auch überreichen." Auffordernd wies er mit der einen Hand in eine unbestimmte Richtung in der Menge - er hatte ja keine Ahnung wo Iulius Centho und seine Liebste sich gerade aufhielten - und hielt der Iunia seinen anderen Arm so hin, dass sie sich unterhaken konnte, wenn sie denn wollte. Ein charmantes Lächeln begleitete seine Geste. Den anderen Typen ließ er bewusst außen vor. Jetzt war er hier am Drücker.

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    Diomedes


    Einen Moment dauerte es, dann erschien der Haussklave Diomedes an der Porta. Er wischte sich gerade mit einem Tuch die Hände ab, offenbar hatte er in der Küche gearbeitet. "Salvete die Herrschaften. Wie kann ich dienlich sein?" Bei so einer hübschen jungen Dame war er natürlich gleich doppelt freundlich, denn auch in seinem fortgeschrittenen Alter erfreute ihn der Anblick junger Damen.

    Sim-Off:

    Ich bau mich hier einfach mal ein, wenn's recht ist.


    Diomedes, der quintilische Haussklave, hatte das Geschenk seines verspäteten Herren im dafür vorgesehenen Atrium abgestellt und hatte sich dann wieder aus dem Staub gemacht. Er hatte nichts dafür übrig auf den Feiern anderer Herrschaften herumzustreunen. Außerdem gab es in der Casa Quintilia noch genügend Arbeit, die auf ihn wartete.


    Quintilius Sermo erreichte die Casa Iulia einige Zeit später dann auch endlich. Nach getaner Arbeit in der Basilica Ulpia war er schnell nach Haus geeilt, hatte ein knappes Bad genommen und die Toga gewechselt - von der er sich mittlerweile ganze zwei Exemplare leisten konnte: eine für geschäftliche und eine für private Zwecke. Für angenehmen Körpergeruch sorgte außerdem eine Duftwassermischung aus Sandelholz, Lavendel und Moschus, die beizeiten die Frauen wie fliegen anzulocken vermochte. (:D)
    So erschien er mit sittlich gemächlichem Schritt im Atrium und ließ den Blick über die versammelten Gäste schweifen. Es war bereits eine große Anzahl geladenen Volks anwesend, was Sermo nicht unerheblich erschwerte die Übersicht zu behalten. Unter den Gästen erkannte er einige Gesichter wieder. Unter anderem waren da Iunia Serrana und Germanicus Sedulus, die er bei den Ludi Romani kennen gelernt hatte. Sein Vetter Valerian musste außerdem auch hier irgendwo sein. Am anderen Ende des Gedränges schien es Essen zu geben, denn dort konnte er Sklaven mit Tabletts herumschwirren sehen.


    Unschlüssig verharrte Sermo einen Moment an seiner Position, bis ihm eine junge Frau ins Auge sprang, die er zu kennen glaubte. Ihr dunkles Haar bildete eine Frisur, die nicht ganz der aktuellen römischen Mode entsprach, sah aber dennoch sehr hübsch aus. Die Frisur zog allerdings weniger Sermos Blick auf sich, als das vergleichsweise großzügig geschnittene dunkelgrüne Kleid. Der Stoff betonte ihre Figur hervorragend und traf ein gutes Maß zwischen Freizügigkeit und Keuschheit. Perfekt was Sermos persönlichen Geschmack betraf, vermutlich etwas zu gewagt wenn man nach der Meinung einiger älterer und konservativerer Herrschaften ging. Jedenfalls erinnerte er sich jetzt wieder wo er die junge Dame bereits einmal gesehen hatte. Es war an jenem desaströsen Tag gewesen, nachdem er die Nachricht über Valentinus' Tod erhalten hatte. Er war durch die Stadt gewandelt und am Plutotempel stehen geblieben, wo er einem Opfer beigewohnt hatte. Ein Opfer, geleitet von der süßen Brünetten in Dunkelgrün.


    Ja, Sermo hätte eigentlich zunächst den Gastgeber und seinen Vetter suchen sollen. Immerhin musste er erst einmal gratulieren und ein Geschenk abgeben. Aber er wollte auch mit dieser Frau sprechen. Hirn gegen Trieb. Trieb gewinnt. War ja klar.
    Und schon stand er neben der jungen Dame und ergriff das Wort.
    "Salvete," begrüßte er die Dame und den jungen Mann, der bei ihr stand. "Entschuldigt die Störung, ich bin ein wenig verspätet, habe ich schon etwas verpasst?" Fragend wechselte sein Blick zwischen den beiden hin und her in Erwartung einer freundlichen Antwort.

    Sim-Off:

    Wie gut, dass es so vielfältige Zeitebenen gibt. ^^


    Noch am selben Tag, an dem die Antwort des Octavius Macer auf Sermos Schreiben die Casa Quintilia erreicht hatte, kam der kleine Sven - von Sermo als Bote beauftragt - zur Casa Octavia und übergab eine Antwort auf die Antwort.




    Ad:
    Faustus Octavius Macer
    Casa Octavia
    Roma - Italia



    Salve Faustus Octavius,


    gerne komme ich deinem Vorschlag nach und werde dich morgen zur Mittagsstunde aufsuchen.


    Vale




    IVLLVS QVINTILIVS SERMO
    CASA QUINTILIA - ROMA


    Es war der Tag, nachdem Sermo die Nachricht vom Tod seines Bruder Valentinus erhalten hatte. An diesem Morgen hatte er Diomedes wortlos den Brief an den Decemvir in die Hand gedrückt und hatte ohne bestimmtes Ziel das Haus verlassen. Er war umhergestreift, hatte der Vergangenheit nachgesonnen oder einfach nur irgendwelche Dinge beobachtet - ackernde Hafenarbeiter, feilschende Kaufleute, spielende Kinder, lamentierende Philosophen. Und während er von einem Ort zum anderen wanderte, führten ihn seine Füße bald hierhin, bald dorthin. Bis er einen Ort erreichte, der ihn abrupt frösteln ließ. Gedankenverloren hob der Quintilier den Kopf und betrachtete das Gebäude, das düster vor ihm aufragte. Dis Pater war dieser Tempel geweiht, dessen langer Schatten Sermo umschlingen wollte, ihn in sein Reich zu zerren gedachte. Mit einem beinah wohligen Schaudern machte er einige Schritte rückwärts, um das Bauwerk in seiner vollen - schlichten - Pracht erkennen zu können. Klein war der Tempel im Vergleich zu so vielen anderen, doch nicht minder schön. Sermo jedenfalls fand gefallen an diesem Ungetüm, das eine so bedrohliche Ausstrahlung zu haben schien. So gebannt begann er wieder in trüben Gedanken zu versinken wie in einer morastigen Suppe. So suchte er sich gegenüber des Plutotempels eine Steinbank, auf der er sich niederließ. Nicht viele Menschen überquerten diesen Tempelvorplatz, weshalb Sermo hier in Ruhe seiner Trauer nachhängen konnte. Armer Valentinus, was ihn wohl sein Leben gekostet haben mochte? Krankheit? Unglück? Was auch immer es gewesen sein mochte, dieser Octavius Macer musste es ihm beantworten können.
    Derweil hatte im Tempel ein Opfer begonnen, das Sermo nicht gleich wahrgenommen hatte. Als er das Geschehen registrierte, lehnte er sich etwas vor und observierte die Vorgänge genau. Eine junge Frau, begleitet von einer anderen, führte das Opfer durch - natürlich mithilfe der vielen Tempeldiener und eines eigenen Priester. Sie opferte einen wunderschönen Bullen, was Sermo auf eine recht vermögende Dame schließen ließ. Mit Wonne verfolgte er die Tötung des Tieres, das schwerfällig zu Boden fiel. Das Aufprallgeräusch hallte dumpf von den umliegenden Gebäuden wider. Das Spiel der Flötisten untermalte diese Zeremonie in eigentümlich wundervoller Weise, ging es hierbei doch nicht um Fröhlichkeit und Feierei, sondern um Tod und Vergänglichkeit. Und während der Aedituus die Innereien des Opfertieres begutachtete, breitete sich eiskalter Hauch über dem Platz aus. Es war, als führte Pluto selbst unter die Sterblichen und wollte sie auf ihrem Weg in die Unterwelt begleiten. Sermo zog den Mantel enger um sich, während die Welt für einen Augenblick beinah erstarrt schien.

    Erleichtert nickte Sermo dem Duccier zu. Gut, er lenkte ein und schien sich beruhigt zu haben. Die Geste des Mannes beantwortete der Quintilier mit einem schmalen Lächeln, ging aber nicht näher auf seine Worte bezüglich Melina ein. Das Thema wollte er heute nicht mehr hören.
    Statt dessen frohlockte er innerlich, dass Vala auf die Speisen zu sprechen kam. "Nicht doch. Wir haben keine Köchin, sondern einen leidenschaftlichen Koch," grinste er und sagte weiter: "Diomedes ist sein Name, Grieche. Ein vortrefflicher Koch und auch ansonsten ein fleißiger Haushaltssklave." Der Gastgeber wandte sich zum wartenden Sven um und klatschte in die Hände. Der Hauptgang sollte aufgetischt werden, denn die Vorspeisen gingen langsam zur Neige und das Mahl sollte nicht ins Stocken geraten.


    Sodann erschien Diomedes, räumte ab und servierte Augenblicke später zwei Tabletts mit lauter herrlich duftenden Köstlichkeiten. Der Sklave verbeugte sich vor den Herrschaften und begann zu erklären. "Meine Herren, aus eigener Kreation zusammengestellt und nach bestem Wissen und Gewissen zubereitet:
    Zarte Poularden, gebettet auf knackige Salatblätter; Pikant gewürzte Entenbrust in Weinsoße, ebenfalls sehr empfehlenswert. Das Fleisch stammt von Wildenten, keinen Gezüchteten. Es wird euch auf der Zunge zergehen. Und als Ergänzung dazu noch gefüllte Täublein in süßer Soße."
    Stolz blickte der Koch in die Runde. Vier Poularden waren jeweils zu paarweise auf den Tabletts aufgebahrt worden, der Salat nett darum drapiert. Die Tauben waren um diese herum angeordnet, dazwischen lagen die prallen Scheiben des Entenfleisches. Gemüse wurde von Sven in zusätzlichen Schalen hinzugestellt, ebenso in Stücke geschnittenes Fladenbrot. "Meine Herrschaften, wohl bekomm's!" Diomedes verneigte sich noch einmal, dann gab er Sven ein Zeichen erneut mit dem Wein die Runde zu machen. Er selbst verzog sich nun wieder dezent in Richtung Küche.


    Sermo lauschte den Ausführungen des quintilischen Haussklaven mit zunehmendem Appetit. Der Grieche hatte sich wahrlich einmal wieder selbst übertroffen. Frohgemuts schloss er sich den Wünschen des Sklaven an. "Ja, dann tut euch mal gütlich an diesen Speisen." Als Gastgeber wies er auf die Auslese und machte sich dann selbst an einem Taubenflügel zu schaffen, den er geschickt abknickte und daran zu knabbern begann. "Mhhh, ein wahrer Genuss, findet ihr nicht auch?"

    Dies ist die Subura. Insulae bestimmen hier das Bild, vollgestopft mit Strauchdieben, Tagelöhnern, Scharlatanen, Huren. Illegale Wettkämpfe finden des Nachts statt, bedeuten die rettende Gewinnchance, oder weitere Schulden. Und kaputte Menschen trifft man auf den Straßen. Gauklervolk, Bettler, Leute vom ärmsten Schlag versuchen hier über die Runden zu kommen. Manche würden sich sogar gegenseitig für das Abendessen an die Gurgel gehen. Nicht zu vergessen die Gaunerbanden, die in der Subura ihr Unwesen treiben. Die Cohortes Urbanae können nicht viel tun, scheint es. Schmuggel, Münzfälschung, illegales Glücksspiel sind an der Tagesordnung. Ganz zu schweigen von den Huren, die ihre Dienste aboten. Der Großteil von ihnen hatte sich - freiwillig oder nicht - unter den Schutz eines der vielen zwielichtigen Objekte gestellt, die für ihre Sicherheit garantierten. Oder wenigstens für die Sicherheit des Geldes, das die Frauen einbrachten. Doch gelegentlich kam es auch zu Streitigkeiten, wenn rivalisierende Schutzherren aneinander gerieten. Dies ist die Subura.


    Mit einem kräftigen Tritt scheuchte Sermo einen schmierigen Köter aus seinem Weg. Ein kalter Wind pfiff ihm um die Ohren, weshalb er den Mantel enger um sich zog und seine Schritte noch einmal beschleunigte. Es war noch immer kalt und feucht, ein äußerst ekelhaftes Wetter. So waren an diesem Tag auch nur wenige Menschen auf der Straße unterwegs, denen Sermo begegnete. Er passierte die Lagerstatt eines Bettlers, der in schmutzige Decken eingerollt auf dem Boden schlief. Der Kerl musste vor Dreck nur so strotzen und stank vermutlich wie ein Schwein. Aber wenige Momente später würde Sermo ihn sowieso vergessen haben, denn ihn beschäftigten gegenwärtig ganz andere Fragen. Zum Beispiel was aus Lysandra werden würde, wenn Sermo ihr von Ostia aus keinen Schutz mehr bieten könnte? Und wollte er den kleinen Sven mitnehmen oder in Rom lassen? Und was sagte Diocles zu dieser ganzen Sache eigentlich? Hinzu kamen noch gewisse offene Fragen bezüglich des Rattenbeißens, die er seiner Lieblingslupa gerne stellen wollte.


    Die nächste Kreuzung kam in Sicht. Der Quintilius bog nach links ab, legte circa zwei dutzend Fuß zurück und stand dann vor der Mietskaserne, in der Lysandra ihr Zimmer hatte. Sicheren Schrittes betrat er das Haus - er kannte sich hier immerhin schon gut aus, war öfter hier gewesen, als ihm lieb war - und stieg die Stufen empor. Vor Lysandras Kammer angekommen verharrte er kurz, lauschte angestrengt. Nein, sie war offenbar mit niemandem zugange. Sermo klopfte an und trat daraufhin einfach ein. "Salve meine Liebste," begrüßte er die Lupa, die auf ihrem Lager saß und Münzen - vermutlich die Tageseinnahmen - zählte. Überrascht schaute sie auf, denn Sermo war unangekündigt hier. "Salve. Welch Überraschung." Sie war aufgestanden und kam nun freudenstrahlend auf den Quintilier zu. Doch der streckte den Zeigefinger aus und stoppte sie eine Armlänge vor sich. Dann ging er vorwärts und schob sie zurück aufs Bett, wo sie sitzenblieb. Er jedoch blieb stehen.
    "Wir müssen reden."
    Lysandras ungläubiger Blick verriet ihre Verwirrung. "Aber...was?"
    "Ich werde nach Ostia gehen, Lysandra. In die Stadtverwaltung, als Magistrat. Und das schon bald." Sein Blick traf sie, musterte sie eindringlich. "Das bedeutet, dass ich dir hier nicht mehr beistehen kann, falls es mal brenzlig wird.
    "Sermo..."
    "Es bedeutet, dass du hier entweder alleine klar kommen musst, oder mit mir kommst." Er war sich durchaus bewusst, wie gefährlich es hier für Lysandra werden konnte. Besonders wenn Agathon von Sermos Abwesenheit erfuhr.
    "Ich...ich komme schon klar," entgegnete Lysandra trotzig und schaute hinaus durch das schmale Fenster. Ihr Gegenüber verdrehte genervt die Augen. Er hatte es ja geahnt. Störrische Gans.
    "Hör mal. Ich halte es für klüger, wenn du mit nach Ostia kämst. Da gibt es auch Arbeit für dich. Und keinen Agathon, der dir ans Leder will."
    Die junge Frau zog eine Schnute. "Wie lange werden wir weg sein?"
    "Nun, es haben gerade erst Wahlen stattgefunden in Ostia. Es wird also eine Amtszeit dauern, bis ich dort kandidieren kann. Und dann werde ich eine Amtszeit lang Magistrat sein und daraufhin als Duumvir kandidieren. Also insgesamt zwei bis drei Jahre. Wir brechen ja nicht sofort auf."
    "Ich will nicht weg aus Rom," protestierte die Lupa nun. "Zwei bis drei Jahre! Sermo, so lange soll ich meine Freundinnen hier nicht sehen? Und was ist mit Sven? Und Diocles, wird er auch mit dir gehen?"
    "Sven wohnt von nun an dauerhaft in der Casa Quintilia. Und Diocles ist sein eigener Herr. Er kann gehen wohin er will."
    Lysandra schlang die Arme um ihre Knie und schien zu überlegen. Die erwartete Antwort blieb nicht aus. "Ich bleibe in Rom."
    Sermo schnaufte, beließ es jedoch dabei. "Gut. Dann sei es so. Ich werde Bursa bescheid geben, dass er ein Auge auf dich hat." Er ging zu dem klapprigen Tisch und setzte sich auf einen der beistehenden Hocker.


    "Was hattest du mit den Cohortes Urbanae zu schaffen? Beim Rattenbeißen." Seine Augen verengten sich zu schlitzen. Die Erinnerung an jene Nacht erzeugte jedes Mal ein Schaudern auf seinem Rücken. Derweil starrte die Gefragte ihn mit schreckgeweiteten Augen an. Das hatte sie schon beinahe verdrängt gehabt. Bona dea, Sermo war ja sogar abgeführt worden!
    "Ich war...also dieser Mann..." stotterte sie.
    "Centurio Decimus. Ein Centurio der Cohortes Urbanae. Was hast du mit ihm zu schaffen?" Sermo wiederholte sich, diesmal klangen seine Worte noch schärfer. Das zeigte seine Wirkung, als die gesuchten Antworten endlich aus der Lupa herausbrachen.
    "Er hat mir Geld geboten, wenn ich den anderen Mann verführe! Ich sollte ihn in eine Gasse locken! Ich wusste nicht, dass er Urbaner ist! Und dann bist du plötzlich mitten ins Getümmel gestürzt!" Fast anklagend keifte sie, wollte den Quintilier für die erduldete Unbill selbst verantwortlich machen. Doch ihre Worte wurden schnell versöhnlicher, beinahe entschuldigend. "Was haben sie mit dir gemacht in der Nacht? Wieso haben sie dich mitgenommen? Und was hattest du überhaupt dort zu suchen? Bist du ein Komplize des anderen Mannes?"
    Sermo konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. "Ich bin kein Komplize jenes Verbrechers. Die Urbaner glaubten dies allerdings und haben mich verhört. Ich kann von Glück sagen, dass meine Erklärungen sie von meiner Unschuld überzeugten. Und was ich beim Rattenbeißen zu suchen hatte, geht dich überhaupt nichts an." Für ihn war klar: Lysandra war kein Spitzel, sondern nur unwissendes Werkzeug gewesen. Damit hatte er seine Antworten. Somit erhob er sich vom Hocker und wandte sich zum gehen.
    "Gib auf dich acht, Lysandra," verabschiedete er sich und griff schon zur Türe, als er heftig umarmt wurde. "Du auch," keuchte die junge Griechin, während sie die Tränen zu unterdrücken versuchte. Sie war eine starke Frau, das wusste Sermo. Er würde sie wiedersehen. "Ich komme wieder," flüsterte er und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, dann schob er sie von sich und öffnete die Türe. Kurz hielt er inne, warf noch einen Blick auf die schöne junge Frau, die ihn seit so vielen Jahren schon auf seinem Weg begleitete. Dann riss er sich los und verließ das Mietshaus, um den Weg zur Schola Atheniensis einzuschlagen. Er musste Informationen einholen, Dinge nachschlagen, sich ein Bild verschaffen. Ostia erwartete ihn und er würde es nicht zu lange warten lassen!

    Bei den Schwörenden achtete Quintilius Sermo, der wie immer im Gefolge des Praetors zugegen war, besonders auf einen ganz speziellen der patrizischen Magistrate. Aulus Flavius Piso war ebenfalls Macers Klient und Sermo wollte so bald wie möglich engeren Kontakt zu diesem Mann aufbauen. Angestrengt überlegte der Quintilier bereits, was für Vorlieben, Eigenarten oder sonstiges Interessantes dieser Mann vorzuweisen hatte. Mit solcherlei Wissen konnte man schnell ins Gespräch kommen und mit Komplimenten beispielsweise über die Dichtkünste eines Mannes oder seine neueste politische Meisterleistung zügig Pluspunkte sammeln. Auch Iulius Centho erkannte er unter den Magistraten. Er hatte es nun wohl ebenfalls geschafft, in die Reihen der Höchsten aufzusteigen. Auch wenn er noch ganz am Anfang der Leiter stand. Ein wenig neidisch ließ Sermo seinen Blick schweifen und entdeckte unter den Anwesenden etliche Senatoren, deren Gesichter ihm durchaus bekannt waren. Aber viele glänzten auch mit Abwesenheit, wie er feststellte. Auch wenn diese es nicht wahrnehmen würden, so drückte Sermo den Gewählten seine Anerkennung durch geschürzte Lippen und hochgezogene Augenbrauen aus. Sein Amtskollege, Mettius Serranus, nickte nur. Sie beide würden auch irgendwann hier stehen und diesen Eid sprechen. Zumindest glaubten sie von ganzem Herzen daran.

    Oha. Dieser Sklave hatte weit mehr im Kopf als man glauben mochte. Da stellte er doch glatt eine Theorie auf, die Sermos Idee des Lernens und Erlernens direkt entgegenstand. Mit verhaltener Skepsis ging er näher auf diesen Gedanken ein. "Aber um ein guter Redner zu werden - zumindest nach deiner These - muss man auch Umgang mit eben solchen pflegen. Folglich können die Rhetorik nur solche beherrschen lernen, die im Umfeld gebildeter Persönlichkeiten aufwachsen oder zumindest längere Zeit in ihren Kreisen wandeln." Er trank einen Schluck Wein. "Und das ist dem größten Prozentsatz selbstverständlich nicht möglich. Ich behaupte, es ist mindestens beides notwendig: Gute Auffassungsgabe gekoppelt mit wachen Ohren. Und Ehrgeiz, Fleiß und die nötige Geduld, um der Sprachgewandtheit habhaft zu werden. Denn wer stets nur zuhört, wird den Moment seiner Rede einfach überhören." Bei dem Gedanken musste Sermo schmunzeln. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild eines Senators, der in den Reihen der ehrenwerten patres conscripti herumsaß, aufmerksam jedoch, jedes Wort in sich aufsog und jede Geste interpretierte. Doch irgendwann steht er auf und streicht sich durch den weißen Bart, der bis zum Boden reicht und merkt, dass er noch immer läppischer Quaestor ist. Dass er es nicht weit gebracht hat, weil er gerne zuhörte. Welch ein witziges Dilemma.
    "Und hast du mehr von den besuchten Orten gesehen als 'die wenigsten'?" fragte Sermo dann, seinen Gedankengang abrupt störend.


    Was ihn allerdings ebenfalls störte war die Reaktion des Sklaven auf sein 'Geständnis', noch keinen eigenen Haussklaven besessen zu haben. Der flippte ja richtig aus! Jetzt schoben sich Sermo Augenbrauen erst recht in die Höhe, überrascht und irritiert zugleich. "Ich...nun..." Baff. Jetzt hatte dieser unbedeutende, unfreie, popelige Bithynier auch noch aus dem Konzept gebracht. Ruckartig lehnte der Quintilier sich vor, streckte den Zeigefinger aus, wollte scharfe Worte erwidern. Doch seine Gedanken schwirrten nur umher, fragten nach dem Grund: Warum hatte er denn eigentlich keinen Haussklaven besessen? Scheiße, jetzt musste er doch irgendetwas sagen! Ärgerlich knirschte er mit den Zähnen und zog den Finger wieder zurück. "Verflucht nochmal!" stieß er hervor und bedachte den Sklaven dann mit einem anerkennenden Blick. "Nun, Phaeneas. Warum habe ich keinen einzigen Haussklaven besessen? Stelle dir diese Frage und gib mir eine adäquate Antwort. Viel Auswahl hast du sowieso nicht." Der Kerl meinte wohl genau bescheid zu wissen. Aber so nicht, mein Freund! Nicht mit Quintilius Sermo! Es hatte bisher eben keinen Grund gegeben, einen eigenen Sklaven zu besitzen. Wozu Geld ausgeben...ach! Das konnte er diesem Wurm auch noch erklären, wenn er gleich danach fragte. Oder auch nicht. Wär auch nicht schade drum.


    Die Suppe war nicht mehr ganz heiß, aber schmeckte dennoch sehr gut. Ein einfaches Mahl, doch für Sermos Bedürfnisse völlig ausreichend. Er verschwendete nichts grundlos und lebte ohnehin gern schlicht - manchereiner mochte es spartanisch nennen - und so unkompliziert wie möglich. So konnte er seine Gedanken auf die wirklich komplizierten Angelegenheiten des Lebens lenken. Zum Beispiel statistische Senatoren in der Curia Iulia. "Ich bin ebenfalls in meinen Stand hineingeboren." Er tippte vielsagend auf den schmalen Streifen, der ihn als Mitglied des Ordo Equester auszeichnete. "Allerdings sehe ich darin eher eine Pflicht zu vollem Einsatz und Engagement, als ein Privileg, das ein gesichertes Einkommen und eine steile Karriere sichert. Manchmal kann ich nicht glauben, dass Rom ein derartiges Imperium schaffen konnte, wenn man diese Faulheit betrachtet, die sich wie ein Geschwür ausbreitet." Wie Sermo erst jetzt bemerkte, hatte er sich wohl gerade zu einer ziemlich direkten Meinungsäußerung über die Herren Senatoren hinreißen lassen. Und das gegenüber einem Sklaven aus dem Haushalt eines ebensolchen Senators. Möglichst souverän versuchte er seine Worte vergessen zu machen, indem er weitersprach, jetzt wieder deutlich im Plauderton. "Ich jedenfalls werde kein Statist sein. Und ich habe ohnehin noch einen weiten Weg dorthin vor mir. So ist das eben, wenn einem nicht alles in den Schoß geworfen wird." Und er lächelte, als er noch anfügte: "Aber dir brauche ich das wohl kaum zu erklären." Er griff erneut zum Wein. "Die Wege der Parzen sind eben unergründlich."

    Ahja. Piso. Hatte der nicht auch irgendwann mal einen unfreiwilligen Auftritt in der Acta gehabt? Nun, er schien jedenfalls den richtigen Riecher für seinen Patron zu haben. Denn dieser berichtete von Beziehungen zur Gens Flavia, die offenbar schon seit längerem bestanden. Gut so, Patrizier konnte man immer irgendwie auf seiner Seite brauchen. Oder nicht? Auf den Tod jenes Falvius Milo ging Sermo überhaupt nicht ein. Weder hatte er ihn gekannt, noch wollte er jetzt über Verstorbene sprechen. Vielmehr griff er den Aspekt der plebeisch-patrizischen Annäherung auf. "Es ist wahrlich zu beobachten, dass Adel und Bürger an manchen Stellen aufeinander zugehen. Deine Vermählung ist das beste Beispiel. Doch auch manche Freundschaft entsteht unter den hohen Herren. Zum Beispiel sah ich des öfteren Germanicus Sedulus mit dem jungen Aurelius Ursus beisammen stehen. Oder Aelius Quarto, der eben jenen Aurelius zum Klienten hat. Interessant, wie verworren mittlerweile die Beziehungen sind und wie die Fronten aufweichen." Er hatte immerhin genügend Zeit, beobachtungen anzustellen. Der Senat war schon lange nicht mehr in schwarz und weiss geteilt. Hier gab es eine gewisse halsstarrige Fraktion, die hauptsächlich von Impulsen aus dem Hause Germanica angetrieben wurde. Auf der anderen Seite war da eine große patrizische Kurve, die weiterhin um den Einfluss ihres Standes kämpften. Insbesondere seit der Praefectus Urbi angeblich so vehement gegen den Adel vorging. Und dann waren da ja noch eine ganze Reihe von Senatoren, die mehr oder weniger ohne klare Parteizugehörigkeit agierten. Beispielsweise Sermos Patron. "Allerdings munkelt man, dass besonders den jungen Patrizier der Weg nach oben kürzlich des öfteren sehr erschwert wird. Über meinen Vetter erreichen mich die Gerüchte meist mehr oder weniger unverfälscht direkt aus der Castra Praetoria oder aus dem Palatin. So wie es aussieht, hat der Praefectus Urbi etwas gegen den alten Adel. Flavius Piso hat angeblich ein Problem mit ihm bekommen, als er um eine Versetzung angefragt habe." Natürlich wusste er nichts genaueres. Valerian konnte ja auch nicht alles ausplaudern, was hinter den Mauern seiner Schutzbereiche alles geschah. Zumal die Schreiber oder Boten, mit denen er sich manchmal ausstauschte, auch nicht immer die ganze Wahrheit erzählten.