Beiträge von Germanica Laevina

    "Mir etwas kaufen? Und was sollte das sein? Einen besseren Sklaven als Quadrata finde ich nirgendwo, und aus dem Alter, in dem ich mich so vorteilhaft wie möglich herausputzen musste, bin ich, den Göttern sei Dank, längst heraus." entgegnete Laevina und machte eine wegwerfende Handbewegung. Sie hätte natürlich auch noch anmerken können, dass sie es wider Erwarten auf ihre alten Tage ohnehin hervorragend getroffen hatte. In der Casa Germanica konnte einen mehr als angenehmen Lebensabend verbringen, und das Ganze kostete sie nicht eine Kupfermünze. Da konnte es sich sogar eine Germanica Laevina erlauben, ausnahmsweise einmal großzügig zu sein, vor allem, wenn es dabei um ihr eigen Fleisch und Blut ging.


    "Nein, ich denke, bei dir ist das Geld in guten Händen. Leg es gewinnbringend an, oder mach sonst etwas sinnvolles damit. Ich vertraue dir voll und ganz, was das angeht." Ja, die alte Germanica hielt ihren Schwiegerenkel Sedulus streckenweise zwar für anstrengend und konnte sich mit Begeisterung über ihn aufregen, hegte aber andererseits nicht den geringsten Zweifel daran, dass ihm das Wohl seiner Familie über alles andere ging.

    "Nicht zu warm und nicht zu kalt, sieh an..." Laevinas Augenbraue stieg minimal in die Höhe, während der Rest ihrer Gesichtszüge unbewegt blieb. Dass Aculeo an der Tür stehen geblieben war, registrierte sie mit einer Mischung aus Belustigung und Wohlwollen. Offenbar hatte der Knabe endlich mal begriffen, dass man nicht in jede Situation arglos und ohne nachzudenken hineintappste wie ein junger Bär. Das gab doch Anlass zur Hoffnung...


    "Vielleicht werde ich später noch ein wenig hinausgehen, wenn wir unser Gespräch beendet haben. Nun komm schon her und setz dich zu mir." sagte sie dann schon ein wenig ruppiger als noch bei der Begrüßung und tippte auf den Sitz des Stuhls neben dem ihren. "Oder erwartest du von mir alten Frau, dass ich quer durch den Raum rufe, um mich mit dir zu unterhalten?"

    Laevinas Hand hob sich erneut, und prompt kam Quadrata herbeigeeilt, in den Händen eine unscheinbare kleine Kiste, die sie auf dem Beistelltischchen neben Sedulus abstellte. "Da drin sind ungefähr 2000 Sesterzen, Gewinne aus meinen Landgut in Nola, die ich zur Seite gelegt habe." begann die alte Germanica und schob das Kästchen noch ein Stück näher zu ihrem Schwiegerenkel hin. "Ich würde dich bitten, dass du das für die Zwillinge in Verwahrung nimmst. Viel ist es nicht, aber für einen guten Sklaven oder ein Pferd sollte es reichen. Ich würde es ihnen selbst geben, aber ich bin eine alte Frau. Wer weiß, ob ich noch am Leben sein werde, wenn die beiden alt genug sind, um des Sinn des Geldes zu begreifen."

    "Nun, mit den Decimern kenne ich mich nicht aus, und kann dir nicht sagen, ob es da Probleme gab. Politisch gesehen sind sie mittlerweile bedeutungslos, seit dieser Legat sich in die Altersfrische abgesetzt hat, aber immerhin leitet eine von ihnen derzeit die Acta Diurna. Beruhigend zu sehen, dass Rom nicht nur aus Frauen besteht, deren Geist sich in der Frage erschöpft, welche Ohrringe am besten zu ihrer aktuellen Palla passen." Laevina nickte bekräftigend und machte der im Hintergrund wartenden Quadrata dann ein Zeichen, worauf diese sofort ausprang und in einer der Truhen herumwühlte.


    "Da ist noch eine Kleinigkeit, die ich gern mit dir klären möchte, falls du noch einen Augenblick Zeit hast, Sedulus."

    Ach, sieh an. Wer hätte gedacht, dass es den derzeit so triebgesteuerten Aculeo tatsächlich einmal zur Altersweisheit ziehen würde? Laevina hatte ohnehin vorgehabt, sich den Jungspund nochmal vorzuknöpfen, und dass er freiwillig zu ihr kam, ersparte ihr einiges an Aufwand und Mühe.


    "Oh, aber gewiss ist es das, mein lieber Aculeo." flötete die alte Germanica daher zuckersüß, bevor sich die Fliege wieder allzu weit vom bereitstehenden Spinnennetz entfernen konnte. "Tritt ein, und mach die Tür zu."

    Was hatte denn das auf den Punkt bringen von körperlichen Selbstverständlichkeiten mit Reibereien zu tun? fragte sich Laevina, nachdem sie einen ärgerlichen Blick in Richtung Calvena abgeschossen hatte. Aber nun gut, da sich immerhin zwei mittelalte Männer unter den Anwesenden befanden, an denen die Zeichen der Zeit auch nicht ewig vorbeigehen würden, beschloss die alte Dame um des lieben Friedens willen zurückzurudern, auch wenn diese Freundlichkeit vermutlich wieder von keiner Seite gewürdigt werden würde. "Glaub mir, meine Liebe, auch du wirst in einigen Jahren verstehen, wovon ich rede." flötete sie Calvena zu und schenkte dieser ihr strahlendstes Lächeln, bevor sie sich nach einem Blick hinüber zu ihrem Schwiegerenkel wieder ihrem Teller widmete. "Und gewiss finden wir auch ein Konversationsthema, dass unser aller Gemüter gebührend schont. Der Winter war zum Beispiel ungewöhnlich trocken, findet ihr nicht auch?"

    Es schien ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass arglose Besucher vorzugsweise während Laevinas mittäglicher Schlummerrunde an ihre Tür zu klopfen pflegten, nicht ahnend, dass ein derartiges Timing sich normalerweise nicht eben positiv auf die Grundstimmung der alten Germanica auswirkte. Eben diese überlegte einen Moment lang, ob sie Quadrata zum Abwimmeln an die Tür schicken sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Vielleicht gab es ja einen halbwegs akzeptablen Anlass für diese Störung....


    "Ja bitte..."

    "Mein lieber Sedulus, nach allem, was ich bislang über diesen Decimus gehört habe, scheint er ein doch recht "exzentrischer" Charakter gewesen zu sein. Mir persönlich ist es schleierhaft, was ihn dorthin getrieben haben könnte, aber vielleicht kann seine Familie ja etwas zur Aufklärung beitragen. Oder du erkundigst dich direkt bei den Cohortes Urbanae. Steht nicht einer von Serranas unsäglichen iunischen Verwandten dort im Dienst? Wie hieß er noch gleich...Sicca,... Senecio..." "Seneca" kam es aus der Ecke, in der sich die getreue Quadrata gewohnt unauffällig und mit der Zimmereinrichtung verschmelzend aufhielt. "Seneca, ja genau. Vielleicht weiß der ja was genaueres." nickte Laevina. "Was mich angeht, so würde ich Quadrata dann in die Gästezimmer hinaufschicken, damit sie die Habseligkeiten dieses Decimus zusammensucht. Oder möchtest du, dass das ein anderer Sklave übernimmt?"

    Sieh an, ein richtiger kleiner Klugscheisser....Laevinas Augenbraue wanderte ein kleines Stück nach oben, während sie dem jungen Helvetius zuhörte und jedes Wort, jede Gestik genaustens unter die Lupe nahm. Ja, ein Klugscheisser zweifellos, aber immerhin einer mit Hirn. Schließlich hätte Sabina genauso gut einen tumben Muskelklumpen anschleppen können, die Geschmäcker in dieser Familie waren ja mitunter ein wenig "ausgefallen", wie die letzten Wochen mal wieder deutlich gezeigt hatten.


    "Selbstverständlich hast du sofort protestiert." nickte die alte Germanica mit trügerischer Freundlichkeit. "Da gibt es nur eins, was ich nicht ganz verstehe, Helvetius. Warum hast du meine Großnichte nicht sofort nach Hause gebracht, nachdem sich der, wie du sagst, weniger gut erzogene Teil eurer Gruppe zur Flucht entschlossen hatte? Du wurdest doch gewiss nicht gezwungen, oder etwa doch?"

    "So ein dämlicher Kommentar kann ja wirklich wieder nur von dir kommen." blaffte Laevina in Richtung ihrer Enkelin und schüttelte ungläubig den Kopf." Lass dir gesagt sein, Kind, ein alter Docht ist verdammt schwer zum brennen zu bringen, und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob ein Pontifex dran hängt oder ein Bauer vom Feld. So ein junges Ding verliert da schnell mal die Geduld, und wenn es noch dämlich genug dabei ist, was man bei diesen verzüchteten Patriziern ja annehmen kann, dann geht es mit dem Nächstbesten stiften, der ihm zeigt, wo der Hammer wirklich hängt." Die alte Germanica schüttelte erneut den Kopf und griff nach einem weiteren Seeigel. Wie konnte man nur willentlich eine derartig gute Partie einfach sausen lassen? Hochdekorierter Senator und Pontifex und dabei scheinbar auch noch so gut wie tot. Ja, was wollte man denn mehr?

    Laevina registrierte mit einigem Erstaunen, dass ihr Schwiegerenkel offenbar aufrichtig erschüttert wegen des vermutlichen Ablebens seines Gastes zu sein schien. Selbst innerhalb der eigenen Familie verströmte sie nicht gerade ein Übermaß an Warmherzigkeit, doch als Aussenstehender in der alten Germania so etwas wie Empathie zu wecken, war, vom seligen Kaiser Titus vielleicht abgesehen, ein nahezu unmögliches Unterfangen.


    "Nun, wie ich schon sagte, es ist nur ein Gerücht. Allerdings hat Quadrata ein ziemlich gutes Gespür für das, was nur dummes Geschwätz, und das, was Hand und Fuß hat. Und nachdem, was sie aufgeschnappt hat, wurde dieser Decimer von irgendwelchen Gesindel überfallen und ausgeraubt und anschließend liegengelassen. Ich hab das Hauspersonal befragt, und den Mädchen zufolge, die für sein Cubiculum zuständig sind, ist er dort schon einige Tage lang nicht mehr aufgetaucht. Das spricht wohl dafür, dass an dem Gerücht etwas dran ist."

    Laevinas Finger klopften ganz leise aber unüberhörbar auf die Lehne ihres Sessels, während sie, nach wie vor mit unbewegtem Gesichtsausdruck, den Ausführungen des Jungen lauschte und erst gegen Ende ein kleines Hüsteln hören ließ.


    "Soso....nun, Faustus Helvetius Milo, Sohn des Tiberius Helvetius Marcellus, bevor ich mich näher mit dem Grund deines Besuches auseinandersetze, würde ich gern von dir wissen, wie der Enkel eines Senators auf die Idee kommt, mit der Tochter eines anderen Senators wie ein gewöhnlicher Straßenbengel durch die Gassen Roms zu ziehen. Oder warst du etwa nicht dabei, als meine Großnichte am Tag ihrer Rückkehr ihrem Hauslehrer davongelaufen ist und das ganze Haus in helle Aufregung versetzt hat? Hm...?"

    Es gingen einige Minuten ins Land, bis schließlich auch Laevina den Oecus betrat und sich schweigend auf einem Sessel gegenüber der Bank des Jungen niederließ. Wortlos und ohne eine Miene zu verziehen musterte sie in aller Ruhe dessen Gesichtszüge, Körperbau und Kleidung, registrierte schmutzige, aber nicht abgearbeitete Hände und die schnörkellose aber dennoch gute Qualität der Tunika und hob schließlich geraume Zeit später zunächst die eine Augenbraue, bevor sie den ersten Ton von sich gab.


    "Nun?"

    Typisch, dass Männer gleich als erstes an Wein dachten. Was ordentliches zu essen und zu trinken, die eine oder andere nächtliche Zuwendung dann und wann und ab einem gewissen Alter vielleicht noch was warmes für die Füße, und schon waren die meisten von ihnen lammfromm, zufrieden und dauerhaft ruhiggestellt. Aber nun gut, derartige Dinge waren ja ohne allzu großen Aufwand zu organisieren und machten auch das eigene Leben unkomplizierter.


    "Sein Lieblingswein, fein. Ich werde dafür sorgen, dass einige Krüge bei seiner Heimkehr bereitstehen. Das Triclinium ist auch kein Problem, und am besten lasse ich einige Speisen vorbereiten, die relativ zeitnah serviert werden können, je nachdem wann dein Onkel hier in Rom eintrifft. Die Zimmer sind in diesem Haus seit meiner Ankunft ohnehin immer tipptopp, ich hoffe, du hast nichts gegenteiliges zu berichten, mein lieber Sedulus. Ansonsten werde ich noch das Bad herrichten lassen, eine derart lange Reise beschließt man doch schließlich gern im warmen Wasser des eigenen Hauses, nicht wahr?" Die letzte Frage war eigentlich rein rhetorisch, denn Laevina zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass auch nur eine ihrer Überlegungen gegebenenfalls optimierbar wäre. "Und warum ich dich sprechen wollte...." Die alte Germanica warf einen unauffälligen Blick auf Sabina, die sich gerade wieder über ihre Stickarbeit beugte, und beschloss, dass das Mädchen allmählich auch alt genug war, um etwas unerfreulichere Themen mitzubekommen. "Es geht um deinen Hausgast, Sedulus, diesen ominösen Decimus Verus. Quadrata berichtet mir, dass man in den Straßen darüber munkelt, er sei irgendwo tot aufgefunden worden. Hast du darüber irgendetwas gehört? Denn falls diese Gerüchte der Wahrheit entsprechen, müssen wir uns unverzüglich mit seiner Familie in Verbindung setzen."

    "Ah, Sedulus, gut, dass du da bist, ich hätte dich später ohnehin noch aufgesucht." grüßte Laevina ihren Schwiegerenkel, den ärgerlichen Blick ihrer Großnichte völlig ignorierend. Wo kam man denn da hin, wenn man auf die Befindlichkeiten von kleinen Mädchen achtete, sowas zog nur Müßiggang und schlechtes Benehmen nach sich! "Avarus kommt endlich zurück? Hervorragend, das wurde aber auch langsam Zeit! Natürlich werde ich die Vorbereitungen übernehmen, ausser mir ist in diesem Haus ohnehin niemand dazu vernünftig in der Lage. Seine Räumlichkeiten und das Officium müssen in Ordnung gebracht werden, und natürlich sollten wir zur Feier des Tages unsere Vorratskammer ein wenig aufstocken. Dein Onkel wird ja sicher in absehbarer Zeit den einen oder anderen Gast hier im empfangen. Du kennst ihn ja besser als ich: sollen wir irgendetwas besonderes zu seinem Empfang besorgen?" Laevina nahm sich vor, einen Teil der Arbeit an ihre Enkelin abzutreten, schließlich schleppte Serrana ja schon seit geraumer Zeit keinen sie behindernden Babybauch mehr vor sich her. Und für Sabina würde sich sicherlich auch etwas passendes finden...

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    Quadrata


    "Nicht? Achso." 45 Jahre lang die Launen einer Germanica Laevina zu ertragen, hatten Quadtrata soweit abgehärtet, dass der unübersehbare Ärger dieses kleinen Jungen an ihr abprallte, ohne einen nennenswerten Eindruck zu hinterlassen.


    "Ja, Domina Sabina ist daheim, aber sie steht unter Hausarrest. Ich werde mich erkundigen, ob sich dich empfangen darf, einen Moment bitte." Die Porta schloss sich erneut, doch nur wenige Minuten später kam die alte Sklavin wieder zurück.


    "Du kannst hereinkommen, aber zuerst möchte meine Herrin mit dir sprechen. Komm bitte mit, ich bringe dich in den Oecus."

    Wider Erwarten stellte Sabina sich gar nicht so dumm an. Natürlich waren ihre Handbewegungen noch nicht routiniert, aber im Gegensatz zu ihrer höchst unbegabten Cousine legte sie tatsächlich ein gewisses Talent für das Sticken an den Tag. Den Göttern sei Dank, wie Laevina insgeheim dachte, denn schließlich würde es bei späteren Eheverhandlungen jedes einzelnen Pluspunktes bedürfen, wollte man die unübersehbaren und -hörbaren schlechten Gewohnheiten dieses Mädchens bei potentiellen Interessenten irgendwie kaschieren. Die alte Germanica überlegte gerade, ob sie sich von Quadrata einen kleinen Überbrückungs-Snack aus der Küche holen lassen sollte, als es plötzlich an der Tür klopfte und das Kind natürlich sofort seine Arbeit unterbrach und den Kopf drehte.


    "Konzentrier dich gefälligst auf das, was du gerade tust, sonst kommen Fehler rein, und wir müssen alles wieder aufmachen." Laevina fasste Sabinas Kopf und drehte diesen zurück zu ihrer Handarbeit, dann schaute sie selbst zur Tür.


    "Ja bitte?"

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    Quadrata


    Kaum hatte sie sich zum Gehen gewandt, da klopfte es erneut und Quadrata öffnete abermals, nur um wieder den selben kleinen Jungen vor der Porta stehen zu sehen.


    "Was willst du denn noch?" fragte sie mit einer Mischung aus Ungeduld und leichtem Ärger in der Stimme, schließlich machten sich die Einkäufe für ihre Herrin ja nicht von allein, und die war alles andere als ein geduldiges Naturell.