Beiträge von Aurelia Flora

    Lysandra im Hintergrund schien beinahe vor Stolz zu platzen, endlich nahm sich die Aurelia endlich einmal zusammen und verhielt sich so, wie man es von ihr erwartete. Das perfekte Bild der sittsamen, wohlerzogenen Tochter aus gutem Hause. Zurückhaltend, bescheiden und sanftmütig. Das ganze feurige Temperament war gebändigt. Sie hatte auch die letzten Tage unerlässlich auf Flora eingeredet, damit diese sich nicht zu einer impulsiven Handlung hinreißen ließ.


    Immer noch wusste Flora nicht so recht, worüber sie mit ihrem Verlobten sich unterhalten sollten. Normalerweise folgte nun das übliche oberflächliche Geplänkel über Wetter, Mode oder den neuesten Klatsch. Eben nichts tiefgründiges, nur ein vorsichtiges heran tasten. Doch es kam ein wenig anders. Anscheinend konnte er sich noch an sie erinnern, oder vielmehr an die aurelischen Zwillinge. Vorwiegend hatte sich Narcissa mit ihm unterhalten, sie hatte sich die Zeit mit seinem Sohn vertrieben. Ein netter Kerl, aber sie hatte das Gefühl gehabt, dass er nicht ganz so harmlos war, wie es den Eindruck machte. Doch sie hatte es nicht näher ergründen können.


    „So ist es“, sie war froh, dass dieses Gespräch doch nicht so erzwungen sein würde, wie sie befürchtet hatte. „Ich hatte die Gelegenheit deinen Sohn ein wenig kennen zu lernen!“ Viele Worte mit Durus hatte sie hingegen nicht gewechselt.

    Zu ihrer Überraschung schien sich der Tiberier ehrlich über ihren Besuch zu freuen, während sie am liebsten irgendwo anders wäre. Vorzugsweise an einem Ort wo weder ihre Mutter noch Lysandra lauerten um sie zu verheiraten. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, sie konnte durchaus verstehen, warum Laevina weg gelaufen war. Die Flucht vor der erdrückenden Last der Erwartungen. Aber, sie würde sicherlich den dummen Fehler ihrer Verwandten nicht wiederholen. Sie kannte ihr Pflichten, auch wenn es sie nicht sonderlich glücklich machen würde.


    Da Durus gegenüber ihrem Cousin angedeutet hatte, dass er gern seine Braut kennen lernen wollte, hatte Titus, unterstützt von Septima, alles dran gesetzt, dass sie eben nach Roma reiste. Flroa hatte eigentlich keine Wahl gehabt und Lysandra hatte mit Freude gepackt und die ganze Reise dann unermüdlich davon geredet, welches Glück doch Flora hatte. Die drei Tage in der Kutsche waren ihr wie eine halbe Ewigkeit erschienen, weil die Sklavin einfach nicht ihren Mund halten wollte.


    „Es war auch mein Wunsch Dich einmal kennen zu lernen“, entgegnete sie, immer noch bezaubernd lächelnd.

    Lysandra zeigte ein höchst zufriedenes Lächeln, als sie endlich eingelassen wurden. Wurde aber auch Zeit! Wie hatte er auch ihre Herrin einfach draußen warten lassen können? Sie stolzierte an dem Türsklaven schon fast vorbei. Man könnte Lysandra tatsächlich fast ein wenig mit Lucretia Lucilla, Floras Mutter verwechseln. So bedacht war sie darauf, dass die Aurelia nicht nur einen guten Eindruck machte, sondern ihrem Stand der baldigen Hausherrin behandelt wurde.


    Auch wenn sie draußen in der Kälte hätte stehen müssen, ihr wäre es lieber gewesen, wenn sich das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszögern ließ. Nun wurde sie doch ein wenig nervös, sie würde jeden Augenblick ihren zukünftigen Gatten kennen lernen. Sie wusste nicht einmal worüber sie sich mit ihm unterhalten sollte. Viel würden sie wohl nicht gemeinsam haben. Dies würde nur eine Zweckehe werden um eine Schmach wieder gut zu machen und um die Verbindung der beiden Familien zu einander zu stärken. Mehr nicht.
    Angespannt spielte sie an einem Zipfel ihrer Pala herum und ein wenig unruhig sah Flora sich in der Villa um. Sie war schon hier gewesen, sie hatte Faustina besucht. Ein kleines bisschen hegte sie die Hoffnung, dass ihre Freundin ihr über den Weg lief. Einfach damit sie sich nicht ganz so wie das Lamm zur Schlachtbank fühlte.
    „Lächel!“ flüsterte Lysandra ihr eindringlich ins Ohr, während sie nun auf Tiberius Durus wartete. Kurz seufzte sie, folgte dann aber der Anweisung. Flora setzte ein bezauberndes Lächeln auf. Es reichte zwar nicht ganz zu ihren Augen, aber das würde nur jemandem auffallen, der sie gut kannte. Nur einen Augenblick später, betrat ihr Verlobter nun das Atrium, leicht humpelnd. Ein erschreckender Anblick für eine junge Frau. Es verstärkte die Befürchtung, dass sie einen Greis würde heiraten müssen. Tiberius Durus mochte vielleicht nicht so alt sein, aber doch wesentlich älter wie sie selbst. Doch ganz die Tochter ihrer Mutter, ließ sie sich nichts von ihren Gedanken anmerken.


    „Salve, Tiberius Durus“, grüßte sie ihn. Hübsch Lächeln und einen guten Eindruck hinterlassen.

    Hätte sie gewusst, dass er sie für niedlich hielt, dann hätte sie sich wohl alle Mühe gegeben nicht verlegen auf sein Kompliment zu reagieren. Sondern souverän und vielleicht auch mit einem frechen Spruch. Doch stattdessen war sie ein kleines bisschen verlegen, freute sich aber auch darüber, ein wenig hofiert zu werden. Es war ein kleines Streicheln für das Ego, welches wohlig schnurrend sich nun zusammen rollte, damit sie den restlichen Abend sich in Bescheidenheit üben konnte. „Du kennst die Iunia?“ fragte sie neugierig nach. Es klang recht vertraut, so wie er von ihr redete. Die Welt war eben klein und Roma nur ein Dorf, anscheinend kannte wirklich jeder jeden.
    „Es geht den Beiden gut. Auch wenn sie der Geburt entgegen fiebern. Sie werden wohl Beide froh sein, wenn die Kinder endlich auf der Welt sind!“ plauderte sie drauf los. „Natürlich! Mich wundert es, dass ich die Erste bin. Dabei bin ich wohl diejenige die zuletzt erfahren hat, dass du angekommen bist. Ich war in den Stallungen. Titus war so nett mir zu erlauben, meine Stute herbringen zu lassen und ich wollte sie gut versorgt wissen!“ Dass sie sich höchst persönlich dem Tier angenommen hatte, erwähnte sie nicht. Das war ja auch nicht wichtig.
    Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte sie erwähnt, dass sie ein Pferdenarr war. Diese kleine Schwäche trat nun zu Tage. Nicht gerade das passende Hobby für eine junge Frau ihrer Stellung. Gänzlich verstellen wollte sie sich nun auch nicht. „Ich vermute Titus hat noch seine Verpflichtungen, Serrana und Septima werden wohl ein wenig ihre Ruhe genießen und der Rest…der wird sicher gleich kommen. Ich hoffe doch du wirst meiner Gesellschaft nicht überdrüssig“, meinte sie dann ein wenig keck.
    Ihr war durchaus bewusst, dass Cimon sie beobachtete. Dass er jedes Wort hören konnte. Doch wenn sie nicht endlich einen absoluten Schlussstrich zog, würde es wohl noch ein schlechtes Ende nehmen.

    Ich suche eine Leibsklavin, die mit den Launen einer Patrizerin zu recht kommt. Die es vertragen kann, wenn man ihr mal etwas an den Kopf wirft, aber auch ein wenig Einfühlungsvermögen besitzt.
    Darf ruhig zickig, oder nett, oder schüchtern, oder naiv, oder dumm, oder intrigant oder alles zusammen sein. Das überlasse ich dem Spieler. Auf jedenfall aber LOYAL und auch verschwiegen. Ich bin für alles offen und lasse mich auch gern auf neue Ideen ein.

    Mit ihrer Bezeichnung Meister der Künste hatte sie ihn ein klein wenig necken und aus der Reserve locken wollen. Ein wenig diese beherrschte flavische steife Miene zu durchdringen, doch bis auf das Zucken seiner Braue, ließ er sich nicht anmerken, was er von diesem Titel hielt. Ihr geforderter Wetteinsatz hingegen fand anscheinend Begeisterung. Begeisterung war nun auf seinem Gesicht abzulesen und sie freute sich, dass sie etwas gefunden hatte, was ihnen Beiden einen weiteren vergnüglichen Abend bereiten würde. Sie freute sich schon jetzt darauf.
    Lysandra war überrascht von Flora, solch einen Vorschlag hatte sie von Narcissa erwartet, aber nicht von der impulsiven Flora. Anscheinend wurde die Aurelia endlich erwachsen. Dennoch runzelte die Sklavin dann leicht die Stirn, als sie hörte, welchen Wetteinsatz nun Flaccus verlangte.


    „Ich würde mich freuen, einmal dein Gast zu sein“, sie fand seinen geforderten Wetteinsatz passend. Campania, es sollte einer der schönsten Gegenden Italias sein. Nur aus Geschichten kannte sie dieses Fleckchen Erde, bis auf Roma und Terentum hatte sie bisher nur wenig vom Land gesehen. Umso mehr freute sie sich über diese Einladung in Form einer Wettschuld. „Du wirst aber sicherlich verstehen, dass ich Titus fragen muss, ob er mit diesem kleinen Ausflug einverstanden ist. Er ist mein Tutor!“ Sie hoffte, dass ihr Cousin Verständnis zeigen würde. „Wollen wir dann gehen?“ die Arena hatte sich in der Zwischenzeit geleert und für diesen Tag würde es keine weiteren Kämpfe geben.

    Wenn Blicke töten könnten, dann wäre der Sklave, welcher gerade die Türe öffnete vermutlich Tod umgefallen. Lysandra durchbohrte den armen Tropf geradezu. „Es geht um die Verbindung zwischen den beiden Familien“, erklärte sie dann mürrisch. Der Kerl wollte ihre Herrin hoffentlich nicht in dieser Eiseskälte stehen lassen. Dass Flora die zukünftige Hausherrin sein würde, würde sie ihm aber nicht auf die Nase binden. Das durfte er sich gern selbst zusammen reimen.


    Wäre sie nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt, dann hätte Flora wohl laut gelacht. Lysandra führte sie wie ihre Mutter selbst auf. Diese hätte genauso empört reagiert, weil es ein Sklave wagte zu Fragen, aus welchem Grund sie Einlass begehrte. Der Sklave wollte wohl einfach nur sichergehen, dass sie auch wirklich erwartet wurden und nicht die kostbare Zeit seines Herrn stahlen.
    Leicht fröstelnd, denn auf einen Mantel hatte sie verzichtet, zog sie sich ihre Pala ein wenig fester um die Schulter. Noch ein wenig länger in dieser noch winterlichen Kälte und sie würde sich wohl ebenso, wie der Türsklave, einen Schnupfen zuziehen.

    Ganz leichte Enttäuschung zeichnete sich auf ihren Zügen ab, als der Kampf einfach unterbrochen wurde. Sie war sich so siegessicher gewesen und nun hatte es ganz den Anschein, als würde dieser Kampf nicht bis zum bitteren Ende ausgeführt werden. Unmut machte sich bei einigen Zuschauern in den Rängen breit. Es waren sogar einige Buh-Rufe zu vernehmen, als beide Kämpfer zu Siegern erklärt wurden. Ein höchst unzufriedenes Ende für einen Tag der so vielversprechend angefangen hatte.“Also diesen Ausgang hab ich nicht erwartet“, gab sie ein wenig ungehalten zu und verschränkte die Arme vor der Brust, die Lippen leicht geschürzt. Gerade war ihr in den Sinn gekommen, was sie als Wetteinsatz verlangen würde. Nicht materielles, nein, es sollte etwas sein, dass er erwähnt hatte, bei ihrer ersten Begegnung auf dem Sklavenmarkt. Doch damit war dies wohl hinfällig.
    Damit hatte sich der Claudier zumindest bei ihr unbeliebt gemacht. Es war nur wenig Blut geflossen und bis auf ein paar Scheinangriffe war der Kampf auch nicht sonderlich spannend gewesen. So im Nachhinein betrachtet. Vielleicht hatte Menecrates das Schauspiel nicht länger mit ansehen wollen und aus purer Verzweiflung diesen Kampf beendet. Eine bittere Enttäuschung für alle die sich auf ein blutiges und vielleicht sogar tödliches Ende dieses Kampfes gefreut hatten. Und zu allem Überdruss wurden beide Kämpfer auch noch zu Siegern gekürt…
    Die Stimmung kippte ein wenig und noch ehe der Claudier seine kleine Rede beendet hatte, verließen die ersten enttäuschten Zuschauer bereits ihre Plätze.


    Was wurde nun aus ihrer Wette? Beide Gladiatoren wurden zum Sieger gekürt. Hatten sie nun Beide ihre kleine Wette gewonnen? Flora warf ihrem Begleiter einen kleinen fragenden Blick zu. Nun wo dieses Spektakel ein enttäuschendes Ende genommen hatte, würde sie ihre volle Aufmerksamkeit wieder dem Flavier schenken. Sein Vorschlag kam ihr recht und sie nickte darauf hin zustimmend. „Wir haben Beide gewonnen!“ Sie machte eine bedeutungsschwere Pause, ehe sie dann äußerte, was sie sich als Wetteinsatz vorstellte. Die Enttäuschung über den Ausgang des Kampfes war fort, es zeigte sich nun wieder ein Lächeln auf ihren Zügen.
    „Du hast mir doch gegenüber erwähnt, dass du ein Meister der Künste bist“, das waren zwar nicht genau seine Worte gewesen, aber sie fand sie durfte ihm ruhig ein wenig Honig um den Bart schmieren. „Ich würde gern einmal einer Kostprobe deiner poetischen Worte lauschen. Ein Gedicht soll es werden!“

    Mit finsterer Miene betrachtete sie ihr Antlitz in der polierten Silberplatte, welche ihr als Spiegel diente. Die wilden Locken waren zu einer eleganten Hochsteckfrisur gebändigt worden, ihre natürliche Schönheit nur dezent durch Make-Up betont: Kohle um die Augen, ein Hauch von blau auf den Lidern und das rot ihrer Lippen mit purpur unterstrichen. Eine Kette aus Gold wand sich zart um ihren Hals, güldene Armreifen zierten ihr rechtes Handgelenk und kleine feine Ohrringe, ebenfalls aus Gold, baumelten an ihren Ohren.
    Lysandra, die Sklaven die sie im Grunde schon ihr ganzes Leben lang begleitete, hatte sich regelrecht übertroffen. Selten war die Aurelia schöner gewesen. Flora machte regelrecht einen ätherischen, unwirklichen Eindruck. Die fleischgewordene Venus, hatte Lupus gesagt. Oder war es Avianus gewesen. Einer der Beiden war kurz in ihr Zimmer gekommen um nach ihr zu sehen. Sie hatte das Kompliment mit einem hübschen Lächeln und einem leichten Kopfnicken quittiert. Doch ausgerechnet heute hätte sie wohl alles dafür gegeben, ein hässliches Entlein zu sein. Ober aber einfach nur die Tochter eines unbedeutenden Plebejers. Nur nicht sie selbst sein.
    Natürlich hatte sie gewusst, dass es sich nicht vermeiden ließ, dass es eine unumstößliche Tatsache war, dass sie würde heiraten müssen. Aus diesem und keinem anderen Grund hatte ihre Mutter ihre Töchter schließlich nach Rom geschickt. Um eine gute Partie für sie zu machen, um den Einfluss der Familie zu vergrößern. Sie hatte diese Tatsache aber stets verdrängt und nach Möglichkeit keinen Gedanken daran verschwendet. Aber wie ein Damoklesschwert hatte es über ihrem Haupt geschwebt. Immer da, mahnend und niemals vergessen. Bis der feine Faden gerissen war um ihr innersten aufzuspießen und zu erschüttern. Während ihr Kopf bis weilen in den Wolken gesteckt hatte, war ihr Cousin nicht untätig gewesen, hatte die Aufgabe ihres verstorbene Bruders übernommen und einen passenden Ehemann für sie gefunden. Septima, hatte es ihr eröffnet, in einem Gespräch unter vier Augen. Hatte ihr beinahe strahlend eröffnet, dass sie deren Onkel heiraten sollte. Es hatte sie einige Beherrschung gekostet, so etwas wie Freude zu heucheln und nicht einfach sich sofort in ihrem Zimmer zu verstecken. Manius Tiberius Durus mochte zu den mächtigsten und reichsten Männern Roms gehören, doch er hätte ihr Großvater sein können! Ihr war immer bewusst gewesen, dass man sie verheiraten würde, so schnell wie möglich, denn sie würde ja schließlich nicht ewig jung bleiben, aber sie hatte doch zumindest gehofft, das es jemand sein würde, der nur etwas Älter sein würde wie sie. Es gab ja schließlich genügend junge Männer aus einflussreichen Familien, welche dringend, um ihre Karriere zu fördern, eine Ehefrau brauchten. Aber sie wurde direkt an einen gestandenen Mann verschachert.
    Ihre Mutter tat sicher Luftsprünge. Diese hatte bereits angedeutet, dass ihr der Tiberier als Schwiegersohn gefallen würde. Hatte doch dessen erste Frau, ebenfalls eine Aurelia, die Ehre beider Familien beschmutzt. Es musste eine Wiedergutmachung her und diese war nun sie.
    Es trieb ihr beinahe die Tränen in die Augen, sie und ihr zukünftiger Gemahl würden rein gar nichts gemeinsam haben. Wenn er sich überhaupt für sie interessierte. Vermutlich würde sie nur als Alibi herhalten müssen. Damit es nicht Gerede gab, dass der Tiberier solange Junggeselle blieb. Flora würde nichts weiter sein wie ein hübsches Schmuckstück. Etwas das man vorzeigen konnte, aber dem man wohl nicht genug Verstand zutraute. Schließlich war er der mächtige Senator und sie nichts weiter wie ein Püppchen.
    Aber Widersprechen oder gar sich gegen ihr Schicksal kam ihr nicht in den Sinn. Ihre Mutter hatte ganze Arbeit bei ihrer Erziehung geleistet. Flora würde sich dem Willen der Familie beugen, ob sie damit glücklich wurde oder nicht, spielte keine Rolle. Sie war schließlich eine Aurelia, wie ihre Mutter ihr ständig eingeimpft hatte. Sie hatte ihre Rolle zu spielen, den Erwartungen gerecht zu werden.
    Einfluss würde sie wohl auf ihren so viel älteren zukünftigen Ehemann nicht haben. Er hatte mehr Lebenserfahrung und sie war hingegen wie ein Küken. Sie würde wohl nie eine Ehe führen wie Septima oder so verliebt wie Prisca sein sondern eben nur das hübsche Anhängsel eines mächtigen Mannes. Ihr stand höchstens noch die Ehre zu, ihm Kinder zu schenken.
    Wieder einmal spürte sie leise Eifersucht in sich aufsteigen. Sie beneidete ihre Cousine darum, dass diese sich tatsächlich verliebt hatte und niemand ihrem Glück im Wege stehen wollte. Eifersucht war ein hässliches Gefühl und doch konnte sie es in diesem Fall nicht unterdrücken. Es war so furchtbar ungerecht.


    „Die Sänfte ist soweit, domina!“ Lysandra kam wieder zurück ins Zimmer und riss sie aus der düsteren Betrachtung ihres Spiegelbildes. „Du musst Lächeln!“ ermahnte die Sklavin sie. Ein letztes Mal überprüfte diese die Frisur Floras, steckte sogar noch eine zarte Blüten zwischen die Locken und strich, nachdem sich die Aurelia mechanisch erhoben hatte, die Falten des weißen Kleides zu Recht. Weiße Seide, schlicht und doch elegant, der Mode entsprechend, aber dennoch auch züchtig und zurückhaltend. Der Saum war fein bestickt. Das Sinnbild römischer Tugenden hatte es Lysandra es genannt.
    Flor selbst fühlte sich nur seltsam leer. Hatte es dumpf und ohne Protest zu äußern über sich ergehen lassen, dass die Sklavin sie in eine vorbildliche Matrone verwandelte. Lysandra war aufgeregter wie sie selbst. Hatte Freudentränen gelacht, als sie erfuhr, dass ihre Herrin endlich unter die Haube kam. Das aus dem winzigen Mädchen, welches sie einst gestillt hatte, nun eine Frau geworden war. Nur ihre Mutter wäre wohl glücklicher gewesen. Lucretia Lucilla würde erst wohl zur Hochzeit ihrer Tochter nach Roma reisen. Bis dahin übernahm stellvertretend die Sklavin Lysandra die Rolle der überglücklichen aufgeregten Mutter. Diese bemerkte nicht einmal, was in ihr vorging. Stattdessen flatterte sie wie aufgeregtes Huhn um sie herum und überschütete sie mit gut gemeinten Ratschlägen. Dingen die sie sagen sollte, Dinge die sie nicht sagen sollte, wie sie sich zu verhalten hatte und und und. Dies alles wusste sie bereits, gehörte sie doch zu den wohlerzogenen Töchtern der Gens Aurelia.
    Ein letzter Blick in den Spiegel, ehe sie sich dann auf den Weg machte um ihren zukünftigen Ehemann kennen zu lernen. Schließlich war sie allein aus diesem Grund wieder für kurze Zeit in Rom. Titus hatte sie ja zu diesem Besuch überredet.

    Leichtfüßig wurde die Sänfte mitsamt ihrem patrizischen Inhalt durch die Straßen Roms getragen. Lysandra redete ohne unterlass auf ihre Herrin ein. Es waren vor allem Ermahnungen. Aber Flora hörte sie ohnehin nicht. Ihr Blick war leer auf die Straße gerichtet, Mit einer Hand hatte sie einen Vorhang zur Seite gezogen. Sie wollte sich auf andere Gedanken bringen, doch immer zu kreisten ihre Gedanken um das bevorstehende Kennen lernen. Sie nagte auf ihrer Unterlippe herum, bis Lysandra mit einem Klapps verständlich machte, dass sich das nicht gehörte. „Wo bist du nur mit deinen Gedanken, Kind?“ fragte diese ein wenig ungehalten. „Wir sind gleich da! Setz ein Lächeln auf und lass das Stirnrunzeln! Davon bekommst du nur Falten!“ Wieder Ermahnungen. Flora seufzte und zwang sich zum durchatmen. Wirklich nervös war sie nicht. Eher hatte sie das Gefühl neben sich zu stehen und dabei zuzusehen, wie sie ihrer Sklavin ein gezwungenes Lächeln schenkte. „Du solltest dich freuen, Tiberius Durus ist ein ehrenwerter Mann!“ Flora lag eine bissige Entgegnung auf der Zunge, doch schluckte sie diese herunter. „Natürlich, du hast Recht“, meinte sie dann nur und ließ ihren Blick wieder aus der Sänfte gleiten. Damit sie endlich ihre Ruhe hatte. Damit Lysandra endlich den Mund hielt.
    Als die Sänfte dann von den starken Schultern der Sklaven runter gelassen wurde, wusste sie nicht, ob sie erleichtert sein sollte, oder aber sich einen längeren Weg wünschen. Erleichterung, weil Lysandra nun endlich den Mund hielt und vor ihr aus dem Gefährt stieg um ihre Ankunft anzukündigen. Oder aber einen längeren Weg, damit sie das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszögern konnte. Kurz schloss sie die Augen, ehe sie sich dann von einem der Sklaven beim aussteigen helfen ließ.


    Ihre Sklavin hatte bereits übereifrig angeklopft und kündigte sie in diesem Moment an. „Meine Herrin, Aurelia Flora, wird bereits erwartet!“ erklärte diese und machte eine federleichte Handbewegung in Richtung der Aurelia.

    Lysandra hätte ihre Herrin am Liebsten in ein Bad gesteckt und kräftig abgeschrubbt, nur um auch sicher zu gehen, dass nicht mehr der geringste Hauch nach Stall an Flora haftete. Da sie aber nun einmal in einem Castellum waren, war das nicht ganz so einfach umzusetzen. Deshalb hatte Lysandra fast ein bisschen verzweifelt nach Duftölen gegriffen und versucht dem Geruch von Stroh und Pferd zu Leibe zu rücken. Die Aurelia hatte sich aber mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. „Das würde es nur schlimmer machen!“ „Alles ist Besser wie Stall!“ Flora war ihr schließlich entkommen. Kurz bevor die Sklavin ihr mit Rode, Lavendel oder Veilchen zu Leibe rücken konnte. Denn sonst hätte Lysandra ihr sicherlich so ein ganzes Fläschchen einer Duftessenz über den Kopf ausgeschüttet. Ihrem Gegenüber schien es jedenfalls nicht aufzufallen, dass sie sich den ganzen Tag im Stall aufgehalten hatte. Oder aber er ließ es sich nicht anmerken.
    Stattdessen kam ihm Federleicht ein Kompliment über die Lippen, welches auf ihre Wangen einen Hauch von rosa zauberte. „Ach was“, meinte sie ein klein wenig verlegen lächelnd. Sie fand sich gar nicht mal so hübsch. Zumindest heute.


    Dass die Reise für ihn langweilig gewesen war, konnte sie verstehen. Sie hatte ja Serrana und Septima zur Unterhaltung gehabt. Ihnen waren irgendwie nie die Themen ausgegangen und die Zeit war auf diese Weise wie im Fluge vergangen. Nur Narcissa fehlte ihr ein wenig. Doch diese bemühte sich nach wie vor darum, eine der jungfräulichen Priesterinnen der Vesta zu werden. „Durchaus“, antwortete sie nun ihrerseits auf seine Frage. „Ich hab genug Unterhaltung hier“, versicherte sie ihm. „Ich genieße die Gesellschaft von Septima und Iunia Serrana!“

    Es war einer dieser grauen regnerischen Tage, an denen man sich eigentlich nur die Decke über den Kopf ziehen wollte und die Welt aussperren. Beständig ging der Regen auf die Welt nieder. Und doch hatte das Wetter sie nicht davon abgehalten, den halben Tag im Stall zu verbringen. Nach einigem Überreden hatte es ihr Cousin ihr endlich erlaubt ihre Stute her bringen zu lassen. Titus war nur wenig begeistert von dieser Idee, aber am Ende hatte er dann doch nachgegeben. Am frühen Morgen hatte ein Sklave schließlich das wunderschöne Tier im Castellum abgeliefert. Kaum dass sie die Nachricht erhalten hatte, war sie in ihren Mantel geschlüpft und in die Stallung geeilt um sich persönlich zu vergewissern, dass es der feingliedrigen Stute gut ging. Mensch und Tier hatten sich gleichermaßen über dieses Wiedersehen gefreut.
    Der Anblick den sie die nächsten Stunden dann bot, hatte so manchen Soldaten verlockt dem Stall einmal einen Besuch abzustatten. Wann bekam man schon einmal eine junge Aurelia zu sehen, welche sich persönlich um das Wohl ihres Pferdes kümmerte. Lysandra hatte zwar eindringlich auf sie eingeredet und versucht sie wieder ins Prätorium zu bekommen, doch am Ende hatte Flora die Sklavin weg geschickt.


    So kam es, dass sie erst von dem Besuch erfuhr, als sie mit Stroh in den wilden Locken und feuchtem Saum zurück ins Haus kam. Ihre Sklavin war schon in heller Aufregung, schließlich sollte es so etwas wie eine formelle Cena geben. „Du riechst nach Stall“, klagte die Sklavin vorwurfsvoll. „Waschen! Umziehen und dann mach ich dir die Haare!“ resolut scheuchte Lysandra ihre Herrin herum. „Ja, ja! Schon gut!“ wehrte sie die Hände ab, die sich bereits an ihrer Tunika zu schaffen machten. Nur wenig später wirkte Flora nicht mehr wie ein Bauerntrampel sondern ganz wie die elegante Patrizierin die sie nun einmal war. Ein wenig verwunderte sie das aufgeregte Verhalten ihrer Sklavin schon. Eindringlich warf sie Lysandra einen Blick zu. Flora befürchtete, dass diese den ganzen Aufwand nur machte, um zu zeigen, was für eine gute Partie ihre Herrin doch wäre. Das konnte ja noch heiter werden, wenn diese Cena so etwas werden sollte, wie eine Verkupplung. Flavius Flaccus war ein netter Kerl, ein bisschen steif und vielleicht auch ein wenig zu schnöselig für ihren Geschmack und sie hoffte, er war nicht hier um irgendwelche Heiratspläne zu äußern. Er hatte ihr ja Gegenüber erwähnt, dass er irgendetwas mit Titus zu besprechen hatte.
    Auch wenn Lysandra alles versuchte was in ihrer Macht lag um aus Flora ein bezauberndes Geschöpf zu mache, gelang es der Aurelia sich dagegen zu wehren, gleich in die teuerste Robe gesteckt zu werden. „Es ist nur eine Cena!“ hatte sie erwähnt und dann eher ein schlichtes blaues Kleid für sich ausgewählt und die wilden Locken nur locker im Nacken mit Kämmen gebändigt.


    Trotz diesem Aufwand gehörte Flora, zu ihrer eigenen Überraschung, zur ersten Bewohnerin des Hauses, die zum Essen erschien. Erleichterung breitete sich in ihr aus, als sie fest stellte, dass wenigstens Flaccus schon anwesend war. Sie hatte Cimon gesehen und ging ihm eigentlich nach Möglichkeit aus dem Weg. Sie traute sich selbst nicht über den Weg, wenn sie wieder mit allein sein würde. Von daher schenkte sie den anwesenden Sklaven keine Beachtung, stattdessen trat sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, an den Flavier heran. „Salve Flaccus! Schön dich zu sehen. Wie war die Reise?“ verwickelte sie ihn direkt ins Gespräch.

    Zitat

    Original von Quintus Flavius Flaccus


    Es war ein spannender Kampf: die wilde ungezähmte Kraft Germaniens gegen den flinken und geschickten nubischen Kämpfer. Während der Germane scheinbar wie blind nach seinem Gegner schlug, setzte sein dunkelhäutiger Kontrahent auf einen überlegten Angriff.
    Ihr Favorit musste sein Netz einbüßen, doch dafür konnte er zwei gezielte Schläge austauschen. Es wäre ein leichtes für ihn gewesen, mit dem Germanen kurzen Prozess zu machen, doch ging er wieder auf Abstand. Es ging hier um Unterhaltung und nicht um einen schnellen Tod. Die Menge wollte Blut fließen sehen, aber nur ein wenig, sie wollten vor allem einen spannenden Kampf.
    Vielleicht ein wenig zu siegessicher lächelte Flora ihrem Begleiter zu. Diese kleine Wette schien sie für sich zu entscheiden. Noch immer wusste sie nicht, welchen Wetteinsatz sie denn verlangen sollte. Noch war ja auch nicht der Kampf entschieden und sie konnte sich weiter Gedanken über den Wetteinsatz machen. „Die beiden Gladiatoren, lassen uns ganz schön zappeln“, zwinkerte sie Flaccus zu. Germane und Nubier standen sich nun wieder gegenüber.


    Lysandra indes, fing ein geheimnisvolles Lächeln des Flaviers auf. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Herrin diese Wette gewann und diese dann auch vernünftig reagierte und etwas als Wetteinsatz verlangte, was harmlos war. Doch bei Flora konnte man nie wissen. Schließlich nahm sie wieder ihren Platz hinter der Aurelia ein und bat um irgendein Wunder. Das der Kampf unentschieden ausging, oder dass plötzlich ein Gewitter über sie hereinbrach und die Spiele auf diese Weise beendete.

    Wäre die Lage nicht so angespannt und so ernst, dann wäre sie glatt eingeschnappt, weil sie so angefahren wurde. Aber so sah sie es Titus nach, dass er ein wenig ungehalten auf ihren vorsichtigen Einwurf reagierte. Beschwichtigend hob sie die Hände. „Schon gut!“ nahm sie seine Entschuldigung an. Die Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben, ebenso wie allen anderen in diesem Raum. Da waren die werdenden Mütter und dann diese Seuche. Dass er die Serrana und vor allem Septima dieser Gefahr nicht aussetzen wollte, verstand sie.
    „Kann man das Haus nicht einfach unter Quarantäne stellen?“ fragte sie, immer noch das Wohl der beiden Schwangeren im Auge. Wer wusste schon, wozu dieser Stress führen konnte? Es war allgemein bekannt dass es weder für Mutter noch für Kind Gesund war, wenn die Mutter in Panik ausbrach. Die Iunia sah bereits so aus, dass sie am Rande eines Nervenzusammenbruches war. „Alle Sklaven, die in der Stadt waren, werden ausquartiert, einschließlich jener die Niesen oder Husten, der Rest darf das Haus einfach nicht verlassen!“ Sie fand ihren Vorschlag gar nicht mal so schlecht. Sollte Ursus dennoch anderer Meinung sein, dann würde sie ihre Sachen auch sofort packen. Zumindest das Nötigste. Den Rest konnte man ihr ja nachschicken. Sie hatte nämlich ein paar Bedenken, ob man mit einer Sänfte wirklich einer Seuche entkommen konnte. Diese Bedenken äußerte sie dann auch: „Wir wären dann aber immer noch im Umland von Mantua. Weißt du wie die Seuche dort gewütet hat?“ ein berechtigter Einwand wie sie fand. Die Frage war, wo gingen sie das größere Risiko ein. Hier, wenn sie blieben, oder aber wenn sie sofort abreisten. Sie war froh, dass diese Entscheidung nicht bei ihr lag, sie wäre sich nämlich nicht sicher.
    Als Serrana fragte wo ihre Stieftochter war, sagte sie: „Ich hab Sabina in ihrem Zimmer gesehen. Sie spielt oder so!“ so konnte sie ein bisschen zur Beruhigung beitragen. Und wie der Zufall es wollte, tauchte in diesem Moment der Germanicus auf und teilte ihnen mit, dass eine Krankheit ausgebrochen war.

    Zitat

    Original von Quintus Flavius Flaccus


    Warum sie den Nubier ausgewählt hatte, konnte sie sich selbst nicht erklären. Vielleicht weil seine Bewegungen einer Raubkatze glichen, geschmeidig und bedächtig. Immer wissend wo er seinen Fuß als Nächstes hinsetzen musste. Zwar mochte der Germane dem Nubier an Kraft und Größe überlegen sein, doch nicht immer waren es diese Eigenschaften, die den Ausgang eines Kampfes bestimmten. Sie wollte an die Anmut, Ausdauer und auch Schnelligkeit glauben und war aus diesem Grunde auch sehr zuversichtlich, dass sie diese kleine Wette gewinnen würde.
    Obwohl ihre Aufmerksamkeit auf das Rund der Arena gerichtet war, kreisten ihre Gedanken um den Einsatz dieser Wette. Was mochte sich Flaccus wünschen, wenn sein Gladiator gewann? Was sollte sie verlangen, wenn es dem Nubier gelang den Germanen zu besiegen. Natürlich hatte sie Lysandras Blick aufgefangen, diesen warnenden und zugleich besorgten. Sie fürchtete wohl, dass ihr Begleiter etwas Ungehöriges verlangen könnte. Doch so schätzte sie den Flavier nicht ein. Bisher hatte er sich als freundlicher zurückhaltender Mann heraus gestellt, warum sollte er dies vortäuschen, lag ihm doch als Patrizier im Grunde die Welt zu Füßen.
    Ganz leicht spannte sich ihr Körper an, als die beiden Gladiatoren aufeinander zustürmten. Beide waren sie zuversichtlich dieses Duell für sich zu entscheiden. Nur einer würde der Sieger sein und Beide wollten diesen Sieg. Wulfgar wirkte ein bisschen zu zuversichtlich. Natürlich konnte sie sich auch täuschen.

    Ein wenig Überraschung zeichnete sich auf ihren Zügen ab, als er erklärte, dass der Sieger den Wetteinsatz festlegen durfte. Damit ergaben sich unzählige Möglichkeiten. Ihr Lächeln bekam einen leicht verschmitzten Ausdruck. „Einverstanden“, noch hatte sie keine Ahnung was sie denn fordern sollte. Aber ihr würde schon noch etwas passendes einfallen.
    Nur Lysandra gefiel dies nicht ganz. Die Sklavin stand hinter ihrer Herrin und runzelte leicht die Stirn. Der junge Flavier konnte verlangen was er wollte, wenn er gewann und da Flora ein gewisses Ehrgefühl hatte, würde sie auch nicht einfach zurück schrecken. Sie konnte nur hoffen, dass der Flavier sich an die Regeln des Anstandes hielt, sollte er gewinnen. Dennoch warf sie der Aurelia einen kurzen eindringlichen Blick zu, als sie deren Becher mit verdünntem Wein auffüllte.
    Eindringlich musterte sie die beiden Gladiatoren. Welchen sollte sie auswählen? Wer hatte die besseren Aussichten diesen Kampf zu gewinnen? Schließlich fällte sie ihre Entscheidung. „Ich wähle den Nubier!“ erklärte sie ihrem Begleiter und klang recht selbst sicher.

    Reichlich verdutzt sah sie ihrem Cousin nach, als dieser mit finsterer Miene an ihr vorbei eilte. Sein schwerer Schritt war im ganzen Haus zu hören.
    Anscheinend hatte er sie nicht gesehen, denn sie hatte sich gerade eine kleine Lektüre geschnappt und war auf halbem Wege zurück in ihr Zimmer, als Ursus durchs Atrium stürmte. Nach seiner Miene zu urteilen schien gerade ein Krieg ausgebrochen zu sein. Kurzerhand entschloss sie sich ihm eilig zu folgen. Die Anweisung an die Sklaven bekam sie noch mit. Was auch immer es zu bedeuten hatte, es klang nicht wirklich erfreulich und weckte bereits die schlimmsten Befürchtungen. So stand sie einen Augenblick später in der Tür und warf einen fragenden Blick in die Runde. Und nur einen Augenaufschlag später, stand auch dann eine füllige Dame neben ihr, die dann zur Tiberia eilte. Gemeinsam lauschten sie der Ankündigung und sofort zeichneten sich auf allen Zügen Besorgnis ab. „Ich kann ja deine Sorge verstehen…. Aber Serrana und Septima sehen beide nicht so aus, als würden sie reisen können“, merkte sie vorsichtig an. Ob es so gut war die beiden Schwangeren so in Panik zu versetzen? Im Hintergrund huschten bereits alle Sklaven eilig herum. Es war als hätte ein Kind mit einem Stock in ein Wespennest gestochen. Es herrschte plötzlich Aufregung und auch Durcheinander. Septima war reichlich blass um ihre Nase herum geworden.

    Zitat

    Original von Quintus Flavius Flaccus


    Dem Schaukampf der Amazonen folgte eine große Gruppenaufführung. Diesmal war man nicht so nachsichtig mit den Kämpfenden. Schon bald tränkte das Blut der Unterlegenen den Boden der Arena. Nur einer der Gladiatoren konnte glorreich und siegreich aus diesem Kampf heraus gehen, viele seiner Gegner fanden den Tod. Dennoch war es faszinierend den Tanz des Todes zu verfolgen. Immer wieder blitzen die Waffen auf. Der ein oder andere Kämpfer wurde manchmal sehr enthusiastisch angefeuert, andere wiederum ausgebuht. Zum Schluss hin, bewegten sich die Kämpfenden nur noch in Zeitlupe, aus unzähligen Wunden blutenden die Kontrahenten und die Erschöpfung war ihnen anzusehen. Als der Eine am Ende zusammen brach, wusste man nicht zu sagen, ob aus Erschöpfung oder aber, weil sein Gegner der Bessere war. Der Sieger wurde bejubelt und gefeiert. Im Anschluss wurden dann noch zwei Kämpfer vorgestellt. Ein Germane gegen einen Nubier. Ganz leicht beugte sie sich vor um diese Beiden etwas genauer zu mustern. Trotz seiner Größe wirkte der Germane irgendwie gedrungen.
    Ein kleines Funkeln zeigte sich in ihren Augen, als Flaccus fragte, ob sie eine Wette wagen wollten. „Warum nicht? Um was wollen wir den Wetten?“ fragte sie ihn.

    Zitat

    Original von Quintus Flavius Flaccus


    Anscheinend war ihr Begleiter ebenso von dem Anblick der Amazonen gefesselt wie die meisten anderen männlichen Besucher dieses Spektakels. Er wirkte ein wenig ertappt, als sie mit ihrer Frage seine Aufmerksamkeit verlangte. Worin sein Interesse an den beiden kämpfenden Frauen genau lag, wusste sie nicht zu ergründen.
    Ganz leicht nickte sie. Der Claudier würde zu seinem Wort stehen, auch wenn es Schade war um diese Sklavin. Sie hatte sich gut geschlagen, fand sie zumindest. „Ich finde, sie haben sich Beide gut geschlagen und uns gut unterhalten.“ Irgendwo aus der Menge erklang eine Stimme, die forderte Gnade walten zu lassen. Mit einem kleinen Lächeln kam sie dieser Aufforderung nach, während sie immer noch an Flaccus gerichtet sprach: „Den Tod hat sie nicht verdient. Sie war mutig!“ Nun ließ sie ihren Blick auch einmal durch die Arena gleiten. Noch schien das Volk ein wenig gespalten. Sollten sie der Sklavin ihr Leben lassen oder aber sollte ihr Blut, zu Ehren des Ädils und der Götter, den Boden der Arena tränken. Die Gladiatorin lag ohnehin schon wie leblos im Sand, doch Tod war sie allem Anschein noch nicht. „Ich würde sie gern noch einmal irgendwann kämpfen sehen!“ fügte sie noch hinzu.

    Nichts anderes hatte sie erwartet, als der Priester verkündete, dass die Götter dieses Opfer angenommen hatten. Ein anderes Ergebnis hätte wohl für Tumult gesorgt, aber so brüllte die Menge begeistert auf. Die Götter waren ihnen wohlgesonnen und den Spielen stand nun nichts mehr im Wege. Vergnügen stand nun im Mittelpunkt.
    Kaum war das Rund der Arena geräumt und das Blut der Opfertiere unter Sand verborgen, da wurde von dem Claudier auch schon das erste Paar Gladiatoren vorgestellt. Zwei Frauen, Amazonen schickte er in den Kampf. Den Männern um sie herum fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als die beiden, recht spärlich bekleideten Frauen die Arena betraten. In Floras Augen sahen die Beiden völlig gleich aus. Dunkle Haut, dunkle Augen und dunkles Haar, dafür dass Beide scheinbar verschiedenen Ländern kamen, sahen sie sich verflixt ähnlich. Wie gut dass man ihnen da unterschiedliche Waffen in die Hand gedrückt hatte, so konnte man sie wenigstens auseinander halten. Dem Schönheitsideal, welches man hier in Roma bevorzugte, entsprachen sie nicht und doch waren die Männer restlos begeistert von ihnen. Zweideutige und anzügliche Kommentare fielen.
    Verstohlen warf sie ihrem Begleiter einen Blick zu. Doch sie konnte nicht ergründen, ob die beiden Frauen ihm gefielen oder nicht.
    Nur einen Augenblick später umkreisten sich die Kämpferinnen dann auch schon, erst einmal Tanz gleich, doch je länger der Kampf dauerte, desto wurde es ein hauen und Stechen. Der verzweifelte Versuch die Oberhand zu gewinnen. Es überraschte sie, dass der Claudier seine Sklaven auf Leben und Tod kämpfen ließ. Das war ungewöhnlich, schließlich kosteten gute Sklaven ein Vermögen und die Ausbildung zum Gladiator war auch nicht kostenlos.
    Dennoch verfolgte sie den Kampf aufmerksam und angespannt. Welche von Beiden am Ende siegen würde? Einen Favoriten hatte nicht wirklich. Ihr ging es in diesem Fall ganz um den Zeitvertreib, während die Männer teilweise blutdurstig, teilweise lüstern das Schauspiel verfolgten.
    „Was denkst du? Wird der Claudier seine Sklavin in den Tod schicken?“ fragte sie Flaccus, als die eine zu Boden ging und die Andere ihr das Schwert gegen die Kehle drückte.