Beiträge von Aurelia Flora

    Zitat

    Original von Aretas
    Lange hatte es nicht gedauert und sie standen im Officium. " Cornicularius, die zwei ....die zwei Personen, mit denen der Legat sprechen will." Antias blieb an der Tür stehen. " Soll ich warten?" Lange brauchte der Legat sicher nicht mit den Beiden. Antias würde es eine Genugtuung sein, sie hochkant aus der castra zu schmeißen.


    Zum Glück dauerte es nicht lange und die Wachen kamen zu dem Schluss, dass sie tatsächlich keine Waffen mit sich trugen. Eine Tatsache die sie ein wenig beunruhigt hatte. Wären sie überfallen worden, hätten sie nichts gehabt um sich zu wehren. Das Schicksal hatte es wenigstens ein bisschen gut mit ihnen gemeint und vor Banditen bewahrt. Dafür aber war das Wetter meistens umso schlechter gewesen. Ganz leicht nickte sie Veleda zu, sie sollte beim Wagen bleiben und auf sie warten. Es würde wohl nicht lang dauern, dann würde man die Sklavin samt Karren wohl auch hinein lassen.


    Den Weg in die Principia hätte sie auch ohne Begleitung gefunden. Schließlich war sie nicht zum ersten Mal in der Castra. Nur diesmal waren die Umstände andere. So ganz wollte die Anspannung der vergangenen Wochen auch noch nicht weichen. Sie hatten zwar ihr Ziel erreicht, aber Flora befürchtete, dass es im Grunde erst ein Anfang weiterer großer Ereignisse war. Das Gefühl von Sicherheit wollte sich noch nicht so recht einstellen. Ein ausgiebiges Bad würde das hoffentlich ändern. Doch Wichtiger war es erst einmal mit Titus zu reden. Er wusste hoffentlich mehr davon, was sich in Rom zutrug. Und auch ob es ihrem Gatten gut ging. Nach Möglichkeit hatte sie versucht nicht an Durus zu denken. Schließlich hatte Ahala nur beunruhigende Nachrichten gehabt, als er in Misenum aufgeschlagen war, um dann mit ihr zu fliehen. Prätorianer im Haus waren selten ein gutes Zeichen. Kurz warf sie Ahala einen nachdenklichen Blick zu. Was wohl in ihm vorging.
    Angespannt wartete sie darauf, zu ihrem Vetter durchgelassen zu werden.

    Immer noch rätselte sie herum wo sie diesem Mann bereits schon einmal begegnet war. Sie wurde einfach nicht das Gefühl los, den Soldaten bereits zu kennen. Ahala jedenfalls scherte sich nicht um den Soldaten, sondern viel mehr darum, welchen Eindruck sie hinter ließen. Eigentlich hätte sie jetzt wieder sich mit ihm zanken können. Schließlich war das Thema ‚heißes Bad’ ein ständiger Streitpunkt. Auch sie wünschte sich nichts sehnlicher wie ein heißes Bad. Um den ganzen Schmutz los zu werden, um die Strapazen zu vergessen und einfach um es sich gut gehen zu lassen. „Nicht mehr lange und wir bekommen unser Bad …“, meinte sie seufzend. Kurz strich sie sich über den Bauch. Wie wohl Titus reagieren würde. Er würde sich hoffentlich freuen.


    Nur wenig später kehrte der Soldat zurück, offensichtlich nun gewillt sie zum Legaten zu bringen. „Wir haben keine Waffen dabei … es sei denn ein Brotmesser stellt für euch bereits eine Bedrohung dar!“ Auch sie ließ es zu, dass man sie durchsuchte. Ebenfalls wurde Veleda und der Karren nach Waffen durchsucht. Kurz fürchtete sie, dass man ihre sehr gut gefüllte Reisekasse finden würde, doch sie hatten das Geld sehr gut versteckt und sie glaubte nicht daran, dass die Soldaten so viel Zeit aufwenden würden. Im Grunde wollten die Männer sie doch schnell los werden.

    Nur höchst ungern ließ sie sich das Armband abnehmen. Das sich Ahala an diesen Schmuckstück vergriff und es einfach so weg gab, dafür hätte sie ihm am liebsten die Augen ausgekratzt. Ihm zu erklären, was dieses Schmuckstück für sie bedeutete, wäre sinnlos. In seinen Augen war das Kettchen ja nur hübscher wertvoller Tand.
    Doch sah sie die Notwendigkeit ein. Flora hoffte einfach mal, dass der Soldat gut darauf acht geben würde. Auf diese Weise würden sie wenigstens ins Lager kommen und ihre Botschaft dem Legaten überbringen können.


    Den Wagen lenkte Ahala beiseite. Während sie warteten, sprang sie von dem Karren herunter und vertrat sich ein bisschen die Beine, indem sie einmal um ihr Reisegefährt herum spazierte. Schließlich blieb sie vor dem Ochsen stehen und tätschelte dem Tier die Nase. „Den Soldaten kenn ich irgendwo her …“, versuchte sie leise ein Gespräch zu führen, während sie warteten, dass der Mann zurück kehrte. Diese Warterei machte sie nervös. Vielleicht lenkte es sie ab, wenn sie sich unterhielten. Viel gesprochen hatten sie während ihrer Reise nicht. Nur die nötigsten Worte oder ab und zu mal ein wenig gestritten.

    Nach einer wochenlange Reise, unbequemen und eisigen Nächten unter freiem Himmel, hatten sie endlich Mantua erreicht. Irgendwie hatte sie gar nicht mehr daran geglaubt ihr Ziel irgendwann zu erreichen. Wie durch ein Wunder waren sie sogar recht unbehelligt voran gekommen. Keine bewaffneten Patrouillen oder wilde Tiere oder Banditen hatten sie aufgehalten, sogar ihren Karren hatten sie aus dem Schlamm bekommen.
    Nach diesem Vorfall hatten sie sich zusammen gerauft. Ihren Streit mehr oder weniger beigelegt und stattdessen sich bemüht so schnell wie möglich ihr Ziel zu erreichen. Auch wenn es bedeutet hatte auf jeglichen Komfort zu verzichten und ihr Lager weiterhin jeden Abend am Straßenrand zu errichten. Sie hatten Gasthäuser und kleinere Städte gemieden, nur in winzigen Siedlungen ihre Vorräte aufgestockt um dann sofort weiter zu ziehen. Natürlich hatten sie sich auch nach Gerüchten umgehört, doch viel hatten meist die Menschen nicht zu berichten. Nur alltägliche Kleinigkeiten und den Tod der kaiserlichen Familie beklagt, doch wichtigen Nachrichten aus Rom, gelangen meist nur sehr spät in diese entlegenen Orte. Immer weiter Richtung Norden ging es.
    Mit der Zeit hatte sich Flora sogar irgendwie mit dem Ochsen angefreundet. Irgendwann, zwischen Rom und Mantua, war sie auf die Idee gekommen, dem Tier einen Namen zu geben. Aequitas, weil der Ochse durch nichts aus der Ruhe zu bringen war. Ein treuer Begleiter, der sich am Gejammer seiner Reisegefährten so gar nicht störte. Von daher war es nur recht und billig, dass der Ochse auch einen Namen bekam. Etwas das sogar für einen kurzen Moment sogar ihre Stimmung gehoben hatte, als sie erklärt hatte, warum das Tier ausgerechnet diesen Namen bekommen sollte.
    Mit der Zeit gewöhnten sie sich sogar an den ewigen Regen, den gefrorenen Boden und das karge Essen. Auch wenn sie immer noch jede Nacht von einem weichen Federbett und anderen Annehmlichkeiten träumte. Es war nur nicht mehr so oft ein Streitpunkt. Nur noch ab und zu, wenn sie dann doch mal den sehnsuchtsvollen Gedanken äußerte wenigstens eine Nacht in einem Gasthaus zu verbringen. Wer sollte sie schon erkennen? Weder Flora noch Ahala sahen noch wie verhätschelte Patrizier aus. Dafür waren sie eindeutig zu ungepflegt. Die Kleider mit Schlamm bespritzt und an den Säumen etwas eingerissen. Das Haar stumpf und zerzaust. Sie wirkten mehr wie glücklose Händler und nicht wie Mitglieder der reichsten und mächtigsten Familien Roms.
    Dennoch ihr Glück wollten sie nicht herausfordern, nur weil sie es etwas bequemer haben wollten für eine Nacht.



    Nun hatten sie also endlich ihr Ziel erreicht. Im gemächlichen Tempo lenkte Ahala ihren Karren zum Lager der Legio I. Ein wenig unruhig rutschte sie auf ihrem Platz hin und her, als sie die Soldaten am Tor erkannte. Lange hatten sie sich überlegt ob sie sich direkt als Verwandte des Legaten ankündigen sollten, oder nicht. Am Ende entschieden sie sich dafür, andere Namen zu nennen. So wie sie aussahen, würde ihnen ohnehin niemand glauben dass sie Aurelia und Tiberius waren.
    Schaukelnd kam der Wagen zum Stehen, direkt vor den Soldaten. Flora hatte sich vorher noch einmal ihre Kapuze ein bisschen tiefer ins Gesicht gezogen. „Salve …“, sie klang etwas unsicher. „Ich bin Paeonia Mamerca und das ist mein Gatte Galeo Volteius“, kurz stieß sie ihren Ellbogen etwas unsanft in Ahalas Seite. „Wir haben eine Botschaft für den Legaten Aurelius …“, Flora ließ ihren Blick wandern und senkte die Stimme. „Von seinen Verwandten“, vertraute sie dann den Soldaten an. Verwirrt runzelte sie die Stirn. Diesen Mann hatte sie doch irgendwo schon mal gesehen. Vielleicht bei ihrem letzten Besuch hier? Ob der Soldat sie erkannte? Hoffentlich nicht, sie sah ja auch nicht aus wie sie selbst, sondern wie heruntergekommene Landstreicher. Im Grunde war es unwichtig, ob man sie erkannte oder nicht, vielleicht würden sie dann schneller hinein kommen. Aber ihr wäre es lieber, wenn es sich nicht zu schnell herum sprach, dass sie hier Zuflucht suchten.

    Eigentlich hatte sie ihm nicht eröffnen wollen, dass sie schwanger war. Noch nicht. Erst wenn sie Mantua erreicht hatten. Nur weil sie schwanger war, änderte es noch nichts an ihrer derzeitigen Situation. Sie waren so oder so auf der Flucht, irgendwo in der italischen Wildnis und ihr Karren steckte auch immer noch im Schlamm fest. Man würde also nicht groß Rücksicht auf sie und ihre Befindlichkeiten nehmen können.
    Aber sie war so wütend gewesen, dass es einfach aus ihr heraus geplatzt war. Nur damit Ahala sie in Ruhe ließ und auch um diesen Streit für sich zu entscheiden. Flora hatte nämlich nicht vor klein bei zu geben.
    Ihre Worte hatten die gewünschte Wirkung. Im ersten Moment sah er zwar noch so aus, als würde er weiter herum schreien, doch dann stand ihm schlagartig die ganze Bedeutung ihrer Worte in sein Gesicht geschrieben. „Ja … schwanger“, betonte sie, immer noch gereizt. Das Männer aber auch immer so begriffsstutzig sein musste. Und Blind waren Männer auch, wenn das Offensichtliche ihnen nicht auffiel. Schließlich hatte sie die morgendliche Übelkeit schlecht verbergen können.
    Abwartend sah sie Ahala an, während er herumstotterte und versuchte die ganze Tragweite zu erfassen. Sie hatte nicht vor seine Vermutung zu bestätigen. Stattdessen reckte sie nur ein kleines bisschen herausfordernd das Kinn. „Das will ich doch hoffen, dass er sich freut“, immer noch war sie schlecht gelaunt. Zumal sie über dieses Thema nicht reden wollte. Es kam ihr gelegen, dass Ahala dann kurzerhand die Flucht ergriff. So musste sie ihm gegenüber noch nicht ihren Verdacht äußern. Es wäre wohl einfach besser, wenn Flora sie beide in dem Glauben ließ, dass nur Durus der Vater des Kindes sein konnte.
    Kurz sah sie noch Ahala nach, dann half sie Veleda dabei, den Wagen zu entladen.


    Während sie so durch den Schlamm watete, versank sie immer wieder bis zu den Knöcheln im Morast. Kein Wunder das ihr Reisegefährt versunken war. Der Schlamm wollte nicht so schnell hergeben, was er verschluckt hatte. Flora hatte ja auch so ihre liebe Müh nicht selbst fest zustecken, während sie Felle, Decken und ihr übriges Gepäck ablud.
    Mit vereinten Kräften gelang es ihnen am Ende ihr Gefährt aus dem Schlamm zu bekommen. Doch hatte sie es viel Zeit gekostet und an diesem Tag kamen sie nur wenige Meilen voran. Zumal sie von Kopf bis Fuß mit Schlamm und Modder bespritzt waren. Wenigstens konnten sie ihre Reise fortsetzen.

    Statt den Wagen abzuladen, hätte sie sich am liebsten in eine Decke gewickelt und geweint. Einfach weil ihre Lage so aussichtslos war. Es war ein verlockender Gedanke den Ängsten kurz nachzugeben. Einfach nur einen Moment panisch und hysterisch sein. Es gab genügend Gründe für sie einfach in Panik auszubrechen. Sie waren auf der Flucht, es war höchst wahrscheinlich, dass sie von Soldaten verfolgt wurden, sie waren irgendwo in der Wildnis, allein und unbewaffnet, wilden Tieren und Wegelagerern hilflos ausgeliefert. Genügend Gründe um sich zu fürchten.
    Doch um sich in Selbstmitleid zu suhlen war keine Zeit. Je schneller wie voran kamen, desto eher hatten sie Mantua erreicht und waren in Sicherheit. Also presste sie einfach die Kiefer aufeinander und tat was Veleda ihr auftrug, nämlich den Karren etwas leichter zu machen.
    Flora kam aber gar nicht dazu das Gepäck abzuladen. Ahala packte sie unsanft am Arm und zog sie zu sich heran. Einen Schritt stolperte sie auf ihn zu. So gereizt hatte sie ihn noch nicht erlebt. Wäre sie selbst nicht so angeschlagen, hätte sie sogar vielleicht ein wenig Furcht vor ihm empfunden.
    Wer hätte gedacht, dass ihre Beleidigung ihn tatsächlich traf. Wütend funkelte sie ihn an. „Lass mich los“, zischte Flora ihn an. „Ich bin keine Lupa mit der du tun und lassen kannst, was du willst!“ fauchte sie, verstummte aber, als er nun beleidigend wurde.
    „Du bist ein verdammter Holzklotz! Du bekommst auch gar nichts mit! Ich bin schwanger!“ schrie sie ihn an. Sie hatte sich alle Mühe gegeben nicht unnötig viel zu jammern und über die Situation zu beschweren. Auch weil es dadurch nicht einfacher wurde. Doch nun brach es einfach aus ihr heraus.
    Mit einem Ruck riss sie sich von ihm los. Dann ließ sie ihn einfach stehen. Ahala war ein blinder Mistkerl und sie hatte keine Lust sich noch länger mit ihm zu streiten. Was wusste er schon davon, was in ihr vorging und wie sehr sie sich zurück nahm. Eine angenehme Reisebegleitung war sie vielleicht nicht, aber sie versuchte wenigstens nicht absichtlich die verzogene und verwöhnte Patrizierin zu sein. Es gelang ihr nur nicht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Schließlich fror sie erbärmlich, litt ständig unter Übelkeit und hatte die letzten Nächte keinen Schlaf gefunden. Ganz zu schweigen von dem ständigen Regen und dem unbequemen Karren. Die meiste Zeit nahm sie klaglos die Umstände hin, doch es gelang ihr nicht immer. Flora war eben wie sie war.

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/v49.jpg] Lanassa


    Der Mut verließ sie beinahe so schnell, wie er in ihr aufgelodert war. Die Drohung mit den Löwen wirkte. Hatte Lanassa schon vorher gezittert, nun bete sie förmlich vor Angst. Panisch wanderte ihr Blick durch das Atrium, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. Doch es gab nichts. Bis auf, dass sie vielleicht verschont werden würde, wenn sie ausplauderte, was er wissen wollte. War es das wert, zu schweigen im Angesicht des sicheren Todes? Doch würde der Mann auch sein Wort halten? Er hatte bereits ein Blutbad angerichtet und sie hatte keinen beweis dafür, dass er sich verschonen würde.
    Ohne dass sie es merkte, liefen ihr Tränen über die Wangen, dann ließ sie Kopf und Schulter hängen. Die Angst war größer, wie die Loyalität.
    „Die domina ist zu ihrer Mutter gereist … jedenfalls hat man das mir gesagt …“, flüsterte sie fast tonlos, sich an die Hoffnung klammernd, dass der Terentier zu seinem Wort stand. Förmlich konnte sie die vorwurfsvollen Blicke der anderen Sklaven spüren. Diese würden wohl alle ihr Leben geben, als auch nur daran zu denken Verrat zu üben. Doch sollten die Anderen ruhig ihr Leben in der Arena aushauchen, sie wollte es nicht.



    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/lucretialucilla1.jpgLucretia Lucilla


    Die Nacht hatte sich herab gesenkt. Nach einem geschäftigen Tag kehrte Ruhe ein. Bevor Lucretia Lucilla zu Bett ging, machte sie noch das Leben ihrer Sklavin schwer. Zuerst war es nicht warm genug, so dass das einfältige Ding noch zwei Kohleschalen aufstellen musste und natürlich noch das Bett mit Ziegeln vorheizen musste. Dann störte sie das Summen eines Insektes. Die Sklavin musste also diesen widerlichen Störenfried ausmachen und erschlagen. Dies ging natürlich nicht schnell genug. Die Sklavin bekam es zu spüren, denn öfter mal schlug Lucilla mit einem dünnen Rohrstock zu. Als das dumme Ding dann auch noch anfing zu heulen, musste es über sich eine Schimpftriade ergehen lassen, bevor sie dann hinaus geworfen wurde. So würden die Sklaven nicht auf den Gedanken kommen, ihr auf der Nase herum zu tanzen.
    So zufrieden mit sich, ging sie dann zu Bett.


    Irgendwann in der Nacht wurde sie wach. Was es war konnte sie nicht genau bestimmen, denn es schien alles ruhig zu sein. Wie sehr sie es doch hasste mitten in der Nacht aufzuwachen. Lucilla wollte schon nach der Klingel greifen, mit der sie ihre Sklavin herbeirief, als sie einen Schatten erkennen konnte. „Raus hier!“ fauchte sie ungehalten, verstummte aber, als eine Stimme an ihr Ohr drang. „DU!“ zischte sie ungehalten und richtete sich auf. Funkelnd sah sie ihn an. „Wie bist DU hier herein gekommen? Verschwinde! Du bist nicht erwünscht!“ knurrte sie und tastete in der Dunkelheit nach ihrem Stock. Wie sehr sie doch ihren Stiefsohn verachtete. Dieser Faulpelz. Dieser Erbschleicher.

    Wenn man mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde und in seinem Leben noch nie harter körperlicher Arbeit nach gegangen war, war ein Karren, der im Schlamm fest steckte, eine Katastrophe. Es war sogar ein unüberwindbares Hindernis.
    Ohne Veleda wären sie und Ahala tatsächlich aufgeschmissen gewesen. Denn die beiden Patrizier wussten nicht und aus. Zumal Flora so sehr durch den Wind war, dass sie ihren Gefühlen nun Luft machen musste. Sie war eben ein emotionales Bündel, auch wegen der Schwangerschaft. Es machte die Situation auch nicht besser, dass Ahala nun noch weiter ihre Ängste schürte. Immer wütender wurde sie, während er sie anfuhr.
    Gerade als sie den Mund öffnete um eine weitere Runde ihres Streites einzuläuten, ging ihre Sklavin dazwischen. Flora machte einen Schritt zurück, als beinahe ein schweres Bündel auf ihren Füßen landete. Bevor ihr Zorn nun über die Germanin hereinbrechen konnte, fuhr ihr die Sklavin glatt über den Mund. Was sie davon halte sollte, wusste sie nicht, nur dass Flora ein einsehen hatte.
    „Du bist ein Arsch!“ zischte Flora Ahala entgegen, dann ließ sie ihn stehen und machte sich daran Veleda zu helfen. Die Sklavin hatte ja recht, so wenig ihr es gefiel. Wenigstens konnte Ahala nun nicht mehr murren, weil sie darauf bestanden hatte die Sklavin mitzunehmen. Veleda war nicht nur nützlich, sie schien auch als Einzige einen kühlen Kopf zu bewahren.

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/v49.jpg] Lanassa


    So oder so, Lanassa war dem Tode geweiht. Selbst wenn sie redete, wollte sie irgendwie nicht glauben, dass man sie verschonte. Ihr Leben lag in seiner Hand und er würde wohl kaum eine Sklavin in seinen Haushalt aufnehmen, die ihre Herren verraten hatte.
    Obwohl sie sich fürchtete und am ganzen Leib zitterte, regte sich in der Sklavin so etwas wie Trotz. „Was zählt schon dein Wort, Römer?“ Es war wohl der Mut der Verzweiflung der sie den Blick heben ließ. „Ich weiß nichts!“ erklärte sie störrisch und hielt seinem Blick stand. Schließlich hatte man sie nicht schlecht behandelt und es gab nur wenig Grund warum sie ausplaudern sollte, was sie wusste. Lieber hieß sie den Tod willkommen, als sich vor ihm zu fürchten. Sie war Sklavin, ihr Leben konnte nicht schlimmer werden.


    | Lukios


    Das Leben von Lukios war die Hölle. Sein Herr hatte ihm weggeschickt, doch das in einer grauenvollen Situation: Während vorn die Prätorianer ins Haus gestürmt waren, war er durch die Gänge der Villa gerannt, hatte Geld und Wertsachen zusammengerafft und war schließlich über die Mauer einer der Höfe auf die Straße geklettert. Doch damit war die Gefahr nicht vorüber - er hatte sich in einer Taberna eingemietet, hatte das mitgenommene Geld und den Brief seines Herrn in seine Stiefel und den Mantel eingenäht und sich nicht aus dem Haus gewagt, bis die Ausgangssperre aufgehoben wurde. Zwar war er einer der engsten Vertrauten von Durus gewesen und wünschte nichts sehnlicher, als seinen Wünschen nachzukommen, doch hatte die Angst ihn doch davon abgehalten, auf illegalem Weg aus der Stadt zu kommen. Schon die Gäste der Taberna hatten ihn immer wieder zusammenzucken lassen, wenn sie ihn länger ansahen - sicherlich suchte man ihn!


    Dann endlich war er doch aus der Stadt gekommen - an einem regnerischen Morgen hatte er sich gemeinsam mit den letzten Lieferanten durch die Porta Capena gedrängt und war zu Fuß bis zur ersten Mansio, dann auf dem Wagen eines Händlers die Via Appia hinunter mitgefahren. Auch hier hatte er sich eher zugeknöpft gegeben - und bei jedem Beneficarius zu allen Göttern gebetet, dass man ihn nicht erkannte. Aber glücklicherweise verbreiteten sich Bilder nicht sehr schnell und man konnte kaum prüfen, ob er nicht - wie er behauptete - Caius Mollis hieß, Buchhändler war und sich auf dem Weg nach Neapolis befand, um dort ein paar griechische Gedichte für seinen Laden in Rom zu kaufen. So war er schließlich doch nach Misenum gekommen, das ebenfalls völlig aus dem Häuschen war, obwohl der Kaiser inzwischen schon etwas länger tot war. Glücklicherweise war die Villa Tiberia allerdings etwas außerhalb, sodass er unbemerkt hierher gelangen konnte. Allerdings kam er zu spät - die Herrschaft war nicht mehr hier, offenbar hatte der junge Tiberius, der jetzt Pater Familias war, das Weite gesucht. Blieb die Frage: Wohin? Diejenigen Sklaven, die er unauffällig abpassen konnte, wussten nur, dass sie weg waren...





    SCRIBA PERSONALIS - AULUS TIBERIUS AHALA TIBERIANUS

    [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/v49.jpg] Lanassa


    Ganz leicht zog sie den Kopf zwischen die Schultern. Es gab eine feste Regel unter Sklaven: Niemals die Hand beißen die einen fütterte. Doch was sollte man als Sklave tun, wenn diejenigen deren schützende Hand sonst über ihnen schwebte, Tod waren. Niemand würde sie beschützen. Doch sollte sie so einfach ihre Loyalität vergessen und dem Terentier erzählen, was er wissen wollte?
    Es machte Lanassa nervös, als er um sie herum ging. Wie ein Lamm vor dem Löwen stand sie da und erwartete im Grunde, dass er jeden Augenblick zuschlug. "Ich weiß es nicht!" stieß sie atemlos heraus. "Man hat sie fortgeschickt ... sie und der Herr haben sich gestritten und er hat sie fortgeschickt!" versuchte sie sich eine schlechte Lüge zusammen zu legen. "Ich weiß nicht wohin ... wirklich nicht!"



    Das der Karren tief im Schlamm feststeckte machte ihre Lage noch aussichtsloser in ihren Augen. Sie waren mitten im nirgendwo, völlig auf sich gestellt und die Aussicht von nun an zu Fuß gehen zu müssen, ließ sie in tiefe Verzweiflung fallen. Flora war erschöpft, niedergeschlagen und verängstigt. Wie sollten sie es nach Mantua schaffen? Sie hatten noch nicht wirklich viele Meile hinter sich gebracht und bis zu ihrem Ziel war es noch furchtbar weit. So wussten ja nicht einmal wo genau sie waren, da sie ja die belebten Hauptstraßen, Gasthäuser und Ortschaften mieden.
    Die Selbstbeherrschung um die sie bereits die letzten Tage gerungen hatte, bröckelte und ließ sie angesichts ihrer Situation mutlos werden. Wieder schniefte sie und kämpfte verbissen darum nicht in Tränen auszubrechen. Was gar nicht so einfach war. Denn der Drang einfach ihrer Verzweiflung Luft zu machen ließ sich schwer niederringen. Am liebsten hätte sie sich zusammengerollt, eine Decke über den Kopf gezogen und ihrer Verzweiflung freien Lauf zu lassen. So wie, nach dem sie vom Tod Narcissas erfahren hatte. Tagelang in ihrem Zimmer ein- und die Welt aussperren. Doch diese Möglichkeit hatten sie nicht, schließlich waren sie irgendwie mitten in der Wildnis. Zurück konnten sie nicht.


    Zu allem Überfluss wurde das Gefühl der Übelkeit wieder stärker. Auch jagte ein schmerzhafter Krampf durch ihren Unterleib, nicht zum ersten Mal. Damit weder Veleda noch Ahala davon etwas mitbekamen, wandte sie sich von dem trostlosen Anblick des im Schlamm feststeckenden Karrens ab. Ohnehin konnte sie ja wohl kaum etwas ausrichten und das Ding mit bloßem Willen befreien. Es half auch nicht, das Ahala gegen eines der Räder trat und seinen Frust nicht nur mit farbigen Flüchen Luft machte. Für einen Moment vergaß sie wie furchtbar zerschlagen sie sich fühlte und wirbelte zu ihm herum. „Du hast uns doch in diese Situation gebracht“, fauchte sie ihn an. Vorbei war es mit ihrer Selbstbeherrschung. Nun musste er als Sündenbock herhalten. Es gab ja sonst niemandem dem sie die Schuld an ihrer Lage geben konnte. Auch wenn Ahala eigentlich nicht der Verursacher war, kam er ihr gerade recht. Es mochte ungerecht sein, doch sie war so aufgewühlt, dass es ihr herzlich egal war. „Du hattest doch die glorreiche Idee den Karren zu nehmen! Du wolltest ja unbedingt mitten in der Wildnis ein Lager aufschlagen, anstatt irgendein Gasthaus aufzusuchen! Und was hat es uns gebracht?!?! Der verdammte Karren steckt im Schlamm fest und wir kommen nicht weiter! Und wir sind auch fern irgendwelcher Ortschaften oder befahrener Straßen!“ Wie gut es doch tat ihm die Schuld für ihre Lage zu geben. „Wir sind mitten im Nirgendwo!“ einmal angefangen konnte sie auch gar nicht mehr aufhören ihm Vorwürfe zu machen. Auf ihren Wangen bildeten sich rote Flecken vor Aufregung. Nun wirkte sie nicht mehr ganz so kränklich blass.
    Dass Veleda brauchbare Vorschläge machte sie aus ihrer misslichen Situation zu befreien, hörte sie gar nicht. Wollte sie auch nicht hören. Viel lieber wollte sie Ahala mit Schuldzuweisungen überschütten und wenn das nicht half, auch noch ein paar Beleidigungen ihm an den Kopf werfen.
    Es machte sie wütend, dass er anstatt irgendwie nach einer Lösung zu suchen den Kopf hängen ließ und sich in seinem Selbstmitleid suhlte.