"Mein lieber Sedulus..." begann Laevina, und ihre Augenbraue wanderte wieder einmal in die Höhe "...ich sagte, ich könne mich gut an deinen Vater erinnern, nicht dass wir uns besonders nahegestanden hätten. Wie hört sich das denn an..." Natürlich stand es ausser Frage, dass der gute Traianus damals seinen Vetter Vindex glühend um dessen Braut beneidet hatte, wie so viele andere zweifellos auch. Warum auch nicht, schließlich hatte er selbst ja nur eine farblose Servilia abbekommen. Nicht, dass die alte Germanica noch wirklich an Sedulus' Mutter erinnern konnte, aber allein das war doch schon ein Indiz dafür, dass diese nicht allzu beeindruckend gewesen sein konnte, oder nicht?
Nunja, sie selbst hatte seinerzeit, wenn auch unfreiwillig, bei der Partnerwahl ebenfalls tief in den Abort gegriffen, daher konnte sie das einem anderen Familienmitglied kaum zum Vorwurf machen.
Dann kam das Gespräch jedoch auf ein Thema, das bei Laevina wie kaum ein anderes angenehme Erinnerungen weckte, und sie streckte sich unwillkürlich gemütlich in ihrem Lehnstuhl aus, während ihre Augen zu leuchten begannen. "Ein Triumphzug für einen Germanicus, oh, was für eine wundervolle Vorstellung! Verdient hätte unsere Gens das allemal, die Frage ist nur, wann der Rest dieser Stadt das auch begreift. Hab ich dir eigentlich schon mal erzählt, dass ich damals beim Triumphzug für den göttlichen Titus dabei war nach seinen Siegen in Judäa? Hach, das waren noch Zeiten, da hatten wir mit Vespasianus noch einen richtigen Imperatur, und erst sein Sohn, hach ja...."
Beiträge von Germanica Laevina
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"Natürlich habe ich recht, erstaunlich, dass dir das immer wieder so erwähnenswert erscheint." entgegnete Laevina süffisant, den zarten Hinweis auf ihre eben noch unter Beweis gestellte Wissenslücke in Bezug auf das für eine politische Karriere unerlässliche Tribunat bei Angehörigen des Ritterstandes rigoros überhörend. Höchst ärgerlich, dass ihr dieser Schnitzer untergekommen war, aber immerhin war es nur in Gegenwart eines Verwandten und nicht eines zu beeindruckenden Fremden passiert. Laevina nahm sich vor, sich in dieser Hinsicht so bald wie möglich auf den aktuellen Stand zu bringen, wandte ihre Aufmerksamkeit dann jedoch wieder Sedulus zu. "Dein Vater, ja..." sagte sie versonnen und versuchte sich die Gesichtszüge von Avarus' Bruder und ihrem Cousin in Erinnerung zu rufen. "Ich kann mich noch ganz gut an deinen Vater erinnern, musst du wissen. Wir waren etwa im gleichen Alter, und Traianus war damals auf meiner Hochzeit mit...mit Vindex, musst du wissen." Beim Krater des Vesuvs... war es möglich, dass sie gerade ernsthaft hatte überlegen müssen, wie der Name ihres ersten Mannes gelautet hatte? Nicht, dass an Germanicus Vindex allzu viel erinnerungswürdiges gewesen wäre, aber den Namen des eigenen Gatten zu vergessen, gehörte sich nun wirklich nicht, da musste unverzüglich ein Riegel vorgeschoben werden. Ob sie sich angewöhnen sollte, von nun an täglich die Totenmaske ihres verblichenen Ehemannes zu begutachten und ein paar Erinnerungen wachzurufen? Schon bei dem Gedanken daran musste die alte Germanica ein Gähnen unterdrücken, aber nun ja, was tat man nicht alles, um seinen tadellosen Matronen-Ruf aufrecht zu erhalten, und danach würde sie zumindest hervorragend schlafen können.
"Dein Vater hat damals eine sehr beeindruckende Karriere gemacht, es wäre doch wundervoll, wenn unsere Gens irgendwann wieder zum Glanz dieser Tage zurückfinden würde, meinst du nicht auch?" Und falls Sedulus in dieser Hinsicht keine Ambitionen zeigte, dann vielleicht ja sein Sohn, auf dessen Entwicklung würde die treusorgende Urgroßmutter auf jeden Fall ein besonderes Auge haben.
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Meine Güte, von wem hatte der Junge nur diesen Drang zur pathetischen Schwafelei? Von der väterlichen Seite wohl kaum, die Germanici hatten sich in der Regel bislang eher robust und bodenständig und ohne allzu große Neigung zu philosophischen Exkursen erwiesen. Da musste wohl bei der Mutter etwas schiefgegangen sein, eine Ateria, wenn Laevina richtig informiert war.
Die alte Germanica schaltete in einem Anfall von Selbsterhaltungstrieb auf Durchzug und wurde erst wieder aufmerksam, als Aculeo die Wörtchen "Germanien" und "Reise" in den Mund nahm. Wovon in aller Welt redete er denn jetzt schon wieder? Laevina hatte gerade den Mund geöffnet, um ein wenig Licht in ihre Verwirrung zu bringen, da hatte ihr junger Verwandter ihr Cubiculum schon wieder verlassen.
Ein kurzer Seitenblick traf Quadrata, und die alte Leibsklavin, die sich wie üblich unauffällig im Hintergrund gehalten hatte, sprang sofort auf, um sich wie ein Schatten an Germanicus Aculeos Fersen zu heften, wie sie es schon so häufig und erfolgreich bei anderen getan hatte.
Sim-Off: danke gleichfalls
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"Nun, ich kann schließlich nicht über alles und jeden in diesem Haus genauestens informiert sein." brummte Laevina ärgerlich, obwohl sie seit dem Tag ihrer Ankunft natürlich alles daran gesetzt hatte, genau das zu sein und sich gerade maßlos darüber ärgerte, sich selbst diese Blöße gegeben zu haben. Schweigend hörte sie Sedulus' Bericht über dessen bisherigen Werdegang zu, und nickte nur dann und wann. "Und warum bist du von den Cohortes Urbanae zur Legion gewechselt, falls die Frage erlaubt ist? Waren die Aufstiegsmöglichkeiten dort besser?"
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Selbstverständlich war es so, wie sie es gesagt hatte, und Laevina, die es immer wieder still genoss, wenn einer ihrer Gesprächspartner die Widerworte einstellte, lehnte sich mit einem zufriedenen Lächeln in ihrem Lehnstuhl zurück und lauschte den weiteren Worten ihres Schwiegerenkels nun schon wesentlich wohlwollender. Nichtsdestotrotz wanderte nur wenige Sekunden später die linke Augenbraue der alten Germanica erneut ein Stück weit in die Höhe. Ein militärisches Kommando, sieh mal einer an... Ob bei Sedulus wohl ein zweiter Frühling ins Haus stand, wie das bei Männern häufiger der Fall war, die im gesetzten Alter auf einmal wieder anfingen mit Waffen herumzuspielen? Nun ja, ihr konnte das im Grunde egal sein, so lange dieses neue Hobby dem Prestige der Familie zuträglich war.
"Nun, du wirst schon wissen, was du dir und deiner Gens zumuten kannst und was nicht. Was hast du auf militärischem Sektor denn bereits an Erfahrungen vorzuweisen? Du wirst dich erinnern, dass ich erst seit zwei Jahren wieder in Rom lebe, über deinen früheren Werdegang ist mir kaum etwas bekannt." Diese neue Wendung des Gesprächs weckte derart Laevinas Interesse, dass sie fürs erste sogar von der Familienplanung ihrer Enkelin abließ, dieses Thema würde früher oder später ohnehin wieder aktuell werden.
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Wie hatte sie nur jemals auf die Idee kommen können, Sedulus mit seinen ständigen impertinenten Bemerkungen wäre anstrengend? War er doch regelrecht harmlos gegen diesen schön daher schwätzenden Knaben, der gerade dabei war, einer alten und nun wirklich duldsamen Dame mit seinen unfassbaren Kommentaren den letzten Nerv zu rauben.
"Das ist doch dummes Zeug, Germanicus Aculeo, du kannst froh sein, dass das selbe Blut in unser beider Adern fliesst..." bellte Laevina und war versucht, sich die sorgsam ondulierten Silberlocken zu raufen, die Quadrata in tagtäglicher Kleinarbeit immer wieder aufs neue so drapierte, dass kein einziges Haar an der falschen Stelle lag. "Frag dich mal, warum Rom stets Verbündete gehabt hat. Ganz sicher nicht, weil uns alle Welt so sympathisch fand und findet, sondern schlicht und einfach weil wir immer schon stärker waren und uns besser durchsetzen konnten als alle anderen. Und das, mein lieber Aculeo, ist das, was letzten Endes immer zählt! Was eines Tages bleiben wird, ist die Tatsache, dass Rom sich zur Herrscherin der Welt gemacht hat, wie und warum wird keinen Menschen mehr interessieren. Genauso wenig wie die Philosophie, auf der du so herumreitest...." die alte Germanica machte eine wegwerfende Handbewegung "....das ist etwas für Schwätzer, für Weicheier, die an den Herausforderungen des normalen Lebens zwangsläufig scheitern würden und sich deshalb in schönklingende Worte flüchten. So etwas braucht kein normaler Mensch, auch du nicht, insofern du Eier im Lendenschurz hast, wovon ich doch mal schwer ausgehen möchte, so wie du dich in den letzten Tagen aufgeführt hast."
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Da! Na endlich, der kleine Bengel knickte ein. Für sein Alter hatte er sich über einen respektablen Zeitraum gehalten, aber jetzt wich allmählich doch die Farbe aus seinem jungen Gesicht, und auf das von Laevina stahl sich ein kaum wahrnehmbares zufriedenes Lächeln.
"Nun, das ist doch ganz wundervoll." zwitscherte sie dann und kehrte zu der freundlich harmlosen Alt-Damen-Stimme vom Anfang ihres Gesprächs zurück. "Ich wusste, dass du ein verständiger junger Mann bist, Helvetius, und bin sehr erleichtert, dass ich mir in Zukunft jetzt keine Sorgen mehr um das Wohl meiner Großnichte machen muss." Ihr Lächeln wurde jetzt ein wenig breiter, und Laevina machte eine einladende Handbewegung Richtung Ausgang. "Du kannst Sabina jetzt besuchen, sie ist in meinen Räumlichkeiten und stickt. Meine Sklavin Quadrata wird euch ein wenig Gesellschaft leisten, du hast doch sicher nichts dagegen, nicht wahr, Helvetius? Nein, natürlich hast du das nicht, du bist ja schließlich ein ehrbarer junger Mann aus bestem Hause."
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Es lag Laevina bereits auf der Zunge, dass man sich genauso gut eine Konkubine anschaffen konnte, um einen eventuellen Bedarf an Romantik und Gefühlen auszugleichen, den die eigene Ehe nicht hergab, aber dann hielt sie doch die selten eingestandene Loyalität zu ihrer Enkeltochter davon ab. Ausserdem war ein Mann, der sich nur für eine Frau interessierte, in seinen Handlungen und Entscheidungen wesentlich besser zu überschauen und einzuschätzen, was auch nicht zu verachten war, zumindest wenn man eine derartige Vorliebe für allumfassende Kontrolle hatte wie die alte Germanica.
"Nun ja..." sagte sie daher in versöhnlichem Tonfall."Einem Mann, der sich bereits in deiner Position befindet, kann man vermutlich ein gewisses Maß an Sentimentalität zugestehen. Zumindest, solange sich seine weitergehenden Ambitionen in Grenzen halten. Zwar hab ich immer noch die Hoffnung, dass du dich mal wieder an deine politische Karriere erinnerst, aber nun gut...Und was eure Familienplanung betrifft..." Sie seufzte schicksalsergeben auf, wie jemand, dem man gerade die großzügig hingestreckte helfende Hand weg geschlagen hatte. "...werde ich meine Besorgnisse eben zurückhalten, wenn sie so gering geachtet werden. Serrana ist ja noch jung, also solltet ihr noch einige Jahre zur Verfügung haben, falls dich nicht vorher der Schlag trifft. Man weiß ja schließlich nie."
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Laevina, die mindestens ebenso überrascht über diese Ankündigung war wie ihre Enkelin und Großnichte, jedoch nicht vorhatte, sich das besonders anmerken zu lassen, beschränkte sich darauf, eine Augenbraue hochzuziehen, während sie in aller Ruhe ihren achten Seeigel verspeiste und sich danach die Hände in einer der bereitstehenden Schalen abwusch.
"Nach Germanien, sieh an....Und dürften wir erfahren, warum es dich dorthin hinzieht, lieber Sedulus, kaum dass du deinen Fuß mal wieder ins Haus der Familie gesetzt hast?" Wie nicht anders zu erwarten, ertönte im selbem Moment das Gejammer ihrer Enkelin und die alte Germanica warf Serrana einen ärgerlichen Blick zu.
"Was mit dir ist? Was soll denn schon mit dir sein? Du bist im Haus deines Mannes, wo du hingehörst, und kommst gefälligst deinen Pflichten als Matrone nach. Du bist doch schließlich kein Bauerntrampel, dass seinem Mann die Obstkisten auf den Markt hinterher tragen muss!"
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"Was nutzt es einer Familie, wenn ihre Mitglieder irgendwo in der Weltgeschichte aktiv sind?" hakte Laevina sofort nach. "Wichtige Positionen in den Provinzen sind ja schön und gut, aber es braucht immer einen Koordinator hier in Rom, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und der zumindest ein gewisses Maß an Macht und Einfluss besitzt." Warum besagter Terentius Primus wieder auf Freiersfüßen wandelte, interessierte Laevina herzlich wenig, schließlich hatte sie zur Zeit niemanden zu verheiraten. "Was soll schon mit ihr passiert sein? Vielleicht hat er sich von ihr getrennt, weil sie unfruchtbar war oder ihn betrogen hat, oder beides. Oder sie ist schlicht und einfach gestorben, wie das nun mal jeden Tag vorkommt, meine Güte...." Laevina betrachtete das aufrichtig besorgte Gesicht ihrer Enkelin und seufzte leise. Da hatten ja sogar die Kaninchen, die in der Küche auf ihren Exitus warteten, mehr Biss. Eine Schande, dass sich gute Anlagen nicht über die weibliche Linie weitervererben ließen!
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"Ist das alles, was dir zu diesem Thema einfällt?" fauchte Laevina zunehmend giftig, denn wenn sie irgendetwas nicht leiden konnte (neben circa achttausend anderen Dingen), dann waren das respektlose Kommentare auf ihre geistreichen Anmerkungen. Und auf diesem Gebiet war Sedulus ungekrönter Meister. "Nicht zu fassen, wie in diesem Haus Weisheit und Lebenserfahrung mit Füßen getreten werden. Ganz zu schweigen von dem nicht vorhandenen Respekt vor dem Alter...." Die alte Germanica merkte, wie sie allmählich schlechte Laune bekam, am besten führte sie im Anschluss an dieses Gespräch eine kleine Hausinspektion durch, um sich an den Sklaven etwas hemmungsloser abreagieren zu können, als ihr das mit ihrem undankbaren Schwiegerenkel vergönnt war.
"Ich weiß gar nicht, was daran so schlimm sein sollte, schließlich ist es doch vollkommen unerheblich, ob deine Frau dich nun mag oder nicht, wenn du mich fragst. Ein Ehepartner ist dazu da, Kinder zu zeugen oder zu empfangen und den Status der Gens im Idealfall zu verbessern, zumindest aber zu erhalten. Alles andere ist romantischer Hokuspokus und lenkt von den wesentlichen Dingen des Lebens ab!" Laevina machte ein kleines Kunstpäuschen und ließ ihren Krückstock für sich sprechen, der auch prompt bestätigend auf die Mosaikfliesen pockerte. "Und was heisst hier überhaupt einmischen? Da will ich dir als lebenserfahrene Verwandte mal einen guten Rat geben und Anteil nehmen und schon mische ich ich ein? Also wirklich...." Unnötig zu erwähnen, dass Sedulus Recht hatte, und in ihrem eigenen Fall tatsächlich niemals jemand gewagt hatte, Germanica Laevina in diesen speziellen Bereich der Lebensplanung hineinzureden. Aber warum auch, schließlich hatte sie, im Unterschied zum Großteil ihrer Mitmenschen, auch noch nie den Rat Anderer nötig gehabt, was man von ihrer Enkelin und dem Rest ihrer Familie beim besten Willen nicht behaupten konnte.
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"Von der Gruppe gelenkt, soso..." Ohne Vorwarnung schnellte Laevina nach vorn und hielt dem Jungen den erhobenen Zeigefinger unter die Nase. "Jetzt lass dir mal was gesagt sein, Helvetius. "Kein Mann, der etwas auch sich machen will, lässt sich von einer Gruppe einfach mitziehen. Das ist ein Zeichen von Schwäche und einem eklatanten Mangel an Willenskraft. Wenn man sich einer Gruppe anschließt, dann nur, um ihre Führung zu übernehmen. Denn nur, wenn das gelingt, ist man wirklich Herr über seine Pläne und Unternehmungen und genießt allgemeinen Respekt. Und alle anderen..." Laevina schnaubte verächtlich"....sind Mitläufer und Wasserträger, in jeder Beziehung unwichtig für die Zukunft dieser Stadt. Die Entscheidung, was du einmal sein willst, liegt ganz bei dir, Helvetius. Aber...." die Spitze ihres Zeigefingers befand sich jetzt unmittelbar vor seinen Augen"....lass es dir nicht noch einmal einfallen, meine Großnichte oder ein anderes Mitglied meiner Familie in Gefahr zu bringen, sonst lernst du mich kennen. Hast du das verstanden, Helvetius?"
Sim-Off: sorry, ist mir beim letzten Mal durchgerutscht
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"Ja, dem ist allerdings so." entgegnete Laevina spitz. "Ihr Männer besitzt ein erstaunlich leicht zu erfreuendes Gemüt gepaart mit einer nahezu nicht vorhandenen Fähigkeit oder gar Bereitschaft zur Selbstreflektion. Aber wenn euch das euren Seelenfrieden erhält, bitte schön..." Die alte Germanica schürzte leicht die Lippen und machte es sich dann zufrieden mit dieser Analyse in ihrem Sessel bequem. Natürlich beschränkte sich ihr eigenes Vermögen zur persönlichen Selbstkritik ausschließlich auf die positiven Aspekte ihres eigenen Wesens, aber was auch tun, wenn es nichts negatives gab? Der ewige Fluch der Perfektion!
"Nun, mein Lieber, so wie es aussieht, ist meine Enkelin ja nach wie vor ganz entzückt von dir, und damit sollten wir uns wohl beide zufrieden geben." nickte sie dann großmütig, und ignorierte gekonnt den winzigen Anflug von Neid, der sich irgendwo in den Tiefen ihres Bewusstseins bemerkbar machen versuchte. Schließlich hatte ihr erster Mann während ihrer kurzen Ehe in etwa ebenso viel Entzücken bei ihr ausgelöst wie sein Nachttopf, und bei Lento hatten sich die hellen Momente auf das gemeinsame Cubiculum beschränkt, zumindest zu der Zeit, als dieser es noch nicht vorgezogen hatte, sich den größten Teil des Tages in seinem Officium zu verbarrikadieren. Naja, manch aufrechte Römerin hatte vermutlich nicht mal das vorzuweisen...
"Wie sieht es eigentlich mit weiteren Kindern aus? Serranas Niederkunft liegt doch jetzt schon einige Zeit zurück, und mit einem einzelnen Sohn sollte man sich nicht zufrieden geben, man weiß ja nie was kommt."
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Ach herrje, es lief bei den beiden Mädchen doch wohl hoffentlich nicht mal wieder auf so ein verzücktes Tempel-Geschwafel hinaus....Tempel, Götter, zerschnetzeltes Viechzeugs....etwas langweiligeres konnte es doch wirklich kaum geben. Laevina verdrehte die Augen und beschloss, sich voll und ganz auf das Gespräch der beiden Männer zu konzentrieren.
"Terentius Primus...der Name kommt mir bekannt vor. War der nicht auf eurer Hochzeit, Sedulus? Ansonsten kann ich mich nicht daran erinnern, den Namen dieser Gens seit meiner Ankunft in Rom allzu häufig gehört zu haben, also muss bei denen die Luft ziemlich raus sein."
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Er fand es SCHADE, dass sie keine Verwandten mehr hatte? Dass ihr erster Sohn erschlagen auf irgendeinem Schlachtfeld liegengeblieben und der zweite seit Jahren verschollen und vermutlich ebenso tot war wie sein Bruder? Dass ihre Tochter im Kindbett verblutet war, nachdem sie ihr Leben an einen Taugenichts und Blender weggeworfen hatte? Oh ja, und ob das schade war, in dieser Hinsicht ging Laevina mit Aculeo völlig konform. Aber wenn es irgendetwas gab, dass die alte Germanica noch mehr verabscheute als Wehleidigkeit und Jammerei, dann war es Mitleid in jeglicher Form, und so nahm ihr Gesicht übergangslos einen völlig undurchdringlichen Ausdruck an.
"Was soll das heissen, der Römer meint, etwas besseres zu sein?" hakte sie nach, seine ersten Sätze komplett ignorierend. "Wir Römer bilden uns nicht ein, besser zu sein, wir sind es, Aculeo. Was glaubst du, aus welchem Grund unsere Legionen sonst all die anderen Völker unterwerfen konnten und warum diese uns nach wie vor als ihre Herren anerkennen?" Laevina nickte und klopfte ein paarmal bekräftigend mit ihrem Krückstock auf die Bodenfliesen."Und wenn diese Frau aus einer derart guten Familie stammt, wie du sagst, dann war sie verdammt dumm, das aufzugeben und hierher nach Rom zu kommen, denn hier wird sie diesen Status niemals wieder bekommen. Und zwar nicht, wie du vielleicht in deiner Verliebtheit vermuten wirst, weil die böse alte Laevina das sagt, sondern weil die Dinge nunmal so sind wie sie sind. Und sie werden sich deinetwegen garantiert nicht ändern, begreif das doch endlich."
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"Nun, dann begreife ich wirklich nicht, wie man auf die Idee kommen kann, Serrana mit mir zu vergleichen. Da liegen doch Welten dazwischen..." dozierte die alte Germanica und ließ dabei kaum einen Zweifel offen, wer bei dieser Gegenüberstellung ihrer Meinung ganz oben und wer ganz unten stand. "Aber ich will dir zugute halten, dass du ein Mann bist. Ihr Männer laßt ja häufiger mal zu, dass eurer Urteilsvermögen durch, nennen wir es mal, bestimmte Interessen und Vorlieben getrübt wird." Laevina trommelte ein wenig ungeduldig mit den Fingern auf der Lehne des Sessels herum und fixierte Sedulus vollkommen ungeniert, während sie ihm weiter zuhörte. Er mochte zwar streckenweise recht anstrengend sein, aber er war ihrer Enkelin gegenüber nach wie vor absolut loyal, wie auch immer diese kleine Maus das geschafft haben mochte. Die alte Laevina konnte sich nicht erinnern, dass einer ihrer verstorbenen Ehemänner sie mal vor einem Dritten verteidigt hätte, allerdings hatten es in den letzten 50 Jahren auch nur sehr wenige versucht, ihr in irgendeiner Form bewusst vor den Karren zu fahren.
"Beruhigen soll mich das? Nun ja, wenn du meinst...." brummelte sie schließlich, das Thema Adula bewusst nicht noch einmal ansprechend. Irgendwann und irgendwie würde sich schon eine passende Gelegenheit zur Entsorgung dieser missliebigen Sklavin ergeben, es hieß also mal wieder geduldig sein.
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"Ja, das ist sie." sagte Laevina zufrieden und damit hakte auch sie das Thema Quadrata fürs erste ab. Ob sie ihre Perle vielleicht doch endlich mal freilassen sollte, bevor das alte Mädchen mit beiden Beinen in den Orcus hüpfte? Ach nein, vielleicht im nächsten Jahr, noch gab es viel zu viel zu tun, für das die alte Germanica eine absolut vertrauenswürdige Handlangerin brauchte. Nur Sekunden später verschwand das Lächeln jedoch schlagartig wieder.
"Wenn sie nach MIR kommt? Soll das ein Scherz sein, Sedulus?" fauchte Laevina ärgerlich. "Dieses Mädchen hat nichts, aber auch rein gar nichts von mir, sonst müsste ich mir ja nicht ständig ihretwegen Gedanken und Sorgen machen, obwohl das eigentlich gar nicht mehr meine Aufgabe ist. Nein, diese kindische und lebensuntüchtige Art hat sie garantiert von diesem iunischen Taugenichts geerbt." Sie seufzte theatralisch auf. "Na schön, dann muss ich mich darum eben auch selbst kümmern. Irgendwie werde ich diesen Ackergaul von Sklavin schon loswerden..." -
Laevina sah Sedulus' skeptischen Blick und lächelte amüsiert. "Ich weiß, nach aussen macht sie nicht viel her." sagte sie mit einem Blick hinüber zu ihrer alten Leibsklavin. "Aber genau das ist einer von Quadratas ungeheuren Vorzügen, sie hört und sieht nämlich alles, ohne selbst wirklich wahrgenommen zu werden, und das ist nahezu unbezahlbar. Und...." an dieser Stelle hob sie ihren Zeigefinger "....sie ist absolut loyal und das bereits seit 45 Jahren. Ich kann mich mit ihr verständigen, ohne ein einziges Wort zu sagen und sicher sein, dass alles genau so laufen wird, wie ich es haben möchte. DAS findest du nicht einfach so auf dem Sklavenmarkt am Wühltisch, glaub mir." Ein weiterer höchst zufriedener Blick in Richtung Quadrata, dann schnellte Laevinas Zeigefinger erneut in die Höhe. "Ah, bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass du endlich mal diesen schwachsinnigen Riesentrampel austauschen solltest, den deine Frau sich als Leibsklavin hält, der ist nämlich alles andere als repräsentativ für die Gemahlin eines Senators. Auf mich hört Serrana ja unverschämterweise nicht, aber vielleicht hast du ja mehr Glück. Und was Avarus angeht, da lass mich nur machen, ich werde schon alles zu seiner Zufriedenheit richten."
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"Es strengt mich nicht an, es gehört sich einfach nicht." Laevina seufzte in einer Mischung aus Ärger und Resignation. "Aber auf diesem Gebiet scheinst du ja noch einige andere Wissenslücken zu haben. Und...." der Tonfall der alten Dame wurde eine Spur schärfer,"nenn mich nicht Großmütterchen. Ich habe keine männlichen Enkel, und der Letzte, der behauptet hat, genau das zu sein, war ein elender Schmarotzer und nicht den Staub draussen vor der Porta wert. Ich würde es vorziehen, mich nicht daran erinnern zu müssen." Laevina fixierte Aculeo jetzt noch genauer. "So schätze ich dich übrigens nicht ein, sonst würde ich mir nicht die Mühe machen, mich mit dir zu unterhalten. Du benimmst dich zwar wie ein Tölpel, aber du bist loyal, und das ist das Entscheidende für mich." Sie hörte íhrem Verwandten einige Augenblicke zu und schüttelte dann den Kopf. "Du erwartest allen Ernstes Verständnis von mir, Aculeo? Da bist du bei mir leider an der falschen Adresse. Diese Frau hat durch ihr unmögliches Benehmen nicht nur mich beleidigt sondern die gesamte anwesende Familie, nur um sich anschließend schnell aus dem Staub zu machen. Wenn man schon meint, den Mond anbellen zu müssen, dann bleibt man danach verdammt nochmal stehen und wartet auch die Antwort ab." Laevina seufzte erneut und lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück, bevor sie fortfuhr. "Das Wohl der Familie steht immer über irgendwelchen persönlichen Eitelkeiten, Aculeo, aber das scheinen weder du noch diese Frau begreifen zu wollen. Sie ist mir, offen gesagt, herzlich egal, aber du bist ein Teil dieser Familie, und das solltest du nicht vergessen. Dass dir die ganze Sache Leid tut, zeigt ja, den Göttern sei Dank, dass diese Gefahr nicht besteht."
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"Also, ich persönlich kann auf Germanien getrost verzichten." Laevina unterstrich ihre Äusserung mit einem abfälligen Schnauben. "Vom Wetter sollten wir uns nicht abschrecken lassen, schließlich sind wir Römer und keine feuchtwarmen und verzärtelten Griechen. Aber was gibt es denn da oben, was sich wirklich zu sehen lohnen würde? Jede Menge Bäume und elende Germanen. Grünzeug haben wir hier in Italia in Hülle und Fülle selbst, und wenn ich einen riesigen stinkenden Trampel mit langen Haaren sehen will, dann gehe ich auf den Sklavenmarkt!" Die alte Germanica gönnte sich einen ordentlichen Schluck Wein und pickte sich dann einen weiteren Seeigel von der Schale. "Ganz abgesehen davon, dass es nur einen Platz auf der Welt gibt, wo wirklich alle Fäden zusammenlaufen, und der ist genau hier in Rom."