Beiträge von Aurelia Flora

    „Domnia!“ drang es gedämpft durch die Decken und Kissen. „Nun steh endlich auf! Es warten schon alle wegen dem Frühstück“, ermahnende Worte die sie nicht hören wollte. Stattdessen zog sie sich ihre Decke nur fester um den Körper. Sie brummte eine Entgegnung die mehr ein Protest war. Sie hasste es, wenn sie schon früh geweckt wurde und heute fiel ihr das Aufstehen schwerer als sonst. Bis spät in die Nacht hatte sie mit gefeiert und mehr Wein getrunken, als sie vertrug. Das Ergebnis war das sie völlig müde war und Kopfschmerzen hatte. „Domina!“ erklang es erneut, diesmal energischer.
    „Geh weg!“ jammerte sie. Es wurde Still um sie herum. Anscheinend hatte sie gewonnen. Leicht streckte sie sich, kuschelte sich tiefer in ihr Kissen und wähnte sich schon im Land der Träume, als ihr mit einem Male die Decke mit einem Ruck weg gezogen wurde. Sie kreischte auf, denn eisige Morgenluft schlug ihr entgegen. Lysandra hatte das Fenster weit geöffnet und ließ Luft und Licht hinein. Sie kniff die Augen zusammen, denn das grelle Licht stach ihr in die Augen und verstärkte noch das dumpfe Pochen hinter ihren Schläfen. Gequält drückte sie ihre Handflächen auf die Augen und rollte sich auf dem Bett zusammen. Sie fror und sie wollte doch nur im Bett bleiben.
    „Du hast eine Verpflichtung!“ erklang es gnadenlos. „Die gesamte Familie will heute gemeinsam Frühstücken und du bist auch ein Teil davon! Narcissa hat sich nicht so gesträubt!“
    Mühsam blinzelte sie gegen die Helligkeit. „Ich will nicht!“ erwiderte sie schmollend und versuchte wärme in ihrem Nachthemd zu finden. Vergeblich! Wie eine Matrone und mit strenger Miene stand die Sklavin an ihrem Bett. „Wenn du nicht aufstehst, dann leere ich die Waschschüssel über dich!“ erklang es drohend. „Geh weg!“ sagte sie noch einmal, wusste aber, dass die Sklavin ihre Drohung ernst meinte und zu allen Mitteln greifen würde um sie aus dem Bett zu bekommen. Ähnliche Kämpfe hatte sie auch schon mit ihrer Mutter gehabt. Kurz überlegte sie, ob sie es darauf ankommen lassen sollte, dann entschloss sie sich doch, folge zu leisten. Mit einer Grimasse und einem wütenden Blick in Richtung der Sklavin rollte sie sich aus dem Bett. Leicht schwindelte ihr und ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie furchtbar aussah, genauso wie sie sich fühlte.
    „Ich hasse dich“, grollte sie, doch Lysandra nahm es mit einem Schulterzucken. Lange würde dieser Groll nicht anhalten. Flora war nicht wirklich nachtragend, nur eben ein Morgenmuffel und an diesem tage auch noch verkatert. Kein Wunder bei dem rauschenden Fest das gefeiert worden war. Doch trotz allem waren die Zwillinge eine Musterbeispiel guten Benehmens gewesen. „Ich will ein Bad!“ sagte sie.
    „Das würde jetzt zu lange dauern. Aber ich verspreche dir nach dem Frühstück bekommst du eines!“ sagte sie und dirigierte die Aurelia erst zur Waschschüssel und dann zum Frisiertisch. Innerhalb kürzester zeit hatte sie aus dem zerknautschten schlecht gelaunten Zwilling eine vorzeigbare hübsche junge Dame gemacht. Zwar war sie noch blasser wie sonst, aber das würde keinem auffallen. Die resolute Sklavin hatte Flora in eine schlichte weiße Tunika gesteckt und die wilde Lockenpracht nur gründlich durchgebürstet. Kurz kniff ihr Lysandra in die Wangen."Aua!" „Damit du etwas Farbe bekommst!“ war die kurze Erklärung. Kritisch musterte die Sklavin sie noch einmal und nickte dann zufrieden. „Husch, husch, im großen Triclinium warten schon alle!“ Etwas unsanft wurde sie aus ihrem Zimmer geworfen. Für einen Protest war es zu spät. Seufzend ergab sie sich ihrem Schicksal.


    Zu ihrem Verdruss musste sie dann fest stellen, dass sie mit eine der Ersten war. Nur Marcus war bereits auf und das frisch gebackene Ehepaar. Lysandra hatte sie sogar noch vor Narcissa aus dem Bett geschmissen. Dieses Biest! Dennoch verdrängte sie all die düsteren Gedanken und täuschte über Kopfweh und Unwohlsein hinweg, indem sie strahlend in die Runde lächelte. „Guten Morgen!“ grüßte sie und ließ sich dann auf eine der Klinen sinken. Mit Septima hatte sie sich noch nicht wirklich unterhalten können.

    Neugierig musterte sie den großen nubischen Sklaven. Er hatte graue Augen, das konnte sie erkennen, eher er den Blick eilig senkte. Er überragte sie, was nicht sonderlich schwer war, da sie ja zierlich gebaut war. Seine Gesichtszüge waren ausgeprägt und unter der schlichten Kleidung zeichneten sich straffe Muskeln ab. Mit einer Mischung aus Faszination und Bewunderung ließ sie ihren Blick über ihn wandern, ehe ihr wieder einfiel, dass es sich nicht gehörte, andere Leute so anzustarren. Selbst wenn es nur Sklaven waren. In Gedanken hörte sie bereits wieder die ermahnenden Worte ihrer Mutter. Für einen Moment hatte sie die strenge Miene ihrer Mutter so deutlich vor Augen, dass sie sich verstohlen umschaute um auch ja sicher zu gehen, dass diese nicht plötzlich hinter der Tür hervor sprang. Ich bin in Rom und Mutter ist viele Meilen entfernt, sagte sie zu sich selbst. Ihr großer Bruder hatte bisher recht wenig Interesse an ihrer Erziehung gezeigt, von daher ging sie davon aus, dass dieser vermutlich gerade zu beschäftigt war um nach seinen jüngeren Schwestern zu suchen.


    „Wer ist denn dein Herr?“ fragte sie dann rund heraus. „Und wie heißt du?“ Eine kurze Stille folgte, in der Flora wieder einmal verlegen zu Boden schaute. „Also du musst mir nicht antworten…“, sagte sie schnell, weil sie sich gerade ziemlich aufdringlich vor kam. Lucilla hätte sie nun wieder einen narren geschalt. Das ist nur ein Sklave. Er hat sich DIR gegenüber zu rechtfertigen. Nicht umgekehrt? Du bist viel zu offen und zu nett. Sei ruhig strenger! Sklaven brauchen eine feste Hand der sie führt! Dabei wollte sie sich nicht verändern, sie war mit sich selbst so zufrieden, wie sie war. Aber wenn es nach ihrer Mutter ging, war sie nicht das Idealbild einer römischen tugendhaften jungen Dame. Am liebsten wäre Lucilla wohl eine Mischung aus beiden Töchtern gewesen.


    „Ich bin Flora“, stellte sie sich dann vor und merkte erst jetzt, dass der Sklave auf ihren Schopf starrte. Automatisch griff sie sich in die Locken und ertastete einige Strohhalme. „Oh nein!“ sagte sie zupfte sich einen langen goldgelben Halm aus der Haarpracht. Suchend drehte sie sich um die eigene Achse, konnte aber keinen Spiegel entdecken. Während ihrer Drehung warf sie dann auch leider einige Rüstungsteile zu Boden. "Entschuldige!" sagte sie und bückte sich sogleich um das Missgeschick zu behen.

    Die Tage schienen wie im Flug zu vergehen. Noch war für sie alles neu und ein großes Abenteuer. Aber sie vermisste die täglichen Ausritte. Egal ob es geregnet hatte oder die Sonne heiß vom Himmel geschienen hatte, sie hatte raus müssen. Auch wenn es immer dieselbe langweilige Gegend gewesen war und sie jeden Busch und jeden Baum gekannt hatte. Doch hier in Rom war es nicht ganz so einfach, das Haus zu verlassen und dann umher zu streifen. Hinter jeder ecke lauerte Gefahr für eine junge Frau. Immer musste sie in Begleitung sein und da alle der Meinung waren, dass es noch zu kalt für einen Ausritt war, blieb ihr meist nichts anderes übrig, als einfach im Stall bei ihrer Stute zu sitzen und ihr von Rom zu erzählen. Sie war sich sicher, dass das Tier ebenso rastlos war wie sie. Rom war eben doch nicht so wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie musste immer darauf achten was sie tat oder sagte, nicht gerade leicht, wenn man bisher sein ganzes Leben immer getan hatte, was man wollte.


    Narcissa hatte sie wieder einmal in der Bibliothek vergraben, doch sie wollte nicht lesen. Vielmehr hatte sie im Heu gelegen –ungesehen von Sklaven und Stallburschen- und sich Tagträumen hingegeben. Das Bild eines jungen Mannes war ihr dabei in den Sinn gekommen, einer der Helfer in den Stallungen in Terentum. Aurius ein junger Adonis. Sie hatte ihn so oft wie möglich heimlich bei der Arbeit beobachtet. Das Spiel seiner Muskeln beobachtet… und einmal hatten sie sich sogar geküsst. Sie war so aufgeregt gewesen. Bis heute hatte sie ihrer Schwester nichts davon erzählt, obwohl sie ihr sonst alles anvertraute.


    Nach einer ganze weile im Stall bei den Pferden, beschloss sie dann, wieder zurück zu gehen. Dass ihr dabei in den Locken überall Strohhalme steckten, fiel ihr nicht auf. Auf halben Weg zur Bibliothek hörte sie dann eine gepfiffene Melodie durch die Villa geistern. Neugierig geworden sie eine Tür und stand dann plötzlich einem großen dunklen Sklaven gegenüber.


    „Ups“, sagte sie und lächelte verlegen. „Ich wollte nicht stören!“

    Flora und auch Narcissa wussten, dass sie nie aus Liebe heiraten würden. Ihre Mutter hatte ihnen in dieser Hinsicht keinen Platz für Illusionen gelassen. Von daher sahen sie darin eine Pflicht irgendwann zu heiraten und Kinder zu bekommen. Die ermahnenden Worte ihre Mutter klangen ihr in den Ohren: Verliebt sein ist nichts für junge adlige Damen. Dirnen können es sich erlauben sich zu verlieben, doch ihr seit aurelische Töchter. Eure Pflicht ist es euch dem Willen der Familie zu beugen! Streng war die Miene ihrer Mutter gewesen und ernst. Diese Worte hatte sie auch aus Sorge gesprochen, denn die Liebe konnte Unglücklich machen. In einer Ehe aus Vernunft wusste man zumindest, was einen erwartete und welche Stellung man hatte. Aus diesem Grunde hatte sie auch jegliche Schwärmerei für die jungen Burschen im Keim erstickt.
    Doch Flora hatte trotz allem eine Schwäche für einen gewissen Pferdenarren, der Sohn eines ehemaligen Sklaven, der sich um das Gestüt, welches zum Landhaus gehört hatte, gekümmert hatte. Nicht einmal Narcissa hatte sie das verraten, obwohl sie ihr sonst alles erzählte. Sie hatte zum ersten Mal fest gestellt, dass sie eben nicht alles teilen wollte.
    „Ich wünsche dir und deiner Braut nur das Beste!“ lächelte sie. Es wäre schön, einen so einfühlsamen Ehemann auch später zu bekommen. Aber noch war es nicht soweit und sie würde ihr Leben genießen.


    Sie kicherte leise, als Narcissa auf Titus Frage antwortete, er hatte es wohl anders gemeint, wie es ihre Schwester verstanden hatte. „Naja, spinnen ist nicht wirklich so unsere Lieblingsbeschäftigung“, grinste sie. Flora konnte ganz gut weben und auch nähen, wenn sie denn einmal die Geduld dafür aufbrachte. „Aber Narcissa kann stundenlang lesen, wenn ich sie nicht manchmal aus dem Haus locke“, erklärte sie. Sie selbst hingegen war das schon meist Abenteuerlustiger und wollte etwas erleben.

    Zitat

    Original von Aurelia Narcissa
    In der Woche vom 13.02 bis zum 22.02 ist es für mich schwierig ins Internet zu kommen, was wohl dazu führen wird, dass ich kaum oder gar nicht auf Posts antworten werde...uh, ich freu mich schon wieder auf den 23ten;)
    Bis dann!


    Werd Dich vermissen Schwesterherz :) Bis bald

    Es war nichts Neues für sie, dass man sie Beide hin und wieder wie eine Person behandelte. Meist geschah dies unbeabsichtigt, denn da sie sich nun einmal so ähnlich sahen, war es schwer sie auseinander zu halten. Noch würde dies wohl öfter passieren, da sie erst seit kurzem in Roma waren. Sie erwartete nicht, dass ihr Verwandten sie auf Anhieb auseinander halten konnten. Das würde noch etwas dauern, bis sie sich alle näher kennen gelernt hatten.


    „Er kann sich ruhig Zeit lassen“, meinte sie mit einem zuckersüßen unschuldigem Lächeln. Sie wollte tatsächlich ihr Leben genießen. Wie ihr Leben sich gestalten würde, wenn sie verheiratet wurde, das würde sich erst noch zeigen und im Augenblick würde sie sich darüber nicht das hübsche Köpfchen zerbrechen. Stattdessen widmete sie sich einem der Küchlein, welche Marei gebracht hatte. Sie waren noch warum und mit etwas Honig schmeckten sie köstlich.
    „Ich bin mir sicher, Manius wird schon die richtigen Ehemänner für uns finden!“ meinte sie und antwortete er ausweichend auf die Frage, ob ihr Bruder nur das beste für sie wollte. Natürlich wollte er das, aber gleichzeitig dachte er auch an das Wohl der Familie.

    Es war eben nicht immer einfach eine junge adlige Frau zu sein die gerade in Rom angekommen war. Die beiden Sklaven hinter ihnen waren wie Bollwerke und waren, obwohl der Germanica durchaus freundlich und höflich war, ziemlich misstrauisch. Anscheinend fürchteten sich, dass die Zwillinge einfach auf offener Straße weg gefangen wurden. Von daher sahen sie in jedem Mann eine potentielle Gefahr. Immer wieder musste Flora über die Schulter sehen, weil es ihr doch etwas unangenehm war so beobachtet zu werden. Nun vermisste sie Terentum, dort hatten sie sich frei bewegen dürfen. Sie waren meist nur zu zweit unterwegs gewesen. Es hatte sich einiges geändert, seit dem sie in Rom waren. Zumal sie durch die beiden Leibwächter das Gefühl hatte, das Rom gefährlicher war, als sie sich jemals vorgestellt hatte. So in ihre Gedanken vertieft bekam sie nur die Hälfte des Gespräches mit.
    „Zu Besuch eigentlich nicht. Unsere Mutter ist der Meinung, dass wir nun alt genug sind verheiratet zu werden. Unser Bruder soll passende Ehemänner finden, aber derzeit hat er zum Glück andere Dinge im Kopf. Er wird bald selbst heiraten!“ berichtete sie.


    Er hatte einen kleinen Bruder. Zu gern hätte sie den Jungen ja gern kennen gelernt, aber anscheinend war er mit Verwandten unterwegs. War wohl auch gut für den Jungen, sie hatte ihre Kindheit auf dem Lande sehr genossen. Sie hatten viele Freiheiten genossen und viele Möglichkeiten zum spielen gehabt. Nun sie war auch nie allein gewesen, sie hatte ja immer Narcissa an ihrer Seite gehabt. Sie wollte sich gar nicht vorstellen wie es war ohne ihre Schwester. Narcissa gehörte zu ihr wie ein Arm.


    „In dem Alter waren wir auch nicht besser“, grinste sie zu ihrer Schwester. „Wir haben eine Menge Unfug im Kopf gehabt. Kannst du dich noch an den Honig erinnern?“ fragte sie und kicherte mädchenhaft.

    Bei diesen vielen politischen Dinge konnte einem schnell der Kopf schwirren. Nicht dass sie eine hohle Nuss war, aber sie hatte nie das Interesse ihrer Schwester entwickelt, wenn es darum ging sich mit dem aktuellen Weltgeschehen auseinander zu setzen. Dafür konnte Narcissa nicht wirklich etwas mit Mode und Klatsch und Tratsch anfangen. Sie glichen sich aus. Dennoch hatte ihre Mutter immer etwas zu kritisieren gehabt: An Flora, dass sie manchmal einfach zu oberflächlich war und an Narcissa dass diese ein Bücherwurm war und mit ihrer zurückhaltenden Art ja die Männer verschreckte. Vor allem dann wenn sie dann mehr wusste, als der Verehrer. Wenn ihre Mutter ihnen dann einen möglichen Ehemann vorgestellt hatte, hatten sie versucht die Rollen zu tauschen und sich für den jeweils anderen auszugeben, doch ihrer Mutter hatten sie nie etwas vormachen können. Diese war immer ziemlich verärgert gewesen und dann gewettert, dass sie so niemals eine gute Partie machen würden.
    Nur mit halbem Ohr verfolgte sie das Gespräch zwischen ihrer Schwester und Titus. An den passenden Stellen nickte sie dann immer.


    Wie auf das Stichwort meinte dann Titus, dass es schade wäre, wenn sie schon bald verheiratet werden würden. Ans Heiraten wollte sie noch gar nicht denken. Das brachte nur lästige Pflichten mit sich… Außerdem gruselte sie sich vor der Vorstellung mit einem alten dicken greisen Senator verheiratet zu werden. Sie schwärmte da doch eher für gut gebaute Soldaten.
    „Solange Manius nicht vor hat uns einen Ehemann zu suchen, haben wir auch nicht vor zu heiraten“, gab sie dann wieder einmal in ihrer Art völlig unverblümt zu. Sie war jung und wollte das Leben genießen und nicht lebendig begraben werden in einer Ehe. Außerdem war die Vorstellung sich von Narcissa zu trennen, einfach nur furchtbar. Aber sie war sich ihrer Verpflichtung gegenüber der Familie bewusst, wenn es denn soweit war, würde sie sich dem Schicksal fügen…

    Ihre Verlegenheit wich recht schnell, dafür verspürte sie nun etwas Ärger darüber, dass die Leibwächter es zu gut mit ihnen meinten und die Zwillinge schon fast wie kleine ungezogene Kinder behandelte. Narcissa wies sie aber dann mit einem Blick und einer leichten Geste zurecht. Wäre ja noch schöner, wenn sie nicht einmal in Ruhe durch Rom schlendern konnten. Sie musste schließlich Grinsen, als ihr Ebenbild dann meinte, dass die kräftigen Sklaven dazu gedacht waren, ihre Einkäufe zu schleppen. Sie konnte sehen, wie diese Vorstellung den Männern so gar nicht behagte. Der junge Mann stellte sich mit einem charmanten Lächeln vor. Auch ihr fiel auf, dass dieser etwas abgerissen wirkte, aber seine Ausdrucksweise deutete eher darauf hin, dass er aus den höheren Kreisen stammte. Ob er auch vom Land kam wie sie? Anscheinend, denn in Rom, so stellte es sich ja gerade heraus, war er auch gerade erst angekommen.
    „Es freut mich dich kennen zu lernen“, lächelte sie dann. Mit schwerem Schritt marschierten die Soldaten an ihnen vorbei und plötzlich waren sie von herum eilenden Römern umgeben. Wie eine Insel in einem reißenden Strom.
    „Wir sind erst seit zwei Tagen in Rom“, berichtete sie ihm. „Unsere Mutter hat uns zu unserem Bruder geschickt“, plapperte sie dann auch drauf los. Sie hatte ihre Verlegenheit abgelegt und zu Tage kam eine junge neugierige Frau. Die Leibwächter in ihrem Rücken tauschten entnervte Blicke aus. Nicht nur dass sie einem wildfremden Mann verrieten, wer sie waren, nein, sie plauderten jetzt auch noch mit ihm, als würden sie sich schon Jahre kennen. Wo war die patriezische Zurückhaltung, wie es sich für sie gehörte.
    Flora machte sich deswegen aber keine Gedanken, sie fand den Germanica durchaus sympathisch, denn er glotzte sie nicht an, als seien sie zwei exotische Tiere im Circus, nur weil sie eben Zwillinge waren und sich bis in die Haarspitzen glichen. Immer wieder drehte sich die Köpfe zu ihnen um.

    „Meine Dame“, lamentierte der Händler. „Dies sind Papageien! Sie kommen von weit her! Sie können sogar sprechen“, erklärte er, während Flora mit offenem Mund und großen Augen die Tiere betrachtete. „Sprechen?“ echote sie und sah den Händler völlig verdutzt an. Da machte er ihr aber etwas vor. *krächz*, machte ein großer grüner Vogel. *Ich will einen Keks* *krächz*, erklärte ihr das Tier und sie sah aus, als hätte sie einen grün-lila-Bären gesehen. Der Händler grinste nur breit, aber sie kam gar nicht dazu, irgendwas noch dazu zu sagen, denn nun zog Narcissa sie hinter sich her und sie folgte ihr. Die beiden Sklaven mussten aufpassen um ihnen auch wirklich folgen zu können. Die Mädchen waren sprunghaft und neugierig und wollten alles sehen. Etwas unsanft prallte sie gegen ihre Schwester, als diese abrupt stehen blieb um Soldaten an sich vorbei ziehen zu lassen. Als ein Mann sie dann ansprach, drängte sich einer ihrer Leibwächter zwischen sie und den Fremden und sah diesen ziemlich bedrohlich an, als würde es sich um einen Straßenbanditen handeln, der sie mit einem Messer bedrohte.
    Flora hingegen fand, dass der Fremde recht nett wirkte. „Salve!“, grüßte sie freundlich und sah dann den schmucken Soldaten nach. Gut sahen sie ja schon aus in ihren Rüstungen. „Es ist schon beeindruckend die Cohortes Urbanae einmal zu sehen und nicht nur aus Geschichten von ihnen zu hören“, sagte sie und outete sich sogleich als Landei. „Ich bin Aurelia Flora“, stellte sie sich dann schnell vor. „Und das ist meine Schwester Aurelia Narcissa“, fügte sie hinzu. Wenn der Fremde sich nun auch noch vorstellte, war er kein Fremder mehr. Einer der Leibwächter räusperte sich und schüttelte unauffällig den Kopf. Ihm gefiel es gar nicht, dass sie so aufgeschlossen war. Es könnte sich ja immer noch um einen Verbrecher handeln. Vorsichtshalber ließ dieser kurz die Muskeln spielen um dem Mann klar zu machen, dass er sich lieber nicht mit ihm anlegen sollte. Flora lief rot wie ein Radieschen an. Rom war verdammt kompliziert und sie hatte wohl anscheinend etwas falsch gemacht.

    Wenn sie Rom mit einem Wort hätte beschreiben sollen, dann wäre ihr zunächst einmal nur Groß in den Sinn gekommen. Viele der Gebäude waren größer wie die Bäume, auf die sie als kleines Mädchen hinauf geklettert war. Tempel, Theater, Wohnhäuser, Villen, Basilika, das Colloseum, das Stadium, die Thermen. Das meiste erbaut aus hellem Sandstein oder teurem Marmor, in den ärmeren Gegenden auch aus Ziegeln und Holz.
    Als zweites kam ihr der Gedanke, dass Rom laut war und lebendig. Selbst bei Regen, waren die Menschen unterwegs, redeten oder brüllten. Auf den öffentlichen Märkten glich die Stadt einem gewaltigen Ameisenhügel: Händler die ihre Waren laut anpriesen, angepflockte Ziegen, bunte Stoffe, glitzernder Schmuck, Vasen, Tonwaren und darüber hing der Duft von exotischen Gewürzen und Garküchen. Und auf dem Forum Romanum standen Politiker auf der Rostra und lamentierten. So viel, schon fast zu viel für ein Mädchen vom Lande.


    Am Rande dieses bunten Treibens stand sie nun, ein wenig verloren. Sie drückte leicht die Hand ihrer Schwester und sah dann kurz über die Schulter. Hinter ihr standen zwei breite große kräftige Sklaven, sie vermittelten ihr ein Gefühl der Sicherheit. Verlaufen würden sie sich nicht, auch würde ihnen niemand etwas antun können, solange der wachsame Blick dieser Männer auf ihnen ruhte. „Rom ist anders, wie ich erwartet hab!“ gab sie leise zu und drehte den Kopf. Ihr Blick blieb an einem Käfig voller bunter Vögel hängen. Ein dunkelhäutiger Mann schien sie an verzückte Frauen zu verkaufen. Spontan lief sie los und zog dabei Narcissa einfach mit sich. „Oh sieh mal!“ rief sie begeistert aus. Solche bunten Tiere hatte sie noch niemals gesehen.



    Sim-Off:

    Für alle offen, wir würden uns über Gesellschaft freuen

    Es fiel ihnen leicht die Männer um den Finger zu wickeln, meist nicht einmal beabsichtigt, es war einfach ihre Art. Aufdringlich waren sie nicht, eher etwas naiv und hin und wieder sogar ziemlich tollpatschig. Sie weckten so etwas wie Beschützerinstinkte. Sie grinste Narcissa noch einmal zu und lächelte dann nachsichtig, als Marei sie völlig verblüfft ansah und Titus sie vorstellte. Nur verwechselte er sie immer noch. Ob sie ihn einfach in seinem Irrglauben erst einmal lassen sollten? Narcissa jedenfalls verbesserte sie ihn nicht und ein wenig konnten sie es ja ausnutzen, dass sie sich so ähnelten.


    „Salve, Marei!“ lächelte sie dem Mädchen zu, welches völlig irritiert wirkte. Bald schon würde es sich an den Anblick der Zwillinge gewöhnt haben. Wie wohl alle anderen Hausbewohner.


    Sie musste grinsen, dass sie anscheinend nicht die Einzige war die gern etwas länger im Bett blieb. Aber im Vergleich zu zu den übrigen Frauen des Hauses war sie doch noch recht früh auf. Was wohl daran lag, dass der Tag auf dem Land einen anderen Lebensrhythmus hatte. Außerdem ließ Narcissa sie ja selten zu lange im Bett bleiben.


    Das Thema kam nun auf die bevorstehenden Hochzeiten. Da ergab sich ja eine Menge Gelegenheiten um Freundschaften zu knüpfen und sich einzubringen. „Ich helf natürlich auch gern!“ stimmte sie ihrer Schwester zu.

    Wirklich böse war sie Narcissa nicht. Schließlich war ihr Mundwerk mal wieder ganz schön mit ihr durchgegangen. Aber trotz allem schien Titus gar nicht zu ahnen, dass es nicht nur ein Scherz gewesen war und er gerade dabei war, ihnen ganz schön auf den Leim zu gehen und ebenso um den kleinen Finger gewickelt zu werden, wie bereits schon andere Männer in ihrer Umgebung. Kurz tauschte sie ein kleines unauffälliges Verschwörerlächeln mit ihrer Schwester. Kurz sah sie raus, es sah nicht so aus, als würde das Wetter schon bald für einen Ausritt ausreichend sein.


    Scheinbar schwebte ein Tablett dann herein, darunter tauchte ein Mädchen auf, ein Sklavenkind augenscheinlich. Kurz schenkte sie dem Mädchen ein freundliches Lächeln, ehe sie dann an einem Stück Brot mit Honig widmete. „Es wäre wirklich schön, wenn du einmal mit uns ausreiten würdest!“ stimmte sie ihrer Schwester dann zu.


    „Das Haus wirkt wirklich reichlich leer.“ Was wohl auch daran lag, dass sie eben das landleben gewöhnt waren, wo sie schon am frühen Morgen immer ihrer Mutter über den Weg gelaufen sind.

    Titus nahm ihr Geständnis mit Humor, während Narcissa sie mit einem leicht vorwurfsvollen Blick bedachte. Unauffällig zuckte sie mit den Schultern: Lass mich doch schien es zu bedeuten, vor allem weil sie frech grinste und ihrer Schwester auch noch kurz zu zwinkerte. „Wir haben ja nicht vor Manius um den Finger zu wickeln… naja nicht direkt“, grinste sie. Narcissa versuchte ihre Worte dann abzumelden. Innerlich seufzte sie, manchmal konnte sie echt einen den Spaß verderben, aber sauer war sie ihr deswegen nicht. Sie fand es eher lustig, wie ihre Schwester versuchte das wahre Wesen der Zwillinge zu kaschieren. Vermutlich würde die Familie schnell lernen, dass sie beide zusammen hielten, besonders dann, wenn sie etwas wollten. Zu den nächsten Worten ihrer Schwester nickte sie nur zustimmend, sie konnten warten, schließlich war Geduld eine Tugend, außerdem bezweifelte sie, dass es ihr im Stall langweilig werden würde. Dies war bisher noch nicht vorgekommen. Im Gegenteil, sie konnten Stundenlang im Heu sitzen und ihre Pferde betrachten.


    „Wir werden nicht allein in die Stadt gehen oder ausreiten“, versprach sie ihm mit ernster Miene, musste aber Grinsen, als Narcissa seine Ermahnung sogleich als Angebot auffasste. Erwartungsvoll sah sie ihn nun an. Er würde sie doch nicht enttäuschen wollen.

    Zwar war es ihr nicht ganz so unangenehm wenn sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, aber mit der Zeit wurden auch ihr die neugierigen Blicke zu viel. Denn eigentlich waren sie ja nichts besonderes, nur Schwestern, die sich aufs Haar glichen. Mit der Zeit hatte sie es sich angewöhnt die Leute zu ignorieren, die sie so offen anstarrten. Von daher schenkte sie dem aufdringlichen Sklaven keine Beachtung und widmete sich lieber einem Apfel. „Das ist doch kein Opfer!“ stritt sie ab und lächelte Narcissa zu. „Ich würde auch gern einmal durch die Bibliothek stöbern. Außerdem will ich noch nicht allein sein“, gab sie unverblümt zu. Wenn sie Narcissa damit auch noch gleich eine Freude machen konnte, um so besser. Schließlich tat auch ihre Schwester ihr oft genug einen Gefallen und ließ sie sich von ihr anstecken. Zustimmend nickte sie, als Narcissa vernünftiger Weise sagte, dass sie zuerst ihren großen Bruder fragen sollten, wenn sie in die Stadt wollten. Vermutlich würde er sie nicht allein gehen lassen wollen. Flora grinste breit, sie hatte gewusst das der Vorschlag in den Stall zu gehen, auf große Begeisterung traf. Wenn es eines gab, in dem sie völlig gleich waren, dann war es die Liebe zu Pferden. Die Pläne für diesen Tag klangen sehr viel versprechend... vielleicht würde Manius sich auch zu einem kleinen Einkaufsbummel überreden lassen...


    In diesem Moment betrat Titus den Raum und begrüßte sie lächelnd. „Guten Morgen“, strahlte sie. Wie schön dass sie doch nicht so völlig allein waren in dieser großen Villa. Sie musste sich mit Mühe ein Kichern verkneifen, als er sie dann prompt verwechselte.Kurz überlegte sie, ob sie sich Namensschilder umhängen sollten um den Hausbewohnern zumindest den Hauch einer Chance zu geben, sie auseinander zu halten. Aber anderseits wäre es doch etwas lästig mit so einem Schild den ganzen Tag herum zu rennen. Also verwarf sie diesen Gedanken ziemlich schnell.
    „Naja um ehrlich zu sein, haben wir Mutter so lange genervt, bis sie nach gegeben hat, was das reiten angeht“, grinste sie. Es war eine Tatsache dass sie meist wie Pech und Schwefel zusammen hielten, wenn sie etwas wollten. Aber das würden ihre Verwandten wohl schon bald selbst merken. Und als erstes wurde Titus das Opfer der Mädchen, denn zwei paar völlig gleiche grüne Augen sahen ihn unverwandt an, bei der Frage ob er Zeit hatte.

    In der Regel waren die Zwillinge immer sehr Begeisterungsfähig und ließen sich schnell mitreißen. Die Aussicht auf Pferderennen war wirklich verlockend. „Na mal sehen ob wir wirklich so gute Fans sind“, kicherte sie. Aber die Aussicht auf einen Theaterbesuch gefiel ihr sogar noch eine Spur besser. Zwar hatte sie schon einige Stücke gelesen, aber es war doch immer etwas anderes, diese dann auf einer Bühne zu sehen. Und hier in Rom waren die Bühnen ja noch ein ganzes Stück größer, als in Terentum.


    Ursus sprach ein wahres Wort, als er meinte er habe in Flora und Narcissa Verwandte Seelen gefunden, was die Liebe zu Pferde anging. Die beiden jungen Frauen liebten Pferde und sie hatten vor allem im Sommer mehr Zeit im Sattel verbracht, als zu Hause. Sie kannten die ganze Umgebung um Terentum fast auswendig. Die Aussicht auf einen Ausflug zu den Ställen der Factio war wirklich wunderbar. Ganz begeistert lächelte sie. „Das würdest du tun? Wir würden gern einmal die Fahrer der Factio kennen lernen und natürlich die Pferde!“


    Das Thema ging von Pferden nun über zu Gärten. „Welche exotischen Vertreter sind denn im Garten angepflanzt?“ fragte sie interessiert.


    Ganz nebenbei zählte ihr Bruder seine Lieblingsorte auf und drohte an, sie im Atrium Vestae zurück zu lassen. „Ach dir würden uns gar nicht haben wollen, die Vestalinnen, dafür stellen wir die Dinge zu schnell auf den Kopf!“ scherzte sie. Als nächstes folgte eine ganze Aufzählung der Orte, die sie sich wohl auch unbedingt noch ansehen sollten.

    Noch immer war es ungewohnt sich wie selbstverständlich durch die Villa zu bewegen. Die Gänge und Räume waren ihnen nicht so wohl vertraut, wie zu Hause bei ihrer Mutter. Aber es würde wohl nicht lange dauern, bis sie sich auch hier wie zu Hause fühlten. Bis dahin, würden sie sich irgendwie mit der neuen Situation zu arrangieren wissen. „Ob wir wohl die ersten sind die auf sind?“ fragte sie ihre Schwester. Eigentlich war sie sich ziemlich sicher, dass schon einige andere Hausbewohner ihr gemütliches Bett verlassen hatten. Aber irgendwie hatte sie diese Frage stellen müssen, denn bis auf Sklaven war ihnen noch kein anderer über den Weg gelaufen. Die wohlige Wäre des Exedras umfing sie und sie musste schmunzeln, als der Sklave sie ziemlich verwirrt anstarrte. Zwar verbarg er seine Neugierde recht geschickt, in dem er sich seiner Arbeit widmete, aber immer wieder warf er ihnen schiefe Blicke zu. „Ich glaube wir werden eine ganze Weile die Sensation des Hauses sein“, flüsterte sie Narcissa leise zu und kicherte dann. Im Grunde hatte sie nichts dagegen einzuwenden, wenn man ihr etwas mehr Aufmerksamkeit schenkte. Solange sie sich nicht ständig beobachtete fühlte. Mit einem leisen Seufzer ließ sie sich in einen Korbsessel fallen. „Hast du eine Idee was wir heute machen wollen? Ich würde mir ja gern Rom ansehen... fragt sich nur ob Manius zeit für uns hat“, dachte sie dann laut nach. Lysandra kam in diesem Moment herein gewusselt und stellte ein Tablett ab. Honig, Brot, Käse, Oliven, kalter Braten, Obst und warme Milch... genügend Auswahl für wählerische Zwillinge. „Aber wenn du magst, durch stöbern wir zuerst die Bibliothek“, zwinkerte sie ihrer Schwester zu und kicherte. „Oder wir gehen in den Stall!“ schlug sie dann Regel recht Begeistert vor. Sie musste unbedingt nachsehen, wie es ihrer Stute ging. Ob sie wohl Narcissa dann zu einem Ausritt überreden konnte? Ein Versuch war es auf jeden Fall wert, fragte sich nur ob ihr Bruder damit auch einverstanden war. In Terentum hatten sie ausreiten dürfen, wann sie wollten. Solange ihre Mutter gewusst hatte, wohin sie unterwegs waren und sie hatten immer zum Abendessen zurück sein müssen. Hier in Rom würde es wohl nun etwas anders sein.

    Es würde schön sein, Prisca einmal wieder zu sehen. Sie würden sich jede Menge zu erzählen haben. Außerdem war es gut ein vertrautes Gesicht um sich herum zu wissen. Alles andere war ihr dann doch noch reichlich Fremd. Aber früher oder später würden sie sich ebenso wohl hier fühlen wie bei ihrer Mutter. Zumal sie ja nun der mütterlichen Überwachung entkommen waren. Mit etwas Glück hatten sie nun einige Freiheiten mehr. Manius hatte nicht so gewirkt, als könne er sie den ganzen tag beaufsichtigen, oder als ob er das tun wollte. Schließlich hatte dieser seine eigenen Pflichten.
    Flora war gespannt wie Celerina so war, aber es würde wohl noch dauern, bis sie diese kennen lernten. Erst einmal widmeten sie sich anderen Fragen. Sie nickte bestätigend zu Narcissas Worten. Ein Überblick über die aktuelle politische Lage Erwartungsvoll sah sie Corvinus an.

    Manchmal hatte sie das Gefühl Narcissa besser zu kennen, wie sich selbst. Jede kleine Schwäche, jede Stärke und alles was die Schwester überhaupt ausmachte. Umgekehrt war es genauso, Narcissa wusste absolut alles über sie und konnte sie Besser einschätzen, als es jemand anderes könnte. „Na gut, stöbern darfst du. Aber nicht den ganzen Tag in der Bibliothek dich eingraben!“ erklärte sie dann lachend. „Aber erst einmal lernen wir unser neues zu Hause kennen und sehen uns Rom an!“ meinte sie ziemlich entschlossen, lächelte aber dabei liebevoll. Wusste sie doch das Narcissa ihre Bücher brauchte, damit sie glücklich war. Sie gönnte es ihr. Auch würde sie Narcissa niemals gegen ihren Willen verändern wollen, so wie es Mutter immer versucht hatte und nun Lysandra es sich zur Aufgabe machte. „Lass Narcissa in Ruhe, wenn sie nicht will, kannst du sie nicht zwingen. Sie ist hübsch genug!“ sagte sie leicht genervt und schnappte sich die Schminke um die Sklavin davon abzuhalten, sich damit auf ihre Schwester zu stürzen. Flora nahm ihre ältere Schwester oft genug in Schutz. Sie lächelte ihrem Zwilling zu. „Du musst jetzt nicht wie Mutter anfangen. Das würde nur wieder zu Tränen führen“, meinte sie, da sie sich vor allem auf die Seite ihrer Schwester stellte, hatte Lysandra nichts mehr einzuwenden. Gegen die geballte Macht schwesterlichen Liebe waren ihr die Hände gebunden. So tat sie nur das, was man von ihr verlangte.
    Liebevoll sah Flora zu Narcissa rüber und zwinkerte ihr kurz zu. „Du siehst gut aus“, lächelte sie. Waren einmal die wilden Locken gebändigt und hochgesteckt, so erstrahlte ein hübsches Gesicht. Sie wusste eigentlich nicht warum sich Narcissa zu verstecken suchte. Hübsch waren sie Beide und was besonderes und das konnten sie ruhig zeigen. Aber ihre Schwester war nun einmal etwas schüchterner.
    „Frühstück klingt gut, vielleicht treffen wir ja noch auf jemand anderes aus der Familie…“, meinte sie hoffnungsvoll.

    Etwas kritisch sah sie ihre Schwester an. Sie kannte sie zu gut, als ihre Untertreibung einfach hin zu nehmen. „Ich wird dich schon aus deinem Schneckenhaus holen. Rom ist viel zu spannend, als das du dich den ganzen Tag in der Bibliothek verkriechen solltest!“ grinste sie und machte sich daran, ihren Kleiderschrank zu durch stöbern um etwas Passendes zu finden. „Ich hab gar nichts zum anziehen“, beschwerte sie sich scherzhaft und legte sich dann eine blaue Tunika und eine farblich passende pala raus. Vor ihrer Schwester genierte sie sich nicht, deswegen warf sie ihr Nachthemd einfach aufs Bett und schlüpfte in ihre Kleider. Sie musste lachen, als Narcissa meinte, Manius wüsste ja nicht, wie gut ihr Kleiderschrank ausgestattet war und sie ihm das auch nicht unbedingt unter die Nase reiben brauchte. „Ich denke mal gegen einen Einkaufsbummel hat er sicherlich nichts einzuwenden“, lächelte sie zuversichtlich. Sie begann ihre Haare auszubürsten, in diesem Moment eilte ihr dann Lysandra zur Hilfe. „Lass mich das machen, domina!“ sagte sie und mit geschickten Händen entwirrte sie die Locken. Kurz sah die Sklavin Narcissa kritisch an. „Dich sollten wir auch etwas heraus putzen. Wir sind nun nicht mehr in Terentum und etwas Schminke und eine etwas aufwändigere Frisur werden deine Persönlichkeit nur unterstreichen!“ erklärte sie und nahm den Kampf auf, den ihre Mutter schon fast aufgegeben hatte: Sie versuchte Narcissa etwas aufzupeppen. Meist war ihre Schwester eher zurückhaltender und bescheidener. „Lass sie doch!“ sagte Flora. Sie liebte ihre Schwester so wie sie war und jeder der das nicht tat, war es in ihren Augen nicht wert, sich mit ihr abzugeben. Doch so schnell wollte Lysandra nicht aufgeben: „Sie soll sich ja nicht umkrempeln, nur eben etwas mehr aus sich machen!“ Flora verdrehte nur die Augen, was sollte sie darauf schon erwidern. Einen Augenblick später war sie dann auch schon fertig, das Haar war ihr hoch gesteckt worden und nur ein paar kleine freche Locken umschmeichelten ihr Gesicht. „So, du bist dran, Narcissa!“ sagte die Sklavin und dirigierte den zweiten Zwilling nun auf den frei gewordenen Stuhl. Flora betrachtete sich derweil im Spiegel. Wirklich eitel war sie nicht, aber sie liebte eben Schmuck und Kleider.