Beiträge von Aurelia Flora


    Ganz leicht zuckte Lysandra mit den Schultern. „Es liegt nicht an mir zu entscheiden ob ich unersetzlich bin oder nicht!“ Man konnte fast meinen es war ihr egal, aber das war nur eine Fassade. Ebenso wie viele Sklaven wünschte sie sich die Freiheit und eine Leben voller eigener Entscheidungen. Doch sie konnte an ihrem Leben so wie es ist, nichts ändern. „Komm, ich stelle dir nun die Hausbewohner und anderen Sklaven vor!“ sie erhob sich und weiter ging die Führung durch das Anwesen. Sie zeigte Veleda die großen prunkvollen Zimmer der einzelnen Familienmitglieder, das große Bad und die anderen unzähligen Zimmer. Zu guter letzt natürlich dann auch Floras Zimmer, wobei sie sich dort nur auf Zehenspitzen bewegte.

    Familie des Claudius Aurelius Crassus


    IN GEDENKEN AN


    ------------
    AURELIA NARCISSA
    verstorben ANTE DIEM XII KAL MAR DCCCLXI A.U.C


    GELIEBTE TOCHTER VND SCHWESTER
    VND WAR ICH NUR EIN BLATT IM WIND DER EWIGKEIT
    ------------


    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/af.jpg] Marcus Asper


    “Natürlich, sie starb bei einem Sturz von der Leiter”, stimmte er Lupus zu. Die Frage war nur, was um Himmelswillen denn eine Aurelia auf einer Leiter zu suchen gehabt hatte? Weder die eine noch die andere Erklärung was denn nun zum Tode Narcissas geführt hatte, war wirklich vorteilhaft. Aber wenn es der Wunsch von Lupus war, dass seine Cousine von einer Leiter gefallen war, dann sollte es so sein. Wobei er sich ziemlich sicher war, dass Lucretia Lucilla bereits eine eigene Version ausgedacht hatte. Eine die wesentlich mehr Stil hatte und auch etwas hermachte und nicht nach Dummheit und Leichtsinnigkeit schrie. „Ich werde es meiner Herrin ausrichten“, versicherte er.

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Lysandra1.jpg]
    „Die wenigsten Sklavenhändler sind gütige Menschen. Sie sind auf Profit aus und stellen die Vorzüge ihrer Ware in den Vordergrund. Aber so ist das Leben eines Sklaven. Wir gehören zum Inventar. Mit etwas Glück können wir uns unersetzlich machen, wenn nicht, dann müssen wir uns immer bewusst sein, dass man und einfach austauschen kann. Und tun und lassen kann mit uns was man will!“ meinte sie leichthin. Sie war als Sklavin geboren, sie kannte kein anderes Leben. Lysandra hatte ein wenig Glück gehabt und recht umgängliche Herren gehabt. Doch sie war realistisch genug, dass viel von der Laune der Herrschaften abhing. „Ich bin eine geborene Sklavin. Ich kenne kein anderes Leben, als dieses!“ gab sie dann von sich preis und führte Veleda in die Küche. Einer der Sklaven dort stellte ihnen zwei Schalen mit Puls vor die Nase und dazu Becher mit Wasser. „Nicht gerade ein Festmahl, aber es macht satt! Bevor ich zu domina Flora und domina Narcissa gekommen bin, war ich die Leibsklavin einer alten Matrone. Als sie verstarb wurde ich verkauft und wurde dann Leibsklavin und Freundin der aurelischen Zwillinge. Damals waren sie noch zwei kleine Mädchen!“ Kurz glitt ihr Blick in die Ferne und wurde wieder etwas traurig. Es war verwunderlich, dass Lysandra so offen war. Sie wollte wohl Veleda den Einstieg etwas leichter machen.

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Lysandra1.jpg]
    Der Kreislauf des Lebens, er ließ sich nicht ändern. Und die Götter entschieden darüber, welches Leben ein Ende fand und welches nicht. Wenn man die Schicksalsschläge der vergangenen Monate und Jahre zusammen fasste, waren es verdammt viele Todesfälle für eine Familie. Zu viele. Kein Wunder der man nun große Hoffnungen in Flora und ihre Verbindung mit Tiberius Durus setzte. „Ach so, sie ist verlobt“, erklärte sie nun. „Sie wird einen der mächtigsten Männer Roms heiraten. Eine wirklich gute Partie, aber im Vergleich zu Flora uralt… Du solltest also nach Möglichkeit das nicht erwähnen. Das würde nur zu weiteren Tränen führen… im Augenblick ist sie verdammt empfindlich!“ Kurz seufzte sie, weil sie selbst nicht wusste wie sie im Augenblick mit ihrer Herrin umgehen sollte. „Sei allen Familienmitgliedern gegenüber respektvoll. Senke den Blick, rede nur wenn du angesprochen wirst. Und nimm dich vor Flavia Nigrina in Acht… sie ist ein Biest und kennt keine Gnade, wenn du dir einen Fehler erlaubst. Ich werde dir alle Familienmitglieder zeigen. Wenn einer von ihnen etwas von dir verlangt, dann bringst du es! Keine Wiederworte oder aufmüpfiges Verhalten.“ Das war eine eindringliche Warnung, die Veleda beherzigen sollte. „Viel zu tun habe ich im Augenblick nicht! Flora will niemanden sehen oder sprechen. Das Beste ist es, wenn wir sie in Ruhe lassen und nur ab und an mal nach ihr sehen. Hast du Hunger? Dann gehen wir jetzt in die Küche und danach stelle ich dir die Familienmitglieder vor!“

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Lysandra1.jpg]
    Lysandra musterte Veleda aufmerksam. Sie versuchte die andere Sklavin einzuschätzen. Das was sie ihr eröffnete passte zu Lucretia Lucilla, sie hatte schon immer einen eigensinnigen Humor gehabt und ihre eigenen Erziehungsmaßnahmen. Den Sklaven gegenüber galt sie als herrische, gefühlslose und kalte Frau. Ein Herz aus Stein, doch ihren Töchtern gegenüber war sie ganz anders, auch wenn sie an diese hohe Ansprüche hatte. „Eigentlich ist Flora umgänglich, etwas verwöhnt und man sollte sie nicht über die Gebühr ärgern…“, sie machte eine kurze Pause. „Sie verlässt ihr Zimmer nicht, weil sie trauert. Narcissa, ihre Zwillingsschwester ist kürzlich verstorben. Das hat sie schwer getroffen.“ Lysandra setzte eine betrübte Miene auf. Sie hatte die Zwillinge gemocht und auch sie trauerte ein wenig um ihre verstorbene Herrin. Doch im Gegensatz zu Flora konnte sie sich nicht verkriechen und vor der Welt verstecken. „Sie ist 17, bald 18. Wenn du dich anständig benimmst und freundlich bist, dann hast du nichts zu befürchten. Du solltest nur wissen, wann du den Mund zu halten hast. Das ist eine der Sklavinnen vor kurzem nicht gut bekommen… eigentlich allen Sklavinnen… Es gab einen kleinen Unfall auf der Hochzeit Aurelias Prisca und ich musste Floras Haare kürzen. Ein Drama sag ich dir. Man könnte Flora als ein wenig oberflächlich bezeichnen, aber das täuscht.“


    Sim-Off:

    Entschuldige bitte, aber jetzt hab ich es endlich auch mal wieder geschafft dir zu Antworten.

    Je länger sie Zeit hatte sich darüber bewusst zu werden, dass ihre Schwester Tod war und nie wieder zurück kommen wurde, desto elendiger fühlte sie sich. Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Für Flora war es ein Weltuntergang. Es war, als wäre auch sie gestorben. Alles war unwichtig und es wurde auch nicht gerade Besser, wenn ihre Verwandten sich um sie kümmerten. Nur Narcissa hätte vielleicht den Schmerz lindern können. Aber ausgerechnet dieser wichtigste Mensch in ihrem Leben war nun Tod. Noch immer schluchzte sie an Nigirnas Schulter und ließ sich dann einer Puppe gleich auf ihr Zimmer bringen. Sie sperrte sich ein und wollte niemanden sehen.


    Sim-Off:

    Entschuldigt, dass ich euch so lange hab warten lassen und dass es jetzt auch so kurz geworden ist. Aber wenigstens hat das Ganze erst einmal ein Ende.

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Lysandra1.jpg]


    Kurz blieb Lysandra noch einmal in der Tür stehen und drehte sich zu der Neuen um. Sie zeigte sogar so etwas wie ein freundliches Lächeln. „Gern geschehen! Ich geh dir neue Kleider besorgen.“ Erst einmal ließ sie Veleda kurz allein. Es dauerte nicht lange, bis sie dann auch wieder mit zwei sauberen Tuniken zurück kam. „Hier, das ist besser, wie dieser Fetzen, den dir der Sklavenhändler gegeben hat!“ erklärte sie ihr nicht unfreundlich. „Was willst du über deine neue Herrin wissen?“ Sie war bereit ihr erst einmal Rede und Antwort zu stehen.

    Erst ganz langsam rückten die Worte des Überbringers ihr ins Bewusstsein. Zwischen Tränen und Schluchzern drang die ganze Tragweite seiner Worte zu ihr durch. Narcissa war verunglückt, ob durch Leichtsinnigkeit oder Übermut, wusste wohl niemand zu sagen. Narcissa war fort, einfach verschwunden. Alles was ihre Schwester ausgemacht hatte nur noch Erinnerung. Nichts weiter. Für einen winzigen Augenblick schien sie sich wieder zu fassen. Ein verschwommener Blick glitt zu Asper hinüber. Irgendwie hoffte sie, dass er doch nur einen grausamen Scherz machte. Doch ein Blick in die ernsten Züge ließ diese schwache Zuversicht zu einer gnadenlosen Gewissheit werden. Ihr Zwilling war Tod. Sie würde ihre Schwester niemals wieder sprechen können. Wimmernd sank ihr Kopf wieder zurück an Nigrinas Schulter. Flora fühlte sich so unbeschreiblich einsam. Sie könnte versuchen sich das alles als Lüge einzureden, dass es nur ein Alptraum war. Nichts weiter wie Einbildung und Trugbilder. Doch es war ein Alptraum aus dem sie nicht einfach erwachen konnte. Die Wahrheit war grausam. Ausgerechnet Narcissa! Warum sie? Ausgerechnet ihre Schwester, die ihr Leben Vesta weihen wollte. Die brave, die liebe Narcissa. Was bezweckten die Götter damit, ein Familienmitglied nach dem anderen zu sich zu berufen. Es schien kein Ende zu nehmen. Erst Corvinus, dann Orestes und nun Narcissa. Auf welche Weise hatten sie die Götter so sehr verärgert. Fragen auf die sie wohl niemals eine Antwort erhalten würde. Die Götter brauchten sich nicht rechtfertigen, sie taten wonach ihnen der Sinn stand.
    Beim Reiten gestürzt! Erneut hörte sie es und erneut konnte sie es einfach nicht glauben. Das konnten die Götter doch nicht gewollt haben. Narcissa war auf dem Wege gewesen der Göttin Vesta zu dienen und dennoch riefen zu die Götter nun ab? Das war doch nicht gerecht! Warum mussten immer die Guten so früh dahin scheiden. Und warum Narcissa? Hatte sie nicht erst ihren Bruder verloren? Nun verlor sie ihre Schwester und damit den letzten Menschen, mit dem sie offen und ohne sich zu verstellen sprechen konnte. Ihre Vertraute, beste Freundin und geliebte Schwester.
    Im nächsten Moment kam ihr dann aber doch ein Gefühl von Schuld. Warum war sie nicht bei ihrer Schwester gewesen? Wenn sie dabei gewesen wäre, dann wäre dieser schreckliche Unfall nicht passiert! Warum war sie nicht bei ihrer Schwester gewesen? Schwerste Schuldgefühle plagten sie nun und die Gründe, warum sie nicht bei ihrer Schwester gewesen war, rückten in den Hintergrund. Wie hatte sie ihre Schwester nur so in Stich lassen könne? Es schien für sie im Moment alles keinen Sinn mehr zu machen. Sie war verzweifelt und einsam.
    "Er soll verschwinden! Ich will ihn nicht mehr sehen!", würgte sie dann doch heraus. Sie wollte Asper nicht mehr in ihrer Nähe haben. Sie hasste diesen Mann für das, was er ihr angetan hatte. Er hatte ihr ihre Schwester genommen. Er vertrat für sie im Moment alles Böse der Welt, er war der Grund für ihren Schmerz und ihre Trauer.

    Kurz nickte sie bestätigend. Sie kannte niemanden der auf die Idee kam, seine eigenen Haussklaven in die Arena zu schicken. Das war doch irgendwie ein wenig lächerlich, besonders, wenn diese als Gladiatoren nur mäßig ausgebildet waren. Ein Gladiatorenkampf sollte schließlich dem Publikum etwas bieten: Einen Kampf auf Leben und Tod, mit Blut, Leidenschaft und vielleicht auch dem Mut der Verzweiflung ausgeführt. So etwas versprach immer Spannung. Aber nur halbausgebildete Kämpfer, die sich auch noch sehr gut kannten, hatten natürlich Skrupel aufeinander los zu gehen. Der Claudier hatte ein Beispiel dafür gegeben, wie man es nicht machen sollte. Spaß hatte sie dennoch gehabt, was aber primär an ihrer Begleitung gelegen hatte, denn an den langweiligen und irgendwie vorhersehbaren Kämpfen. „Ich frag mich was er sich dabei gedacht hat. Den Leuten hat es dennoch gefallen, aber in Zukunft sollte er die richtigen Gladiatoren gegeneinander antreten lassen!“ Die Gladiatorenspiele des Claudiers hatten es auch nicht wirklich in die Acta geschafft, nur am Rande erwähnt.


    Flora fing den nachdenklichen Blick Serranas auf. Auch bemerkte sie wie sie von ihr zu Flaccus und wieder zurück sah und dann so etwas wie eine unausgesprochene Frage in deren Augen aufleuchtete. Anscheinend befürchtete jeder, dass sie sich den jungen Männern Roms an den Hals warf oder sofort Hals über den Kopf verliebte, wenn sie sich mit einem Mann unterhielt. Sie wusste doch, dass sie nach dem Willen der Familie verheiratet werden würde. „Ich werde Prisca fragen!“

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/Lysandra1.jpg]


    Sollte Veleda von ihr denken was sie wollte. Lysandra meinte ihre Warnungen durchaus nett, denn sie wollte die Neue nicht gleich ins offene Messer laufen lassen. Aber vielleicht wäre es besser gewesen. „Wenn du meinst“, entgegnete sie kühl. Die Griechin drehte sich auf dem Absatz um und bedeutete der anderen Sklavin ihr zu folgen. Aus dem Atrium hinaus, durch einen unscheinbaren Türbogen hindurch und schon befanden sie sich in den eher düsteren Gängen der Sklavenschaft. Von hier aus ging es geradewegs zu den Unterkünften, der Küche, den Vorratskammern und dem kleinen Bad. „Du könntest Bitte sagen!“ ihre Stimme klang ziemlich schnippisch, während sie Veleda durch dem Teil des Hauses führte, der nur selten von den Herrschaften betreten wurde. Zuerst zeigte sie dieser wo sie schlafen konnte. „Das sind die Unterkünfte der Frauen. Eines der Betten sollte frei sein. Du wirst saubere Tuniken, ein paar Sandalen und zwei Decken bekommen. Auch steht dir eine Truhe zur Verfügung, wo du deine Sachen verstauen kannst.“ Als nächstes ging es dann zum Bad. Mehr wie Waschschüsseln und Krüge voller Wasser waren nicht vorhanden. „Hier kannst du dich waschen. Ich werde dir deine Sachen holen!“

    Tilla mochte glauben, dass sich Flora anders entschieden hatte, was die Durchführung der Bestrafung anging. Doch für Flora war es von Anfang an klar gewesen, dass eine der kräftigen Sklaven dafür zuständig war, Tilla ein Benehmen beizubringen. Und schon gar nicht in ihrem Zimmer. Blut ließ sich nämlich nicht so schnell wieder fortwischen und eine wimmernde Sklavin wollte sie erst recht nicht hier haben.
    Auf ihren Befehl hin huschten die Sklavinnen alle fort und nahmen die schluchzende Tilla mit sich. Nur ein kurzer strafender Blick streifte noch das Soffchen, welches mit gesenktem Blick eilig die blonden, braunen und schwarzen Strähnen zusammen fegte. Kaum war sie allein, war ihre Wut auch erst einmal verpufft. Sie war einer gewissen Resignation gewichen. Ihre Locken mussten ab. Dieser Tatsache musste sie sich nun stellen. Mit einem Seufzen ließ sie sich auf den Stuhl vor ihrem Schminktisch nieder und warf einen kurzen Blick in die polierte Kupferplatte, welche ihr als Spiegel diente. „Nun mach schon“, forderte sie Lysandra auf. Diese kam auch erst jetzt aus ihrer Ecke hervor, wagte es aber nicht den Blick zu heben. Denn in ihrem Blick lag ein gewisses Mitgefühl für Tilla und auch ein wenig Kritik, weil Flora doch ein kleines bisschen überreagiert hatte. Aber so war die junge Aurelia nun einmal. So war sie erzogen worden. Tilla hatte sie herausgefordert und verloren. Sie hätte nur den Mund halten müssen. Das Mädchen war doch schon ihr Leben lang Sklavin und anscheinend wusste sie es immer noch nicht besser, obwohl man ihr die Zunge heraus geschnitten hatte…
    Mit ruhiger Hand machte sie mit den versengten Strähnen kurzen Prozess und kürzte die dunklen Flechten ihrer Herrin. Sie gab sich sogar ganz besondere Mühe um eine einzigartige und besondere Frisur zu kreieren, um die jede Frau ihre Herrin beneiden würde.


    Zu ihrer großen Überraschung konnte die Neue sie verstehen und sie antwortete sogar, ohne kaum hörbaren Dialekt. Das war eine angenehme Überraschung. Hatte sie doch befürchtet, sich nun, nicht mehr nur mit ihrer schwermütigen und depressiven Herrin herum zu schlagen, sondern auch noch mit einer aufmüpfigen Sklavin. Doch bei dem abfälligen Gerede runzelte sie die Stirn und vergewisserte sich, dass niemand außer ihr gehört hatte, dass sie die Römer als Barbaren bezeichnet hatte.
    „Normal? Nein! Ich hätte dich auch nicht warnen können und einfach ins offene Messer laufen lassen können“, entgegnete sie etwas schnippisch. Strafen und Tod mochten sie nicht schrecken, aber sie hatte noch nicht erlebt, mit welcher Fantasie so mancher Römer seine Sklaven quälte. Es gab genügend Möglichkeiten den Willen eines Sklaven zu brechen. Zimperlich war sicherlich niemand, wobei Flora nicht zu der Sorte Mensch gehörte, die unnötig grausam waren. Nur etwas launisch, wenn sie einmal einen schlechten Tag hatte. Da war die Flavia schon von einem ganz anderen Kaliber. Nur hatte Flora schon seit einiger Zeit keinen guten Tag mehr gehabt. Sie kam ja auch nicht aus dem Bett heraus… Für Lysandras Geschmack war die neue ein wenig zu arrogant. „Du solltest dich mit mir gut stellen“, stellte sie erst einmal klar. „Ich kann für dich ein gutes Wort einlegen, doch wenn du dich weiter so aufführst, als wärst du eine Herrin, dann werde ich dir dein Leben zur Hölle machen. Vergiss dein altes Leben! Hier bist du nichts, die du vielleicht einmal gewesen bist! Hier bist du ein Nichts. Leicht ersetzbar und nur ein atmender Gegenstand!“ klärte sie diese auf. „Sklavinnen wie dich hab ich schon viele kommen und gehen sehen. Mit dieser Haltung wirst du es nicht lange machen!“


    „Ich werde ihr dein großzügiges Angebot ausrichten“, erklärte sie höflich. Es war zweifelhaft das Flora jemals die Dienste dieses schmierigen Händlers in Anspruch nehmen würde. Einer der anderen Sklaven geleitete dann diesen hinaus. Während dessen fand sich die Griechin Aug in Aug mit dem Geschenk wieder. Lysandra war sich nicht sicher, ob sie ihr einfach die Fessel lösen sollte. Schließlich gab sie sich einen kleinen Ruck und befreite die Hände vom Seil. „Kannst du mich verstehen?“ fragte sie und hoffte dass die neue Sklavin wenigstens ein bisschen Latein beherrschte. „Wenn ja, dann sei dir gesagt: Wenn du wegläufst, werden sie dich finden und dann ist dein Leben verwirkt!“ Sie ließ ihre Worte wirken und machte eine kleine Pause. „Man erwartet von dir das du gehorsam bist, leise, zurückhaltend und im Grunde nicht mehr wie ein Schatten. Wenn du dich daneben benimmst oder aufmüpfig bist oder frech oder vorlaut, wirst du bestraft. Du bist nun im Besitz von Aurelia Flora und man erwartet von dir, dass du dich dementsprechend benimmst. Die Aurelia sind eine mächtige und reiche Familie, wenn du sie blamierst, kannst du sicher sein, dass niemand Rücksicht darauf nehmen wird, dass du neu bist! Man wird dich bestrafen…“, nicht gerade eine erbauliche Ansprache, aber es war besser, wenn sie wusste wo sie stand. „Wenn du tust was ich sage, kannst du sogar ein recht angenehmes Leben führen. Mein Name ist Lysandra“, stellte sie sich dann zum Schluss sogar noch vor.


    Der Händler gehörte zu jener Sorte Mensch, die käuflich waren. Die harten Sesterzen glitzerten förmlich in dessen Augen. Am liebsten hätte er wohl mit seinen schmierigen Fingern die teuren Einrichtung angetatscht und den Wert geschätzt.
    Mit seinen wulstigen fingern förderte er stattdessen nur einen Brief zu Tage. Die Handschrift war Lysandra wohlvertraut. Lucretia Lucilla schickte ihrer Tochter ein Geschenk. Wobei das wohl eher so etwas wie eine Aufgabe sein sollte. Nach der Erklärung des Händlers klang es, als sei die blonde Sklavin eine Herausforderung. Einer, der sich Flora wohl nicht stellen würde. Solange diese sich in ihrem Zimmer versteckte und ihren Kummer ergab, würde dieses blonde etwas wohl erst mal nur zum Inventar gehören. Vielleicht sollte man diese einfach der Flavia eine Zeitlang überlassen. Dann würde aus dem unwilligen Ding schnell, eine fügsame Sklavin werden. „Ich werde meiner Herrin den Brief überreichen“, versicherte sie ihm und versteckte ihn dann zwischen den Falten ihrer Tunika. Danach musterte sie die Ware aufmerksam. „Wir werden uns um sie kümmern“, erklärte sie ihm. „Gibt es sonst noch etwas?“ fragte sie und war sich sicher, dass der Händler sich nun verabschieden würde.

    Einer der unzähligen Sklaven führte den Händler samt seiner Ware ins Atrium. Ein Löwe, das Wappentier der Gens, warf wachsame Blicke auf die eintreten Besucher. Es war das erste Bodenmosaik das jeder Besucher zu Gesicht bekam. Die Hausbewohner nahmen es nicht mehr wirklich war. Wie selbstverständlich eilten sie darüber hinweg. „Bitte wartet hier“, forderte er den Mann auf. Er eilte davon und eine andere Sklavin reichte dem Händler eine kleine Erfrischung, während sie der neuen Sklavin einen neugierigen Blick zu warf. Eine neue Sklavin sorgte immer für Aufregung und jede Menge Klatsch. Wie sie wohl war? Wie sie sich in die Sklavengemeinschaft einfügen würde? Als hübsch konnte man sie nicht bezeichnen, markant traf es. Mit den hohen Wangenknochen, den irgendwie klein wirkenden Augen und den langen blonden Flechten wirkte sie durchaus eindrucksvoll und unnahbar, aber wirklich hübsch war sie nicht. Und sie wirkte rebellisch, denn der Sklavenhändler hatte ihr die Hände zusammen gebunden. Meist ein Zeichen dafür, dass ein Sklave unwillig war.



    Es war Lysandra, die Leibsklavin der Aurelia, die den Händler dann empfing. Flora wollte niemanden sehen und schon gar keinen Besuch empfangen. Der Mann hätte wohl auch ewig warten müssen, wenn es ihr gelungen wäre ihre Herrin dazu zu bewegen, aus dem Bett zu kommen und den Kummer hinter sich zu lassen. Flora war nicht wirklich in der Lage irgendjemanden zu empfang. Seit Tagen versteckte sie sich nun schon unter ihrer Bettdecke, weinte sich die Augen aus und brauste jedes Mal auf, wenn irgendwer versuchte sie dazu zu bewegen, dass Bett zu verlassen. Narcissas Tod hatte sie schwer getroffen. Die Aurelia war nur noch ein Schatten ihrer selbst.
    „Salvete“, grüßte sie den Mann und musterte ihn einmal kurz und eindringlich. „Dich schickt domina Lucretia Lucilla? Du hast eine Botschaft für meine Herrin? Ich werde den Brief gerne an mich nehmen, denn meine Herrin empfängt derzeit keinen Besuch“, erklärte sie. Dann fiel ihr Blick auf die blonde Sklavin. „Ein Geschenk?“ fragte sie nach.

    Ob Nigrina diese körperliche Nähe zu ihrer angeheirateten Cousine angenehm war oder nicht, spielte für Flora in diesem Augenblick keine Rolle. Auch wenn das Mitgefühl vielleicht nur geheuchelt war, so war sie doch dankbar dafür und ließ ihrem Kummer an der Schulter der Flavia ihren freien Lauf. Von dem Gespräch bekam sie rein gar nichts mit. Die Nachricht über den Tod ihrer Schwester hatte sie so sehr erschüttert, dass sie nicht mitbekam, was um sie herum geschah. Die Worte des Verwalters plätscherten über sie hinweg, ohne dass sie den Sinn erfasste. Flora schluchzte nur, während diese sich echauffierte und nicht fassen konnte, dass die Zwillinge reiten konnten. Nicht gerade ein Freizeitvergnügen, dass für eine junge patrizische Frau geeignet war. Eben aus dem Grund, dass es gefährlich war. Das ausgerechnet Narcissa diesen schrecklichen Unfall haben musste, war schon irgendwie eine Ironie des Schicksals. Ausgerechnet die Besonnene der beiden Schwestern. Die Götter waren in ihrem Handeln grausam und launisch. Es schien fast so, als sei die Gens vom Unheil verfolgt. Wodurch nur hatten sie den Zorn der Götter auf sich gezogen? Warum Narcissa? Sie hatte ihr Leben Vesta weihen wollen. Ein frommer Wunsch und eine große Ehre. Und nun war ihr Leben einfach ausgelöscht. Tragisch…


    Seltsamerweise spürte Flora nur eisige Kälte und Einsamkeit. Da war nicht wirklich Schmerz, sondern nur das schreckliche Gefühl plötzlich völlig allein zu sein. Narcissa war immer ein Teil gewesen, immer anwesend, auch wenn sie räumlich getrennt waren. Das Gefühl jemanden an seiner Seite zu haben, der einen besser kannte als man sich selbst, würde niemand begreifen können. Plötzlich war alles, dass was sie mit Narcissa verband, einfach verschwunden. Zurück geblieben war nur eine furchtbare Leere, die sie nicht begreifen konnte. So allumfassend, dass es sie schier niederdrückte und ihr den Willen zu Leben nahm.


    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/af.jpg] Marcus Asper
    Fassungslosigkeit zeichnete sich kurz auf dem Gesicht der Flavia ab, Es gelang ihr nicht so schnell, wie sie es wohl wollte, ihre Gefühle wieder zu verbergen. Er zog es vor, dies nicht zu bemerken. Für den Moment wartete er schweigend ab.

    Wieder quiekte Alexandros erschrocken, eilte dann aber so schnell die Beine ihn tragen konnte aus dem Zimmer um diesen germanischen Muskelprotz herzu holen. Wenn Tilla gedacht hatte, dass Flora sie höchst persönlich züchtigen würde, so hatte sie sich geirrt. Flora würde sich die Hände nicht schmutzig machen, außerdem würde die Bestrafung weit mehr Eindruck hinterlassen, wenn ein paar kräftige Arme die Peitsche führte.
    Mit einer gewissen Befriedigung sah sie, wie die Sklavin erblasste und dann vor ihr auf den Boden sank. Anscheinend hatte sie nun endlich verstanden, dass sie weder scherzte noch sich solche Frechheiten gefallen ließ. Auch nicht von der Lieblingssklavin ihrer Cousine. Zumal Prisca Verständnis dafür haben würde, dass sie Tilla hatte bestrafen müssen.
    Alexandros kam mit diesem tumben Germanen zurück. Er wirkte einfältig, aber kräftig und das genau war es auch, was sie ja von ihm verlangte. Seine Kraft. „Tilla soll für ihr freches Verhalten bestraft werden. Acht Peitschenhiebe! Aber nicht hier, draußen im Garten! Sie muss nicht auch noch obendrein hier für Unordnung sorgen. Schafft sie raus“, befahl sie. Flora war es ein wenig überdrüssig geworden, dass die Sklavinnen hier herum wuselten. „Raus mit euch allen… bis auf dich“, sie deutete auf das Soffchen. „Du wirst die Haare zusammen fegen!“ meinte sie und machte eine herrische Geste. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie nicht dabei sein musste, während Tilla ihre Strafe erhielt. „Und sei nicht zu zimperlich mit ihr. Sie hat sich mir bewusst wiedersetzt! Sie soll es ruhig zu spüren bekommen, dass kein Aurelier so ein Verhaltet duldet. Ihr ist es wohl zu Kopf gestiegen, dass sie bevorzugt behandelt wurde. Nun wird sie sicher wieder wissen wo ihr Platz ist!“ Nur Lysandra würde bleiben. Diese hatte sich wohl wissen, welches Biest Flora war, wenn sie schlechte Laune hatte, in eine Ecke verzogen, den Blick gesenkt und die Luft angehalten, bis der Sturm vorüber war.