Nigrinas Blick ruhte einen Augenblick auf den beiden Männern, als Prisca sie ihr auf ihre Frage hin vorstellte. Tiberier. Ein feines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als die Aurelia weitersprach und anbot, sie bekannt zu machen. „Wie ich ihn finde? Nun… durchaus ansprechend. Soweit ich das auf die Entfernung beurteilen kann.“ Sie schmunzelte leicht. „Wenn es dir nichts ausmacht, mich bekannt zu machen – sehr gerne, lass sie uns begrüßen.“ Tiberius Durus. Der Name sagte ihr etwas, nur kam sie im Moment nicht gleich darauf, und bevor sie weiter überlegen konnte, welche Position er wohl innehaben mochte – und wie wichtig er damit wohl war – sprach Prisca über das Rennen. „Vorbei, tatsächlich? Oh, das ist mir auch nicht aufgefallen…“ Sie sah sich ein wenig suchend um, auch wenn es sie – genauso wenig wie Prisca wohl – nicht intessierte, wer nun gewonnen hatte. Die Menschenmenge um sie herum verdünnte sich nach und nach und machte sich auf den Weg zu den Ständen oder gleich auf den Heimweg, lediglich ihrer beider Sklaven blieben bei ihnen stehen und folgten ihnen erst, als sie sich auf den Weg zu den beiden Tiberiern machten.
Als sie dann über Theater sprachen und Prisca zu strahlen begann, lächelte Nigrina erfreut zurück. Dieses Treffen wurde in der Tat immer besser, fand sie. Es war angenehm, mit der Aurelia zu plaudern, und Nigrina ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie sich wünschte, es möge auch so weiter gehen. So wichtig ein Beziehungsnetzwerk war für gesellschaftliches Ansehen und so sehr Nigrina deshalb Bekanntschaften knüpfen wollte, war es doch weit angenehmer, wenn man mit den Menschen tatsächlich etwas anfangen konnte und nicht nur vorspielen musste, sich sympathisch zu sein. Und die ein oder andere Freundin zu haben konnte, gerade in einer Stadt wie Rom, ganz sicher nur von Vorteil sein. „Das ist eine hervorragende Idee! Zu einem gemeinsamen Theaterbesuch werde ich Aulus sicher weit leichter überreden können als zum gemeinsamen Einkaufen.“ Auch Nigrinas Gedanken gingen in die gleiche Richtung wie Priscas. Im Theater war ein intensiveres Kennenlernen möglich als beim Einkaufen, und sie würde ihren Bruder und die Aurelia besser dabei beobachten können, wie sie miteinander umgingen. Und dann machte Prisca einen Vorschlag, der Nigrina verschmitzt schmunzeln ließ – und diesen Theaterausflug noch einmal interessanter machte. „Das wäre fantastisch, wenn du das tun würdest. Eine Begleitung für mich könnte ich wohl organisieren, aber ich weiß nicht, wie interessant ein solcher Abend wird, wenn ich mit einem weiteren Verwandten auftauche – der noch dazu deutlich älter sein wird als wir. Im Augenblick gibt es nicht allzu viel junge Flavier in Rom. Wenn ich richtig informiert bin, ist mein Bruder sogar der einzige.“ Was bei den Aureliern anders zu sein schien, Priscas Worten nach zu schließen. Erneut überlegte Nigrina, ob sie nun eine Bemerkung fallen lassen sollte darüber, weswegen ihr Vater sie nach Rom geschickt hatte. Aber sie konnte sich im Augenblick noch nicht einmal an den Namen ihres Vielleicht-Zukünftigen erinnern, und das wäre mehr als nur ein wenig peinlich gewesen, hätte sie das zugeben müssen, fand sie. Darüber hinaus wusste sie weder, ob der Aurelier bereits in Rom war, noch wie weit die Verhandlungen mittlerweile gediehen waren, wie viel ihr Vater bereits brieflich hatte festlegen können und wie viel Piso überlassen blieb. Sie musste es auch nicht wissen, so lange nur alles so lief wie geplant. Aber so lange eben noch nichts wirklich fest war, war es einfach besser, den Mund zu halten. Es waren schon Geschäfte ganz anderer Art geplatzt, weil irgendjemand zu früh oder zu viel geredet hatte, und da reichte schon irgendein dummer Zufall. Und sie kannte sowohl Prisca im Besonderen als auch die Aurelier im Allgemeinen einfach zu wenig. „Meinst du denn, du kannst einen deiner Cousins überreden, uns zu begleiten? Welches Theater würdest du vorschlagen?“