Beiträge von Marei

    Dann war Servius wieder da und setzte sie auf den Rücken seines Hengstes. Hoffentlich war das ein ruhiger Hengst, welcher sie nicht abwarf. Marei hielt sich an der Mähne fest und machte die Beine lang. "Zum Stadttor wieder rein und dann...." kramte sie erklärend den Wegplan aus ihrem Kopf und blickte zu Servius hinunter. "Ich bin froh, dass du da bist, gesund und munter. Wir haben so gar nichts an Nachrichten gehört, außer dass Servius zu uns kam und erzählte, dass die Schlacht gewonnen wurde. Hast du dominus Ursus und meinen großen Freund Cimon gesehen? Und Frija und Baldemar? Wie geht es denen?" War ja klar, dass sie über ihre Freunde Bescheid wissen wollte, mit denen sie so lange zusammengelebt hatte. "Sie kommen doch genau wie du wieder hierher zurück, oder?" Vor der Antwort hatte sie ein bißchen Angst, vor allem weil sie ein schlechtes Gewissen hatte, ihre Freunde seit dem Auszug zur Bäckerei nicht einmal besucht zu haben. "Hier lang.."

    Sie hielten vor der Curia, dem Sitz der Stadtverwaltung von Mantua. Marei war noch nie drinnen gewesen und blickte bewundernd zum Rathaus hinauf. "Ganz schön hoch, nicht wahr?" Sie deutete zum Eingang hinüber. "Manchmal kam Servianus frühmorgens in die Bäckerei und bestellte für mittags oder nachmittags eine süßen Snack in die Curia. Kleine Mädchen wären drinnen nicht erlaubt, hat er gesagt, daher kam er immer raus, um zu bezahlen und wieder rein zu gehen. Er ist manchmal ein bisschen brummig wie ein Bär ohne Honig." plapperte Marei munter drauflos und liess sich Ziehpapa Servius vom Rücken des Hengstes runterheben. "Ich habe mal einen Kollegen gefragt, wo er genau hockt. Sein Büro liegt am Ende eines langes Ganges im ersten Stock... soll ich hier unten auf dich warten? Ich möchte nicht stören."

    Sie bekam ihre Sandalen von einer Frau zurück, die sie verwechselt hatte, obwohl die Größe doch offentsichtlich war. Einen leisen Dankspruch äußernd zog sie sich die Sandalen an und eilte zurück zu ihren neuen Bekanntschaften. "Ja, es war toll!" stimmte sie nickend zu. "Stimmt ja, ihr wolltet noch zu eurer Casa. Von ihr müsst ihr.. öhm... die Straße da rein, drei Straße queren und dann nach links." gab sie ihnen nach kurzer Orientierung zum Abschied eine Wegbeschreibung mit und trottete von dannen. Bevor sie abbog, sah sie über die Schulter nach hinten und betrachtete den sprudelnden Löwenkopf mit zufriedener Miene. "Ja, echt, das glitzernde Wasser steht dir viel besser als der staubige Brunnen.. und schön drauf aufpassen, ja? Wir brauchen das Wasser!" Marei erledigte den übriggebliebenen Auftrag und ging danach noch einmal beim Händler Menalux vorbei, um sich von ihm zwei Honigwaffeln geben zu lassen. Eine für sie und eine für Lucilla... sie freute sich auf das gemeinsame Süßigkeitenschlecken daheim.

    Der Weg der zum Kastell zu reiten war, hatte sich bis auf ein paar Büsche und Bäume mehr nicht sehr verändert. Aufmerksam sah Marei sich um, es war schon ziemlich lange her, seit sie die Stadttore das letzte Mal passiert hatte. Amseln meldeten schimpfend ihre Anwesenheit, Tauben flogen erschreckt auf, eine Krähe flog krächzend davon. "Ist das ein Hengst oder eine Stute? Für ein Fohlen ist es definitiv schon zu alt, gell?" fragte sie nach hinten. Es war ungewohnt wieder auf ihren Füßen zu stehen und ihre Beine fühlten sich komisch an. Es lag daran, dass sie nicht gewohnt war zu reiten und die paar Muskeln, die man dazu brauchten sich bemerkbar machten. Servius musste seinen Auftrag erfüllen. "Ja, ich passe auf. Da hinten gibts Löwenzahn. Bis gleich." Fest nahm sie die Zügel in die Hand und führte das Pferd abseits des Weges zu dem Fleckchen Löwenzahn. Hier stand sie niemandem im Weg, lediglich zwei Hasen räumten munter davonhoppelnd das Feld.

    Servius entschied sich für die Reise durch die Stadt für sein Pferd. "Tooollll!!!!" jubelte sie, hüpfte tanzend von einem Fuß auf den anderen. Lachend umarmte sie Chiomara und eilte ihrem Ziehpapa hinterher. "Boah.. ohne Sattel reiten..." Sie bekam keine Zeit zu überlegen, ob sie sich das überhaupt zutraute. Der Mann hatte sie schon zu sich hochgehoben und vor sich auf der Satteldecke abgesetzt. "Die Beine andrücken.." wiederholte sie für sich und machte sie ganz lang. Mit dem Rücken lehnte sie sich an Servius Brust an und lauschte nach ihrem Gleichgewicht. Nach einiger Zeit war das kein Problem mehr und sie lockerte den Griff um die Mähnenhaare.

    Ein paar wenige Passanten traten dem 'Regentanz' bei. Es schien ihnen genauso viel Spaß zu machen und eine willkommene Abwechslung im Alltag zu sein. Bereits außer Atem vom Hüpfen erwiderte Marei ausgelassen die Spritzer die von Sabina kamen. Auch von Zyome kamen ein paar Spritzer rübergeschossen. Marei lachte sie fröhlich an und achtete darauf, die ältere der beiden Frauen nur unterhalb der Hüfte nasszuspritzen. Der Wasserstrahl gurgelte und floss munter vor sich hin. Das Brunnenbecken füllte sich immer mehr, bis sie alle bis hoch zu den Waden im Wasser standen. Ihre braune Tunika war feucht und ein paar Mal war es fast passiert, dass sie der Länge nach ins Wasser hingeschlagen wäre. Aber sie hatte sich jedes Mal noch abfangen können. Die Passanten die bis eben noch mitgemacht hatten, stiegen aus dem Wasser und trollten sich von dannen. Diesen 'Regentanz' würde wohl keiner von ihnen vergessen. Zumal der Löwenkopfbrunnen nun wieder nutzbar war. "Puh.. ich kann nicht mehr.. ich steig aus." verkündete sie. Zufrieden mit sich und der Welt strich sie die Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Schaut doch gut aus.. so ein sprudelnder Löwenkopf..." scherzte Marei. Sie wusste nicht so recht, wie sie die beiden Frauen nun verlassen sollte. Da rüben lag die Brötchentasche und wartete darauf leer zu werden. Marei nahm sie an sich und suchte anschließend ihre Sandalen.

    Tatsächlich wurde aus den vielen Tropfen, die nacheinander zu Boden fielen und den staubtrockenen Boden des Springbrunnes benetzten, ein mickriger Strahl, welcher spuckend und spritzend sich zu einem kräftigen Wasserstrahl mauserte. Irgendetwas musste das Wasserrohr verstopft haben. Anders konnte Marei sich dieses wunderbare Wunder nicht erklären. Die Hadrianerin meinte, dass Zyome die Kraft hatte Wasser herbeizuzaubern. Mit erhobenen Augenbrauen sah sie die alte Frau verdutzt an und liess sich die Aufforderung zum Mittanzen nicht nochmal sagen. "Du verführst gerade dazu, Zyome." Eilig legte sie ihre Brötchenausliefer-Tasche und die Sandalen beiseite. Lachend und kichernd machte Marei beim 'Wassertanz' mit und drehte sich ein paar Mal im Kreis. Da die Sonne strahlte und so mancher Wassertropfen seinen verborgenen Regenbogen preisgab, war es wunderschön. In den Augen von Marei. Die armen Schulkinder, die wussten gar nicht, was sie gerade für einen Spaß´verpassten, fand sie. Ausgelassen beugte sie sich nieder und spritzte Sabina mit ein paar Tropfen nass. "Plitscheplatsche..."

    Drei Rufe mit ihrem Namen. "Ich bin im atrium, Mama!" rief sie zurück. Servius zeigen, wo Servianus wohnt? "Gerne doch."


    Etwas krachte zu Boden. "Das war wohl schon wieder ein Krug..." mutmaßte Marei über das tönerne Opfer und hörte schließlich rennende Füße. Mama schien genauso verblüfft wie sie zu sein Servius vor sich stehen zu haben und suchte augenblicklich seine Nähe. Wieso nannte sie sie denn immerzu Chio? Richtig hiess sie doch Lucilla. Vielleicht hatte sich der Chio-Name in ihrem Kopf eingenistet, als sie schwer krank gewesen war und wollte nicht wieder fort, obwohl sie wieder gesund war. Neinneinnein, Lucilla gefiel ihr deutlich besser. Ruhig auf der Bank sitzend verfolgte sie die stürmische Begrüßung mit.


    Servius kam darauf zurück, dass er zu Servianus in die Fuchstanzstrasse wollte. Sie sah an sich herunter. Im Nachthemd und ohne Schuhe auf die Straße hinaus? "Jetzt gleich? Du, wir haben heute früh voll verschlafen..." Sah Servius nicht, dass sie deshalb beide nicht angezogen, ungekämmt und barfuß waren? "Einen Augenblick, ich bin sofort wieder da!" entschuldigte sie sich und lief davon, über die Scherben hinweg hüpfend, nach oben zu ihrer Kammer. Eilig wechselte Marei die Kleidung, schlüpfte in die Sandalen und griff beherzt nach der bunten Tasche mit den Puppen. Diese sollten auch erfahren, dass Servius wieder zurück war.


    Hüpfend hüpfte sie die Treppe hinunter und sprang abermals über die Scherben hinweg. Mit den Schuhen an den Füßen konnte sie sich nicht mehr wehtun. "Guckt, da steht er." flüsterte sie Puppe Nina und Mina stolz zu. Marei deutete zur verschlossenen Tür. "Zu Pferd?" Mit Servius gemeinsam auf einem Pferderücken reiten, ein noch unerfüllter Traum. Hatte sie nicht heute nacht davon geträumt? Marei wusste es nicht mehr. "Wenn Servianus nicht daheim ist, müssen wir zu seinem officium in der Curia Mantuae, dem Sitz der Stadtverwaltung von Mantua Das ist eine ganz schöne Strecke, wenn wir zu Fuß gehen würden."

    "Der Cesar? Der schläft doch schon..." lautete Mareis verwunderte Antwort. "Oder wenn ich ihn mir einfach ganz fest bei mir vorstelle, dann kommt er sicher rüber zu mir." Marei fiel auf, das sie ihre Puppen in der bunten Stofftasche gar nicht bei sich hatte, sonst war diese immer dabei, wenn sie rausging und sich unter Menschen begab. Es war ein seltsames Gefühl ohne die Puppe, die Servius zum Einzug in die Bäckerei für sie gebastelt hatte und ohne die Puppe, die sie schon am längsten besaß, unterwegs zu sein, dabei hatte sie schon genug mit der Brötchentasche und den Honigwaffel zu schleppen. Plötzlich sprang Zyome auf und führte einen wilden Tanz auf. Marei entschied sich rasch für das Aufessen und dann fürs Mitlachen. Noch vier Bissen.. happs, war die Honigwaffel aufgegessen und auf dem Weg zu ihrem Magen.


    Lachend hielt sie sich den vollen Bauch und amüsierte sich köstlich. Wann hatte sie das letzte Mal so herrlich gelacht? Sie war sonst immer ernst, still und zurückhaltend. Ihre ferne Freundin Esquilina würde sicher auch mitlachen. Oh, die musste unbedingt kommen zum zwei Wochen umsonst Waffeln essen. Ganz feste dachte Marei lachend an sie und ihre Vorliebe für die Farbe Himmelblau. Ihre Lieblingsfarbe war Sonnengelb oder auch Honiggelb. "Hihihihii..." kicherte Marei und strich die Lachtränen aus den Augen. Plopp! Was war das denn.. Plopp? ..für ein Geräusch? Ploppploppploppploppplopp... das Geräusch wurde immer schneller und outete sich als fette Wassertropfen, die nacheinander in raschem Tempo aus dem Strahl des Löwen tropften. Marei sprang auf. "Jessesnocheins, das Wasser kommt zurück. Zyome, tanz weiter!" feixte Marei und wartete gespannt. Sie selbst stand noch innerhalb des Brunnens. Nicht nur ein Leckermäulchen auch eine Wassernixe. Schwimmen hatte sie gemeinsam mit Esquilina in der hiesigen Therme von Mantua gelernt. Auch die Passanten blieben stehen. "Tanz, tanz, tanz." fingen einige an zu rufen. Wenn sie den Brunnen doch wieder nützen könnten, bisherige Reparaturversuche hatten nicht geholfen.

    Das kleine Mädchen hatte Werbung für ihn gemacht und ihn als den Besten des römischen Imperiums erkoren? Nun musste er sich ziemlich Mühe geben. "Ich werde euch beweisen, dass ich zu Recht der Waffelmacher des Imperiums bin." Menalux zögerte nicht und griff zu den geforderten Waffelgröße, um wie gehabt seine Spezialität zuzubereiten. Die jüngere der beiden Frauen fragte nach der Casa der Hadrianer. "Da fragt ihr genau den richtigen Mann. Gerade vom Großhändler Gaius Mindius Iulianus, habe ich den Honig für meinen Stand abgekauft. Nie habe ich es versäumt rechtzeitig die Lieferung zu bezahlen oder persönlich abzuholen." Und ab und zu den Honig abzuschmecken, aber das musste die Frau ja nicht wissen. "Die Straße runter, an der vierten Ecke links und die zweite links. Man kann es überhaupt nicht verfehlen, so riesig ist es mit seinen über 50 Zimmern."


    Die 'hübsche' Frau überzeugte Marei immer mehr. Die vier Soldaten hatten recht gehabt. Sie war nicht nur hübsch und lieb, sie war außerdem freundlich, nett, spendenfreudig und besaß ein Herz für vorwitzige naseweise spaßmachende kleine Mädchen. Und dachte an die Schulkinder, die Marei überhaupt nicht um den Schulbesuch bedauerte. Bis auf ihre Schwäche Subtrahieren und Dividieren konnte sie alles nötige, um ihrer Ziehmama in der Bäckerei zu helfen. "Oooohhhhhhhhh......" entfuhr es aus Mareis Mund. "Zwei Wochen lang umsonst Waffeln von Menalux essen?" DAS war wahrlich ein feines Geschenk. Mit funkelnden Augen sah sie die beiden älteren Frauen hellauf begeistert an und nahm ihren Anteil entgegen. "Danke, danke, danke!" bedankte sie sich bei den Frauen und dem Honigwaffelmacher.


    "Zum Löwenkopf ohne Wasserstrahl müssen wir da entlang. Auf Wiedersehen, Menalux." Immer wieder musste sie darauf achten die Honigtropfen rechtzeitig abzuschlecken. Das war gar nicht so einfach, gleichzeitig schlecken und gehen. Wie sollte sie sich da auf den Geschmack des Honigs konzentriere? Aber es war nicht weit bis zum trockengelegten Brunnen. Zufrieden mit sich und der Welt setzte sich Marei zwischen die Vorderpfoten des Löwens, der in der Mitte des Brunnens stand und kümmerte sich zuerst einmal um die Waffel, bis keine Kleckergefahr mehr von ihr ausging. Die braune Tunika mit der silbernen Nadel, die sie gerade trug war ihr liebstes Kleiderstück, sie wollte es noch öfters tragen. "Ist das himmlisch...." seufzte Marei mit verklärtem Blick.

    Die 'hübsche Frau wollte den Stand von Menalux leerkaufen? Sapperlot, hatte sie soviel Geld dabei?' "Dann ist aber nichts mehr für die anderen Kinder da." dachte laut Marei weiter und hörte sich die Namen der Frauen an. Sabina, Sabina, irgendwo klingelte ein Glöckchen aus lang vergangenen Zeiten. Unerlaubt hatte sie hin und wieder mal mit einer Senatorentochter namens Sabina gespielt. Unmöglich konnte die jetzt schon erwachsen sein. "Die Sabina, die ich kenne, war von den Germanicern." verkündete sie und nickte zustimmend, doch erstmal die versprochenen Honigwaffel zu kaufen. "Zyome klingt ungewöhnlich aber toll. Dann kommt." Lächelnd schmiss sie sich die mittelschwere Tasche mit den übriggebliebenen Aufträgen über die Schulter und lief vor den Frauen die Straße hinunter und führte sie zielsicher durch zum Stand. "Salve Menalux, ich habe dir doppelte Kundschaft mitgebracht. Nein, wir sind dreifache Kundschaft." Der knapp 30-jährige Mann mit den schwarzen Haaren und nicht vorhandenem Bierbauch wandte sich ihr zu. "Salve, dreifache Marei, schön, dass du vorbeischaust! Duften meinen Honigwaffel bis zu eurer Bäckerei hinein?" flachste er gutgelaunt mit einem frechen Spruch zurück, worauf Marei ihm mit einem überzeugenden Nicken antwortete und wandte sich den Frauen zu. Auch Marei sah die Frauen an. "Guten Mittag, ihr kommt gerade rechtzeitig, denn die Schulkinder müssen noch zwei Stunden lang pauken. Marei hat ein gutes Näschen." Das Mädchen grinste über das Lob. Seine Hände griffen zu den größten Waffeln, die er vorrätig hatte. "Ihr möchtet diese hier? Mit Wald- und Wiesenhonig?"

    An Mareis Ohren rauschten die Stichworte der Beschreibung der Insel vorbei. Ouhouhoh, da hatte sie voll daneben getroffen. Weder war Sizilien etwas zu essen noch eine Stadt sondern eine Insel. Die den Menschen erlaubte sich von Weinbergen und Landwirtschaft zu ernähren und mit warmen Wetter belohnte. Als Stadtkind war sie noch nie an einer Meeresküste gewesen und kannte das Meer nur aus Erzählungen des Gauklers. Am besten vom allem gefiel ihr, dass auf der Insel getanzt und gefeiert wurde. Die alte Frau bestätigte die Erzählung der 'hübschen' Frau. "Feiern und Tanzen hab ich noch nie erlebt..." bedauerte sie gerade heraus. Bei dem Freudenfeiern zum Ende der Pest hatte sie schon früh im Bett sein müssen, da war sie ja auch noch eine ziemlich kleine und junge Sklavin in der Küche des Legaten gewesen. "Du gibst mir eine Riesenportion Waffeln?" echotete Marei verdutzt. "Dann müssen wir zum Stand von Menalux gehen, der macht nämlich die allerallerbesten Waffeln der ganzen Stadt." Also diese Leckerei würde sie sich als nimmersattes Schleckermäulchen keinesfalls entgehen lassen. "Ich bin die Marei." stellte sie sich endlich mit einem kleinen Knicks vor und deutete die Straße hinunter, wo ein kleiner Markt stattfand und der erwähnte Verkäufer seinen exklusiven Stand stehen hatte. "Da unten ist der kleine Markt. Noch ein Stückchen weiter gibt es einen ruhigen Platz mit Springbrunnen. Der ist aber kaputt, es kommt kein Wasser mehr aus dem Löwenmaul rausgeschossen."

    Nur das Mädchen im Hausflur? Empört zog Marei die Augenbrauen zusammen und war jedoch wieder friedlich gestimmt, als sie als 'süße Kleine' bezeichnet wurde. Die andere Frau regte sich immer noch auf und bestätigte, dass sie ehemalige Rom-Bewohner waren. "Die alten Römerinnen hören über sowas hinweg. Ich wusste nicht, dass du anders reagieren wirst." verteidigte Marei sich gegenüber Zyome und verliess den Hauseingang. Die 'hübsche' Frau stellte Honigwaffeln in Aussicht.


    Marei kam näher und näher, blickte grinsend zu ihnen auf. "'Kleine Pfeifferin' trifft es eigentlich ganz gut." fand sie, noch unentschlossen, ob sie ihren Namen preisgeben sollte. "Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, ob Rom stinkt und müffelt, aber du hast recht mit Mantua, es ist klein und ruhig. Ich hab dich gehört. Du kommst aus Rom und sprichst von Sizilien. Was ist denn das? Etwas zu essen oder eine Stadt?"

    Die 'hübsche' Frau liess sich so gar nicht erschrecken und wandte sich lediglich suchend um. Die entdeckte sie schnell im Hauseingang, schenkte ihr einen Blickkontakt und ein warmes Lächeln. Aus der Ferne konnte sie nicht erkennen, dass Sabina im Gegensatz zu ihr grüne Augen besaß.


    Aber die andere Frau! Die regte sich auf, sprach gleich von Strauchdieb und Augen auskratzen. "Tüdeludütdütdüdtüdeldü.." wiederholte sie wagemutig den neckenden Pfiff. Marei prustete kichernd los, es war zu amüsant, wie sie die andere Frau mit einem neckenden Pfeifen aus der Fassung bringen konnte. "Der Strauchdieb braucht seine braunen Augen für leckere Honigwaffeln... nur so hört das Pfeifen auf.. tüdeldüüüü..." rief sie lachend rüber zu den ehemaligen Römerinnen. "Oder mögt ihr lustige Stückchen?" Marei meinte die Plätzchen, die sie als eigene Nervennahrung mit sich rumtrug, um nicht in die teuren Garküchen zu müssen, wenn sie Hunger bekam. Sicher würde sie gleich erfahren, dass Hadrianerfrauen keine Angst vor kleinen Mädchen hatten. Beide waren ja auch mal klein gewesen und hatten die Erwachsenen geneckt.

    Na, da hatte sie ja schon viel erreicht, wenn sich die Soldaten den Namen der Bäckerei merken wollten. "Das gibts nur bei uns: frisches Brot, süßes Gebäck, lustige und kringelige Stückchen." informierte sie die vier Männer mit einem fröhlichen Lächeln. "Viel Erfolg, edle Herren." Sie wartete geduldig, bis die vier die Stufen hinunter gegangen waren und im Gewühl verschwanden. Anschließend zählte sie bis 30, schnappte sich ihre Tasche mit dem letzten zu erledigen Auftrag und hüpfte Stufe für Stufe hinunter. So, die Fuchstanzstraße und ein hungriger Brötchenliebhaber der Stadt Mantua wartete auf sie. Marei wusste, was sie und Chiomara minor Iulius Servianus schuldig waren, wenn er sie mehr oder weniger mit den Informationen versorgte, die er aus Rom über die erste Legion bekam. Beide wollten sie den Ehemann und Vater Servius gesund und munter zurück haben...

    Schon wieder war sie auf zwei flinken Beinen im Auftrag von Chiomara minor unterwegs, um Brötchentüten auszuliefern. Langsam aber sicher kannte sich Marei in den Straßen aus und merkte sich die besonders markanten Punkte des Städtchens, um sich zurechtzufinden. das Gespräch mit den ehemaligen Soldaten war ihr im Gedächtnis geblieben, aber sie hatte ihrer Ziehmama nichts davon erzählt, diese sollte sich keine Sorgen machen. Es reichte, wenn sie sich Sorgen um Servius und die Bäckerei machte. Sie wich einem Kriegsveteranen aus, der schon von weitem zu erkennen und zu hören war, denn ihm fehlte ein Bein. Mit zwei großen Stücken, die oben ein seltsames Ende, in Form eines 'Y' hatten, bahnte er sich seinen Weg. Marei hatte nach längerem Beobachten dann herausgefunden, dass dieses 'Y' für die Achseln unter den Schultern gedacht waren. Man legte die Achseln da hinein, umfasste mit den Händen jeweils einen Stock und nutzte den Schwung des Unterleibes als Schrittersatz für das verlorene Bein. Dieses 'Y' allerdings musste höllisch unbequem sein, nur warum kam dann keiner auf die Idee, diese dick zu polstern? Es sollte nicht ihre Sorge sein.


    Jetzt müssen wir bloß noch die Villa der Hadrianer finden ... es ist fast so wie daheim klein und unglaublich ruhig ... diesem stinkenden und verkommenen Rom ... Mantua ist wirklich wie unser kleines Dorf in Sizilien. Diese Worte drangen als Wortfetzen eines Gespräches an ihr Ohr. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse. Wer hatte das gerade gesagt? Ihr fielen die zwei Frauen auf. Davon die eine hübsch und lieb? Achwas, die sah genauso aus wie unzählige andere Frauen. Dennoch blieb sie stehen und beobachtete die beiden Frauen klammheimlich von einem Hauseingang aus. Villa Hadriana, bis dahin war ein ganz schönes Stückchen Weg zu gehen. Rom war noch weiter weg und wo lag dieses ominöse Sizilien? War das eine Stadt? Sie trug eine dunkelbraune Tunika, die ihre braune Haare und Augen betonte und mit einem weißen geflochtenen Gürtel verziert war. Eine silberne Nadel hielt die Falten an der linken Schulter zusammen. "Tüdeludütdütdüdttüdeldü.." pfiff Marei mit gespitzten Lippen, sich einen Spaß erlaubend und lugte keck um die Ecke.

    Das waren Soldaten gewesen? Nur weil die Dienstzeit abgelaufen war? Marei fand im ersten Moment, dass die vier Männer ihr eine unwahre Geschichte auftischten und sie nur beeindrucken wollten. Doch je mehr sie hörte, umso weniger wurde der Eindruck. Die vier Männer suchten Arbeit bei einer ganz bestimmten Gens. Weil ein Soldat ihnen seine Familie empfohlen hatten, wollten sie sich bei dieser Familie vorstellen. Marei war sich sicher noch nie von den Hadrianern gehört zu haben und zuckte unwissend mit den Schultern. "Tut mir leid, ich kenne den Namen der Gens nicht und höre zum ersten Mal von denen. Noch weiss ich nicht wo sie ihre Villa haben."


    Eine hübsche und liebe Frau würde die Hausherrin der Villa Hadriana sein. Und diese brauchte Einrichtung und Lebensmittel. Ob sie selbst irgendwann mal ein Haus besitzen würde? Marei träumte keinerlei Zukunftspläne und war einfach glücklich damit bei Chiomara wohnen und leben zu dürfen. Apropos Lebensmittel! Sie hatte noch einen Auftrag zu erledigen und sollte dann zu Ziehmama Chiomara minor in die Bäckerei zurückkehren. Marei schleckte ihre zehn Finger ein letztes Mal ab. "Wenn sie Brot und Plötzchen braucht, so kenne ich wen, wo eure womöglich zukünftige Herrin diese bekommen kann. Bäckerei 'Chiomara minor'. Ich helfe der Bäckerin bei ihrer Arbeit." gab sie zur Auskunft und fasste nach der Tasche. "Wenn ihr nicht aus dem Haus gehen wollt, so liefere ich Brottüten nach Haus."

    Ein neues Pferd. Marei nickte, damit einverstanden das 'Warum' später zu hören. Ihre Augen begannen zu strahlen, als er den primus pilus erwähnte. "Klar kenne ich den, der hat sich im Kastell ein bißchen um mich gekümmert und dann hat sich herausgestellt, dass er eine kleine Tochter hat, die genauso alt wie ich ist. Esquilina heißt sie, also seine Tochter. Du weisst doch, ich werde bald zwölf Lenze jung und sie dann auch." Dazu fragte er nach der Krankheit. Marei nickte und nahm auf der Bank Platz, wo er seine Siebensachen abgelegt hatte. "Bin ich. Mama musste sogar ganz zu Anfang die Bäckerei für ein paar Tage schliessen, weil ich arg hohes Fieber bekommen hatte. Aber die Aushilfe ist ganzganz oft eingesprungen und hat hier länger ausgeholfen als Chio gewünscht hat." erzählte sie weiter. Ihre Beine baumelten lustig hin und her, noch ein Stückchen in die Länge wachsen, und sie konnte den Boden mit den Zehenspitzen erreichen. "Iulius Servianus. Wie könnte ich den nicht kennen? Das ist sein Adoptivsohn, der von Iulius Licinus. Über ihn konne ich einen Brief an Licinus abschicken." Ei der Daus, wenn sie es schaffte einen Brief an ihren allerbesten großen Freund abzuschicken, warum dann nicht auch einen an Ersatzpapa Servius schreiben? Betreten sah sie zu Boden. "Er wohnt hier in Mantua, in der Fuchstanzstraße."