Die Ankunft der Priester weckte Laevinas besonderes Interesse, nicht etwa aus besonderer Frömmigkeit, sondern weil sie ein Exemplar im Schlepptau hatten, das eindeutig älter war als sie selbst. Und zwar deutlich, wenn man nach dem zerknautschten Gesicht gehen konnte. Allerdings bewegte sich dieser Aedituus auch in einem derartigen Schneckentempo, dass seine auf diese Weise aufgesparte Energie locker noch für weitere 30 Jahre reichen würde.
Noch ein wenig BlaBla und dannn begann die Opferei. Und auch hier ließen sich sowohl der Haruspex als auch der alte Priester alle Zeit der Welt, und Laevina spürte, wie sie allmählich ungeduldig wurde. Unfassbar, wie lange diese Kerle in diesen matschigen Eingeweiden herumwühlten, so viele Organe konnte doch kein Viech haben....
Laevna seufzte auf, und hatte sich gerade dazu entschlossen, sich für ein paar Minütchen in den Uhu-Schlaf zu begeben, als eine laute weibliche Stimme ihre Entspannungsphase störte. Missbilligend folgte ihr Blick der Lärmquelle und machte nach kurzem Suche die Schuldige aus, die ihr irgendwie bekannt vorkam. Achja, das war doch das Mädchen, das bei den Iuliern seinerzeit mit diesem kleinen Fummel aufgetaucht war... Heute war sie eindeutig besser gekleidet, aber dieses Benehmen...undiszipliniert, absolut undiszipliniert... Laevina schnaubte einmal kurz, dann schlossen sich ihre Augen kaum merklich. Sollte es hier irgendwann mal wieder spannend werden, konnte sie den Uhu-Modus immer noch wieder verlassen.
Beiträge von Germanica Laevina
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So knapp, wie es sich mit einiger Vorplanung hatte einrichten lassen, traf auch Laevina schließlich in der Casa Iunia ein, wo sie sich sofort unauffällig im Atrium auf einen stillen Beobachterposten zurückzog. Gesellschaftlichen Blabla-Smalltalk würde sie im Verlauf dieses Tages noch genug halten können und müssen, doch das musste warten, denn heute war ein großer Tag im Leben der alten Germanica. Immerhin würde sich in Bälde eins ihrer größten Lebensziele, die Heirat mit einem Senator, erfüllen. Nicht durch sie, Laevina, persönlich, ihr war es unbegreiflicherweise all ihrer Talente und Vorzüge zum Trotz nicht geglückt, und auch nicht durch ihre wunderschöne Tochter, die auf diesen iunischen Habenichts hereingefallen war. Nein, ausgerechnet ihrer verhuschten Enkelin, die sie mit viel Glück an einen wohlhabenden Landbesitzer zu verkuppeln erhofft hatte, war es gelungen, sich einen solchen Ehemann an Land zu ziehen. Unfassbar eigentlich, aber im Grunde auch gleichgültig: das Ziel war endlich in greifbare Nähe gerückt und jeden, der sich dem jetzt noch in den Weg stellen würde, würde Laevina bei lebendigem Leibe in kleine Stückchen schneiden und den Gästen zur Cena servieren.
Doch sobald das Hochzeitsritual heute vorbei, Serrana verheiratet und sie selbst nicht mehr für deren Tugend verantwortlich war, würde sie zum ersten Mal seit 16 Jahren wieder durchatmen und sich anderen Dingen widmen können. Schließlich war sie ja noch nicht tot, auch wenn sie bereits stramm auf die 60 zuging.
Mit einem grimmigen Blick der Entschlossenheit nickte die dienstälteste Germanica dem einen oder anderen Verwandten oder Bekannten zu, postierte sich dann an einer Säule mit hervorragender Aussicht auf den Foculus und harrte mit Adleraugen der weiteren Ereignissen. -
Die Tür zu Serranas Cubiculum stand bereits offen, und so rauschte Laevina einfach hinein, ohne sich mit längerem Klopfen aufzuhalten. Ein Wunder, dass sie überhaupt noch einen Platz zum stehen fand, denn in dem kleinen Raum befanden sich bereits die beiden Bräute, Calvena und Serrana, und eine junge Frau, an die sich Laevina noch ganz dunkel von den Fontinalia erinnern konnte. An Quadratas Anblick hingegen war die alte Germanica seit Jahrzehnten schon derart gewöhnt, dass sie die Anwesenheit ihrer alten Sklavin gar nicht mehr bewusst wahr nahm.
Nicht zu übersehen waren allerdings die Überraschung der beiden Mädchen, gefolgt von einem leichten Erschrecken im Gesicht ihrer Enkelin, was Laevina direkt wieder ärgerlich machte."Was ist denn? Du wolltest doch schließlich, dass ich bei diesem Mummenschanz morgen deine Brautmutter spiele, oder etwa nicht? Also schau mich nicht an wie ein waidwundes Reh, das kannst du dir für deinen künftigen Gemahl aufsparen, der fällt vermutlich sogar darauf herein." Mit zwei schnellen Schritten war Laevina bei ihrer Enkelin angekommen, griff nach dem doppelten Wollgürtel, schlang diesen um Serranas Taille und verknotete ihn mit schnellen und geschickten Bewegungen. "So, das dürfte reichen, schließlich will ich Sedulus ja nicht überfordern..." Sie warf noch einen kritischen Blick auf ihr Werk und wandte sich dann kurz an Calvena. "Um dich kümmert sich ja jemand anders, wenn ich das richtig verstanden habe. Dann kann ich ja jetzt wieder gehen." Laevina drehte sich wieder Richtung Tür, dann fiel ihr ein, dass sie die junge Frau noch gar nicht richtig begrüßt hatte, wobei der Umstand, dass diese Halbmonde an den Schuhen trug, sie herzlich wenig beeindruckte.
"Salve, meine Gute. Wir werden sicher morgen noch Zeit haben, uns ausführlicher zu unterhalten, jetzt bin ich leider ein wenig in Eile. Valete und eine angenehme Nacht." Laevina unterstrich ihre kombinierte Begrüßung und Verabschiedung mit einem knappen Nicken, dann marschierte sie genauso zügig, wie sie ins Zimmer hineingekommen war, auch wieder hinaus. Morgen würde sie sich ohnehin noch lange genug in dieser Casa aufhalten müssen.
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Achja, an die alte Schleiereule von Türsteher konnte sich Laevina noch dunkel erinnern...
"Du kannst mich reinlassen und mir das Cubiculum meiner Enkelin zeigen." antwortete Laevina knapp und machte bereits den ersten Schritt nach vorn, obwohl die Tür sich noch gar nicht richtig geöffnet hatte. Eine erneute Vorstellung war ja wohl nicht nötig, schließlich war sie ja erst vor sieben Monaten hier gewesen!
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Einige Tage bereits hatten Aversion und Perfektionsdrang sich in der alten Germanica einen harten Kampf geliefert, dann hatte sich letzterer haarscharf durchgesetzt und sie am Vorabend der Hochzeit ihrer Enkelin doch zu deren Haus geführt, wo sie mit grimmigem Gesicht an die Porta klopfte.
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"Fein, dann ist ja alles geklärt." nickte Laevina kurzangebunden. Was sollte man auch noch lange daherreden, das kostete nur Zeit, die besser für die Hochzeitsvorbereitungen genutzt werden konnte.
Sie wandte sich bereits Richtung Tür, drehte sich dann aber noch einmal zu Calvena um. "Nun denn, alles was ich dazu beitragen kann, damit diese seltsame Hochzeitsveranstaltung ein vollständiger Erfolg für unsere Gens wird, werde ich selbstverständlich tun.
Was die Iunier angeht, so kann meinethalben das Haus abbrennen, sobald der Brautzug begonnen hat und wir dort wieder raus sind. Mach dich jetzt wieder an die Arbeit, ich werde das selbe tun." Ohne weitere Verabschiedung rauschte Laevina aus dem Zimmer und begab sich wieder in ihr Cubiculum, um ihre Vorbereitungslisten weiter abzuarbeiten. -
Ganz kurz zuckte ein kleiner Muskel in Laevinas linker Wange, dann hatte sie ihre Gesichtszüge wieder vollständig unter Kontrolle. Brautmutter, sie? Natürlich machte das Sinn, da Serranas wirkliche Mutter nicht mehr am Leben war, aber dass das Mädchen tatsächlich darum bat.. An die Hochzeit ihrer Tochter Alba konnte Laevina sich kaum noch erinnern, alle Zeremonien waren in Anbetracht der peinlichen Umstände im Eiltempo vollzogen worden, und Laevina war weder davor noch irgendwann danach je wieder derart wütend an einem Tag gewesen. Aus diesem Grund war damals vor knapp siebzehn Jahren auch entschieden worden, auf den "Brautraub" zu verzichten, denn die Gefahr, dass sie bei dieser Gelegenheit ihren Schwiegersohn ernsthaft verletzt hätte, war ihrem Mann zu groß erschienen. Ganz abgesehen davon, dass Iunius Macro seinen unrechtmäßigen Brautraub in Laevinas Augen zu diesem Zeitpunkt ohnehin längst hinter sich hatte. Die alte Germanica knirschte bei dieser Erinnerung mit den Zähnen und wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder Calvena und den aktuellen Hochzeitsvorbereitungen zu.
"Brautmutter? Hm...nun gut. Du kannst Serrana ausrichten, dass ich das machen werde, schließlich ist sie meine Enkelin." erklärte sie mit kühler Stimme, ohne auf Calvenas weitere Ausführungen einzugehen. "Aber erwartet bloß nicht, dass ich freiwillig auch nur eine Stunde früher als unbedingt notwendig meinen Fuß in das Haus von diesem iunischen Gesocks setzen werde. Bei den Vorbereitungen am Vorabend müsst ihr schon ohne mich auskommen, aber ich werde euch Quadrata vorbeischicken. Das alte Mädchen kennt sich bestens aus, immerhin hat sie 40 Jahre Erfahrung und hat sich schon bei meinen beiden Hochzeiten hervorragend um alles gekümmert."
Und der Einfall kam also von Sedulus? Keine wirkliche Überraschung..."Das hätte ich mir ja gleich denken können, dass der sich diesen Schwachsinn ausgedacht hat." blaffte Laevina ärgerlich. "Praktisch ist ja schön und gut, aber doch nicht, wenn man Gefahr läuft, sich vor halb Rom zum Affen zu machen! Hinterher denken die Leute noch, wir hätten was zu verbergen, weil wir unsere Gäste nicht hier in der Casa Germanica empfangen sondern bei diesen Sittenstrolchen!"
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Die Augen des Jungen wurden allmählich ein wenig glasig, vielleicht war es sinnvoll einen Gang herunterzuschalten, denn schließlich redete Laevina ja nicht um des Redens willen, sondern weil sie wollte, dass bei Pius etwas hängen blieb. Schließlich sollte aus ihm ja mal ein produktives Mitglied dieser Gens werden, das zur Vermehrung von Ruhm und Wohlstand beitragen wollte und auch konnte, und keine Schnarchnase wie ihr erster Mann, der nur ihren Anteil an guter Atemluft geschmälert hatte.
"Nun, das ist ganz einfach." erklärte sie erfreut über das Interesse des Jungen, der nicht einfach abschaltete, sondern weiter nachhakte, obwohl er unübersehbar müde war. "Ein Ziel ist das, was du unbedingt erreichen willst, und eine Methode ist die Art und Weise, wie du das schaffen kannst. Angenommen, du möchtest gern einen Apfel, der noch am Baum im Hortus hängt. Dann könntest du verschiedene Methoden anwenden, um ihn zu bekommen. Entweder du kletterst selbst auf den Baum, was am schnellsten aber auch am gefährlichsten wäre. Oder aber du bittest ein Familienmitglied um Hilfe oder befiehlst einem der Sklaven, dir den Apfel vom Baum zu holen. Die letzte Methode ist natürlich am bequemsten, aber du müsstest den Befehl so formulieren, dass niemand auf die Idee kommen kann, dass du dich vielleicht einfach nur nicht traust, auf den Baum zu steigen." Ob das wohl anschaulich genug gewesen war? Laevina war nicht gerade die geborene Pädagogin vor den Göttern, aber wenn sie einmal begann, ihre Weisheiten weiterzutragen, dann entwickelte sie dabei auch einen gewissen Ehrgeiz, auch wenn es sich bei dem Zielobjekt um einen sechsjährigen Jungen handelte.
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Nachdem sie höchst sorgfältig Material und Verarbeitung des Hochzeitsschleiers überprüft hatte, nickte Laevina kurz und gab diesen dann an Calvena zurück. Ja, die Qualität war völlig in Ordnung und vermutlich war das gute Stück nicht allzu billig gewesen. Aber da es nicht um ihr Geld ging, war der alten Germanica der Preis relativ egal.
Allerdings gab es da noch etwas anderes, was Laevina unter den Nägeln brannte..."Stimmt es eigentlich wirklich, dass die Gäste erst nach dem Hochzeitszug hierher in die Casa Germanica kommen werden, weil Sedulus und du eine gemeinsame Hochzeitszeremonie bei den Iuniern durchführen wollt? Wer hat sich denn diesen Schwachsinnn ausgedacht?" Allein bei dem Gedanken an ein derart ungewöhnliches Vorgehen stieg ihr bereits die Galle hoch und der Gedanke an das Stammhaus ihres verhassten Schwiegersohns gab Laevina den Rest. Sie war ja nun wirklich ein Mensch, der gern und häufig Geld sparte, aber doch nicht wenn dadurch der Eindruck erweckt werden konnte, dass sich die Germanicer hinter dem klangvolleren weil älteren Namen der Iunier versteckten. Der Iunier...ausgerechnet...
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Als Calvena nach einigen Momenten bekleidet mit der Tunica recta wieder aus dem anderen Zimmer zurückkam und sich um die eigene Achse drehte, fasste Laevina sie sehr genau ins Auge, kontrollierte akribisch Faltenwurf und Länge des Kleides und nickte schließlich zufrieden. Ja, sie mochte vielleicht mittlerweile ein altes Weib sein, aber noch gelang es ihr, ihre nicht unerheblichen Ansprüche an Perfektion selbst zu erfüllen, und das war ihr ungemein wichtig.
"Nun gut" fuhr sie, den Dank des Mädchens geflissentlich überhörend, in geschäftsmäßigem Tonfall fort." Natürlich fehlt noch die Kordel, mit der die Tunica gegürtet wird, aber da gibt es nichts großartiges anzupassen. Und der Rest kann so bleiben, der sitzt, wie er sitzen soll. Wie sieht es mit dem Schleier aus? Und einen Myrthenkranz brauchst du auch, wobei es natürlich schwachsinnig wäre, den jetzt schon fertig zu machen."
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Auch von mir alles gute zum Geburtstag und geniess den Tag, bevor es mit dem Unterricht weitergeht. Bin froh, endlich so einen gelehrigen Schüler gefunden zu haben!
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Herrje,das Mädchen starrte sie ja derart verwirrt an,als hätte Laevina gerade verkündet, beim nächsten Wahldurchgang für das Amt des Konsuls zu kandidieren. "Was ist los? Ist ein Fleck drauf oder eine Masche locker?" blaffte sie Calvena an und hoffte inständig, auf diese Weise möglichen Rührseligkeiten jeglicher Art vorbeugen zu können. "Nun zieh das Ding schon an, und bilde dir nur nicht ein, dass ich dir damit einen Gefallen tun will. Es gilt nur zu vermeiden, dass du dich bei deiner Hochzeit wie ein gestrandeter Karpfen im zerrissenen Netz präsentiert. Du bist schließlich eine Germanica, da musst du dich der Gesellschaft auch entsprechend präsentieren, auch wenn du nur einen Praetorianer heiratest."
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Zu ihrer großen Erleichterung stellte Laevina fest, dass Calvena weder ihre Harfe noch irgend ein anderes Musikinstrument in den Händen hielt, als sie den Raum betrat. Man hatte ihr nach den Fontinalia zwar zugetragen, dass das Mädchen eine wirklich bemerkenswerte Singstimme hatte, aber die alte Germanica hatte es aus unerfindlichen Gründen immer schon gehasst, anderen Leuten beim musizieren oder gar singen zuzuhören. Das machte sie jedes Mal unfassbar aggressiv und nötigte sogar ihrer schier unerschütterlichen Selbstbeherrschung einiges ab. Nein, Calvena musizierte nicht und sah irgendwie auch gar nicht besonders gut gelaunt aus, ein Umstand, über den Laevina sich vor wenigen Wochen diebisch gefreut hätte. Naja, ein wenig amüsierte es sie auch jetzt, aber das war wahrlich nicht dasselbe. Ob sie wohl alt und rührselig wurde, wie so viele andere alten Schachteln ihres Alters?
Falls ja, musste da dringend gegengesteuert werden!Den Gruß unerwidert lassend marschierte Laevina schwungvoll ins Zimmer und drückte Calvena dann das in unauffälligen Leinenstoff eingeschlagene Bündel gegen die Brust. "Hier, probier das mal an. Noch ist Zeit genug, um etwas zu ändern, falls die Länge oder sonst irgendwas nicht stimmen sollte."
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Einige Tage nach Calvenas desaströsen und erschreckend stümperhaften Versuchen an Laevinas eigenem Webstuhl stand diese mit einem unauffälligen Bündel unter dem Arm vor dem Cubiculum ihrer Großnichte. Am liebsten wäre sie natürlich wie immer einfach unangekündigt ins Zimmer hineinmarschiert, aber in Anbetracht ihrer in dieser Hinsicht etwas delikaten gemeinsamen Vorgeschichte und der in knapp zwei Wochen bevorstehenden Hochzeit entschied sich die alte Germanica ausnahmsweise für den zwar langweiligen aber dafür stressfreieren Weg und klopfte an. Hoffentlich ließ das Mädchen sie nicht allzu lange warten, denn für Laevina gab es nichts schlimmeres als untätig zeronnene Zeit.
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Ob der Kleine sich wohl setzen wollte, so wie er sich gerade umsah? Nein, später vielleicht, Zähigkeit und Durchhaltevermögen rangierten in Laevinas ewiger Bestenliste erwünschter Eigenschaften ganz weit oben und Pius war schließlich noch jung und frisch. Da sie seine Gestik und Mimik ganz genau beobachte, entging ihr auch die winzige, angesichts seines geringen Alters wirklich hervorragend getarnte Reaktion nicht, und die alte Germanica freute sich ungemein über die schnelle Auffassungsgabe des Jungen, natürlich ohne sich etwas davon anmerken zu lassen.
"Fein, das freut mich." sagte sie und nickte fast unmerklich. "Also, wie bereits gesagt, kann man ein und das selbe Ziel bei unterschiedlichen Personen auf ebenso unterschiedliche Weise erreichen. Die Kunst besteht einfach darin, möglichst schnell zu erkennen, welche Methode sich bei welchem Gesprächspartner anbietet und den meisten Erfolg verspricht. Deiner Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt, mit einer Ausnahme:" Laevina beugte sich ein Stück zu dem Jungen herab und fixierte ihn ganz genau. "Um was auch immer es gehen mag, liefere dich deinem Gegenüber niemals aus und demütige dich nicht in irgendeiner Form. Das wäre ein Zeichen von Schwäche, und das ist für uns Germanicer indiskutabel. Versuch also immer um jeden Preis, auf andere Weise zu deinem Ziel zu gelangen und soweit wie die Kontrolle zu behalten, sonst wirst du es nicht weit bringen." Natürlich war Pius noch viel zu klein, um all das umsetzen zu können, aber schließlich machte Übung ja den Meister, dafür war Laevina der lebende Beweis.
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Laevina schenkte dem Mädchen noch ein strahlendes Lächeln, bevor diese ihr Cubiculum verließ und kicherte, nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte. Nein, auch mit einem Gladiator konnte man ihr keine Angst machen, ob dieser nun Arme hatte oder auch nicht. Und tief in ihrem Innersten war die alte Germanica auch davon überzeugt, dass sie selbst einem derartig Gehandikappten noch etwas würde beibringen können.
Als sie sicher sein konnte, dass Calvena sich ausser Hörweite befand, drehte sich Laevina in Richtung ihres zweiten Zimmers und bellte:"Quadrata, besorg mir sofort genug von der passenden Wolle für eine Tunica recta. Beeil dich aber und lass dich nicht von einer dieser schwachsinnigen Sklavinnen hier im Haus dabei sehen. Die meisten sind zwar dumm wie wie Brot, aber eins und eins zusammen zählen können sie auch."
Kaum war ihre Sklavin aus dem Zimmer geeilt, da ließ Laevina ihre Fingerknöchel knacken und begann, Calvenas Machwerk wieder aufzulösen. Es gab noch viel zu tun....
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Ha! Jetzt kamen natürlich wieder die Ausreden, kaum das es ein wenig schwierig wurde...Die Jugend von heute war doch wirklich verweichlicht..."Ich will nicht hoffen, dass das wirkich dein Bestes ist, sonst sehe ich wirklich schwarz. Wir können dich auf der Hochzeit ja schließlich nicht den ganzen Tag hinter einem Wandschirm verstecken, bis dein Soldat dich aus diesem...diesem...was auch immer gewickelt hat." Laevina schnaubte. Zum erstem Mal war sie fast erleichtert, dass ihre Großnichte nur einen relativ mittellosen Praetorianer ehelichen wollte. Der konnte so froh über seinen gesellschaftlichen Schnäppchen sein, dass er wegen der hausfraulichen Defizite seiner künftigen Gattin gefälligst die Klappe zu halten hatte!
"Und dass du keine Erfahrungen damit hast, ist offensichtlich. Das könnte sogar ein erblindeter Gladiator mit abgeschlagenen Armen mühelos erkennen..."
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Welch weise Erkenntnis! Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, dann hätte Laevina vermutet, Calvena wolle sie mit ihrem Machwerk auf den Arm nehmen. Wie konnte man mit zehn gesunden Fingern nur SO ETWAS fabrizieren?
"Man könnte meinen, Adula hätte an diesem Webrahmen gesessen. Dieses Monstrum hat auch immer alles an Handarbeit ruiniert, ganz egal, was man ihr in die Hand gedrückt hat." Mittlerweile war Laevinas ohnehin nicht allzu sehr gefülltes Reservoir an Freundlichkeiten ziemlich am Ende angekommen und ihr normales liebenswertes Gemüt bahnte sich zunehmend wieder den Weg an die Oberfläche. "Mit diesem Ding könnte man noch nicht mal Fische fangen, die schlüpfen glatt durch..." Sie schüttelte ungläubig den Kopf und klopfte dann energisch auf das Holz des Webrahmens.
"Nun denn, egal. Wir haben ja Zeit. Mach das Ganze wieder auf und fang noch mal von vorne an. Und diesmal etwas ordentlicher, wenn ich bitten darf."
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Einige Minuten später (denn übermäßig beeilt hatte Quadrata sich selbstverständlich nicht), erschien die alte Sklavin wieder an der Porta und öffnete sie nun endgültig, um den Gast hineinzubitten.
"Du hast Glück, der Senator wird dich in seinem Officium empfangen. Wenn du mir bitte folgen würdest."
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QuadrataGewohnt kurzangebunden hatte Quadrata den jungen Octavier ins Haus gebeten und ihn zum Büro des Senators gebracht. Ein weiteres schnelles Klopfen, dann öffnete sie dessen Tür erneut und ließ den Gast eintreten.
"Dominus, Octavius Macer für dich." Nach dieser Ankündigung schloss Quadrata wieder die Tür und machte sich auf den Weg in die Räumlichkeiten ihrer Herrin. Hoffentlich hatte das Elend am Webstuhl dort mittlerweile sein Ende gefunden...