Beiträge von Tiberia Septima

    Eine weitere tiberische Sänfte hielt vor der Casa Decima und eine elegant gekleidete Römerin in hellrosaner Tunika entstieg dieser. Eigentlich hatte Septima vorgehabt, in den Farben der Tiberia zu erscheinen, doch hatte ihr Titus minor das schöne Kleid mit seinen erdigen Händen ruiniert, so dass sie sich in letzter Minute umkleiden musste. Nun hatte sie die Befürchtung, dass sie zu spät zur Hochzeit erscheinen würde, doch als sie die Casa betrat, nahm sie erleichtert wahr, dass das Brautpaar noch bei der Begrüssung ihrer Gäste war.
    Während sie das Atrium der festlich geschmückten Casa Decima betrat, lies Septima kurz ihren Blick über die anwesenden Gäste schweifen und eine Person war unübersehbar! Der Praefectus Urbi. Überflüssig zu erwähnen, dass er hier nur Gast war und nicht die Hauptrolle spielte, doch wie er da in seiner purpurnen
    Tunika und dem ganzen Goldbehang da stand, hätte er der Kaiser persönlich sein können.
    Mit einem strahlenden Lächeln ging die Tiberia auf Seiana und ihren Gatten zu. „Salve Terentius, Decima. Mein Mann und ich wünschen euch alles Gute für die heutige Verbindung. Ursus lässt sich entschudigen. Ihr wisst ja weshalb er dieser Feierlichkeit nicht beiwohnen kann.“ Ungünstiger weise lagen beide Domiziele der beteiligten Familien innerhalb des Pomeriums, weshalb es Ursus nicht gestattet war, dieses zu betreten. Deshalb war er gar nicht erst aus Mantua angereist und Septima kam alleine zur Hochzeit.

    „Und wie viel Zeit wirst du für das Examen Primun benötigen?“ erkundigte sich Septima bei Ahala, damit sie schon mal im Geiste ihre Planungen für die nächsten Wochen durchgehen konnte. Eine Reise nach Mantua wollte wohl überlegt sein, schließlich durfte sie keinen ihrer in Rom ansässigen Liebhaber vernachlässigen.


    Damit schien der politische Teil von Ahala's Karriere geklärt zu sein. Zeit für die wichtigen Dinge im Leben, ihren Sohn Titus Aurelius Durus! Mit einem warmen, weichen Lächeln - welches immer ihre Lippen umspielte, so bald sie an Titus minor dachte - wand sich Septima ihrer Freundin zu. „Titus minor geht es sehr gut. Er ist ein recht ruhiges Kind, schläft viel und wenn er mal nicht schläft, dann hat er Hunger.“ Ein kurzes Lachen, dann sprach sie weiter. „Du wirst es nicht glauben, Flora, aber ich habe das Gefühl, dass der Junge von Tag zu Tag schwerer wird. Ich kann euch morgen gerne noch einmal besuchen kommen und bringe ihn dann mit. Was hälst du davon?“ Die Frage war mehr an Flora, als an die Männer gerichtet, denn für die war der Erstgeborene von Septima gewiss nicht so interessant, wie für die Frauen. Und an sich war es auch sehr ungewöhnlich, dass Septima so an ihrem Kind hing und ihn nicht einfach nur in die treusorgenden Arme einer Amme gab. Der kurze Aufenthalt in ihrer Villa Rustica, direkt nach der Geburt von Titus minor, hatte die Bindung zwischen Mutter und Kind gefördert, so dass Septima ihren Sohn abgöttisch liebte.


    Der nächste Gang brachte erlesene Leckereien auf den Tisch und Septima langte gut, aber nicht übermässig zu. Sie wollte schließlich ihre wiedergewonnene gute Figur erhalten. „Was gibt es denn sonst Neues zu berichten?“ fragte Septima neugierig nach. „Durch Titus minor komme ich kaum aus der Villa, geschweige denn, zur Curia Iulia, um die neusten, politischen Geschehnisse mitzubekommen.“ Ein gekonnter Augenaufschlag in Richtung ihres Onkels. Auch wenn Durus nicht gerne mit 'Frauen' über Politik sprach, war es für Septima immer wieder einen Versuch wert, an Informationen zu kommen.

    Septimas höchst persönlicher Raum war das Cubiculum, welches sie mit ihrem Ehemann teilte, wenn er denn in Rom, statt in Mantua war. Das Zimmer wurde von dem großen Bett beherrscht, welches ihr genügend Platz für die hemmungslosen Möglichkeiten der körperlichen Liebe mit ihrem Mann lieferte, so wie einem Tischchen, auf dem Tiegel und kleine Amphoren standen. Die Hausherrin saß auf einem Stuhl mit niedriger Lehne, während ihre Ornatrix versuchte die Haarpracht zu retten, die kurz zuvor den neugierigen Händen ihres Sohnes zum Opfer gefallen war. Titus minor hatte es mal wieder geschafft, seine Hände in Septimas Haaren zu versenken, um eines ihrer Schmuckstücke zu kommen, die sie gerne als Blickfang im Haar trug. Ausgerechnet heute war es die Libelle gewesen, die sie vor langer Zeit von Flavius Furianus geschenkt bekommen hatte und die sie hütete wie einen Augapfel. Dementsprechend ungehalten war die Hausherrin und hatte ihren Sohn, zusammen mit ihrer Leibsklavin aus dem Haus geschickt.


    Als die Tür sich öffnete und kurz hernach wieder schloss, beachtete Septima dies gar nicht weiter. Ständig waren Sklaven in der Villa unterwegs, um die Wünsche ihrer Herrin zu erfüllen. Erst als sie von der kleinen Marei angesprochen wurde, registrierte Septima das Sklavenmädchen. Ein Augenrollen drückte ihren Unmut über die Störung aus. Als ob nur die Herrin selbst wüsste, wo ihre Leibsklavin gerade war! Einen tiefen Atemzug später antwortete Septima, ohne das Kind anzuschauen. „Sie ist mit Titus minor auf den Markt gegangen, um mir ein paar Haarbänder zu besorgen.“ Das Durchatmen hatte für etwas Beruhigung gesorgt, so dass Septima einen kurzen Wink mit der Hand gab, um der Ornatrix zu signalisieren, dass sie ihre Arbeit unterbrechen sollte. Erst dann wand sie sich auf dem Stuhl zu Marei. „Warum…“ Sie beendete ihre Frage nicht, da sie ein zusammengerolltest Papyrus in den Händen des Kindes entdeckte. „Ist das ein Brief für mich?“ fragte Septima statt dessen in strengem Ton, denn an sich war Marei nicht für das überbringen der Post zuständig, sondern hatte sich um den Garten zu kümmern, was durchaus noch an ihren Händen zu sehen war, wie Septima feststellte.

    Lieblingscousine, so,so… Ahala bekam einen bedeutungsvollen Blick von seiner Cousine. Einem gemeinsamen Bad mit ihm wäre sie auch nicht abgeneigt. Doch dies war eine Cena im Familienkreis und Septima versuchte ihre Gedanken wieder in eine züchtigere Richtung zu lenken. Da kamen ihr Aulus politischen Ambitionen gerade recht. „Aha, jetzt, wo ich endlich wieder in Rom leben werde, jetzt bequemst du dich dazu in Erwägung zu ziehen, dass du ein Tribunat in Mantua übernehmen würdest? Ahala, ich bin schwer enttäuscht. Das hättest du dir wahrlich früher überlegen können.“ tat Septime beleidigt, meinte es aber nicht wirklich so. Es war ihrer Stimme deutlich anzuhören, dass sie die Enttäuschte nur spielte. „Selbstverständlich werde ich meinen Mann regelmäßig in Mantua besuchen, vorzugsweise im Sommer, wenn es in Rom eh kaum auszuhalten ist, und würde es begrüssen, wenn du dann ebenfalls bei der Legio I wärest, lieber Cousin. Vielleicht würdet ihr mich begleiten, Durus?“ Wenn ihr Onkel so viel von einem Tribunat seines Sohnes hielt, dann würde er Ahala gewiss gerne bei der Ausübung seiner Tätigkeit besuchen, oder nicht? Und für Flora wäre es eine nette Abwechslung. Sollte sich Durus allerdings nicht wohl fühlen, bei dem Gedanken, eine Tage lange Reise auf sich zu nehmen, würde sie ihm Flora auf jeden Fall abschwatzen, denn ihre Freundin sollte ruhig ein wenig Spaß haben.


    Während die Vorspeisen gereicht wurden, nahm sich die Tiberia von allem ein wenig, schließlich kannte sie die gute Küche in diesem Hause und wollte sich noch Anregungen für ihren eigenen Hausstand holen, und beugte sich dabei zu Flora. „Wenn Manius es dir erlaubt, dass du ein Fest, oder eine Cena ausrichten darfst, dann kannst du mich jeder Zeit um Hilfe bitten. Ich stehe dir gerne mit Rat und Tat zur Seite…“ sprach sie leise mit ihrer ‚Stieftante’ und fügte ein noch leiseres „… bei allem." hinzu. Ein aufmunternder Blick folgte, der so viel hieß wie: ‚Wenn wir mal alleine sind, dann können wir auch gerne über andere Dinge sprechen.’ Gewiss würde sich eine Gelegenheit finden, bei der sich die beiden Frauen alleine treffen konnten. Manius war noch nie sonderlich an Frauengesprächen interessiert gewesen.

    Flora wirkte tatsächlich schon wie die perfekte Hausherrin. Ihr Auftreten bei der Cena war absolut tadellos und sie lächelte fast in einem fort, so dass Septima den Eindruck gewann, dass die Hochzeit die junge Frau durchaus glücklich machte. Doch der äußere Eindruck konnte leicht täuschen und Septima war selbst eine Meisterin im verstellen, weshalb sie versuchte, einen Blick hinter die Fassade ihrer Freundin zu werfen, ohne direkt nach ihrem Befinden im Beisam der Männer zu fragen.
    „Oh ja, die Hochzeit war wirklich schön, wenn ich mit Erschrecken feststellen musste, wie anstrengend ein solcher Tag als Gastgeber sein kann. Doch das wirst du gewiss auch eines Tages heraus finden, liebe Flora, wenn du dein erstes Fest in der Villa Tiberia auszurichten hast, oder Onkel?“ Es hatte Septima wirklich viel Freude bereitet, die Hochzeit in ihrem Haus auszurichten, nur war der Tag im nu verflogen und die Sklaven hatten all die schönen Dekorationen am nächsten Tag wieder verschwinden lassen.


    Um während des Essens ein anderes Thema behandeln zu können, erkundigte sich Septima bei ihrem Cousin nach dessen politischen Ambitionen. „Wie läuft es bei dir mit dem Cursos honorum? Wie ich hörte, hast du während meines Aufenthaltes in Mantua das Amt des Decemviri litibus iucandis inne gehabt.“ Welche Erbschaftsfälle dabei alle auf Ahalas Tisch gelandet waren, wusste Septima nicht. In Mantua waren die Nachrichten über Verstorbene gerne etwas später eingetroffen und sehr zu ihrem eigenen Missfallen, hatte Septima den Tod von Floras Zwillingsschwester völlig vergessen.

    Die Gäste trafen einer nach dem anderen ein und wurden möglichst, jeder für sich, durch die Hausherren begrüsst. Auf diese Art und Weise lernte Septima auch Claudius Gallus und seine hübsche Frau Musa kennen. Da der Claudier aber kein Senator zu sein schien, fiel er recht schnell durch Septimas Raster der interessanten Männer, während seine Frau einen respektvollen Blick erhielt, denn sie verfügte über das, was Septima an sich selbst vermisste. Ihre Brust war flach wie der Strand am Meer, sehr im Gegensatz zu der Tiberia, die Aufgrund der Flucht vor der Seuche in Mantua ohne Amme hatte fliehen müssen und somit ihrem Sohn selbst die Brust geben musste. Dieser Umstand untersagte es ihr, die Brust besonders flach abzubinden, was ohne hin seltenst der Fall war, da Septima über mehr Vorbau verfügte, als ihr lieb war. Doch Ursus schien es zu gefallen und somit strahlte sie jeder Frau zur Begrüssung entgegen und lies sich keinen Moment der Unsicherheit anmerken.
    Ahala wurde ebenso liebevoll begrüsst, wie Septima es zuvor bei Durus getan hatte, schließlich war ihr der Adoptivcousin sehr ans Herz gewachsen, woran nicht zuletzt ihre manchmal merkwürdigen Begegnungen schuld waren.


    Die Eigentliche Zeremonie begann und Septima schob unauffällig ihre Hand in die Ihres Gatten und verfolgte interessiert die nun folgenden Ereignisse. Erst als es zum Opfer kam, drückte sie Ursus Hand etwas fester. Sie mochte die blutigen Rituale nicht, obwohl sie ein fester Bestandteil der römischen Gesellschaft waren und Septima ab und an ebenfalls ein blutiges Opfer in einem der zahlreichen Tempel darbot. Doch der Geruch nach Blut verursachte immer ein Gefühl der Übelkeit in ihr und hier im Atrium war es besonders intensiv. Eine Sitzgelegenheit kam ihr da gerade recht.


    Nach Beendigung der offiziellen Zeremonie und der anschließenden Einladung zum Essen, reihten sich Ursus und Septima ebenfalls für die Glückwünsche an das Brautpaar in der Schlange ein.
    Die Gäste, die erst während der Auspizien, der Unterzeichnung des Ehevertrages, oder des anschließenden Opfers eingetroffen waren, wurden hernach ebenfalls durch die Hausherren begrüsst. Niemand sollte sich vernachlässigt oder gar unbeachtet fühlen, immerhin fand sich hier die hohe Gesellschaft Roms ein.
    Und noch jemand war unter den Gästen. Ein alter Bekannter von Septima, der ihr einmal seine Liebe gestanden hatte, dem sie sich allerdings, unter Berücksichtigung seiner Herkunft und des Ansehens ihrer eigenen Familie, verweigert hatte. Octavius Macer. Er war nicht alleine gekommen, sondern an seinem Arm führte er Tiberia Faustina. Ein kurzer Stich ging durch Septimas Herz. 'Jetzt, wo er Senator ist, jetzt ist er gut genug?' Gab es zwischen Faustina und Macer etwas, dass sie wissen sollte. Nun, vielleicht würde sich eine Gelegenheit ergeben, bei der sie den Octavier möglichst ungestört fragen konnte. Leider war dem nicht so, denn als Gastgeber mussten sie sich mal hier und mal dort unterhalten, jedoch weilten Ursus und Septima selten eine längere Zeit bei ein und dem selben Gesprächspartner.


    Als der Abend, schneller als erwartet, herein brach, begann der Brautzug und die ganze Gesellschaft wanderte zur Villa der Tiberia, mit Außnahme von Ursus, der sie auf Grund seines Postens als Legat der Prima nicht so weit begleiten durfte. Septima verweilte nicht lange auf der feucht fröhlichen Feier, obwohl es gewiss den ein oder anderen Mann gab, der ihre Aufmerksamkeit gerne genossen hätte.

    Die herzlichen Begrüssungen ihrer Familienmitglieder nahm Septima mit einem strahlenden Lächeln entgegen und lies es sich nehmen, jeden einzelnen zu umarmen. Durus erhielt eine respektvolle und kurze Umarmung, war er seit seinem Unfall in Misenum doch noch gebrechlicher geworden. Flora bekam eine freundschaftlich, warme Umarmung, die der Freundin zeigen sollte, dass sie nicht alleine war.
    „Ich freue mich auch sehr, hier sein zu können.“ erwiderte Septima aufrichtig erfreut. 'Nicht auszudenken, wie ich das so lange in Mantua aushalten konnte.' „Ich habe mich schon den ganzen Tag auf diese Cena gefreut. Endlich mal wieder nur die Familie.“ Dabei ging ihr Blick von Manius zu Flora und sie nickte der jungen Frau ihres Onkels ganz leicht zu. Ja, auch Flora gehörte nun doppelt zu ihrer Familie. Zum einen als Verwandte von Ursus, den Septima geheiratet hatte und somit zu einem Teil der Familia Aurelia angehörte und zum zweiten weil Flora Durus geheiratet und die Bande zwischen den beiden Gens noch mehr gefestigt hatte.
    Noch ehe sie sich alle wieder auf ihren Klinen niederlassen konnten, betrat Ahala das Triclinium. „Na sieh mal einer an, wenn das nicht mein lieber Cousin ist. Frisch dem Balneum entstiegen, nehme ich an.“ neckte sie den gut aussehenden Adoptivsohn ihres Onkels und zog Ahala ebenfalls in eine kurze, denn noch intensive Umarmung. Anschließend nahm sie wieder auf der Kline Platz.


    „Ich hoffe ihr habt euch gut von den Hochzeitsfeierlichkeiten erholt, Durus und Flora?“ begann Septima ein möglichst unverfängliches Gesprächsthema, ohne zu wissen, dass sie damit einen wunden Punkt treffen konnte. Bisher hatten die beiden Frauen keine Gelegenheit gehabt, miteinander zu sprechen.

    Der Einladung zur Cena ihres Onkel folgte Septima gerne. Eine tiberische Sänfte hielt vor der Villa Tiberia und ein Sklave eilte seiner Herrin voraus, um den Ianitor über ihre Ankunft zu unterrichten.


    | Stesichoros
    Stesichoros war über die familiäre Cena informiert worden, so dass er aufmerksam hinter der Tür wartet, und noch ehe Septimas Sklave an selbige klopfen konnte, öffnete er die Tür. „Salve Herrin. Bitte tritt ein.“ nahm er die Tiberia freundlich in Empfang und lies sie anschließend ins Triclinium parvum bringen.



    IANITOR – GENS TIBERIA

    Nach der Geburt ihres Sohnes Titus Aurelius Durus auf ihrer Villa Rustica in der Nähe von Rom und ihrem kurzen Aufenthalt in der Casa Germanica, hatte Septima ihr gemeinsames Haus mit Aurelius Ursus bezogen. Sie hatten die Hochzeitsfeierlichkeiten von Durus und Flora dort gefeiert, denn es war der bestmögliche Ort, an dem ihr Ehemann ebenfalls bei der Feier dabei sein konnte. Leider hatte Ursus kurz nach der Hochzeit die Stadt wieder verlassen, um zur Prima zurück zu kehren. Somit erschien Septima alleine zur familiären Cena, was auch mit Ursus Anwesenheit in Rom der Fall gewesen wäre, denn noch immer befand sich die Villa Tiberia innerhalb des Pomeriums, welches ihr Gemahl auf Grund seiner Stellung als Legatus der Legio I nicht betreten durfte. Es hatte alles seine Vor- und Nachteile.


    Gut gelaunt betrat die junge Mutter das Triclinium. Dank der wideren Umstände ihres überhasteten Aufbruchs aus Mantua, der plötzlichen Niederkunst ihres Kindes und des Mangels an einer Amme, hatte Septima früher zu ihrer ursprünglichen Figur zurück gefunden, als es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Zu dieser Cena hatte sie sich für eine Untertunika aus feinem Leinen mit blauen Seidenstickereien an den Ärmeln entschieden und darüber eine dunkelblaue Palla mit cremefarbenen Applikationen am Saum. Gehalten wurde der Stoff von goldenen Fibeln mit passenden, blauen Saphiren.

    Ja, Septima war mit Recht stolz auf ihre Leistung, einen kräftigen Jungen geboren zu haben. Ihr Blick wurde weich, jedes mal wenn sie ein Titus minor dachte und so entging ihr das gequälte Lächeln ihres Geliebten. Trotzdem konnte sie den Flavier verstehen, dass er nicht gerade überglücklich über die Geburt einer Tochter war, zählten doch nur die männlichen Erben als vollwertige politische Zukunft des Mannes. Eine Tochter diente nur dazu, eine gute Beziehung zu einer anderen Gens zu knüpfen, ohne groß davon profitieren zu können. Doch Furianus Frau, Claudia Catilina, war noch jung genug, um ihm weitere Kinder zu gebären und hoffentlich auch den ersehnten Erben.


    Anscheinend hatte sich Septima etwas falsch, oder besser gesagt, nicht genau genug ausgedrückt, als sie die Seuche in Mantua erwähnte. Die offensichtliche Besorgnis in Furianus Stimme war Balsam für ihre Seele. 'Er hat tatsächlich an mich gedacht, als er von der Seuche las.' ging es ihr freudig durch den Kopf und sie kam nicht umhin, ihm beschwichtigend eine Hand auf den Unterarm zu legen und ihm die Geschehnisse richtig zu erklären. „Oh doch, Furianus, er hat mich fort geschickt.“ Sie zog ihre Hand wieder zurück. Zu viele Augen gab es hier, als dass sie sich längeren Kontakt erlauben konnten. „Kaum das die Meldung von der Epidemie ins Castellum drang, nötigte Ursus unsere Gäste - Germanicus Sedulus mit seiner Frau Iunia Serrana – und mich dazu, sofort aufzubrechen. Das Problem war nur, dass sowohl Iunia Serrana, als auch ich, kurz vor der Niederkunft unserer Kinder standen und wir eine Reise nicht wirklich auf uns nehmen wollten. Wir wählten das nächst gelegene Ziel, meine Villa Rustica in der Nähe von Rom. Leider konnten wir nur Sklaven und Personal aus unserem näheren Umkreis mitnehmen. Jemanden aus der Stadt kommen zu lassen, wäre mit dem Risiko der Seuche verbunden gewesen, was dazu führte, dass wir nur eine Hebamme und keine Amme mitnehmen konnten. Ach Furianus, es war die reinste Qual. Ich wollte gar nicht fort. Es war mein erstes Kind und ich wusste nicht wirklich, was mich bei der Geburt erwarten würde und ob ich diese überhaupt überleben würde. Wir reisten in Sänften, da es die bequemste von allen Reisemöglichkeiten war und erreichten nach zwei Tagen und Nächten meine Villa Rustica. Kaum waren wir dort angekommen, begann die Geburt bei Iunia Serrana, die eigentlich viel zu früh war, und kurz darauf setzte auch meine Geburt ein.“
    Wie passend, dass sie gerade jetzt den Tempel der Minvera passierten. Septima nickte in Richtung des Tempeleinganges. „Nicht nur Minerva hat ihre Hände schützend über uns gehalten. Mein Dank gilt allen Göttern, hätte ich sonst nicht das Glück gehabt, hier mit dir spazieren gehen zu können.“ Dieses mal lächelte nicht nur ihr Mund, sondern auch ihre Augen.


    Ihre Übereinkunft, sich in einer Woche bei der flavischen Villa Rustica zu treffen, bestätigte Septima mit einem nicken und einem Blick in die ebenfalls dunklen Augen des Senators. Sie begann bereits im Geiste die Reise zu planen, damit sie zwei bis drei Tage bei Furianus verweilen konnte, ohne zu viel Aufmerksamkeit von Ursus auf den Besuch zu lenken. Doch ihr Ehemann hatte es bisher nicht gemerkt, dass ihre Besuche bei Flavius Furianus ganz anderer Natur waren, als er an nahm, also würde er es auch jetzt nichts bemerken, dessen war sie sich sicher.


    „Ja, ich kenne Aurelia Flora sogar recht gut. Sie ist etwas jünger wie ich und eine sehr wohlerzogene und pflichtbewusste Patrizierin. Eine bessere Frau hätte Manius nicht erwählen können. Allerdings ist mein Onkel nicht gerade der Jüngste. Bisher haben die beiden noch keinen Erben gezeugt. Vielleicht dauert es bei ihnen einfach nur ein wenig länger.“ Septima wollte nicht so genau auf die enttäuschenden Nächte zwischen Flora und Durus eingehen, doch offensichtlich schien das Alter auch eine Rolle zu spielen. Sie zwinkerte Furianus kurz zu. „Wenn du es zeitlich einrichten könntest, würde ich gerne eine Cena geben, zu der ich Manius mit seiner Frau einladen könnte. Dann hättest du Gelegenheit, sie selbst kennen zu lernen. Dazu vielleicht noch Aurelius Avianus und Tiberius Ahala? Oder planst du einen Besuch in der Villa Tiberia, dann möchte ich nicht mehr deiner Zeit in Anspruch nehmen, als nötig wäre.“ Sie überließ die Entscheidung selbstverständlich dem Mann und schlenderte weiter gemütlich neben ihm her.

    Wie nicht anders erwartet – immer hin handelte es sich bei Flavius Furianus um einen rhetorisch perfekt ausgebildeten Politiker – blieb das Thema über den Praefectus Urbi sehr allgemein und es war Septima nicht vergönnt, hinter die Fassade ihres Begleiters zu blicken. 'Nun denn, vielleicht zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort.' Und dabei dachte sie nicht daran, dass sie gemeinsam spazieren gehen würden, sondern eher an etwas sportlicheres, bei dem sie weniger bis gar nicht bekleidet waren. Wieder bildeten ihre Lippen ein fast scheues Lächeln, welches Furianus je nach seiner eigenen Laune deuten durfte.


    Während sie zwischen den Säulen wandelten und sie das Thema auf seinen Nachwuchs lenkte, geschah etwas, womit sie nicht wirklich gerechnet hatte. Der Consular nahm die ihm dargebotene Hand und wie an einem Bindfaden gezogen, senkte sich ihr Blick auf die ineinander gelegten Hände. Seine Hand war warm und weich und fühlte sich gut an. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem Körper aus und begann sich an einem Punkt zu konzentrieren, den Septima inzwischen sehr gut kannte. Die Worte die folgten sorgten tatsächlich für eine sanfte Röte in ihren Wangen und sie hob ihren Blick hinauf in seine Augen. Es waren die selben Augen, wie damals, kurz nach ihrer Vermählung mit Aurelius Ursus, als sie sich zum ersten mal in seiner Villa suburbaner trafen. Ein schöner Moment und eine durchaus erregende Erinnerung.
    „Ich fühle mich von deiner Überzeugung sehr geschmeichelt, Furianus. Sollte ich wieder ein Kind erwarten, würde ich sehr gerne deine Meinung hören, welches Geschlecht es beim nächsten sein wird.“ erwiderte sie zärtlich und benutzte mit Absicht sein Cognomen. Sein Blick hielt sie gefangen und ohne es selbst zu merken, hielt Septima die Luft an. Es schien eine Spannung in der Luft zu liegen, wie es sie gab, wenn ein Gewitter herauf zog. Und welch verheerende Auswirkungen ein Gewitter haben konnte, davon konnte die Villa Tiberia erzählen. Immerhin war der Brand rechtzeitig gelöscht worden, ehe das gesamte Anwesen niedergebrannt war. Doch was Septima so sehr an einem Gewitter gefiel, waren die Momente vor dem großen Knall, wenn das Unwetter noch weit weg war und die Sonne ein merkwürdiges Licht an den Himmel zauberte. Sie stellte sich dann immer vor, dass sie den Schein des Feuers der Götter im Olymp sehen konnte. Jedes mal, wenn sie sich auf einen neuen Geliebten einließ, gab es einen Moment der Spannung, denn bei jedem neuen Treffen riskierte sie es, erkannt und verraten zu werden. Der Preis für ein wenig Macht konnte für sie verdammt hoch sein. Nicht so beim Flavier. Er war ihr ein guter Vertrauter und inzwischen war sie sich sicher, dass sie die Beziehung zu ihm weiter pflegen würde. Was machten schon ein paar Jahre mehr oder weniger für einen Unterschied? Wenn sie sich Aurelia Flora mit Durus vorstellte, dann war das etwas ganz anderes, als die und... Dann war der Moment auch schon vorbei und Septima spürte das sanfte gleiten über ihre Hand, als der Flavia seine Hand zurück zog. Fast hätte sie der Hand hinterher gegriffen, doch sie konnte sich gerade noch beherrschen und strich sich mit der Hand über ihr Kleid.


    „Es wäre sehr von Vorteil, wenn Durus Minor die Stärke von seinem Vater entwickelt, denn Verstand und Schönheit wird für einen Mann alleine nicht von Nutzen sein. Aber ich bin guter Hoffnung, denn wenn wir schon der Seuche in Mantua, kurz vor Titus' Geburt entkommen konnten, werden die Götter uns hoffentlich auch weiterhin ihren Schutz gewähren.“ 'Apropos Götter, ich muss nach unserem Treffen unbedingt noch in den Tempel und mein Opfer darbringen.' ging es ihr dabei durch den Kopf.


    Sie setzten ihren Weg fort, auch wenn Septima lieber an Ort und Stelle geblieben wäre und alle weiteren Besucher der Tempelanlage hätte verschwinden lassen wollen. Immer wieder schaute sie Furianus von der Seite her an. 'Ah! War das soeben eine Einladung?'„Oh ja, ich erinnere mich sehr gut an dein Gestüt." 'Und einiges mehr!' "Vielleicht wärest du an ein paar ausgezeichneten Tieren aus meiner Zucht interessiert? Selbstverständlich nur wenn sie deinen hohen Anforderungen genügen, versteht sich. Ich könnte es gewiss einrichten, sie genau in einer Woche zu deiner Villa rustica bringen zu lassen, damit du sie dir anschauen kannst. Über den Preis werden wir uns danach gewiss einig.“ Auch dies war eine versteckte, aber wer sie zu lesen vermochte, eindeutige Antwort auf seine nicht ausgesprochene Frage, die von einem geschäftsmäßigen Lächeln begleitet wurde. Alles nur Fassade verstand sich. Sie hatten schon damals ein Händchen fürs geschäftliche gehabt, wenn es darum ging sich möglichst ungestört zu treffen. Und Septima wollte die Reise zur flavischen Villa rustica mit einem anschließenden Besuch in Mantua, bei ihrem Ehemann verbinden.

    War das gerade ein gönnerhaftes Lächeln des Flavia, mit dem er ihr irgendetwas sagen wollte, wie zum Beispiel 'Kindchen, das hier mit uns kann nicht mehr so werden, wie es einmal war', oder bildete sie sich das nur ein? Septima wusste es nicht wirklich zu deuten und besann sich lieber auf die Unterhaltung.
    Die leise an sie gerichteten Worte über ihre Schönheit ließen sie lächlen und gaben ihr das Gefühl zurück, das der Flavia doch noch der gleiche war, wenn auch mit weniger Haaren. Nickend stimmte sie seinem Vorschlag, noch ein wenig zu gemeinsam spazieren zu gehen zu. „Gerne.“ Es konnte nicht schaden, mit einem ehemaligen Consular gesehen zu werden.


    Während sie langsam daher gingen, dachte Septima über die Worte von Furianus nach und ging darauf ein. Ihr eigenes Opfer, für welches sie extra Kuchen, Weihrauch und Wein hatte einpacken lassen, war längst vergessen. Es war schließlich nicht ihr eigentlicher Grund gewesen, hier her zu kommen.


    „Oh ja, wenn eins in Rom immer funktioniert, dann ist es die Gerüchteküche.“ fing sie das Gespräch mit einem kurzen Lachen wieder an. „Du wurdest also schon vom Senat aufgefordert, dich wieder zurück zu melden, das ist sehr gut. Erst kürzlich hat der Praefectus Urbi den angeblichen Willen des Kaisers verkündet und die Candidati Principis nach seinem Gutdünken besetzt. Außerdem ernennt Vescularius immer wieder neue Senatoren, die, meiner Meinung nach, nur einem Zweck dienen; In seinem Sinne die Entscheidungen im Senat zu befürworten. Aber wem erzähle ich das, gewiss bist du durch die Acta und deine Familienmitglieder bereits politisch voll im Bilde.“ Septime schenkte Furianus ein Lächeln, dass Männerherzen zum schmelzen bringen konnte. Sie war schließlich NUR eine Frau und die Männer sollten von ihr ruhig denken, dass sie vom politischen Geschehen keine große Ahnung hatte.


    Auf die Opferung zur offensichtlichen Erhalt seiner Gesundheit wollte Septima lieber nicht eingehen. Ein Gespräch über Alter und Tod gehörte nicht zu ihren favorisierten Themen und noch weniger der Alterungsprozess, dem Furianus anheim gefallen zu sein schien. Dann lieber vom Leben sprechen. „Mir ist ebenfalls zu Ohren gekommen, dass du inzwischen Vater geworden bist. Nun haben wir uns sehr lange nicht mehr gesehen und nichts voneinander gehört, so dass ich dir, wenn auch reichlich verspätete, von Herzen dazu gratulieren möchte.“ Sie reichte dem älteren Senator ihre Hand, war es doch ein schöner Grund für einen kurzen Körperkontakt, der ihr unter anderem mehr Aufschluss über ihre weiteren Planungen geben sollte. Gewiss wäre es nur von Vorteil, sowohl für Ursus' Karriere, als auch für ihre eigenen Interessen, weiterhin engen Kontakt zum flavischen Senator und Consular zu pflegen. Die Frage blieb nur, wäre er dazu noch bereit? „Es freut mich zu sehen, dass es deiner Frau und deinem Kind gegönnt ist, deine Gegenwart zu genießen. Ich nehme an sie sind auch hier in Rom?“ erkundigte sich Septima weiter, in der Gewissheit, dass sie Claudia Catilina schon lange nicht mehr in Rom gesehen hatte.

    Als Baldemar auf seine Herrin zutrat, fing sie den stechenden Blick des sie eindeutig an Körpergröße überragenden Mannes auf, doch Septima lies sich von ihrem Leibwächter nicht unterkriegen und erwiderte den Blick mit stoischer Ruhe. Es würde ihrem Ansehen mehr schaden, wenn sie Baldemar beschimpfen würde, als wenn sie so tat, dass ihr sein Blick nichts ausmachte. Das genau diese Reaktion den Germanen zur Weißglut bringen konnte, ahnte die junge Frau nicht, dafür interessierte es sie auch zu wenig.
    Für Baldemar's abfälliges schnauben erntete er einen bösen Blick seiner Herrin, der womöglich genaus an ihm abperlte, wie sie es zuvor mit seinem Blick getan hatte. Baldemar war eben Baldemar, aber er beschützte sie sehr gut, dass war es, was für Septima zählte.


    Ruhig und beständig wiegte Frija ihre Tochter sanft in den Armen und redete weiter beruhigend auf sie ein. Erschrocken blickte zu ihrer Herrin empor, als Marei sie lautstark dazu aufforderte, das ER weg sollte. Septima schaute hinab zu ihren beiden Sklavinnen und fing Frijas Blick auf. Sie nickte kurz, für den Fall das Frijas fragender Blick so viel hiess wie 'Ich bringe mein Kind jetzt weg, wenn du erlaubst, Domina.' Es würde sich zeigen, ob Septima richtig verstanden hatte. Die ganze Situation war ihr unangenehm und im Geiste rügte sie sich selbst, dass sie Marei nicht mitgenommen hatte nach Rom. 'Hätte sie uns begleitet, dann wäre ihr all die Schändung durch Lux erspart geblieben.' Doch alle Gedankenspiel halfen nichts, es war geschehen und konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die blauen Flecke auf Mareis Beinen würden heilen und die Seele des Kindes hoffentlich auch.


    [Blockierte Grafik: http://666kb.com/i/bgu2t8t0lqygv7wn5.jpg] | Frija
    Frija richtete sich ein wenig auf, damit sie Marei auf ihre Arme nehmen konnte. Für nichts auf der Welt hätte sie jetzt einen Mann in die Nähe ihrer Tochter gelassen, selbst Baldemar nicht. Niemand durfte diese Kind in seine Arme nehmen, nur sie, die Mutter! Die kurze Berührung durch Baldemar duldete Frija, aber sie schüttelte auch leicht den Kopf, als Zeichen für ihren Mann, dass er sie jetzt besser in Ruhe lassen sollte. „Es ist alles wieder gut, Marei. Der dunkle Löwe kann dir nichts mehr tun. Ich passe auf dich auf und lass dich nicht alleine.“ Während sie sprach, entfernte sich die Sklavin langsam von den übrigen und machte sich auf den Weg zu ihrer Unterkunft. Marei sah müde und erschöpft aus und sie wollte sie ins Bett bringen und bei ihr bleiben. Ihre Herrin würde heute den Rest des Tages mit einer Leibsklavin zu Recht kommen müssen.


    „Der Schuldige wird seiner gerechten Strafe zugeführt. Ihr könnte jetzt wieder an eure Arbeit gehen.“ befahl Septima und hob somit die Versammlung ihrer Sklaven auf. „Baldemar! Du kommst in kürze in mein Tablinum. Dort erhälst du ein Schreiben, welches dir die Herausgabe von Lux aus dem Caercer bestätigt und eines für den Händler am Steinbruch. Du hast Zeit bis morgen Abend, dann erwarte ich dich hier im Praetorium zurück.“ Damit war alles gesagt worden und Septima wartete noch nicht einmal ein 'Ja Herrin.' ab, was Baldemar sowieso nicht sagen würde. Sie drehte sich um und verliess das Atrium.

    Es war die kräftige Hand ihres custos corporis, die ihr den nötigen Halt gab, um elegant der Sänfte zu entsteigen. Kaum das die mit den Halbmonden verzierten Sandalen an ihren Füssen den Boden berührten, vernahm sie eine ihr wohl bekannte Stimme, die sie freundlich, aber distanziert begrüsste. Mit einem strahlenden Lächeln auf den vollen, roten Lippen, schaute die junge Tiberia auf und nur das kurze weiten ihrer Augen konnte dem geübten Beobachter aufschluss über die Überraschung des Anblicks des vor ihr stehenden Mannes geben. Gewiss, es war viel Wasser den Tiber hinunter gelaufen, aber mit einer solch starken äußerlichen Veränderung des Flavia hatte Septima nicht gerechnet.


    „Salve, Flavius.“ erwiderte sie leise und mit samtiger Stimme die förmliche Anrede. „Ich hörte bereits von deiner Rückkehr in die ewige Stadt und es freut mich sehr, dass wir uns hier rein zufällig begegnen.“ Ihre Augen suchten die seinen, in der Hoffnung, etwas in ihnen lesen zu können, was ihr Aufschluss über die vielen Fragen geben würde, die ihr im Kopf herum gingen. Ihr Lächeln blieb, wenn auch die Gedanken ein wenig kreuz und quer gingen. 'Wann ist der Mann nur so alt geworden? Will ich ihm wirklich noch so nahe kommen, wie wir es vor seiner Krankheit waren? Ist er inzwischen wieder vollständig genesen, oder kommt zu seiner äußeren Veränderung gar noch ein schwächliches Körperbefinden?'
    „Hast du ein Opfer dargebracht?“ erkundigte sie sich, nur um noch ein wenig mehr Zeit zum nachdenken zu bekommen.

    In Begleitung weniger ausgewählter Sklaven, unter denen ihr custos corporis Baldemar nicht fehlen durfte, traf die Tiberia auf dem Forum Holitorium ein. Sie hatte mit Absicht keine tiberische Sänfte gewählt, denn wer konnte ihr vorher sagen, wie diese Treffen enden würde. Selbstverständlich hegte sie eine vage Hoffnung in eine sehr eindeutige Richtung, aber das Schreiben von Flavius Furianus hatten nicht genügend Auskunft über seine Interessen gegeben, so dass Septima auf Spekulationen und Abwarten angewiesen war.
    Kurz vor dem Tempel hielt die Sänfte und Septima hob den Vorhang ein wenig zur Seite. Auffordernd hielt sie ihre Hand hinaus, damit Baldemar, oder wer auch immer, ihr beim aussteigen behilflich sein konnte.

    Septima saß, über eine Schriftrolle vertieft, im Tablinum, als ein Sklave mit einem kleinen Silbertablett eintrat und ihr eine zusammen gefalltenes Stück Papyrus brachte. Es war kein Anschrift zu erkennen und Septima schaute den Sklaven nur fragend an. „Ein Bote hat dies soeben für dich überbracht.“
    Die junge Frau fragte nicht weiter nach, sondern nahm die Nachricht in die Hand und faltete sie auseinander. Das Wachs zeigte kein Siegel, aber der Inhalt der Nachricht gab Aufschluss über seinen Schreiber, selbst ohne Unterschrift.


    Ein versonnenes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und Septima dachte mit einer wohligen Wärme im Magen an einen bestimmten Flavia. Er war bisher der einzige ihrer Liebhaber gewesen, bei dem sie die ganze Nacht verbracht hatte und das nicht nur einmal. Seine Villa suburbaner, mit der dazu gehörigen Pferdezucht, war der ideale Ort für ihre Treffen gewesen, ohne das Ursus auch nur im entferntesten Verdacht geschöpft hätte. Immerhin war Flavius Furianus ein Mann von Ehre.


    Jetzt war er aus seinem selbst gewählten Exil, zur Widerherstellung seiner Gesund, zurück gekehrt und hatte ihr eine Nachricht für ein Treffen am Tempel des Apollo auf dem Forum Holitorium geschickt. Diese, wenn auch kurze Einladung konnte sie unmöglich ausschlagen.
    Somit machte sie sich, mit den Opfergaben für ein unblutiges Opfer ausgestattet, auf den Weg.

    Sim-Off:

    OOT: Ein kurzer Überblick, was sich in den letzten Monaten meiner Abwesenheit bei Septima getan hat


    Ursus Besuch in Mantua wurde durch die Hochzeitsfeierlichkeiten von Durus und Flora auf erfreuliche Weise verlängert, so dass Septima das Beisammensein mit ihrem Mann in vollen Zügen geniessen konnte.
    Kaum war dieser wieder nach Mantua aufgebrochen, quälte die junge Mutter erneut die Einsamkeit, welche sie schon überkommen hatte, als sie kurz nach der Niederkunft von Titus Minor zu Gast in der Casa Germanica gewesen war. Doch mit der Zeit wusste sich Septima durch nette Gesellschaft von einflussreichen Senatoren oder Händlern die Einsamkeit zu versüssen. Sie hatte sich über einen Bekannten eine Wohnung im Erdgeschoss einer Insula gemietet und diese Räume hübsch eingerichtet. Hier traf sie sich mit ihren Liebhabern, ohne das sie erkannt werden konnte. Wenn sie das Haus verließ, war sie kaum von einer Sklavin zu unterscheiden, außer dass ständig Baldemar in ihrer Nähe war und über seine Herrin wachte.


    Wenige Wochen nach der Abreise von Ursus hatte Septima entdeckt, dass sie wieder schwanger war, doch Iuno war ihr nicht hold. Sie verlor das Kind schon in den ersten Monaten. Danach hielt sie sich zurück und konnte eine erneute Schwangerschaft vermeiden.


    Klein Titus war zu ihrem Sonnenschein geworden. Der Junge lernte schnell nach allem zu greifen, was ihm vor die Augen oder den Mund kam. Nichts war vor den kleinen Händen sicher, ganz besonders die langen Haare der Frauen, seien es die von Septima, Frija oder einer anderen Amme.
    Inzwischen lief Titus minor durch die Villa Aurelius Ursus und hielt die ganze Sklavenschaft auf Trab. Nur mit dem Sprechen wollte es noch nicht so richtig klappen. Wenn Septima mit dem Jungen sprach, schaute er sie immer aus großen, braunen Augen an, aber eine Antwort auf eine Frage von ihr, bekamm die junge Mutter nicht.