Beiträge von Iunia Serrana

    Dass Axilla die Folgen ihres Gefühlsausbruchs so leicht abtat, machte es für Serrana wesentlich leichter und das Gefühl der Verlegenheit ließ allmählich nach. Allerdings spürte sie auch, dass ihr Gesicht glühte und ihre Augen vom vielen Weinen ein wenig zugeschwollen waren, daher nickte sie auf den Rat ihrer Cousine hin. "Ja, du hast recht, das werde ich besser machen, sonst bekommt sie sicher einen Schreck wenn sie mich so sieht..." Dann kam ihr ein weiterer Gedanke und ohne es zu merken, begann Serrana allmählich wieder zu lächeln. "Und ausserdem ist es ja immerhin möglich, dass ich in der Casa Germanica IHM begegne, und da will ich unter keinen Umständen aussehen wie eine rot angelaufene Qualle..." Mit der Eitelkeit kamen auch gleich ein paar andere Bedenken zurück, die Serrana schon eine Weile beschäftigten. Ob sie Axilla da wohl um Rat fragen konnte? Ihre Cousine wirkte so offen und herzlich, dass sie vielleicht nichts dagegen hatte.


    "Vielleicht sollte ich mir nicht so viele Gedanken um mein Aussehen machen, aber weißt du, ich hab ja im Grunde überhaupt keine Erfahrungen mit Männern, und deshalb hab ich immer Angst, dass ich etwas dummes oder albernes sage oder tue, wenn ich mit Sedulus zusammen bin. Kannst du mir da nicht ein paar Tipps geben? Du hast mir ja gesagt, dass du schon mal verliebt warst..." Serrana sah Axilla hoffnungsvoll aber auch ein bisschen ängstlich an. Hoffentlich fand ihre Cousine diese Frage nicht zu taktlos!

    Für eine kleine Weile vergaß Serrana völlig, dass Sedulus und sie sich an einem öffentichen Ort aufhielten und blendete alle anderen Menschen in ihrer Nähe einfach aus. Erst das Gekicher um sie herum brachte sie in die Realität zurück und sie betrachtete die Kinder mit einer Mischung aus Bedauern und Belustigung.


    "Ja, das glaube ich auch." sagte sie und strich mit der Hand noch leicht über seinen Unterarm, bevor sie sie endgültig wieder zurück zog. "Aber du weißt ja, dass du in der Casa Iunia jederzeit willkommen bist. Und so schnell wird uns der Lesestoff in der Bibliotheca sicher nicht ausgehen..."


    Bei dem Gedanken an das Wohnhaus ihrer Familie fiel Serrana noch etwas anderes ein und sie wurde wieder ein wenig ernster. "Ich habe übrigens mit Axilla gesprochen und sie hat mir versprochen, dass sie nichts von uns verraten wird. Ich mag sie wirklich sehr gern, sie ist irgendwie so....so lebendig, finde ich. Und Calvena hab ich es auch erklärt, ich glaube, sie war ziemlich überrascht aber sie hat mir keinerlei Vorwürfe gemacht. Stell dir nur vor, am Anfang hat sie geglaubt, ich hätte mich in Valerian verliebt und wir hätten uns um ein Haar ganz furchtbar gestritten..."

    Serrana schämte sich unendlich, als sich die Tränen nicht länger aufhalten ließen, aber sie hatte diesen Schmerz schon so lange unterdrückt und verdrängt, dass er sich nun mit aller Macht seine Bahn brach. Für einen Moment erschrak sie, als Axilla sie zu sich heranzog, aber sie spürte, dass diese sie für ihren Gefühlsausbruch nicht verurteilte, sondern ihr stattdessen helfen wollte. Serrana war in Zuneigungsbezeugungen dieser Art nicht sehr erfahren, aber es tat gut, einfach nur gehalten zu werden und so blieb sie an ihre Cousine geschmiegt stehen, bis der Strom aus nie geweinten Tränen endlich aus ihr heraus war und der Kummer allmählich wieder ein wenig nachließ. Nach einer ganzen Weile löste sie sich vorsichtig von Axilla und wischte sich erneut die Tränen aus dem vom Weinen geröteten Gesicht. "Ich möchte, dass du eins weißt," sagte sie dann nach einem kurzen Schniefen, "egal was Großmutter mir auch erzählt hat und ich über meinen Vater und sein Verhalten auch gedacht habe, ich bin immer stolz auf meinen Namen und meine Gens gewesen. Das musst du mir wirklich glauben. Ich wünschte nur, ich hätte euch schon früher kennengelernt..." Serrana war klar, dass dieses Thema sie vermutlich immer wieder beschäftigen würde, aber es hatte schon sehr geholfen, sich ihm endlich zu stellen. Mittlerweile war auch die letzte Träne versiegt und Serrana, die endlich wieder klarer denken konnte lächelte Axilla dankbar aber auch ein wenig verlegen an. "Und schau nur, ich hab dein Kleid ganz nassgeweint, das tut mir wirklich leid."

    Die Vermutung, die Calvena gerade über Laevina ausgesprochen hatte, war für Serrana vollkommen neu und doch hatte sie das Gefühl, dass ihre Freundin damit Recht haben könnte.
    "Meinst du wirklich?" fragte sie überrascht und mit aufkeimender Wut nach. "Glaubst du, sie hätte sich so oder so nach Rom abgesetzt? Und hätte mich dort in der Campania bei diesem widerlichen Fischkopf verschimmeln lassen?" Serrana schüttelte sich bei der bloßen Vorstellung vor Abscheu, nickte dann aber nachdenklich. "Das Schlimme ist, dass du vermutlich Recht hast. Aber ganz egal, wie Großmutters Pläne für mich und sich selbst auch ausgesehen haben mögen, von jetzt an wird sie keine Entscheidungen mehr für mich fällen, das schwöre ich dir. Wenn sie nichts mir nicht mehr zu bieten hat, als mich nach Kräften zu drangsalieren, dann soll sie mir in Zukunft den Buckel runterrutschen!" sagte sie dann und wunderte sich selbst ein bisschen über die wachsende Entschlossenheit in ihrer Stimme.


    Dass Calvena, die soviel selbstsicherer auftrat als sie selbst, angesichts ihrer nahenden Hochzeit nervös war, wunderte Serrana ein wenig, aber im Grunde konnte sie deren Gedanken gut nachvollziehen. "Ja, das kann ich mir vorstellen. Wenn man seinen Bräutigam nicht mag, so wie ich seinerzeit, dann hat man einfach nur Angst. Aber wenn einem wirklich an ihm liegt, dann will man ja auch um seinetwillen so perfekt wie möglich sein. Und das ist ja nicht so einfach..." Serrana musterte ihre Freundin etwas genauer und als sie die Besorgnis in deren Augen sah, ergriff sie ihre Hände und drückte sie leicht. "Aber ich bin mir sicher, dass du dir keine Gedanken machen musst. Valerian ist so sehr in dich verliebt und das, weil du genau bist, wie du nunmal bist. Und vielleicht macht er sich ja ähnliche Gedanken, warum sollte das bei Männern anders sein..."


    Dann fiel der Iunia ein, dass Calvena ihr noch eine Frage gestellt hatte. "Nun, Axilla hat Vala durch Zufall kennengelernt, und ich glaube, sie würde gern ein bisschen mehr über ihn erfahren." lächelte Serrana bei der Erinnerung an die durchs Atrium tanzende Axilla. "Deshalb wäre ich dir wirklich dankbar, wenn du Valerian fragen würdest."

    "Ja, das ist wahr." stimmte Serrana Sedulus' Äusserung über die Verwendung von Lämmern als Opfertiere zu. Für einen winzigen Augenblick fiel sie dann auf seinen unschuldigen Gesichtsausdruck herein, dann jedoch begann sie zu kichern und ging auf sein Spiel ein.


    "Nun, eigentlich hatte ich da eher an etwas anderes gedacht, aber wenn du das so gern magst, dann lese ich dir bei deinem nächsten Besuch auch gern mal etwas vor."


    Und so sehr sie der Gedanke an die bald bevorstehende Abschlussprüfung Serrana auch beschäftigte, war diese doch sehr erleichtert, als Sedulus den Gedanken jetzt gleich zum überfüllten Markt aufzubrechen wieder verwarf. Zumal es ihr heute an der Naumachia mittlerweile fast schon besser gefiel als seinerzeit während der aufregenden Seeschlacht..
    Aufregend war dieses Treffen schließlich auch, wenn auch auf ganz andere Weise. Serrana freute sich über das mittlerweile vertraute Kribbeln, als Sedulus ihre Hand nahm, und nutzte die Gelegenheit während des darauffolgenden Kusses, um diese kurz auf seine Brust zu legen.

    "Ja, warum nicht. Das mache ich gern." ging Serrana lächelnd auf seinen Vorschlag ein. Auf die Weise konnte Minerva wirklich ganz sicher sein, dass das Opfer von ganzem Herzen kam.


    "Lamm hört sich schon ganz gut an." sagte sie und schob, während sie nachdachte eine Haarsträhne, die sich schon vor geraumer Zeit selbstständig gemacht hatte, hinter ihr Ohr. "Aber sicherheitshalber werde ich lieber noch mal genau nachfragen, schließlich möchte ich ja, dass Minerva zufrieden mit mir ist und mich auch als ihre Priesterin akzeptiert."


    Die Aussicht mit Sedulus nicht länger allein zu sein, war in Serranas Augen alles andere als verlockend, andererseits gab es aber auch keinen Grund, dass Opfertier schon an diesem Tag zu kaufen.


    "Wenn ich ganz ehrlich bin, wäre ich am liebsten wieder mit dir in unserer Bibliotheca." rutschte es der Iunia heraus und sie lächelte Sedulus ein wenig verlegen an, bevor sie weitersprach. "Aber hier ist es auch sehr schön, und meinentwegen können wir noch sehr lange hierbleiben. Das Opfertier läuft uns ja nicht weg, das können wir auch noch an einem anderen Tag kaufen. Und welches Tier es auch immer sein wird, es wird uns sicher für jede weiteren Tag dankbar sein..."


    Und so sehr sie sich auch darum bemühte, ihm bis zum Ende wirklich gut zuzuhören, fiel ihr dies nach einem bestimmten Satz zunehmend schwer.


    "Ich hab mich auch danach gesehnt dich wiederzusehen." sagte sie dann leise.

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    Du liebe Güte, welcher Idiot haute denn da mit solcher Wucht gegen die Tür? Normalerweise hätte Araros auf Adula getippt, aber die riesige Leibsklavin der Herrin Serrana befand sich zur Zeit definitiv im Haus. Ärgerlich schob er den Riegel zurück und musterte ein wenig ungehalten den jungen Mann, der vor der Tür stand. Wie ein Mitglied der höheren Gesellschaft sah der eigentlich nicht aus, also musste Araros auch nicht über Gebühr freundlich sein.


    "Ja bitte?"

    Sedulus' Frage war gar nicht so leicht zu beantworten und Serrana sah ihn eine Weile nachdenklich an, bevor sie antwortete.


    "Naja, ich bin sicher, Minerva würde sich darüber freuen, aber du solltest dich dazu nicht verpflichtet fühlen. Ich glaube, dass die Götter spüren ob man sich wirklich für sie und ihre Hilfe interessiert oder nicht, und da ist es sicher besser, einfach ehrlich zu sein."


    Das nächste Thema war da schon deutlich einfacher und Serrana nickte zustimmend. "Ja genauso ist es." antwortete sie lächelnd und zwinkerte Sedulus zu. "Für einen Laien, der nichts mit dem Cultus Deorum zu tun hat, kennst du dich ja ganz gut aus, vielleicht solltest du auch noch eintreten.."


    Sein Angebot mit ihr zusammen ein geeignetes Opfertier zu kaufen, freute Serrana sehr, auch wenn sie über das Kaninchen kichern musste. "Ich fürchte, ein Kaninchen wäre dann doch ein wenig zu klein für so ein wichtiges Opfer. Vielleicht lässt sich ja irgendetwas weißes finden, dass kleiner als eine Kuh und größer als ein Kaninchen ist. Und um ein solches Tier zu kaufen, müssten wir ja zusammen in die Stadt gehen. Ist das nicht ein bisschen zu riskant?" fragte sie ein wenig besorgt nach. Sie selbst war zwar in Rom nach wie vor nicht besonders bekannt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein amtierender Senator erkannt würde, war da schon deutlich größer. Dann kam Serrana plötzlich eine Idee und ihr Gesicht erhellte sich. "Oder aber wir nehmen Calvena auch mit. Die braucht schließlich auch ein Opfertier, und es wird sicher niemand etwas dabei finden, wenn du mit deiner Nichte und deren Freundin einkaufen gehst."


    Was genau hatte sie eigentlich in den letzten drei Tagen gemacht ausser sich auf dieses Treffen zu freuen? "Nun, am Tag nach..ähm...deinem Besuch hab ich den ganzen Tag im Tempel ausgeholfen. Das war zwar anstrengend, aber ich habe auch eine Menge dabei gelernt. Und gestern hab ich mich erst eine ganze Weile mit meiner Cousine Axilla unterhalten, sie ist wirklich sehr nett, weißt du? Und danach hab ich Calvena besucht, aber das weißt du ja schon." zählte Serrana auf und ihre Wangen verfärbte sich bei der Erinnerung an ihr kurzes Wiedersehen im Zimmer ihrer Freundin leicht rosig. "Und wie war es bei dir?" fragte sie mit echtem Interesse, schließlich wollte sie nach wie vor so viel wie möglich über Sedulus erfahren.

    Wie schön, dass sie Axilla so einfach eine Freude machen konnte, jetzt konnte Serrana nur hoffen, dass sie es nicht vergaß wegen Vala nachzuhaken, sobald sie mit Calvena allein war. Sie lächelte ihre Cousine aufmunternd an, aber als die Sprache dann auf ihren Vater kam, wurde ihr Gesichtsausdruck automatisch wieder ernst. Warum hatte sie dieses Thema auch angeschnitten...


    "Zu den Cohortes Urbanae ist er gegangen, nachdem meine Mutter gestorben ist." sagte Serrana leise und blickte während sie sprach zu Boden, denn die Erinnerung daran war auch nach all den Jahren noch ausgesprochen schmerzhaft. "Danach hab ich bei meinen Großeltern gelebt, und die haben ihn so gut wie nie erwähnt." Angestrengt biss sie sich auf die Lippe und wich weiterhin Axillas Blick aus. Viel nutzte das allerdings auch nicht, denn die einfache und doch so bedeutsame Aussage, ihr Vater sei sehr nett gewesen, reichte um Serrana endgültig die Tränen in die Augen zu treiben. "Ich wünschte so sehr, ich hätte ihn ein bisschen besser kennenlernen können." sagte sie mit zunehmend wackliger Stimme. "In den letzten Jahre vor seinem Tod hab ich ihn kaum noch gesehen, und Großmutter hat immer nur schlecht von ihm gesprochen. Vielleicht hab ich deshalb immer noch das Gefühl, in diesem Haus eigentlich ein Eindringling zu sein der gar nicht hiersein dürfte..." Jetzt begannen die Tränen wirklich zu fließen und Serrana wischte sie ein wenig unwirsch mit dem Handrücken weg.
    "Aber im Grunde macht es ohnehin keinen Sinn darüber nachzudenken, jetzt ist es ohnehin zu spät...."

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    Antinoos



    Antinoos schenkte der Unbekannten auf ihr Lob hin ein strahlendes Lächeln, das ihm jedoch fast aus dem Gesicht fiel, als sie ihn plötzlich packte und mit einem festen Ruck wieder auf die Beine stellte. Von einem leichten Schwindelgefühl erfasst, bemühte er sich möglichst schnell wieder Herr seiner selbst zu werden und stellte dann fest, dass er den Kopf in den Nacken legen musste, um die nun ebenfalls stehende Romana weiter ansehen zu können. Du liebe Güte, was für eine Frau! Sie war ja noch größer, als er es sich ausgemalt hatte, der reinste Olymp auf zwei Beinen! Und welcher fromme Grieche träumte nicht davon, einmal im Leben den heiligen Berg zu besteigen... Antinoos' Selbstbewusstsein und Motivation nahmen durch den plötzlichen Größenunterschied keinen Schaden, ganz im Gegenteil!


    "Man kennt mich auch als Demetrios aus Messene, edle Dame." antwortete er mit dem samtigsten Unterton, der ihm zur Verfügung stand und mühte sich tapfer den Schmerz in seinem überdehnten Arm zu ignorieren. "Und wäre es sehr vermessen von mir, dich nach deinem Namen zu fragen? Ich würde doch sehr gern wissen, wer meine Retterin am heutigen Abend gewesen ist." Immerhin war er trotz der plötzlich auf ihn einwirkenden Wucht noch in der Lage gewesen, der jungen Dame ganz kurz und sacht mit dem Finger über die Innenseite ihrer Handfläche zu streicheln, bevor sie ihn wieder losgelassen hatte, so ein Übermaß an Einsatz und Reaktionsvermögen musste sich doch einfach auszahlen!

    Arvinia sprach zwar immer noch nicht mit ihr, aber dafür stimmte Septima Serranas Bitte, sich den beiden Tiberierinnen bei ihrem Aufbruch anschließen zu dürfen, sofort zu. Da sie von Arvinias geflüsterter Bemerkung nichts mitbekommen hatte und Laeva auf sie einen durchaus sympathischen Eindruck gemacht hatte, nickte Serrana der Caecilia zum Abschied noch einmal zu und lächelte sie an.


    "Es hat mich wirklich gefreut, dich kennenzulernen, Caecilia Laeva. Wir werden uns sicher noch einmal irgendwo über den Weg laufen."


    Kaum hatte sie sich verabschiedet und ging mit den beiden Patrizierinnen Richtung Ausgang, stieg Serrana plötzlich ein immer stärker werdender Gestank in die Nase und sie zog leicht angewidert die Nase kraus. Wo kam denn das jetzt auf einmal her? Sie brauchte einen kleinen Moment, bis ihr klar wurde, dass die zeitgleich auftauchende Claudia Romana die Duftquelle war, denn die Vorstellung von einer reinen und weißen Vestalin passte so gar nicht zu diesem Geruch...Serrana beschloss auf dieses Thema lieber gar nicht einzugehen, zumal das Septima mit ihrer ziemlich unverblümten Bemerkung ohnehin mehr als deutlich erledigte.


    Jetzt kam auch Calvena zu ihrer Gruppe dazu und die Iunia lächelte ihre Freundin erfreut aber auch ein wenig bedauernd an.


    "Calvena, das war ein ganz wundervoller Abend, aber ich muss jetzt auch langsam nach Hause gehen. Es ist ja schon ganz furchtbar spät..." Wäre sie mit Calvena allein gewesen, dann hätte Serrana noch kurz mit dieser besprochen, wann sie ihr das geliehene Kleid wiederbringen würde, aber vor all den Frauen war ihr das dann doch zu peinlich.

    Dieser Einschätzung ihrer Großmutter konnte Serrana beim besten Willen nicht widersprechen und daher nickte sie nur. "Es tut mir wirklich leid, dass du sie jetzt Tag und Nacht um dich hast, du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass ich sie jetzt nur noch ab und zu mal sehe..."


    Als Calvena dann über darüber sprach, warum sie sich eine baldige Hochzeit wünschte, nickte Serrana zum zweiten Mal. Bis vor kurzem hätte sie mit der Formulierung "wir wollen gern zusammensein" noch nicht allzuviel anfangen können, aber jetzt drückte sie all die zum Teil noch unklaren Wünsche und Hoffnungen, die sie selbst hegte perfekt aus. Und bei dem brennenden Wunsch mit jemandem zusammen zu sein fiel ihr plötzlich wieder ein, dass sie Axilla ja etwas versprochen hatte.


    "Ich hätte da noch eine Bitte, die Valerian betrifft." sagte sie ein wenig zögerlich, da das Missverständnis um dessen Person ja noch nicht allzu lang zurücklag."Meine Cousine Axilla würde gern wissen, für welchen Prätorianer-Offizier ein gewisser Duccius Vala als Scriba arbeitet. Weißt du das zufällig oder meinst du, du könntest Valerian fragen?"

    Serrana war ihrer Cousine für deren aufmunternde Worte mehr als dankbar, dennoch war sie sich ihrer eigenen Schwächen durchaus bewusst. Schüchternheit und Nachgiebigkeit machten vielleicht den Umgang mit herrrischen Menschen wie ihrer Großmutter einfacher, weil man dadurch möglichen Konflikten aus dem Weg ging, aber sie waren alles andere als förderlich für Mut und Entschlussfreudigkeit, und von beidem besaß Axilla ganz offensichtlich wesentlich mehr. Doch auch sie selbst war dabei sich, wenn auch langsam, in die richtige Richtung weiterzuentwicklen und das war für Serrana Ansporn genug nicht aufzugeben.


    Axillas Bitte war leicht nachzukommen, und da Serrana gern bereit war, ihrer Cousine einen Gefallen zu tun, nickte sie sofort. "Ja, natürlich. Wenn du willst, kann ich sie gleich heute fragen. Ich bin ja im Grunde auf dem Weg zur Casa Germanica, vielleicht wissen wir dann heute abend schon etwas mehr." Das "wir" kam ihr jetzt schon automatisch über die Lippen, schließlich gehörten Axilla und sie zu einer Familie und Serrana merkte, dass ihr das immer besser gefiel. Schließlich war es doch ein sehr schönes Gefühl, im eigenen Haus einen Menschen zu wissen, dem man sich einfach so anvertrauen konnte. Bei einem Mann wie Silanus wäre das natürlich ohnehin schwieriger als bei einer fast gleichaltrigen Cousine, dennoch bedauerte Serrana es ein wenig, dass sie bislang kaum Gelegenheit gehabt hatte, ihren Verwandten näher kennenzulernen. "Naja, vielleicht ergibt sich ja irgendwann nochmal die Gelegenheit für ein längeres Gespräch." sagte Serrana nachdenklich und ein wenig hoffnungsvoll. "Wenn ich mich endlich bei ihm bedankt habe, würde ich ihn nämlich zu gern fragen, ob er mir etwas über meinen Vater erzählen kann. Ich weiß ja fast nichts über ihn, aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass ich ihm bislang ein wenig Unrecht getan habe, und das ist ein ganz schrecklicher Gedanke..."

    Minerva besaß einen derartig wichtigen Platz in Serranas Denken und Handeln, dass es ihr schwer fiel einzelne Aspekte herauszupicken und zu beschreiben.


    "Nun, ich weiß zum Beispiel genau, dass sie mir geholfen hat aus Nola wegzugehen und nach Rom zu kommen."erzählte sie und ein dankbarer Ausdruck huschte über ihr Gesicht. "Ich hab irgendwie gespürt, dass sie mit meiner Entscheidung einverstanden war und mir helfen würde, sonst hätte ich mich vermutlich nie getraut. Und in ein paar anderen Situationen war es ähnlich, aber die waren nicht ganz so wichtig..." In den Ohren eines nicht sehr gläubigen Menschen musste sich das vermutlich ziemlich naiv und weltfremd anhören, aber Sedulus hatte schließlich nachgefragt, also sollte er auch eine ehrliche Antwort bekommen. "Ich kann es nicht wirklich gut erkären, aber ich habe mich von klein auf an die Göttin gewandt, wenn ich mich einsam oder unglücklich gefühlt habe, und danach geht ist es mir immer sofort besser gegangen."


    Die Frage nach dem passenden Opfertier war da schon deutlich leichter zu beantworten. "Das Tier muss auf jeden Fall weiblich sein und weiss, weil Minerva zu den überirdischen Göttern gehört. Optimal wäre eine weisse Kuh, aber das wäre tatsächlich ein ziemlich großes Tier und auch nicht leicht zu finden."


    In einem ihr vorgesetzten Pontifex einen ganz normalen Menschen zu sehen, wollte Serrana noch nicht so wirklich gelingen aber sie nickte trotzdem nachdenklich. Viele Dinge, die sie vor und kurz nach ihrer Ankunft in Rom noch furchtbar eingeschüchtert hatten, hatten mittlerweile einen Großteil ihres Schreckens verloren und auch ihre Sicht von hohen Ämtern und den damit verbundenen Personen war nicht mehr ganz so blauäugig.


    Als Sedulus auf ihre letzte Frage nur sehr kurzangebunden reagierte, biss sich Serrana verlegen auf die Unterlippe. Ganz offensichtlich hatte er keine Lust, über dieses Thema weiter zu reden, und das hätte sie sich eigentlich auch selbst denken können. Aber irgendwie war sie so froh gewesen, trotz ihres sehr lückenhaften Wissens über die aktuellen politischen Verwicklungen einen Zusammenhang herzustellen, dass sie ohne groß nachzudenken mit ihrer Frage herausgesprudelt war. Serrana sah Sedulus ein wenig unsicher von der Seite an und entschied dann, lieber ihm die Wahl des nächsten Themas zu überlassen um nicht direkt in das nächste Fettnäpfchen zu greifen.

    Serrana schmunzelte, als Calvena für einen kurzen Moment wirkte, als wäre sie ganz wo anders. Noch vor gar nicht allzulanger Zeit hätte sie mit einem derartigen Gesichtsausdruck gar nichts anfagen können, aber seit einigen Tagen war sie selbst immer wieder vollkommen geistesabwesend und konnte sich auf die einfachsten Dinge des täglichen Lebens nicht richtig konzentrieren. Die Vorstellung, sich gerade unter dem selben Dach aufzuhalten wie ihre Großmutter, trug nach wie vor nicht zu Serranas Wohlbefinden bei, aber die Vorstellung von einer wachsamen Elissa war schon ziemlich beruhigend...


    "Das ist gut." sagte sie mit deutlicher Erleichterung in der Stimme und wandte den Blick wieder von der Zimmertür ab und ihrer Freundin zu. "Ich fürchte, irgendwann erfährt sie es sowieso, aber je länger sich das vermeiden lässt, desto besser..."


    Calvena wirkte ein wenig traurig, als sie von der immer noch ausstehenden Heiratserlaubnis für Valerian sprach, aber das war ja auch nicht weiter verwunderlich, denn wer wartete schon gern?. "Das tut mir leid für euch." antwortete Serrana mitfühlend. "Aber lange wird es sicher nicht mehr dauern, das hab ich irgendwie im Gefühl. Und dann wird eure Hochzeit um so schöner!"

    "Oh, ein paar Fehler habe ich in jedem Fall, wenn auch vielleicht nicht ganz so viele, wie ich immer angenommen habe." antwortete Serrana und schmunzelte über Axillas Überschwang, der sich sogar in deren tröstenden Worten niederschlug. Dankbar war sie ihr trotzdem, denn die eine oder andere Streicheleinheit konnte ihr Ego durchaus noch gebrauchen.
    Beim nächsten Thema war ihr dann schlagartig das Schmunzeln vergangen und sie brauchte eine Weile um sich von dem Schreck zu erholen, dass ihre Cousine dieses Thema überhaupt angeschnitten hatte. Nachdem sie die Frage zurückgegeben hatte, zeigte Axilla übergangslos die gleichen Anzeichen von tödlicher Verlegenheit wie sie selbst und Serrana zog automatisch die entsprechenden Rückschlüsse, wenn auch in der ihr eigenen Arglosigkeit die falschen. Kein Wunder, dass Axilla nicht antwortete, sie war vermutlich völlig fassungslos, dass ihre Tugendhaftigkeit überhaupt in Frage gezogen wurde!


    "Nun, äh...ich glaube kaum, dass jeder Prätorianer-Offizier einen eigenen Scriba hat. " nahm Serrana die erneute Ablenkung dankbar an und runzelte nachdenklich die Stirn. "Bestimmt ist es einer der Führungsoffiziere, aber so wirklich weiter bringt uns das ja auch nicht. Der Verlobte meiner Freundin Calvena ist Centurio bei den Prätorianern, aber ich habe keine Ahnung, wann ich den mal wieder zu Gesicht bekomme, sonst könnte ich ihn fragen...Und was Silanus angeht..." an dieser Stelle sah Serrana ihre Cousine entschuldigend an,"...ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, welche Art von Posten er im Moment innehat. Ich hab ihn seit seiner Ankunft in Rom kaum zu Gesicht bekommen, dabei muss ich mich immer noch dafür bedanken, dass ich seit Monaten in dieser Casa wohnen darf."

    Ganz so uninteressant schien das Thema Tempeldienst doch nicht für Sedulus zu sein, denn er hakte noch ein paar mal nach und Serrana gab ihm gern die entsprechenden Antworten.


    "Ein Großteil der Priesterinnen wendet sich nach der Ausbildung der Göttermutter Iuno zu, aber ich habe mich Minerva verschrieben." erzählte sie mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme. "Natürlich sind mir die anderen Götter, und vor allem Iuno auch wichtig, aber zu Minerva hab ich immer schon eine besonders enge Verbindung gespürt. Sie hat mir schon in so mancher Situation geholfen und jetzt möchte ich ihr gern ein bisschen davon zurückgeben."Die abschließende Prüfung beinhaltete zwar auch einen nicht ganz so angenehmen Teil, aber mittlerweile hatte die junge Iunia sich auch damit ein wenig vertraut gemacht und der Gedanke daran verlor allmählich den anfänglichen Schrecken.


    "Ich werde im Tempel der Minerva in Anwesenheit eines Pontifex der Göttin ein vollständiges Opfer darbringen, das heißt sowohl ein unblutiges Voropfer als auch ein Tier." Mit dem Erzählen kam auch automatisch die Aufregung, aber die beinhaltete nicht nur Lampenfieber sondern auch ein wenig Vorfreude auf den großen Tag, der in Bälde bevorstand.
    "Ich werde mich jetzt allmählich mal auf die Suche nach einem passenden Opfertier machen, es gibt nämlich genaue Vorschriften, welches Tier für welche Gottheit geeignet ist, und ich möchte Minerva ja schließlich nicht enttäuschen..."


    Als Sedulus ihr Glück für die Prüfung wünschte, vertiefte sich Serranas Strahlen noch ein bisschen mehr und sie sah ihm glücklich in die Augen. "Vielen Dank, das bedeutet mir sehr viel." sagte sie aufrichtig.


    Das nächste Thema holte sie dann relativ schnell wieder in die Realität zurück und Serrana sah Sedulus mit wachsendem Erstaunen an, während dieser von seinen Streitereien berichtete.


    "Du hast den Pontifex Durus einen Erbsenzähler genannt?" fragte sie ungläubig und musst dann gegen ihren Willen kichern. "Du traust dich aber ganz schön was..." Auf sie selbst hatte der Pontifex bei ihrem gemeinsamen Besuch mit Calvena in der Villa Tiberia einen ausgesprochen ehrfurchtgebietenden und auch ein wenig einschüchternden Eindruck gemacht, aber das konnte man vermutlich nicht miteinander vergleichen. Und mit dem ehemaligen Praetor Urbanus hatte er auch eine Auseinandersetzung gehabt? Du liebe Güte...Irgendwie fiel ihr in diesem Zusammenhang eine Bemerkung wieder ein, die Duccius Vala bei der gemeinsamen Cena in der Casa Decima gemacht hatte.


    "Diesen Neffen kenne ich nicht, aber ich hab mal etwas von einem gemeinsamen Auftritt von dir und Senator Livianus gehört, bei dem es um eine öffentliche Entschuldigung ging. Hatte das etwas mit dieser Geschichte zu tun?" fragte Serrana mit aufrichtigem Interesse, wobei sie hoffte, dass ihre Nachbohrerei Sedulus nicht auf die Nerven ging.

    Eigentlich hatte sie sich ja bereits bei ihrem gemeinsamen Bad vorgenommen, Axilla mit weiteren Erzählungen über ihre Kindheit zu verschonen aber da diese nachfragte, wollte Serrana ihr auch die Wahrheit sagen.


    "Ich bin mit solchen Kommentaren aufgewachsen." antwortete sie und sah mit einer Mischung aus Bitterkeit und Resignation zu Boden. "Ganz egal, was ich gemacht habe und wie ich mich auch angestrengt habe, meine Großmutter hat immer irgend etwas gefunden, das sie gestört hat und sie hat es mir auch jedesmal unter die Nase gerieben. Da wird es irgendwann sicherer, einfach gar nichts besonderes mehr zu tun und sich nur noch nach den Anweisungen zu richten..." Während Serrana noch erzählte, spürte sie bereits, wie armselig sich diese Geschichte für einen Aussenstehenden anhören musste. Es wurde wirklich Zeit, dass sie lernte endgültig auf eigenen Beinen zu stehen und der Meinung anderer Meinung keine zu große Bedeutung mehr zuzugestehen.


    Serrana seufzte innerlich auf, als Axilla ihr Stillschweigen versprach. Zwar hatte sie eigentlich mit nichts anderem gerechnet, aber es war doch beruhigend, es noch mal aus dem Mund ihrer Cousine zu hören.


    "Oh nein, eigentlich kennen wir uns schon seit den Ludi Romani, wir haben uns seitdem nur nicht allzu oft gesehen." flocht sie dann schnell ein. Zwei Tage, du liebe Güte....Natürlich hatte Sedulus und sie sich in den seit den Ludi vergangenen Wochen und Monaten auch gerade mal zweimal wiedergesehen, aber trotzdem hörte sich die Geschichte so nicht mehr ganz so anrüchig an. Und was genau meinte Axilla denn mit "überreden"? Serrana sah ihre Cousine eine ganze Weile verwirrt an, bis dann endlich der Groschen fiel, und sie langsam aber gründlich rot anlief.


    "Aber nein, so ist er nicht." sagte sie dann sofort ohne den Hauch von Zweifel in der Stimme. So wenig sie Sedulus bislang auch kannte, an seiner Aufrichtigkeit hegte Serrana keinerlei Zweifel. Und auf was genau wollte Axilla denn mit ihrer nächsten Frage hinaus?


    "Ob ich schon mal was?" fragte sie daher ein wenig verwirrt nach, und die Erkenntnis kam, kurz nachdem sie ihren eigenen Satz zu Ende gesprochen hatte und gab ihrer ohnehin schon recht leuchtenden Gesichtsfarbe den Rest.


    "Du gütige Minerva, natürlich nicht...." Am liebsten hätte Serrana ihr gesamtes Gesicht in ein Becken mit Eiswasser getaucht und sie starrte Axilla mit ungläubig aufgerissenen Augen an. So eine Frage konnte eine unverheiratete Frau einer anderen doch unmöglich stellen, es sei denn...[SIZE=7]"Du etwa?" [/SIZE]Mittlerweile sprach sie so leise, dass selbst ein im Raum anwesender und nicht direkt neben den beiden Mädchen stehender Sklave die Frage nicht mitbekommen hätte.


    Und wieder war Vala ein willkommener Anlass, um das Gesprächsthema wieder in etwas unverfänglichere Bahnen zu lenken.


    "Du könntest Venusia doch einfach fragen, ob sie ausser den Decimern noch eigene Verwandte in Rom hat. Das ist ja eine völlig berechtigte Frage, an der dürfte wohl niemand Anstoß nehmen." grübelte Serrana ein wenig vor sich hin und lächelte Axilla schließlich vergnügt an.
    "Oder aber wir lassen uns einen Vorwand einfallen, mit dem du in die Castra Praetoria reinkommst. Wenn Vala Scriba eines Prätorianer-Offiziers ist, dann wird er dort sicher häufig ein und aus gehen..."