Beiträge von Marei

    Mit den Fingerspitzen betastete sie den Anhänger, sobald das Band um ihrem Hals lag und nickte zufrieden. "Nicht werden, Papa. Wir müssen es zusammen singen." erwiderte sie mit Betonung auf das 'müssen'. Gut, Baldemar hatte das Geschenk eigenhändig angefertigt und fertiggestellt. Ein Quentchen Mama sollte auch in dem Amulett drin sein... Mama Frijas Stimme.


    Sie sah ihren Papa erstaunt an, als er meinte, dass des Köchin trotteliger Neffe kein Marser wäre. Marei lachte hell auf und drückte die Hand auf den Mund. "Hihihihi...." prustete sie. Das Lachen dauerte ein Weilchen an. Marei hütete sich die Köchin oder den Neffen anzusehen. "Du kannst nicht rechnen?" staunte sie feststellend und legte den Kopf schief. "Du hast als Leibwächter immer viel zu tun, Papa. Der Lehrer sagt immer, es ist gut rechnen zu können, dann weiss man immer wieviele Münzen man zurück bekommt wenn man sie ausgibt. Hm.. ja.. Mama fragen.. oder Cimon fragen.. das werd ich machen."


    Wieder musste sie lachen.. diesmal über die Vorstellung ihre ihrer Meinung nach schwiergen Rechenaufgaben dem Wutz Durus unterzuschmuggeln. "Klingt einfach.. diese Idee, aber Papa, Durus ist fünf Jahre jünger als ich. Und er geht noch nicht in die Schule... um wie du sagst Römerzeugs zu lernen." Sie griff nach dem Becher und trank ihn aus. "Wieso springst du zwischen den Namen Titus und Durus hin und her?" stellte sie die nächste Frage. "Ich sage Durus... oder kleiner Wutz."


    Marei drehte sich um und rückte näher zu Baldemar heran, sodass sie mit dem Rücken gegen Baldemars Brust lehnte und von unten herauf ansah. "Was wäre anders, wenn ich ein Junge, also dein Sohn wäre? Ist es schöner ein Junge zu sein, weil man so viel mehr machen darf und kann? Ich weiß, dass mit dem Sax kämpfen eher für Jungen gedacht ist, damit sie später gegen andere Menschen kämpfen, die feindlich gesonnen sind. Dürfen Jungen 'Nein' sagen, wenn sie nicht den Mut haben zu Kämpfen? Was geschieht bei den Marsern, wenn ein Junge das sagt? Oder seine Schwester sagt, dass sie seinen Platz einnehmen möchte? Wenn du das hier nicht erzählen möchtest, dann erzähle es mir halt ein ander Mal. Oder wir gehen aus der Küche raus..."

    Mama Frija und Papa Baldemar wollten nachts alleine sein und hatten deshalb beschlossen sie mit ihrem gesamten Hab und Gut in ein leerstehendes Zimmer auszuquartieren. Das benachbarte Zimmer von der Köchin und des pickeligen Trottels war ihr neues Zimmer. Ihr Bett, ein Hocker und eine Kiste ohne Deckel standen nun darin. Letzteres zum Sammeln von getragener Wäsche gedacht. Ein Brett brachte Baldemar neben dem Hocker an der Wand an, worauf ihre Kleidung lag, darunter ihre calceus in einer Reihe standen. Am Fußende hängte Baldemar ein weiteres Brett auf, dort sollte Puppe Nina in einer Art Schlafsack schlafen. Marei sollte das alleine schlafen und alleine aufstehen üben, da sie mit ihren 10 Jahren nun alt genug dafür war. So schwer es auch fiel. Selbständigkeit hieß das hatte Papa Baldemar gesagt. Die Zimmernachbarn hatten eins gemeinsam: sie schnarchten wie drei Sägewerke zusammen. Marei hatte noch nie ein Sägewerk gesehen.. aber es hörte sich in ihrer Vorstellung so an. Nein, Marei schlief noch nicht. Sie hatte noch einen Auftrag bekommen: in der Küche das Geschirr spülen und den Tisch für das gemeinsame Frühstück aller Sklaven in der Küche decken. Von eben jenem kehrte sie zurück und traf auf Cimon. Den dunklen Löwen hatte sie heute noch gar nicht gesehen. "Ciimoonn!!" rief sie begeistert aus und lief ihm eilends entgegen, um sich in seine Arme zu stürzen und von ihm auffangen zu lassen. "Hast dus schon gehört.. ich hab ein eigenes Zimmer bekommen!"

    Also gut, es hiess beim Wort nehmen, merkte sie sich. Erleichtert, dass sie ihre Sorgen um Durus herausgerückt hatte, begann sie mit dem Brief schreiben. Es war einfacher, sich zuerst den Satz durchzulesen, den sie schreiben wollte und dann einzelne Abschnitte zu schreiben, bis sie beim Wort am Satzende angelangt war. Es dauerte seine Zeit, bis sie fertig war und ihren Namen daruntersetzen konnte. Mit sichtlichem Stolz betrachtete sie den langen Brief. "Danke, Cimon. Wie lange brauchn meine Zeilen bis nach Hause zu Iunia Serrana? Oh, die Anschrift muss auch noch drauf, aber die weiss ich nicht, so ein Mist! Wie krieg ich die jetzt raus? Ach menno." Erstaunt blickte sie Cimon an und runzelte die Stirn. "Wie? Wie sind wir denn im Wasser leichter? Wieso fallen dann die Steine bis auf den Boden?" Ups, jetzt hatte sie verraten die Schuldige zu sein, die die Kieselsteine in das impluvium geschmuggelt hatte. Eigentlich könnte sie das jetzt auf den Wutz Durus abschieben, der spielte schließlich auch so viel wie sie. Aber... wenn sie nun ohnehin zur Strafe das impluvium säubern musste, so konnte sie allen zeigen, dass sie sich sicher im Wasser bewegte.

    Mit großen Augen sah sie den Doktor an. "Nur weil sie eine Frau ist, fällt sie um? Ich habe noch nie gesehen, dass jemand einfach so umfällt." erklärte Marei sich und beobachtete aufmerksamst was der Doktor dafür tat, um Lucilla wieder zur Besinnung zu bringen. "Lucilllaaaaa....." rief Marei den Namen der Bäckerei noch einmal aus. Was sagte ihre Ziehmutter Frija immer? "Aufsteeeehhheenn!! Es ist schön sspääähääätt." Vielleicht wirkte das hier genauso wie bei ihr, um sie aus dem Bett zu treiben?? Aber Lucilla wachte auch so auf. Mit einem breiten Lächeln sah Marei sie an. "Du bist plötzlich auf den Boden umgefallen und der Doktor hat dich wieder wachgemacht." Marei stand auf, zauberte einen Stapel Becher hervor, die sie neben dem Krug mitgebracht hatte. "Auf den Schreck.. könnten wir jetzt alle was zu trinken vertragen..." Den Spruch hatte sie der Köchin geklaut. Sie füllte alle Becher halbvoll und reichte jedem seinen Becher.

    "Das erzählen viele Menschen.. selbst meine Eltern und Cimon haben so darüber gesprochen." gab Marei verwundert zurück. "Wie sonst wachsen die Wunden wieder zu und können die Menschen wieder von krank zurück zu gesund wandern? Nur die Doktor.. oder eben.. ehm die Ärzte wissen das." Was war der Unterschied zwischen Doktor und Arzt? Sie blieb der Verwunderung treu, denn der Doktor sagte, dass er nur mit Hilfe der Götter heilen konnte. Mit gefurchter Stirn hörte sie Lucillas Worte. "Hmja.. ich bin ein Mädchen, noch nicht ganz eine Frau. Vielleicht sollte ich der Kräuterfrau sagen, dass sie studieren gehen soll? Wieso ist's bei den Griechen besser als zu Hause zu lernen?" richtete sie ihre Stimme an Kasodemodis. Das verstand sie auch nicht. In Rom wurde sie zur Schule geschickt und hatte nur diese zu besuchen. Vielleicht sollte sie mal fragen... der Doktor wurde wieder lustig. "Zum Verletzten Heilen!" errinnerte sie ihn leise an die Funktion der geheimnisvollen Tasche. Wie Lucilla gesagt hatte, wartete sie in der Türe, freute sich auf den versprochenen Kuchen. Fragen stellen, Antworten erhalten und über diese nachdenken, das machte ganz schön hungrig. Aber ein anderes Gefühl war noch da, sie hatte jemandem geholfen. Lucilla und eben jenem Verletzten, der nun auf doktorisch oder ärztisch versorgt wurde.


    Das Sklavenmädchen konnte lediglich hören, was hinter der Theke geschah. "Nicht trinken, wenn man verletzt ist und zudem opfern gehen." merkte sie sich. Sie suchte von der Tür aus etwas worauf der Doktor sich setzen konnte und wollte fragen, ob sie nun herein kommen durfte, denn die Erlaubnis zum Eintritt musste sie auch im Lager immer erfragen. Mit dem plumpsenden Geräusch erledigte sich die Frage, die ihr auf der Zunge lag. Sie wurde zudem herbei gerufen. Marei fand den Doktor neben einer auf dem Boden liegenden Lucilla. "Was hast du gemacht? Sie kann doch nicht einfach schlafen gehen!?" fragte sie Kasodemodis. "Wasser? Ehm.. ja.. sofort." Sie kannte sich hier drinnen doch gar nicht aus! Aber der geheilte Tischler war so freundlich und gab ihr einen Tipp. Ah.. im Nebenraum! Sie fand was sie suchte und kehrte mit einem vollen Krug zurück. Lucilla atmete, das war gut zu wissen! "Da hast du ihn.. wacht sie gleich wieder auf?" wunderte sich Marei. Achja, der Doktor wollte sich setzen. Marei zog einen Hocker für den Doktor heran und setzte sich neben Lucilla auf den Boden. "Luciiilllllaaa...." flüsterte sie leise den Namen der netten, noch gar nicht kugelrunden Bäckerin und berührte ihre Schulter.

    Langsam. Ganz langsam kam die Unterhaltung zwischen den Erwachsenen in Gang. Marei sperrte die Ohren auf, so ungewöhnlich war es, wie sich die beiden unterheilten. Es war eine Abwechslung für die Ohren. Marei sah verdutzt an sich herunter. Blutete sie irgendwo? Hatte sie sie sich gestoßen? Aber nein.. er träumte wohl gerne mit offenen Augen.


    Eilig nickte sie, ihm zu bestätigen, dass es tatsächlich bei der Bäckerin duftete. Sollte es duften, denn vorhin an der Tür zur Bäckerei hatte sie nichts leckeres mit der Nase erschnuppert, sondern war vom Lärm der Handwerker angelockt worden. Man ging zum Tempel um den Göttern zu opfern, damit man frisches Gebäck bekam? Ei der Daus, dass hatte sie nicht gewusst. Also durfte sie nachher nicht probieren? Marei machte ein langes Gesicht.


    "Ich bin nicht deine Enkelin..." widersprach sie kopfschüttelnd und zuckte zusammen, wie die fremde Hand ihre Haare berührte. Die Unterhaltung wurde immer kurioser, aber der Doktor holte seine Tasche und sie traten zu dritt den Rückweg an. Marei lief neben dem Doktor her und errötete darüber, dass sie als Lucillas Assistentin benannt wurde.


    "Du kannst Wunden heilen? Menschen gesund machen? Wie wird man denn Doktor? Warum muss die Kräuterfrau Kräuterfrau heissen und nicht Doktorina?" purzelten Fragen über ihre Lippen. Sie erreichten den Ausgangspunkt, die Bäckerei. Marei liess die Erwachsenen vorbeiziehen und blieb drinnen beim Türrahmen stehen.

    "Ich werde immer ehrlich sein." meinte Marei. "Wann findet denn das nächste Probieren statt?" Darüber musste sie auf jeden Fall Bescheid wissen. Sie durfte nur in die Stadt, wenn die Köchin etwas zu erledigen hatte. Apropos Köchin, sie durfte die Zeit nicht vergessen. Wenn sie nun zu spät kam, nicht auszudenken. Das gab dann sicher wieder Stubenarrest und neue Stickereiaufgaben von Frija, wo sie still sitzen musste. "Nein, er ist nicht mein Spielkamerad, weil er es nicht sein darf, eben weil er der Sohn des Legaten ist. Ich darf nicht mit ihm spielen, weil ich Sklavin bin. Ich muss der Köchin in der Küche helfen." Somit war es heraus, also was sie ihr 'Beruf' war.


    Der Doktor war lustig, er wusste nicht, dass er selber der Doktor war. Chiomara, die sich ihr als Lucilla vorgestellt hatte, bemühte sich sogar die schliessende Tür mit bloßer Hand aufzuhalten. "Ja, Doktor, sie ist die Bäckerin, bei ihr duftet es." Von einem blutigen Unfall hatte Chiomara aber nicht gesprochen, sie hatte nur gesagt, dass es einer ihrer Helfer schlimm verletzt war. "Die Kräuterfrau besitzt nicht soviel Wissen wie du, lieber Doktor." warf Marei eilig ein und schob eine spontane Frage hinterher. "Wann hast du das letzte Mal gerade erst aus dem Ofen gezogenes Gebäck gegessen, Doktor??"

    Liebe Marei dir schreibt Esquilina,


    ich bin jetzt schon viele Tage auf dem Landgut, weil Marcus gesagt hat, dass bald was ganz schlimmes passieren wird und ich dann nicht im Lager bleiben soll.
    Aber hier ist es sooo langweilig und es passiert doch überhaupt nix. Ich würde mir wünschen du wärest hier, weil hier ganz wenige andere Kinder sind und keine so tolle Freundin wie du.
    Außerdem, wenn es im Lager gefährlich ist, dann ist das noch doofer, dass du da bist, weil ich will nicht, dass dir was passiert.
    Außerdem könnten wir uns dann zusammen um die Babyziegen kümmern, die wir ganz neu haben. Die sind ganz, ganz winzig. Nur so groß wie, mmmh, weiß grade nicht. Wie mein Bein, wenn ich es einknicke. Verstehst du, was ich meine?


    Dass du mir deine Haarklammer geschickt hast, hat mich ganz dolle gefreut. Ich versteh nur nicht, warum meine Augen da nass geworden sind, weil ich war ja nicht traurig.
    Ich hab dir auch was geschickt, ein Medaillon, dass dich beschützen soll, wenn es gefährlich wird. Das gab es in Cremona von einem alten Phoniker und ist aus dem Zahn von einem Tier in Asia.


    Hoffentlich geht es dir gut,


    es grüßt dich


    Esquilina

    Keine Antwort... vielleicht später? Hungrig wie eine Bärin griff sie zu dem was Esther zum Verzehr ausgebreitet hatte und stillte den gröbsten Hunger. Es waren überaus leckere Sachen, sogar die Minikrüge, in denen die Hongkirschen steckten, lagen auf der Decke. Die hob sie sich für den Nachtisch auf... vielleicht einen davon für den Heimweg? Und einen zweiten für eine heimliche Naschrunde im Bett unter der Bettdecke? Ein Wasserfall.. denselben wie vorhin? Und in was für einem Ort? "Palaestra???" fragte Marei zurück und sah Esquilina aus großen runden, rotgeweinten Augen an. Die Schwellungen würden weggehen und wie Esther gesagt hatte, war noch nicht aller Tage Abend. Essend und schwatzend zugleich unterhielten sie sich, bis Marei sponaterweise aufstand. Sie forderte die Freundin auf mit ihr Fangen zu spielen, bis es Zeit wurde zu gehen. Esther packte alles zusammen und reichte ihnen ihre Badelaken. Außer Atem vom fangen soielen plumpste Marei auf den Rasen und schlüpfte in die Schuhe. Marei merkte wieviel Spaß es machte sich mit Esquilina zu unterhalten und zu beschäftigen und knüpfte das Band der Freundschaft noch ein bisschen enger und fester. "Du brauchst keine Angst vor Cimon zu haben, weil er eine andere Hautfarbe hat. Er ist genauso nett wie Esther. Ob er schon auf uns wartet?"

    "Er SOLLTE es wissen... wenigstens Bescheid wissen." wiederholte Marei seine Worte mit einem kleinen Zusatz. Sie nickte zufrieden und einverstanden damit, dass er mit dem dominus selber sprechen wollte. "Der Unterschied ist, dass er der Sohn des Legaten ist, während ich eine Sklavin und Küchenhilfe von vielen bin. Er darf viel mehr machen und auch essen und in die Hand nehmen als ich." gab sie zu verstehen, was ihr zu den Unterschieden einfiel. "Einverstanden, Cimon... wie sagt man.. äh.. ich halte dich beim Wort, oder so?"


    Ihr Grinsen vertiefte sich, als er lachte, dass ihr noch viel mehr für den Brief einfiel. Cimons Lachen war schön und den Nubier lachen zu sehen gefiel ihr auch. Nicht immer nur ernst drein schauen. Beim Trösten der blauen Flecke wegen, lehnte sie sich an ihn an und blickte auf den Brief, der immer länger und länger wurde. Da hatte sie ordentlich was zu schreiben... vor allem richtig und schön zu schreiben.


    Er konnte nicht schwimmen und erzählte zugleich von zwei Lösungen, wie man im tiefen Wasser den Kopf über Wasser halten könnte. "Ihh.. Schweinsblasen? Das ist ja eklig!!!! Da nehme ich lieber den Stock. Das erzähle ich Esther weiter." Ihre Hand wanderte streichelnd über seinen unbehaarten Kopf. "Du kannst auch schwimmen lernen, Cimon. Esquilina und ich gehen bald wieder in die Therme. Warum kommst du nicht mit rein und fragst Esther, die Badesklavin, ob sie dir das Schwimmen beibringt? Sie ist eine ganz ganz liebe Frau... sie kann uns beide sogar im kalten Wasser tragen, obwohl wir entsetzlich schwer sein müssten." versuchte sie ihn aufzumuntern.

    Erleichterung durchflutete Marei. Esquilina nahm ihr ihre Neugier nicht übel. Die Neugier war nicht böse.. eher wusste sie nun wegen ihr Bescheid über Esquilinas Vergangenheit. "Mhm.. ich find's auch schön." meinte sie und lachte auf, wie ihr die Haare zerwuschelt wurden. "Klar." Marei liess sich die Nascherei nicht entgehen und angelte sich eine Kirsche, von denen sie kaum welche im praetorium sah. Nach dem Kauen und Schlucken sprach sie weiter.


    "Ohweh, du arbeitest gerade? Haben wir dich gestört?" entschuldigte sich Marei schnell. Ihr Blick fiel auf die Puppe. "Esquilkina.. kommst du mit zurück zum praetorium? Dann stelle ich deiner Puppe meine Nina vor? Vielleicht fällt uns unterwegs ein schöner Name für sie ein?" schlug sie vor. Marei blickte Licinus an. "Oder sollen wir sie Lici nennen? Eine männliche Puppe.. das wäre doch mal was gaannnz Neues."

    Marei fiel in Chiomaras Lachen ein und kapierte, wieso sie noch nicht so dick wie die Köchin war. "Ach.. das dick sein kommt noch.." feixte Marei und grinste schelmisch. "Nimm doch mich. Mama sagt immer, ich könnte noch etwas auf den Rippen vertragen." Der Schritt wurde langsamer, so war das besser. "Kein Doktor? Hm... dann eben eine Kräuterfrau für Frauen? Ja, kann ich machen, also dich zu ihr führen. Du musst mir nur sagen, wann es sein soll, dann komme ich zu deiner. [SIZE=7]Naschzeugquelle[/SIZE]... ehm.. ich meine Bäckerei."


    Das kleine Sklavenmädchen sah zu ihr auf. "Lesen, schreiben, rechnen kann ich auch... und noch vieles mehr." Sie waren fast am Ziel. So sah das Haus eines Doktors aus? Marei blieb skeptisch. "Die Leibsklaven der Ehefrau des Legaten der prima sind nicht meine richtigen Eltern, da ich dem Sklavenhändler für die Arbeit in der Küche weggekauft wurde. Sie ziehen mich auf, als ob ich ihre eigene Tochter wäre. Der Legat und seine Frau haben schon ein Kind.. einen Jungen." Unüberhörbar laut klopfte Marei an die Tür. "Doktor.. die Bäckerin braucht Hilfe..."

    "Bitte, Papa. Hängst du sie mir um? Ja, alles gefällt mir: die Kette, die Rune, der Name. Kennt Frija das Lied auch? Singen wir es mal mit ihr zusammen? Nur wir drei?" fragte Marei. So selten es geschah, dass Baldemar sich zu ihr setzte, freute sich Marei riesig darüber.


    Sie tat es ihrem Ziehvater nach, stiess mit ihm an und trank aus ihrem Becher. "Oh.. hier ist es netter geworden. Sie ist nicht mehr so hinter mir her und jammert immer mehr über den Trottel, der ihr Neffe ist und überhaupt der tollpatschigste Mann ist, der Kochen lernen will. Er soll in die Stadt gehen und eine Lehre finden, aber er will nicht, weil es hier unter Soldaten so aufregend ist. Die Köchin lässt sich von ihm immerzu erweichen ihn nicht fortzuschicken, weil er doch zu ihrer Familie gehört. Ich krieg nicht aus ihm heraus, warum er von seinen Eltern zu ihr geschickt wurde, er weicht immer aus. Komischer Kauz!" seufzte Marei.


    Nachdenklich runzelte sie die Stirn. "Kannst du rechnen, Papa? Die Rechenaufgaben des Lehrers sind total schwer, finde ich. Die sind das einzige, was ich an Aufgaben von zu Hause, noch nicht erledigt habe. Naja, eigentlich schiebe ich sie auf, um sie nicht zu erledigen. Ich kann nicht rechnen. Das Subtrahieren fällt mir schwer... ebenso das Dividieren. Ich kann das einfach nicht.. mein Kopf will die Zahlen nicht haben. Ich weiß nicht was ich tun soll. Wenn ich sie nicht löse, dann muss ich wieder in die Ecke oder den Hof fegen." Marei hob traurig die Schultern und liess sie sinken. "Ich würde ja gern mit Esquilina rechnen üben, aber die ist auf dem Landgut vom primus pilus. Mit Durus kann ich nicht üben, weil der der Sohn des Legaten ist.. der hat andere Dinge im Kopf. Cimon hat gesagt, er wird mit dominus Ursus über ihn sprechen."

    "Eine Bäckerei?" Marei staunte nicht schlecht. Sie hatte unverhofft eine Quelle für Gebäck gefunden. "Bist du die Bäckerin? Du bist aber gar nicht kugelrund wie unsere Köchin, die andauernd vom Essen probiert..." meinte sie immer noch staunend.


    Natürlich wartete sie wie geheißen und ging mit der jungen Frau mit. Ihre Schritte mühten sich mit denen Lucillas mitzuhalten. "Ja, ein bißchen tu ich mich hier auskennen. Zumindenst die Straßen um das Forum und den Marktplatz herum. Den Doktor finden? Hm.. manchmal geht die Köchin zu einer Frau und lässt sich Kräuter geben für die eine Woche im Monat wo sie ganz furchtbar brummelig ist. Ist diese Kräuterfrau auch ein Doktor?" plapperte sie munter drauf los.


    Ein helles Lachen entwich ihrer Kehle. "Achwo.. Cimon ist nicht mein Bruder. Er ist Leibwächter des Lagerlegaten und kümmert sich um mich. Aber nur wenn er Zeit hat, dann hilft er mir beim Schreiben und Lesen üben.. manchmal auch beim Rechnen üben. Und Vorlesen und diktieren tut er auch. Kannst du Schreiben, Lesen und Rechnen, Lucilla?"

    "Minne... Minnegard." wiederholte Marei die ihr zugedachten neuen Namen, die als Runenzeichen auf dem Anhänger standen. Baldemar hatte selbst geschnitzt... das fand sie toll. Er konnte so viel mit seinen Händen machen und vieles herstellen. Woher er bloß das ganze Wissen hatte? Sie wusste selbst, das sie viel fragte.. manchmal auch zu viel fragte. Aber ohne das Fragen stellen konnte man nicht viel Wissen zusammen bekommen. "Sogar ein Lied gehört dazu..." staunte Marei und lauschte aufmerksam. Es war ungewohnt ein Lied zu hören, welches ausgerechnet in der Küche gesungen wurde. Sie schielte zur Köchin, die grummelig dreinschaute. Warum konnte die alte Frau sich nicht einmal freuen? Marei sah Baldemar wieder an, versuchte gar den Takt mitzuklopfen. Das germanische Wort für Sax kam in dem Lied vor.. und auch Schutz. Ja, Schutz konnte sie immer brauchen. Lächelnd sah sie ihren Ziehvater an und genoß die gemeinsamen Momente.

    "Behütet mag Durus sein, weil er der Sohn des Legaten ist. Trotzdem denke ich, dass ich ihn nicht verrate, wenn ich seinem Vater Bescheid sage." widersprach Marei, um mit ihrem großen Freund zu diskutieren. Wie vorhin erwähnt wollte sie nicht, dass ihm etwas geschah. "Wenigstens einmal sollte er bestraft werden, damit er weiss was ihm blüht wenn er einfach abhaut. Ich sage euch ja auch immer Bescheid, wenn ich weggehe." Sie dachte nach. "Wenn jedermann und jederfrau weiss, wer er ist, dann kann er nicht mehr unsichtbar sein und frei spielen. Die können ihn wegbringen und... und dann findet Durus niemand wieder. Er kann dann nie wieder zurück kommen." Es war ein düsteres Bild was sie da mit ihren Worten malte. "dominus Ursus wär dann ganz schön traurig."


    Cimon sprach davon, dass er ihr vorhin Gesagtes notiert hatte. "Ui, das ist eine feine Idee, die dir da gekommen ist. Ja, ich möchte zum Schluß den Brief selber schreiben." befand sie und musterte seine sauber nieder geschriebenen Buchstaben auf der Tafel. "Da passt noch einiges an Sätzen drauf... hmmmmhhmmm..." Sie baumelte mit den Füßen. "Ziehmama Frija findet das Kämpfen nicht schön und sagt ich soll lieber sticken lernen, damit ich still sitze. Ich mag es mich zu bewegen. Ich meine mich zu errinnern, dass Sabina stillsitzen auch doof findet. Wie geht es den Zwillingen? Können sie jetzt alleine laufen und sich selber anziehen? Was für Spielzeug nutzen sie jetzt zum Spielen? Singt Adula ihnen meine Lieder vor wenn sie anfangen zu weinen? Neulich war ich mit meiner Freundin in den Thermen von Mantua. Dort kennt Licinus eine junge Frau, die ist Badesklavin. Von ihr habe Ich zusammen mit Esquilina schwimmen gelernt. Das ganze Becken in der Länge hin und zurück schaffe ich noch nicht aber es wird.. ich muss üben. Am besten kann ich schwimmen wenn ich nahe am Rand bin, dann kann ich mich jederzeit am Rand festhalten. Ich msus nur dran denken, die Knie oben zu halten, sonst stoße ich mich an den Sitzstufen."


    Sie schob ihre Tunika hoch und zeigte den verblassenden blauen Fleck. "Kannst du schwimmen, Cimon? Guck mal.. so schaut's aus, letzte Woche war alles noch schillernd grün. Ich finde, man könnte etwas erfinden woran man sich im tiefen Wasser, also dort wo der Boden ganz tief unten ist, fest halten kann." seufzte Marei und streichelte des ehemals lädierte rechte Knie. "Esquilina hat gesagt sie erkundigt sich bei ihrem Vater womit die Soldaten über den Fluß schwimmen. Kannst du dich da auch mal drüber schlau machen?"

    Was sich im Inneren um den verletzten Mann herum abspielte wusste Marei nicht. Sie musterte die fremde Frau. Ihr war als hatte sie dieses Gesicht schon mal gesehen, nur wo? Da sie nur selten in die Stadt ging, konnte sie die Frau eigentlich nur innerhalb des Castellums gesehen haben. "Ich bin die Marei. Und wer bist du? Kaufen? Nein, ich wusste nicht, dass es hier etwas zu kaufen gibt." Sie zeigte nach oben. "Da hängt kein Schild... aber egal, was verkaufst du denn?" Sie wich dem Wasserstrahl aus, indem sie eilig zur Seite trat. "Einen Arzt gibt es im Lager... in der Stadt kenne ich keinen." beantwortete sie die Frage mit bestem Gewissen. "Soll ich ihn herholen? Das dauert aber lange, weil der Weg so weit ist. Und ob er Zeit hat mit mir mitzugehen, ist auch so eine Sache... kompliziert, würde Cimon sagen." meinte Marei munter plappernd.

    "Pof! Die Straßen standen unter Wasser?!?" Wie war das denn möglich?? Dieses Phänomen hatte Marei bei den ganzen bisherigen Aufenthalten hier noch nicht erlebt. "Und dann wart ihr trotzdem draußen? Oho..." Uh, ob sie selber so tapfer gewesen wäre wie Licinus? Wahrscheinlich hätte sie sich das zwei Mal überlegt! Immerhin hatte Licinus Tapferkeit etwas bewirkt, denn er hatte mit seinen Männern zwei Menschenleben gerettet, wovon jedoch eines verstarb.


    Mit sichtlich betroffener Miene saß Marei auf dem Oberschenkel von Licinus und lauschte dem Schluchzen ihrer besten Freundin. Und jetzt? Was sagte oder machte man jetzt? Jedenfalls schien Esquilina bis zum Schluß bei ihrer Mutter gewesen zu sein, wogegen sie wegen Geld von ihrer Mam abgeschoben und an den Sklavenhändler verkauft worden war. Eigentlich war Marei ein freies Mädchen und verdiente es nicht Sklavin zu sein. "Tut mir leid, dass ich so neugierig war und gefragt habe... ich wollte dich nicht zum Weinen bringen, Esqui..." Manche Fragen sollte sie wohl nicht stellen, sondern eher bei sich behalten. Sie rutschte von Licinus Bein, stellte sich vor dem auf, wo ihre Freundin saß. Spontan umarmte Marei Esquilina, streichelte ihren Rücken. "Shhtt... tut mir leid.. jetzt weiß ich Bescheid und ich frag auch nicht mehr danach. Und jeder andere der fragt kriegt einen bösen Blick von mir, versprochen."

    Sie war mit der Köchin hier und diese hatte sie gebeten sie in drei Stunden am Marktplatzbrunnen wieder zu treffen, da sie etwas alleine erledigen wollte. Marei war überrascht über die Freizeit, die mitten am Tag vor ihr lag, denn sonst gab es um diese Zeit arg viel zu tun. Esquilina war auf dem Landgut und konnte sie nicht begleiten, wie gerne wäre sie jetzt mit ihr fröhlich plaudernd und schwätzend durch die Straßen gelaufen.


    Zusammen mit Puppe Nina, die in der selbstgenähten Tasche hing, streifte Marei durch die Straße, in die sie eben eingebogen war. Nanu.. sonst war diese Tür fest verschlossen, jetzt aber stand sie offen. Eine dicke fette Staubwolke fegte zur Tür heraus... oder wurde gefegt. Das Poltern und Fluchen jagte ihr einen Schreck ein, aber das ganze Geschehen machte sie erst recht neugierig. Nachdem die Staubwolke sich verdünnisiert hatte, näherte sich Marei dem Türrahmen und lugte mit der Nasenspitze voran hinein. "Oh, guck mal, Nina.. hier wird gebastelt..." flüsterte sie Puppe Nina zu. "Was das wohl wird? Guck mal das Dach, das schaut ja fein aus..."