Beiträge von Germanica Sabina

    Sabina hatte sich rücklings erst mal ins weiche Gras fallen lassen und blinzelte zur Sonne hinauf. Endlich war sie den aufmerksamen Blicken entkommen. Schon wirkte der Tag noch schöner und besser. Sie war wieder zu Haus und ihre Freunde hatte sie auch wieder. Die Frage was sie nun machen sollte, entlockte ihr ein nachdenkliches Stirnrunzeln. Darüber hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht. Sie kam auch nicht dazu, denn plötzlich tauchte ein neues Gesicht auf. Sabina setzte sich auf und blickte ebenso wie alle anderen den Neuankömmling neugierig an. „Salve“, grüßte sie das jüngere Mädchen. „Wer bist du denn? Wir haben dich hier noch nicht gesehen“, fragte sie dann freundlich nach. Ein Mädchen mehr, dagegen war nichts einzuwenden. Wenn dann noch Alba dazu kam, dann wären sie endlich gleich viele Mädchen wie Jungs und konnten dann bei Fangen und anderen Spielen Mädchen gegen Jungs spielen. Hoffentlich war sie nett und nicht irgend so eine eingebildete Zicke. Es gab da nämlich ein paar Kinder, die sich für etwas Besseres hielten und sich ihren oftmals wilden Spielen nicht anschließen wollten.

    Ihr Vater war ganz offensichtlich erleichtert, dass sie keine Szene machte. Es hätte ohnehin nichts geändert. Serrana und ihr Vater hatten eine ganz andere Vorstellung davon, wie denn nun die beiden Kleinen heißen sollten. Sabina wusste, wann es sich lohnte beleidigt und schmollend zu sein und wann nicht.
    Das Gespräch zwischen den Beiden verfolgte sie erst mal nur mit einem halben Ohr, stattdessen betrachtete sie ihre Geschwister. So klein. So klein war sie auch einmal gewesen. Das konnte sie sich nicht wirklich vorstellen.
    Bei dem Thema Pferde und Fohlen horchte sie dann aber direkt mal auf. Sie hatte doch gewusst, dass Serrana eine perfekte Verbündete war, was bestimmte Wünsche und Sehnsüchte anging. Mit großen erwartungsvollen Augen sah sie ihren Vater bettelnd an.

    Eifrig nickte Sabina. Auf diese Weise würde sie sicherlich Gadatas los werden und da der Sklave nicht wusste, an welchen Plätzen die Kinder meistens spielten, würde er sie wohl auch nicht so schnell finden können. Hoffentlich blieb das auch so und er fragte nicht Bia, wo sie sich mit ihren Freunden meistens traf. Das wusste die Kinderfrau nämlich. Meistens, denn je älter Sabina und ihre Spielgefährten wurden, desto weiter entfernten sie sich meistens von den Häusern ihrer Familie. Denn ungestört der wachsamen Blicke Erwachsener machte es mehr Spaß.
    Sie flitzten davon. Milo vorneweg, ihm direkt auf den Fersen, Sabina, Tullia, Cornellia und Publius. Marcus und Antonius gaben sich ja alle Mühe Gadatas abzulenken. Ein fröhliches Kichern war noch zu hören und schon verschwanden sie in dem Labyrinth der Straßen. Es ging mal rechts lang, mal links lang und sie rannten sogar einmal im Kreis um ihren Aufpasser in die Irre zu führen. Erst als sie sich sicher waren, dass er ihnen nicht mehr auf den Fersen war, wurden sie langsamer und lachten ausgelassen. „Hast du sein Gesicht gesehen?“ fragte sie vergnügt und atemlos. Gar nicht so einfach gleichzeitig zu lachen und wieder zu Atem zu kommen.
    Ob ihr Verhalten einer Senatorentochter angemessen war oder nicht, war ihr herzlich egal. Sie wollte mit ihren Freunden zusammen sein und so ein Aufpasser war nur lästig. „Kommt lasst uns Marcus und Antonius treffen“, schlug sie dann vor. Diesmal übernahm sie die Führung. Im Park angekommen mussten sie auf die beiden anderen Jungs nicht lange warten. Sie grinsten über beide Ohren. Ein wenig hatten sie noch die Stellung gehalten und Gadatas beobachtet.

    Sabina fand es äußerst witzig, als ihr Freund von seiner Tante einmal herum gewirbelt wurde. Seine Tante war toll, fand sie. Sie hatte ja nur die alte und griesgrämige Laevina die solche Späße im Keim erstickte. Nur als nächstes war sie dran. Sie quietschte auf, als sie gekitzelt wurde. „Hey!“ beschwerte sie sich lachend. Wie gut, dass Milo dann Aviana geschickt ablenkte und dann erst einmal Bestia im Mittelpunkt stand. „Das ging ganz schnell. Wir haben ihn ordentlich geschrubbt und schon war er sauber“, sie erwähnte nicht, dass sie sich danach noch so etwas wie eine kleine Wasserschlacht geliefert hatten. Nur eine riesige Pfütze im Garten zeugte davon. Die nächste Frage kam dann etwas unerwartet. Etwas hektisch warf sie Milo einen fragenden Blick zu. Er war besser im Lügen wie sie. Leider hatten sie sich nicht abgesprochen, was sie erzählen wollten, wenn jemand fragte. Dass sie sich in der Subura herum getrieben hatten, sollten die Erwachsenen nach Möglichkeit nicht erfahren. Dann war es nämlich vorbei mit den Spaziergängen allein quer durch die Stadt.

    Kaum hatte Serrana ihr Versprechen gegeben, strahlte Sabina von einem Ohr zum anderen. Sie hatte ihre Stiefmutter doch glatt als Verbündeten gewonnen. Das hatte sie zwar nicht erwartet, aber erhofft. „Danke!“ Das war sogar einfacher gewesen, wie sie gedacht hätte. Konnte es sein, dass Serrana vielleicht gar nicht nein sagen konnte, ihr gegenüber?
    „Ich verspreche dir, dass ich nur auf Ponys üben werde!“ So lange sie überhaupt endlich mal das versprochene Fohlen bekommen würde, war sie bereit allesmögliche zu versprechen und sich daran dann auch nach Möglichkeit zu halten. Was ja nicht immer so einfach war.

    Tullia riss Sabina beinahe von den Füßen, als sie sich um deren Hals warf und ihr einen Kuss auf die Wange drückte. „Für dich doch immer“, erklärte sie ihr. Jetzt würde sie nur noch den richtigen Moment abwarten um ihren Vater zu Fragen.
    Doch erst einmal galt es ihren lästigen Schatten los zu werden. Ablenken und weglaufen war der Plan. Simpel und würde vermutlich deshalb auch klappen. „Und wo wollen wir uns treffen?“ fragte sie in weiser Voraussicht, damit Marcus und Antonius nicht stundenlang ziellos umher laufen mussten. Dass sie womöglich Ärger bekommen würde, das hatte sie bereits verdrängt. Hauptsache Gadatas würde sie für den heutigen Tag nicht weiter verfolgen.

    „Wenn du magst, können wir ja mal einen der Pferdeställe der Factiones aufsuchen. Ich kann meinen Vater fragen, ob er uns mitnimmt“, schlug sie Tullia vor. Sie wollte nicht, dass ihre Freundin traurig war.


    Die Kinder steckten die Köpfe zusammen und tuschelten verstohlen miteinander. Milo hatte auch sogleich eine Idee, wie man den lästigen Sklaven loswerden konnte. „Wahrscheinlich… aber ich hab keine Lust ständig verfolgt zu werden“, gab sie zu. „Papa wird zwar böse sein, aber das wird schon nicht so schlimm werden. Nur Laevina darf keinen Wind davon bekommen, dass ich ausgebüchst bin.“ Sabina hoffte darauf, dass ihre Geschwister die Erwachsenen gerade ablenkten, wenn sie dann nach Hause kam. „Was für einen Plan hast du?“

    Sabina strahlte übers ganze Gesicht. Sie hatte ihre Freunde vermisst, in Mantua und auch dem Landsitz hatte es irgendwie nur wenige Kinder in ihrem Alter gegeben und ständig auf eigene Faust irgendwelche Abenteuer erleben machte dann auch keinen Spaß mehr. Besonders dann nicht, wenn man von jemandem verfolgt wurde, der bei jeder Gelegenheit irgendeine kluge Antwort von sich gab. „Ich hab bei der Geburt eines Fohlens zugesehen“, erzählte sie dann Tullia. „Irgendwie war das ein bisschen eklig, aber das Fohlen war soooooooooooooooo süß!“ jetzt war ihre Freundin sicherlich ganz furchtbar neidisch. „Naja nicht immer… war aber schon irgendwie aufregend“, gab sie in Richtung Marius zu. Antonius war wie immer neidisch, aber das war nichts Neues. Cornelia beschwerte sich darüber, dass es ohne sie anscheinend keinen Spaß machte. Eine Tatsache die sie natürlich freute. Man hatte sie also auch vermisst.
    Gadatas war natürlich nicht unbemerkt geblieben und sie seufzte theatralisch auf. „Mein Hauslehrer“, erklärte sie mit einer Grimasse. „Ich werde ihn irgendwie nicht los“, sagte sie laut genug, damit dieser es auch hörte und wusste, dass er unerwünscht war und störte. Ganz leicht runzelte sie die Stirn, als ihre Freunde dann die Köpfe zusammen steckten und sie ausschlossen. Sabina zog einen Schmollmund. Das war unfair. Wenigstens war Milo auf ihrer Seite.
    Schließlich drängelte sie sich dazwischen. „Ich finde das ja auch doof, aber was soll ich machen? Vater hat gesagt, er soll auf mcih aufpassen, also tut er was er sagt und ich muss damit leben… aber ich werde versuchen ihn los zu werden! Aber ihr müsst mir helfen“, flüsterte sie ihnen zu.

    Sabina fand ihren Namensvorschlag für ihr Schwesterchen toll. Von daher konnte sie so gar nicht verstehen, dass ihr Vater plötzlich eine so betroffene Miene aufsetzte und Serrana aussah, als hätte sie einen Frosch verschluckt. Die Erwachsenen waren ja so kompliziert. Ihre Stiefmutter suchte nach einer passenden unverfänglichen Antwort und blickte von einem Kind zum nächsten und wieder zurück. Sie wirkte ein wenig überfordert. Durch ihren Vorschlag schienen sich ihre Eltern irgendwie in die Ecke gedrängt zu fühlen. Dabei hatte sie sich nichts dabei gedacht. So im Nachhinein betrachtet würde es tatsächlich etwas merkwürdig sein, wenn ihre kleine Schwester, wie ihre Mutter hieß. Die Worte waren schneller über die Lippen gewesen, als dass sie sich darüber Gedanken gemacht hatte.
    Zum Serranas vorsichtigem Einwand hin zuckte sie dann die Schultern. „Du hast recht“, gab sie zu. Kein Theater, keine Tränen, wohl zur Überraschung ihrer Eltern.

    Leise summend folgte sie Milo. Im Augenblick war er der Anführer und er bestimmte wo es lang ging. War ja schließlich sein zu Hause. Wobei sie sich ihm nicht immer unterordnete sondern auch hin und wieder ihren Willen durchsetzte. Am besten ging das ja mit Tränen, Jungs konnten es überhaupt nicht leiden, wenn Mädchen weinten und Milo bildete da keine Ausnahme. Er gab dann immer recht schnell nach, wenn die erste große Träne über ihre Wange kullerte.
    Im Triclinum fanden sie dann seine Tante, mit leerem Blick starrte sie vor sich hin und wirkte dabei ziemlich dümmlich. Leise kicherte sie bei diesem Anblick. Tante Laevina hatte einen ähnlichen Blick drauf, nur entging dieser rein gar nichts, wenn sie dann so da saß. Im Gegenteil, es hatte fast den Anschein, als wären deren Sinne dann schärfer, als gewöhnlich. Kurz fuchtelte Sabina vor der Nase Avianas herum und wartete auf eine Reaktion. Nichts passierte. Milo versuchte auf andere Weise dann sein Glück, seine Tante aus ihren Träumen zu reißen. Musste ja sehr spannend sein, wenn sie so weggetreten war.

    Leider war es ihr nicht gelungen Gadatas abzuhängen. Auch wenn sie sich reichlich Mühe gegeben hatte und sich ausgerechnet die größten Menschenmengen ausgesucht hatte um dadurch zu stürmen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Nur zu gut wusste sie, wie störend ein Erwachsener bei den Unternehmungen der Kinder sein könnte. Besonders wenn es darum ging, etwas zu tun, was sich nicht gehörte, wie kleine Streiche spielen. Oder etwas gefährlichere Abenteuer. Eben alles was Spaß machte und Erwachsene nicht gut hießen.
    Für den Moment jedenfalls war es nicht wichtig, dass Gadatas ihr Schatten war. Aber in Zukunft würde sie sich etwas überlegen müssen, wie sie ihn los wurde. Zwar würde sie dann wohl im Anschluss zu Hause Ärger bekommen, aber das würde sie doch glatt in Kauf nehmen.
    Doch erst einmal galt es die Neugierde ihrer Freunde zu befriedigen. Strahlend winkte sie Milo zu, ehe sie dann Cornelia antwortete. „In Mantua und dann auch noch auf einem Landsitz mit Pferdezucht!“

    Das Wetter war gut, die Sonne strahlte und das bedeutete, dass ihre Freunde wohl kaum zu Hause sein würden. Keiner ihrer Freunde war gern im Haus eingesperrt. Dennoch besuchte sie erst einmal eines der Häuser in der Straße, in welcher auch die Casa Germanica war, dort fragte sie einen der Sklaven wo ihre Freunde denn hin sein konnten. Es gab mehrere Orte an denen sich die Kinder zum Spielen trafen. Meistens waren es die kleineren Parks, hin und wieder auch ein privater Garten. Bei dem ersten Ort, den sie vermutete, war sie erfolglos. Bis auf ein Liebespaar, welches sich verstohlen zwischen den Bäumen herum drückte, war niemand in dem kleinen Park.
    Beim zweiten Ort hatte sie dann Erfolg, das Gelächter der Kinder war schon von weitem zu hören. Der Ball mit dem sie spielten flog durch die Luft, genau auf sie zu. Natürlich nahm sie es gleich zum Anlass sich diesen zu schnappen und in Richtung Tullia zu werfen. „Ich bin wieder dahaaaa“, erklärte sie. Überflüssiger Weise, denn Cornelia stürmte direkt auf sie zu und warf sie beinahe um. Lachend hing das andere Mädchen an Sabinas Hals. „Wurde aber auch Zeit!“ kreischte Cornelia ihr ins Ohr. Gadatas, welcher ihr folgte, wurde keine Beachtung geschenkt.

    Wieder entwich ihr ein fröhliches Jauchzen, als ihr Vater die Erlaubnis erteilte ihre Freunde aufzusuchen. Wäre in diesem Moment nicht die Großtante ins Atrium gekommen, wäre sie schon längst aus der Tür hinaus. Doch sie erinnerte sich an ihren Anstand. „Salve, Tante Laevina“, begrüßte sie die alte griesgrämige Verwandte. „Valete, Tante Laevina“, verabschiedete sie sich dann auch sogleich und rannte wieder hinaus. Kurz musste sie sich gegen die Wand drücken, weil einer der Sklaven mit einer schweren Truhe durch die Tür wollte.
    Sabina war sich sicher, dass Gadatas ihr folgen würde. Schließlich war er dazu verdonnert worden. Nur einen Augenblick später war sie dann auch endlich aus der Casa hinaus und stürmte durch die Straßen.

    „Ich kann warten“, versicherte sie ihr. „Das tue ich doch schon die ganze Zeit“, fügte sie dann ein wenig schmollend hinzu. Für ihren Geschmack viel zu lange. Aber bisher hatte sie sich sehr Geduldig gezeigt. Nicht gerade eine ihrer hervortretenden Charaktereigenschaften, weil sie es gewöhnt war, alles immer sofort zu bekommen.
    Ein Strahlen zeigte sich dann, als ihr Serrana vorschlug erst einmal richtig reiten zu lernen. Dann wäre das Warten doch gar nicht mehr so schlimm. „Gute Idee. Kannst du Papa fragen? Büüüüüüüüüttöööööööööö!“ Sie war sich sicher, dass Serrana mehr Erfolg haben würde mit so einem Vorschlag. Das Thema Ponys wurde dann auch noch vertieft. „Naja, sie sind kleiner wie Pferde, haben kürzere Beine und sehen irgendwie ein bisschen kugelig aus…“, erklärte sie dann ihre Sicht der Dinge.

    Ganz leise musste Sabina kichern, als Serrana meinte, sie wäre ein Weinfass gewesen. So rund wie eine Kugel, nur mit Arme, Beinen und Kopf. Das war der Vergleich den das Mädchen immer bei dem Anblick der schwangeren Iunia getätigt hatte. Aber gesagt hatte sie es natürlich nicht. Dann wäre diese wohl böse geworden. Und schwanger Frauen sollte man nicht reizen, jedenfalls hatte das Bia immer gesagt.
    Doch dick war ihre Stiefmutter ja nun nicht mehr, dafür hatte sie nun zwei Kinder in den Armen. Ihre Geschwister. Ob sie einen der Beiden mal halten durfte? Bevor sie den Mund zum Fragen aufmachen konnte, lenkte ihr Vater sie mit dem Versprechen ab, dass er sie genauso lieb haben würde wie je her. „Das weiß ich doch!“


    Als es dann um die Namen ging und ihre Eltern irgendwie ein wenig ratlos waren, was das Mädchen anging, schlug sie einen Namen vor: „Wie wäre es mit Paulina?“

    Die Reise war langweilig gewesen und auch anstrengend. Ständig hatten entweder ihr Bruder, oder ihre Schwester oder Beide gleichzeitig gequängelt. Jedenfalls war es ihr so vorgekommen. Oder aber der aurelische nachwuchs hatte seinen Unmut über die holprige Reise bekundet. Das war furchtbar anstrengend, besonders für ein Mädchen, dass auch noch gleichzeitig versuchte den Bemühungen ihres Lehrer zu entkommen, ihr irgendetwas bei zu bringen. Da aber regelmäßig der strenge Blick ihres Vaters auf ihr ruhte, musste sie sich fügen. Schmollend hatte sie sich dann gefügt und sich den Lektionen in Arithmetik, Philosophie und Geschichte gewidmet.
    Sabina war froh, endlich den Wagen dann verlassen zu können. Sie hatte so lange gebettelt, bis sie zu Fuß zurück zur Casa Germanica laufen durfte. Natürlich nur in Begleitung von Gadatas. Bia war mit der Aufgabe betraut worden sich um den Nachwuchs zu kümmern. Jetzt wo Sabina zu den ‚Großen‘ zählte, hatte die Kinderfrau weniger Aufmerksamkeit für sie. Dafür hing Gadatas wie ein Schatten an ihren Fersen und erfüllte seine Rolle des Erziehers voll und ganz aus, wenn sich die Gelegenheit ergab.
    Auf dem Heimweg versuchte sie ihn dann zu überreden, dass sie einen kurzen Abstecher zu ihren Freunden machen wollte. Aber dies ließ er nicht zu und vertröstete sie dafür auf die nächsten Tage. Eingeschnappt hatte sie den restlichen Weg dann schmollend und schweigend zurück gelegt. Sie wollte ihre Freunde wieder sehen und er ließ es nicht zu. Gadatas war ein fürchterlicher Spielverderber. In der Casa endlich angekommen, musste er dann beim auspacken mit anpacken und sie hatte endlich ihre Ruhe. Sie stürmte ins Atrium und jauchzte vor Freude darüber, endlich wieder zu Hause zu sein. „Darf ich meine Freunde besuchen gehen?“ fragte sie dann ihren Vater und Serrana. Sabina wusste wie sie Gadatas ausspielen konnte und hatte natürlich laut genug gefragt, dass dieser es mitbekam.

    Man konnte sehen wie dem Sklaven der kalte Schweiß auf der Stirn stand und di Panik in seinem Blick, weil das Mädchen im Fragen stellte, die er eigentlich nicht beantworten wollte. Und man sah, dass Sabina ihren Spaß hatte, sie sah die Not ihres Lehrers und nutzte das auch noch aus. Ein kleines Biest war sie, wenn sie älter war, würde man(n) sich wohl in acht vor ihr nehmen müssen. Instinktiv witterte sie, welche Schwachstelle ihr Gegenüber hatte. Gadatas hatte sich ihr gegenüber auch nicht durchgesetzt. Der Kerl konnte einem fast leidtun. Der Stallbursche amüsierte sich weiterhin üb die Szene die sich ihm da bot. Wenigstens hatte sich der Sklave gut behauptet. Aber der Sieg ging eindeutig an die kleine Germanica, die ihren Lehrer mit ihren Fragen in die Enge getrieben hatte.


    Sabina genoss es sichtlich Gadatas ein wenig mit ihren Fragen zu quälen. Leicht legte sie den Kopf schief und sah ihn durchdringend an und überlegte, ob sie dieses Spielchen weiter treiben sollte, oder aber erst einmal ihren Lehrer und Erzieher in Ruhe ließ um später irgendwann einmal dieses Thema erneut aufzugreifen. Sie nahm sich jedenfalls vor Serrana später zu erzählen, was sie heute gelernt hatte. Mit einem kleinen Lächeln drehte sie sich um und sah der Stute bei ihrer Niederkunft weiter zu. Erst einmal hatte es seinen Reiz verloren, Gadatas zu ärgern.

    Der Stallbursche konnte sich nicht mehr vor lachen halten. Er musste sich auf den Knien abstützen, um nicht vor lachen auf dem Boden zu landen. Man sollte ein Schauspiel daraus machen. Aus der Naivität des Kindes und der Hilflosigkeit ihres Lehrers. Die Kleine ließ aber auch nicht locker. Sie fragte dem armen Kerl glatt Löcher in den Bauch.


    Die Erklärung mit den Sklaven konnte sie dann verstehen und nachvollziehen. Es lag also beim Besitzer ob er wollte, dass seine Sklaven sich fortpflanzten oder nicht. Zumindest in dieser Hinsicht hatte sie nun erst einmal keine Fragen mehr. Dafür war das was zwischen ihrem Vater und Serrana sich mitunter abspielte, viel interessanter.
    „Und deshalb hat Serrana Zwillinge bekommen“, schlussfolgerte sie mit einem kleinen stolzen Grinsen, dass sie diese Zusammenhänge verstanden hatte.

    Nur zögernd näherte sie sich dem Bett, den Blick dabei auf ihre Geschwister gerichtet. Zwillinge! Sie hatte nun zwei Geschwister. Sie war nun große Schwester. Das war ein seltsames Gefühl. Scheu betrachtete sie die kleinen Geschöpfe. So klein und wenn sie ehrlich war, auch ein bisschen hässlich, krebsrot und zerknittert wie sie waren. Sie legte den Kopf schief. Schließlich folgte sie der Aufforderung ihres Vaters und kam direkt zu ihm. Ein kurzes Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen, als er sie als groß bezeichnete. Das war sie nun wirklich. Die große Schwester. Jedenfalls war sie viel größer wie die kleinen Bündel in den Armen Serranas.
    Ihre Augen wurden ein bisschen größer, als Serrana ihr dann erzählte dass sie einen Bruder und eine Schwester hatte. Zwar war das nun die große Konkurrenz um die Liebe ihres Vaters, aber sie war plötzlich doch irgendwie gewillt, diesen zu teilen.
    „Die sind aber klein!“