Beiträge von Marcus Germanicus Pius

    Kauend betrachtete Marcus Calvena. Sie war schön. Und sie war gut gelaunt und freundlich und hatte sich seiner angenommen, ganz selbstlos. Er konnte sie nur mögen.


    "Er wird bestimmt ein guter Kämpfer. Er ist sehr stark, aber manchmal bin ich stärker." Er grinste.


    Über die Dinge, die Calvena ansprach, hatte der Junge bestimmt noch nie gesprochen. Priesterschaft, heiraten.... All das waren Themen, die ihn nie betroffen hatten. Natürlich hatte er gelernt Opfer zu bringen. Amonnas Gunst war immer sehr wichtig gewesen, ungleich mehr natürlich Mercurius. Aber jeden Morgen?


    "Dann wird Iuno sich freuen und Milde walten lassen, wenn du das jeden Morgen machst," stellte er fachmännisch fest. Kurz wurde er nachdenklich. Für was war Iuno noch mal zuständig? Und wenn Calvena heiratete.... wen? Und warum? Und wann? Sein Blick folgte ihrem auf das Schmuckstück, das sie am Finger trug. Er fand daran nichts, aber an der Art, wie sie es ansah, musste es eine besondere Bedeutung haben.
    "Wen heiratest du denn?" fragte er dann gerade heraus.


    Da hörte er seines Bruders Stimme. Der Schopf des Jungen fuhr herum und lächelte den Eintretenden an. "Guten Morgen, Paullus!" Dann sah er Alvena an, mit großen, runden, treuen Äuglein. "Ich war ganz leise, stimmt's?" Ausnahmsweise stimmte es ja auch. Als Aculeo ihm eine Hand auf die Schulter legte, tunkte er sein Brotstück gerade so tief in den Honig, dass hinterher selbst die Finger klebriger waren als jeder Honigkuchen.

    Er grinste. So, wie sie das sagte, erinnerte es ihn irgendwie an die Kabbeleien, die Paullus und er sich öfter mal lieferten.


    Mit hinter dem Rücken verschränkten armen seufzte Marcus vernehmbar. "Ich war noch zu klein, ich kann mich nicht mehr an sie erinnern." Das hatte ihm eine Menge Schmerz erspart.


    "Ja." Marcus nickte. "Er würde wirklich gerne Soldat werden." So wie der kleine Mann selbst auch, aber das passte nun nicht ins Gespräch.


    Sie bekamen eine gemütliche Ecke und ein leckeres Frühstück hergerichtet. Da in der Nähe der Kochstelle, war es sogar kuschelig warm. Marcus hatte jeden Anwesenden neugierig gemustert. Die guten Düfte, die ihm in die Nase stiegen, brachten seinen Magen zum Knurren. Hungrig, wie er war, wartete er auf keine Einladung, sondern nahm das Brot, riss sich ein Stück davon ab und tunke es in den kleinen Pott, der mit Honig gefüllt war. Kauend hörte er Calvena zu.


    "Warum willst du denn ein Opfer bringen?" fragte er interessiert, aber verstehen konnte man es kaum. Der Mund war einfach zu klein für so viel leckeres Essen.

    "Paullus Aculeo," Er zuckte leicht mit den Schultern. "Ich glaube nicht, dass du ihn kennst."


    Wums, schon wieder eine Kollision. Obwohl er sich wieder erschrak, musste er dieses mal sofort mitlachen, als er Calvenas liebe Stimme hörte. "Mich haut so schnell nichts um," sagte er im Scherze und kicherte hinterher selbst darüber.


    Er heftete sich an ihre Fersen, als sie losging. Mit ihr zusammen war der Flur überhaupt nicht mehr angsteinflößend und das Wandmosaik entpuppte sich als vollkommen unspektakuläre Darstellung einer Frau auf einer Kline.


    Er nickte und sah mit seinen braunen Äuglein zu ihr auf. Sie war schön, befand er. "Mors und Morta haben unsere Eltern geholt" erklärte er sachlich. "Aber das ist schon lange her. Zuerst hat mein Bruder die Geschäfte meines Vaters weitergeführt, aber nun möchten wir beide Soldaten werden."


    Der Knabe verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. Das hatte der Senator gestern so getan - heute tat er es ihm nach. "Bist du Sabinas Mama?" fragte er gerade, als sie um eine Ecke bogen und geradewegs in der Culina landeten.

    Ihr Lächeln und dann das Kichern löste die Anspannung des Jungen. "Guten Morgen, Calvena," sagte er dann und lächelte nun auch. Immerhin war er jetzt nicht mehr allein und brauchte sich also auch nicht mehr fürchten.
    Dann wanderten seine Augenbrauen nach oben. "Ein Freund Sabina's bin ich nicht gerade. Aber dafür ein Verwandter. Mein ganzer Name ist Marcus Germanicus Pius, ich bin erst seit gestern mit meinem Bruder hier."


    "Ich habe einen Bärenhunger!" Treffer, versenkt. Er nickte und wäre am liebsten sofort losgegangen, doch beiden ging scheinbar im selben Moment ein Frösteln durch den Körper. "Ja. Und ich ziehe mir auch noch etwas über."


    Er sah ihr nach, wie sie wieder um die Ecke huschte, mit einem Blick, der sagen wollte Hoffenlich kommt sie gleich wieder. Dann hopste er in sein Cubiculum zurück, zog sich Schuhe an und nahm einen bereitgelegten, ihm bislang unbekannten Mantel, den er sich um die Schultern legte.


    Zurück auf dem Flur, tapste er in die Richtung, in die Calvena verschwunden war. Aber nur ein paar Schritte. Dann fiel sein Blick auf ein Mosaik auf der Wand, das aus diesem Winkel betrachtet etwas von einem blutrünstigen Dämon hatte.

    Er trat auf den Flur und blieb dort stehen, um sich erst einmal nach rechts und dan nach links umzusehen oder besser gesagt umzuhören. Von Links antwortete ihmnicht mehr als eine gruselige Stille, von rechts aber meinte er Dinge zu hören. Doch auch hier übertönte sein Atem jedes Geräusch.


    Er schluckte einmal, presste die Lippen aufeinander und trat mutig auf eine Biegung zu, den Blick gerade auf eine Statue gerichtet, die ihn seitlich streng anstarrte, als er gegen etwas prallte und sich dabei beinahe zu Tode erschreckte.


    Bleih und panisch atmend sah er schließlich geradeaus, wo vor ihm eine Frau stand. Und als er erkannte, dass sie kein Gespenst war, vor dem er sich da erschreckt hatte, beruhigte er sich auch ein gutes Stück wieder.


    "Pi-Pius" brachte er stotternd heraus. Pipius? Das hörte sich ja an.... 8o Er kniff die Brauen zusammen und zwang sich zur Ruhe. Immerhin wollte er nicht Angsthase genannt werden! "Ich meine Pius. Und wer bist du?" Über den Schreck vergaß er alle Gebote der Höflichkeit, aber immerhin stotterte er nun nicht mehr.

    Am Tag nach der Ankunft in der Casa Germanica


    Wenn man Kindern einen tiefen und festen Schlaf nachsagte, dann stimmte das im Falle des jungen Germanicus auch. Normalerweise schlief er wie ein Stein. Doch letztendlich gab es auch so viel Neues, das dem Jungen keine Ruhe ließ.


    So erwachte Marcus nach der ersten Nacht in seinem eigenen Cubiculum schon sehr früh. Es dämmerte draußen gerade erst, also war der Tag noch nicht viele Stunden alt. Er reckte sich, gähnte herzhaft und stellte dann mit einem großen Schrecken fest, dass er ganz alleine war. Mit einer ruckartigen Bewegung saß der Knabe auf seinem Bett und spitzte die Ohren so gut es ging. Dass sein Atem vor Angst so laut ging, dass er nichts anderes mehr hören konnte, ängstigte ihn noch mehr.


    Ein Glück erhellte eine Fackel das Cubiculum, das mit schwerem Tuch verhangen war, um die Kälte draußen zu halten. So konnte der Junge wenn schon nichts hören, immerhin noch sehen, als er aufstand. Ein Frösteln durchfuhr ihn, als er baren Fußes aufstand und mit nichts mehr als einer Tunika am Leib sein neues Reich verließ, um sicher zu stellen, dass man ihn hier nicht vergessen hatte.

    Verstohlen, aber mit unverhohlener Neugier musterte Marcus das Gesicht und die Gestalt des Germanicus Sedulus. Ein Senator. So einen hatte er noch nie gesehen. Er wusste auch nicht genau, welche Aufgaben ein Senator zu erfüllen hatte, jedoch, dass es ein hohes und angesehenes Amt war. Und dass der Mann vor ihm über so viel Geld verfügen musste, dass er an den Waren seines Bruders uninteressiert vorüber gegangen wäre.
    Ob er wohl mehr Geld hat, als ich? fragte der Knabe sich, als er sich an die Münzen, die Paullus ihm zuvor gegeben hatte, erinnerte.


    Als sein Bruder sich wieder setzte, tat Marcus es ihm gleich. Unbeholfen, da einfach zu kurz, rutschte er auf seinem Gesäß hin und her, um weit genug auf das weiche Polster zu rutschen, sodass er die Beine baumeln lassen konnte.


    Auf den Mund gefallen? Was meinte der Senator damit? War das ein anderer Ausdruck für dumm? Er kniff die Brauen ein wenig zusammen, während er der Antwort seines Bruders lauschte. Dabei pendelte ein Bein stets vor und zurück.

    Eiderdaus. Das Kind kämpfte offensichtlich mit zahlreichen Gedanken, als sein Bruder zwar im Spaße, jedoch streng eine düstere Zukunft in Aussicht stellte, sollte die Suppe nun schon verwürzt sein.


    Noch ehe er aber eine Ausrede gefunden hatte, kam ein großer Mann herein. Vor seiner Gestalt und seiner Ausstrahlung fühlte Marcus sich blitzartig in eine winzige Maus verwandelt.


    Obwohl er nicht gerade furchteinflößend war, musste Marcus einmal schlucken. Dann stand er zeitgleich mit seinem Bruder auf und hielt sich, sich an die Ermahnung kurz vorher erinnernd, erst einmal zurück.


    Immerhin hatte der Mann sich als Germanicus vorgestellt, da konnte es schon sein, dass es ab jetzt um die Wurst ging.

    "Hm", sagte Marcus nur. Dann ging er wieder zu seinem Bruder, setzte sich und hielt ihm den Mund ganz dicht ans Ohr, um dort etwas herein zu flüstern. "Wenn sie das einzige Kind, schenke ich ihr etwas. Wenn nicht, gebe ich dir das Geld wieder zurück, ja? Denn dann muss ich ja nicht mit ihr spielen."


    Wieder ließ er die Beine baumeln und sah sich um. Dabei stellte er etwas fest. "Ich brauch mich nicht benehmen, denn es kommt ja keiner."


    Plötzlich sah er Paullus mit großen, benruhigten Augen an. "Vielleicht hat das Mädchen ihnen ja gesagt, dass ich sie geärgert habe und nun wollen sie uns nicht mehr sehen?"

    Marcus grinste stolz, denn er hielt das Lachen seines Bruders selbstverständlich für eine Beipflichtung. Der Stolz verflog jedenfalls so schnell, wie Paullus herumsitzen und Löcher in die Luft starren aussprechen konnte. War der Job des Kaisers wirklich so langweilig? Das konnte doch gar nicht sein, oder?


    "Ja, dann werde ich lieber sein Leibwächter. Bestimmt kann ich dann auch mal kämpfen und muss nicht immerzu darauf acht geben, dass meine Kleider sauber bleiben." Er nickte überzeugt, letzteres war schließlich ein wichtiges Argument, wenn man ein Kind war, das keiner Pfütze aus dem Weg gehen konnte.


    Dann gab ihm Paullus etwas von seinem Geld und erklärte ihm, wofür er es verwenden konnte. Der Knabe guckte skeptisch zuerst auf die Münzen in seiner kleinen Hand, dann auf in seines Bruders diplomatisches Gesicht.


    "Wieso? Habe ich etwas falsch gemacht? Ich habe doch ganz normal mit ihr geredet." Die Münzen jedoch verschwanden flugs in einen winzigen, seinem Aussehen nach unzählige Male geflickten Beutel, der an einer Kordel hing, die um seine Mitte geschlungen war.

    Sofort war Marcus wieder auf den Beinen, als sein Bruder Hannibal erwähnte. Der Becher in seiner Linken schwappte über und ein wenig des guten Wassers platschte auf den Boden. "Ups", entfuhr es dem Jungen, als auch schon gleich Saldir wieder zur Stelle war, um den Wasserfleck zu beseitigen. Jaja, ein Sack Flöhe wäre wohl leichter zu bändigen als dieser junge Mann.


    Sich einen Moment lang über die sonderbare penible Art der Menschen in diesem Hause wundernd, kam Marcus jedoch schnell wieder zum eigentlichen Thema zurück. "Ja!" sagte er begeistert und plusterte sich etwas auf. "Vielleicht werde ich sogar Caesar." Er gestikulierte mit einer Hand. "Wenn ich ihm begegne, werde ich ihn fragen, ob er vielleicht meine Hilfe braucht."


    War doch schließlich alles ganz logisch, nicht? Wieder wanderte die Kinderhand zum honigsüßen Gebäck und vorbei am gesunden und vitaminreichen Obst.

    Kauend ließ sich Marcus zuerst von Saldir, dann von Paullus helfen. Mit vollgestopften Backen setzte er sich auf eine gepolsterte Bank, während zwei Becher gefüllt wurde.


    "Sie ist komisch, findest du nicht?" brubbelte er mühevoll. Dabei runzelte er erneut die Stirn, nahm den Becher und trank einen Schluck. "Vielleicht möchte ich gar nicht, dass sie mich mag."


    Er hatte den Mann, der die Szene beobachtete, noch nicht wahrgenommen. Marcus fing an mit seinen Beinen zu schlenkern, während er den Blick noch einmal durch den Raum wandern ließ. "Vielleicht gibt es hier ja noch einen Jungen, mit dem ich spielen kann," dachte er laut. "Bestimmt. Wir sind schon so vielen Menschen begegnet, seitdem wir das Haus betreten haben, da muss es noch andere Jungen geben."

    Zuerst schüttelte er den Kopf, dann runzelte er die Stirn. Die war ja komisch. So zickig. Noch ehe er etwas erwidern konnte, drehte das Mädchen bei und rannte weg. Sein Gesichsausdruck war ernst, aber als Bia sich dann vorstellte und auch verschwand, zuckte er schon wieder mit den Schultern und wandte sich wieder herum.


    Der gestrenge Blick seines Bruders ruhte auf ihm, während er zu dem Tablett ging, das vorhin herein gebracht worden war. Alles darauf war bis jetzt unangetastet geblieben. Sowas.


    Nun wurde es von nimmersatten Augen überflogen. Schwupps landete ein süßes Gebäckstück im Mund des Knaben. Ein zweites gleich hinterher, sodass sein Mund mit dem Kauen gar nicht hinterher kam.


    Sich die Hände an seinem alten Umhang abwischend, wollte er sich dann dem mit Wasser gefüllten Krug annehmen. Er nahm ihn, hielt ihn über einen der Becher, kippte ihn. Gerade rechtzeitig, bevor der Krug den Becher umstieß, huschte Saldir mit einem "Lass mich dir helfen, Herr" herbei.

    "Das geht auch nicht, weil wir noch nicht lange in Rom sind", erklärte er.


    "Nicht alle. Wir zum Beispiel nicht." So, wie er das sagte, hörte es sich an, als wäre es besser, kein zu Hause zu haben. Tatsächlich kannte Marcus nichts anderes. "Wir bleiben nie lange an einem Ort, weil das dem Geschäft schadet." Auch diesen Satz hatte er irgendwann mal aufgeschnappt.


    "Du siehst aber gar nicht so aus, als würdest du bald sechs Jahre alt sein," stellte er frech fest. "Ich bin schon sechs, weißt du? Und du erscheinst mir ein bisschen klein." Er zuckte mit den Schultern. "Wohl weil du ein Mädchen bist." Wer war ihr altklüger?! :]


    Mit zusamengezogenen Brauen sah er von Sabina zu Bia und wieder zurück. Dann furh er sich mit den Fingern nachdenklich über das Kinn. "Dann ist sie deine Schwester?"

    "Aus Rom",, antwortete Marcus sogleich und ziemlich überzeugt. Das leise Schmunzeln seines Bruders und die komischen Gesichter der Anwesenden, vor allem von Bia, ließen ihn kurz nervös umherblicken, dann fing er sich wieder.


    "Davor waren wir Ostia und davor in Mantua. Wir haben kein Zuhause." Er überlegte, ob das Erklärung genug war und befand, dass das für den Anfang mehr als ausreichend Information war.


    "Wie alt bist du?" fragte er dann und sah kaum später schief zu Bia. "Und ist das deine Mutter?"

    Marcus schrak erneut zusammen, als eine strenge Frauenstimme ihn aus dem Nichts heraus maßregelte. Mit einem Hops saß er dichter an seinem großen Bruder und spähte in die Richtung, aus der der Stimme eine Frau folgte.


    Im nächsten Augenblick beschwerte sich eine weitere, unsichtbare Stimme. Diesmal jedoch darüber, dass sie doch gar nichts gemacht hatte. Auch dieser Stimme folgte kaum später eine Gestalt. Ein Mädchen.


    Marcus kratzte sich am Kopf. Herr? Kurz sah er zu seinem Bruder, dann zuckte er ratlos mit den Schultern und stand auf, um einen Schritt näher an das Mädchen und die scheinbar dazugehörige Frau zuzugehen.


    "Ich bin Marcus Germanicus Pius und der da ist mein Bruder Paullus Germanicus Aculeo." Er verzog den Mund etwas und stemmte dann die Hände in die Seiten. "Und wer seid ihr?"

    Der unnahbare Sklave an der Tür und jetzt dieser Raum hatten Marcus die Sprache verschlagen. Sowas hatte er noch nie zuvor gesehen! Naja, vielleicht einmal, wenn er durch einen Türspalt gespäht hatte, aber noch nie so wirklich! So nah! So mittendrin.


    Er schluckte und ließ sich von seinem Bruder auf einen der angebotenen Plätze setzen. Dort rutschte er unruhig hin und her, während er sich mit riesigen Augen umsah. Nicht wegen fliegender Steine, sondern wegen den Wandmalereien und Vorhängen und Möbeln und dem Boden und....


    "Oh ja!" schrie er auf, als der komische Mann ihnen etwas zu trinken anbot. Zeitgleich zuckte er erschrocken zusammen, weil seine Stimme von den Wänden widerhallten und das sogar ziemlich laut. Augenblicklich nahm das Kindersicht den Ist-ja-meeeega-stark-das-muss-ich-sofort-noch-mal-machen-Ausdruck an. "HA-HA" rief er sogleich noch einmal laut aus und erfreute sich offensichlich an der Lautstärke seiner selbst.


    Dann sah er wie ein Kind viele Jahrhundertespäter zu Weihnachten die Sklavin an, die herein trat. "Habt ihr das gehört?!" Einem Tauben wäre noch aufgefallen, dass der Junge total erschlagen war. "Ich möchte Wasser," sagte er dann und fing seines Bruders Blick auf. "Bitte." Wieder huschte sein Blick zu seinem großen Bruder, der dieses mal aber zufrieden erschien und so grinste der kurze Mann die Sklavin wieder an.

    Der Weg von ihrem Ausgangspunkt zur Casa Germanica hatte sich in die Länge gezogen. Sie hatten sich durchfragen müssen, waren einmal einem Witzbold auf den Leim gegangen, der sie quasi auf halber Strecke wieder in eine ganz andere Richtung geschickt hatte, dann hatten sie einen Abzweig verpasst und waren am Ende sogar irgendwie betriebsblind einmal im Kreis um das gesuchte Haus herumgelaufen. Marcus' Laune hatte soch von angespannt zuerst in ungeduldig und dann in maulig verändert.


    Nun standen sie keine 7 Meter von ihrem Ziel entfernt und betrachteten es. Marcus schüchterte das große Haus ein und er wäre lieber wieder etwas weiter weg gegangen. Oder gar wieder auf Handelsreisen zusammen mit seinem Bruder. Wiederum taten ihm seine Beine vom eintönigen Laufen bereits jetzt weh - da war an den Weg zurück gar nicht erst zu denken. Also legte er den Kopf in den Nacken (wodurch das Haus noch größer wirkte - aber diese Erkenntnis blendete der Knabe ganz schnell wieder aus) und sah zu seinem Bruder auf. "Ich habe Durst, Paullus!" quängelte er.

    "Gut," sagte der Knabe ebenso knapp. Augenblicklich war die Aufregung und auch eine gehörige Portion Angst vor dem, was ihnen bevorstand, zurück.


    Weil er jetzt weniger sah und den Kopf daher in alle Richtungen drehen musste, gab es zwar einige Kollisionen mit Marktbesuchern, doch Marcus lief brav an der Hand seines Bruders. Er staunte dann und wann über etwas, das er noch nie gesehen hatte, blieb ansonsten aber ausnahmsweise mal still.


    Am Ende ihres Weges wirkte der sonst so vorlaute Bursche regelrecht eingeschüchtert.

    "Ich bin doch jetzt schon groß und stark genug!" Dass er mit dieser Meinung aber wohl eher ganz allein dastand, bedachte er nicht. In seiner noch recht kindlichen Sichtweise der Welt sah er keinen wirklichen Unterschied zwischen sich und seinem Bruder. Immerhin war er auch sowas wie ein Handelsmann. Das hatte er schließlich die letzten Jahre lang gemacht... so mehr oder weniger.


    Vergnügt kichernd, und wenn die Luft ausreichte zwischendurch lauthals anspornend, hielt Marcus sich auf den Schultern seines durchgehenden Bruders. Er ahnte ja nicht, dass ihm solcher Unfug in Zukunft wahrscheinlich eher selten unterkommen würde. Wenn erst einmal bekannt war, dass er ein Germanicus war, würde man mit Sicherheit ein etwas anderes Benehmen erwarten.


    "Aua, genug durchgeschüttelt," meinte er nach der vierten Umrundung des Standes vollkommen aus der Puste geraten. "Mein Bauch tut mir schon weh. Erst so viel Essen, dann so viel lachen." Dennoch strahlte er über das ganze Gesicht.