Lysandra wich ihren beiden Herrinnen selten von der Seite. Ihr war die wichtige Aufgabe übertragen worden, auf die Zwillinge zu achten, wenn sie nach Rom kamen. Nicht immer einfach, oftmals eine Herausforderung, aber da sie die beiden Kobolde, wie sie insgeheim die Aurelia nannte, ins Herz geschlossen hatte, ging sie dieser Aufgabe mit Leidenschaft nach. Auch wenn es sie so einige nerven kostete. Dabei hatte sie schon schlimmeren Frauen gedient, die Mädchen waren eigentlich umgänglich, selten zickig, froh Naturen und mit wenigen Ansprüchen, welche sich wohl nun ändern würden. Aber sie musste das wandelnde Gewissen sein und die beiden jungen Damen ständig daran erinnern, dass sie einen gewissen Stand hatten, welchen sie auch zu präsentieren hatten. Natürlich waren sie sich dessen bewusst, aber wenn sie einer fixen Idee nachjagten, dann vergaßen sie diesen Umstand einfach und landeten dann regelmäßig in Schwierigkeiten. Aus diesen Gründen empfanden Flora und Narcissa das verhalten ihrer Sklavin hin und wieder als gluckenhaft, aber eintauschen würden, sie sie dennoch nicht.
Mit Mühe verkniff sich Flora ein mädchenhaftes Kichern, als ihr Narcissa zu raunte, dass Lysandra mitunter genauso schlimm sein konnte wie ihre Mutter.
Dankbar nahm sie ebenfalls einen Becher entgegen und wärmte sich erst einmal die zierlichen schmalen Finger. „Die Köchin zu Haus in Terentum hat uns bis heute nicht auseinander halten können“, bemerkte sie kurz, um ihrem Bruder die Verlegenheit zu nehmen. Als Narcissa dann nach ihren Pferden fragte, sprach sie eben die Gedanken aus, welche auch Flora seit Tagen beschäftigten. Sie wäre so gern während der langen Reise geritten, aber es hatte nicht sollen sein. In diesem Punkte hatte sich ihre Mutter klar durchgesetzt. Sie war vermutlich auch eine der wenigen Personen, die sich ihnen gegenüber durchsetzte. Fast immer bekamen die Mädchen was sie wollten. Als Manius dann berichtete, dass die gesamte Familie anscheinend Pferdenarren waren, zerstreuten sich ihre Sorgen um die Tiere und sei freute sich schon darauf später einmal nach ihrer Stute zu sehen. „Das klingt gut“, lächelte sie und nippte nun ganz vorsichtig an ihrem Becher. Kurz pustete sie, damit es ihr nicht wie Narcissa erging.
Während Manius nun von sich erzählte, wanderte ihr Blick durch den Raum. Bis er erwähnte das er verlobt war. Verdutzt sah sie ihn an und wusste erst einmal nicht ob sie sich freuen würde. Zunächst fragte sie sich, ob ihre Mutter das wusste. Wenn nicht, dann sollte er ihr dies wohl umgehend mitteilen, sonst war es das mit dem familiären Frieden. „Das ist ja wundervoll“, sagte sie, als ihr aufging, dass er eine Reaktion von ihr erwartete. Doch sie war wesentlich zurückhaltender als sonst. „Wer ist denn die Glückliche?“ fragte sie um sich davor zu drücken, nach zu hacken, ob er eben dies Veränderung in seinem Leben auch ihrer Mutter mitgeteilt hatte. Sie kam gar nicht auf den Gedanken, dass seine verlobte so alt war wie sie. Vielmehr beschäftigte sie nun ein wenig das schlechte Verhältnis zwischen Mutter und Sohn. Oft genug hatte sie ja schon zwischen Narcissa und Lucilla vermitteln müssen, kam nun etwas ähnliches mit Manius auf sie zu.