Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Sextus bat um das Wort, um sich hier auch einmal zum Thema zu melden.
    “Ich muss sagen, Consul Decimus, dass ich deine Bedenken bezüglich des Gesetzes an sich nicht teilen kann. Es muss nicht alles dezidiert bis ins kleinste aufgeführt sein, wie ein Bericht auszusehen hat, finde ich. Man muss den Magistraten nicht jeden Strich und jeden Handgriff vorgeben, deshalb sehe ich auch keine Notwendigkeit darin, für jedes Amt einzeln Standards festzulegen, wie eine Dokumentation oder ein Bericht auszusehen hat. Und dies auch noch per Gesetz! Ich weiß, du möchtest gerne Vorgehensstandards möglichst explizit in Gesetzesform bringen, aber ebensowenig wie bei den internen Senatsrichtlinien, die von dir initiiert wurden, noch hier, sehe ich die Notwendigkeit zu allzu großer und genauer Paraphrasierung einzelner Vorgänge.


    Wo ich dir allerdings recht geben muss, ist die Tatsache, dass die Res Gestae auf die Rostra gehören, wo das Volk daran teilnehmen kann. Dies hat schon lange Tradition in Rom, um wir sollten das Volk nicht derart elitär von allen Dingen auszuschließen versuchen, dass wir ihnen nicht einmal mehr einen mündlichen Bericht über die Taten unserer Magistrate zugestehen.
    Ich weiß, Senator Duccius, du misst den Res Gestae wenig Bedeutung und wenig Gewicht bei, wie du dem Senat schon wortreich dargelegt hast. Aber wie bereits der ehrwürdige Consular Purgitius damals dargelegt hat: Es ist Tradition. Und da du andernorts sehr darauf bedacht warst, mit der Tradition und den römischen Werten zu argumentieren, verstehst du sicherlich auch eben die Position: Eben dass die Res Gestae aus Gründen der Tradition einen wichtigen Bestandteil des politischen Prozederes ausmachen und vielleicht nicht für dein Empfinden, so aber doch für andere einen wichtigen Aspekt der senatorischen Laufbahn darstellen.
    Daher muss ich Consul Decimus zustimmen, dass diese Res Gestae, die mündlich vorgetragen werden, auf die Rostra gehören und eben nicht in den Senat.


    Desweiteren muss ich Consul Decimus zustimmen, dass der schriftliche Bericht nicht in einen Wettbewerb über die mögliche Länge ausarten soll. Bei einigen Magistraten macht bestimmt ein ausformulierter Bericht am meisten Sinn, bei anderen Magistratstätigkeiten empfiehlt sich wohl eher eine Liste, wie die Ädile sie nun auch bereits seit Jahren führen, um Betriebsverschiebungen zu dokumentieren.
    Bei den decemviri litibus iucandis beispielsweise würde mir durchaus eine Liste reichen, wer verstorben ist, wann das Erbe bearbeitet wurde, wer das Erbe erhalten hat und vielleicht noch, ob es Besonderheiten gab. Das muss zumindest ich nicht in Reinschrift ausführlichst für jeden Verstorbenen einzeln ausgeführt bekommen. Es sollte lediglich alles nachvollziehbar aufgeführt sein, um vor allen Dingen Amtsnachfolgern die Arbeit zu erleichtern.


    Und ich muss ebenso Consul Decimus wenigstens insoweit zustimmen, dass eine explizite Befragung durch den Senat aller Magistrate wenig zweckdienlich ist. In den meisten Fällen wird man hier nichts anderes hören als in der Rede für das Volk bereits vorgetragen, und ich denke, wir haben besseres zu tun, als alles zweimal zu hören. Und ebenso ist es wohl auch sehr ermüdend, stundenlange Berichte zu hören, wann welcher Straßenzug gereinigt wurde oder wie die einhundertunddreiundzwanzigste Erbschaft verteilt wurde.
    Allerdings verstehe ich durchaus die Intention hinter diesem Vorschlag und befürworte diese grundsätzlich.


    Daher schlage ich summa summarum folgenden Kompromiss vor:


    Codex Universalis
    Pars Quinta - Cursus Honorum [Senatorium]
    § 47 Berichtspflicht
    Jeder gewählte Magistrat ist verpflichtet, am Ende seiner Amtszeit dem Senat in zweierlei Form Bericht über sein Wirken im Amt zu erstatten.
    (1) In Form einer schriftlichen Dokumentation, die in ausführlicher Form über die vom Magistraten bearbeiteten Fälle und Anliegen aufklärt und einen detaillierten Nachvollzug aller relevanten Amtshandlungen ermöglicht. Diese ist vor der Res Gestae bei den Konsuln einzureichen.
    (2) In Form der 'Res Gestae', einer Rede, die einen Überblick über das Wirken des Magistrats verschaffen soll
    (3) Auf Antrag ist der gewählte Magistrat verpflichtet, eine mündliche Stellungnahme zu Fragen zu seiner Amtstätigkeit direkt vor dem Senat abzugeben


    Hierdurch wird denke ich die Intention von Senator Duccius beibehalten, allerdings lässt dieser Entwurf noch mehr Spielraum für die Art und Weise der Dokumentation und schont die Zeit des Senats, wie von Consul Decimus richtig bemerkt, da nur die Magistrate sich explizit befragen lassen müssen, zu denen ein grundlegendes Interesse des Senates hierzu besteht.“

    Sextus wollte zum ein oder anderen Punkt durchaus eine Anmerkung machen, allerdings kam er zur rechten Zeit nicht zu Wort, so dass das Thema schon weiter geeilt war, ehe er seine Punkte hatte anbringen können. So wollte er eigentlich zu einer etwas größeren Rede ansetzen, als der Duccius dann mit einem erheblich einfachen Plan um die Ecke kam, der Sextus erst einmal etwas Wind aus den segeln nahm.
    “Verzeih, Duccius, aber bevor ich etwas aufwerfe, was gar nicht so durch dich intendiert war, weil ich es falsch verstanden habe, frage ich noch einmal in aller Deutlichkeit nach: Du möchtest die Lex Scholae Atheniensis, also sämtliche Paragraphen, die sie umfasst, abschaffen? Oder möchtest du nur einen Teil von ihnen streichen, was eine Umformulierung der übrigen Teile zwangsläufig bedingen würde? Und falls letzteres der Fall ist: Welche Paragraphen gilt es zu streichen, deiner Meinung nach, und ebenso, welche Neuformulierung schlägst du vor?“
    Das musste er jetzt nochmal ganz genau hören, ehe er mit seinen Gedanken voranpreschte.

    Herrje, was für ein Kindergarten. Wäre es üblich gewesen, im Senat etwas zu essen, Sextus hätte seinen Nachbarn gefragt, ob er auch ein paar Wolfszitzenchips haben wollte, oder ein paar Otternasen.


    Flavius Gracchus schließlich war es, der wieder gänzlich zum Punkt kam. Und jetzt, nachdem die 'bucklige Verwandtschaft' sich gemeldet hatte, konnte man die Gelegenheit auch nutzen und Verbundenheit zur Familie ausdrücken.
    “Auch mich hat der junge Flavius überzeugt, dass er zumindest die Möglichkeit verdient hat, sein Können unter Beweis zu stellen. Seine Herkunft und seine bisherige Bildung werden ihm hierfür sicherlich den Weg ebnen, so dass er am Ende seiner Amtszeit sicherlich das in ihn gesetzte Vertrauen als gerechtfertigt bewiesen haben wird.“

    Was war denn jetzt schon wieder kaputt? Sextus hatte sich aus der Debatte, die hier angestoßen worden war, herausgehalten und einfach nur gemütlich gelauscht, bis die Pause kam. Nicht, dass er keine Meinung gehabt hätte. Es war ihm nur gerade bei dieser Sache nicht wert, lange herumzudiskutieren, um eben seine Meinung durchzusetzen. Überhaupt verstand er nicht, was der Duccius, der sich andernorts traditioneller als Romulus selbst gab, hier nun zu meinen glaubte, die Res Gestae als unwichtig abzutun. Aber gut, es war das Thema nicht wert, deshalb zu streiten.


    In der also irgendwann einberufenen Pause von diesem trockenen Thema, als Sextus sich nun etwas lauter mit seinem Sitznachbarn unterhalten wollte, kam just der Consul auf die Idee, ihn hier in der Curia auf ein Wort zu bitten. Warum auch immer.
    Sextus entschuldigte sich also kurz bei seinem Gesprächspartner mit einem kleinen Scherz, der ein leichtes Lachen bei seinem Gegenüber zur Folge hatte, und begab sich also auf würdevollen Gesprächsabstand zu dem Consular. “Consul Decimus?“ fragte Sextus also ganz trocken und nicht unbedingt voll freudiger Erwartung, auf das implizierte 'Was gibt’s?' explizit verzichtend.

    Das versprach, lustig zu werden. Im Grunde hatte Sextus nichts gegen den Flavier. Sowieso nicht, immerhin war er ein Spross einer verbündeten Familie. Und auch er selbst hatte bei Consular Flavius Furianus damals sein Tirocinium Fori abgeleistet – und dabei auch im Grunde nur gelernt, dass der alte Mann etwas zu früh aus Ägypten heimgekehrt war und immer wieder Rückfälle seines Leidens gehabt hatte, die ihn von der Politik ausgeschlossen hatten. Da war er selbst sicher der letzte, der dem Flavier deshalb eine Eignung zur Politik absprach. Oder zu wenig Bemühungen unterstellte. Noch dazu, wo ein Tirocinium Fori zwar durchaus sehr üblich war, aber eben keine zwingende Voraussetzung, wie Duccius Vala es herausstellen wollte. Das war noch immer jedem Senator selbst überlassen, ob er auch einen jungen Burschen wählen wollte, der ein solches eben nicht gemacht hatte.
    Der einzige Grund, warum er nicht das Wort erhoben hatte, um seine Unterstützung auszusprechen, war: Es hatte ihn schlicht im Vorfeld niemand darum gebeten. Kein Flavier hatte ihm zum Essen eingeladen oder in den Thermen angequatscht, und der junge Flavius hier vor ihm war auch erst recht nicht persönlich bei den Aureliern als Freund vorbeigekommen und hatte um Unterstützung gebeten. Vielleicht würde Flavius Scato sich bei der Quästur an dieses durchaus feine Mittel zur Stimmgewinnung im Vorfeld ja erinnern. Aber so gab es keinen Grund, warum Sextus da in vorauseilendem Gehorsam seinen Mund aufmachen sollte.


    Und jetzt war es ohnehin viel lustiger, einfach dazusitzen und zuzuhören. Der Duccius gab sich wieder einmal römischer und traditionsbewusster als jeder Römer selbst, und der Consular sprang darauf an, als hätte er nur auf eine Gelegenheit gewartet, ihm eins reinzuwürgen. Die ganze rede klang weniger wie ein Plädoyer für den Flavius, sondern vielmehr wie eine Anklage gegen den Duccius. Da konnte man fast nur hoffen, dass eine Antwort folgen würde. Hier oder andern Orts. Sextus also lehnte sich leicht lächelnd einfach zurück und genoss die ganze Vorstellung hier. Zuschauer zu sein hatte durchaus seine Vorteile.

    In der Tat war dieser Logik nur schwer etwas entgegenzusetzen. Dennoch war der Gedanke ziemlich abwegig, dass dies tatsächlich der Wahrheit entsprechen würde. Nicht, nachdem Tiberius Durus so leidenschaftlich alles daran gesetzt hatte, sie überhaupt zu vereinigen.
    “Deinen Schlussfolgerungen kann ich mich nur schwerlich entziehen, geehrter Flavius. Doch frage ich mich, weshalb Tiberius uns hierfür überhaupt zusammengebracht hatte, wenn er geplant hatte, uns zu verraten? Auch wenn seine Familie wie die meine nicht zum ältesten Adel Roms zählt, so war er doch dennoch ein Patrizier. Welcher Sinn ergibt sich daraus, andere Familien der Nobilitas und der Patrizier, ja faktisch alle Höhergestellten des Reiches, derart ins Chaos zu stürzen? Ihm selbst wären daraus aufgrund der mannigfaltigen Verbindungen seiner Familie zu anderen Familien doch mehr Nachteile denn Vorteile erwachsen? Und aufgrund der – zumindest äußeren – Darstellung und Positionierung seiner Person im Senat gegen Vescularius konnte er doch auch nicht hier auf direkte Belohnung hoffen, ohne dass sein plötzlicher Sinneswandel und der seines zumindest scheinbaren Gegenspielers auffällig zur Kenntnis genommen worden wäre?“
    Genau dies war der Knackpunkt, der sich sich nicht zufriedenstellend beantworten ließ.


    Kurz wollte Sextus ebenfalls noch anführen, dass seine eigene Person ja durch die Nähe zu Aurelius Ursus ebenfalls ein gutes Ziel für eine Verhaftung gewesen wäre, allerdings unterließ er das doch. Ursus war immerhin mit Tiberia Septima verheiratet, und Sextus wollte den Flavius nicht noch auf den Gedanken bringen, die Aurelier würden in besagter Verschwörung mit drin stecken. Immerhin war er ja auch der Klient von Durus gewesen, und der niedrigere Adelsstand ihrer beider Häuser verband wohl ohnehin. Und Sextus wollte seine Beziehung zu den Flaviern keinesfalls durch solch hanebüchene Verstrickungen gefährden.
    Wenn er die Verschwörung verraten hätte (und diesen Gedanken hatte er desöfteren während der Dauer der Unternehmung gehegt), dann hätte er die Tiberii geopfert, den Claudiern eine Verstrickung unterstellt und allen voran den Vinicius mit seinen größenwahnsinnigen Ideen vom Konsulat und eigener Machtergreifung liquidiert. Höchstselbst. Mit einem Löffel. Das allerdings konnte er kaum als Verteidigung ins Feld führen...


    “Ich hoffe, du verstehst, dass ich trotz dieser Offenbarung durch dich, für die ich dir durchaus dankbar bin, dennoch meine Rolle als Klient und Freund der Tiberii als solches weiterhin zu spielen habe. In der Tat habe ich beim Kaiser bereits die Erlaubnis für größere Leichenspiele eingeholt und bereits erste Anstrengungen hierfür übernommen, deren Zurücknahme allzu öffentliche Fragen aufwerfen würden. Als Mann der Politik verstehst du sicherlich die Notwendigkeit zur Wahrung des äußeren Scheins.“

    Sim-Off:

    Ich hab jetzt selber ewig gebraucht. Manchmal kommt einem das echte Leben mit den echten Problemen und den echten Freuden halt einfach dazwischen.


    Sextus hatte nicht den Hauch einer Ahnung, von wem der Junge da überhaupt redete. Er konnte sich mit Mühe und Not den Namen seines Nomenclator merken. Wenn er den einen oder anderen Namen der Sklaven, die ihm schon lange gehörten, hinbekam, dann grenzte dies schon an ein Wunder. Nicht, dass er sich auch nur im mindesten bemühte, sich irgendeinen dieser Namen ernsthaft zu merken.
    Nun aber noch die Namen der Sklaven zu wissen, die mit aus Mantua gekommen waren... das war ein Ding der Unmöglichkeit. Diese beiden Namen hätten von der Amme bis zum Leibwächter jedem Sklaven gehören können. Sextus hatte nicht einmal den Hauch einer Ahnung, von wem sie gerade redeten.


    Allerdings wollte er dem Jungen jetzt auch nicht ein kaltes Nein an den Kopf knallen. Ein diplomatisches 'Vielleicht' war da vielleicht angebrachter. “Ähm... nunja, die Griechen sind die besten Lehrer. Und dieser..... Cimon hat recht, wenn er meint, dass ein Lehrer streng sein muss. Immerhin muss er ja dafür sorgen, dass du auch alles lernst. Denn wenn du nicht richtig lernst und dann zu wenig weißt, dann ärgern dich die anderen. Und wenn ich das dann höre, dass du deshalb geärgert wirst, gehe ich zu deinem Lehrer und frage ihn, was da los ist. Und wenn er dann dir die Sachen nicht gut genug beigebracht hat, schimpfe ich ihn.“ Vielleicht waren die Sätze ein wenig lang und die Zusammenhänge ein wenig schwer für einen Jungen in diesem Alter. Sextus versuchte sich daran zurückzuerinnern, wie er in diesem Alter war. Aber irgendwie hatte er daran nur sehr schwammige Erinnerungen, allesamt geprägt von dem Auswendiglernen diverser Schriften, und folglich nicht die geringste Ahnung, ob Titus alles verstanden hatte.


    Vielleicht lenkte er das Thema besser auf die beiden, die der Junge sich als Lehrer offenbar sehr wünschte. “Was können diese beiden.... Cimon und Baldrian, dir denn so beibringen? Können sie lesen, schreiben und rechnen?“

    “Nunja, ich meine jene Bibliothek, die zu Zeiten meines Großvaters hier in Rom gegründet wurde, nachdem die Schola ihren Hauptsitz von Athenae nach Roma verlegt hat. Und genau hier gibt es denke ich noch einige Fragen zu klären. Gesetzt den Fall, der Senat kann wirklich ohne die geringste Rücksprache mit dem Kaiser und seinem expliziten Einverständnis hier einfach so die Entscheidung treffen, ergeben sich dennoch einige Fragen, die geklärt sein müssen.
    Zuerstl stellt sich die Frage, ob wir überhaupt für eine staatliche Einrichtung in dieser Art eine unfreiwillige Spende in Form von Eintritt verlangen dürfen. Zunächst einmal ist abzuklären, ob dies nicht unter gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt ist. Da Vereine und Vereinigungen keine Betriebe führen dürfen, ist zu klären, ob der Senat als solches – wenngleich er kein Verein in diesem Sinne ist, aber doch in gewisser Art eine Ähnlichkeit der Sache nach aufweist, folglich nicht ganz ähnliche Bestimmungen für ihn angenommen werden können – einen Betrieb führen darf. Denn nichts anderes wäre die Schola, wenn so die „Ware Wissen“ verkauft werden soll. Wenn die Schola einen Betrieb führen darf, ist weiter zu prüfen, ob es ein solcher sein darf, der nicht einen landwirtschaftlichen Ursprung hat.
    Hierüber sollten Rechtsgelehrte beraten und befinden. Meine in diesem Fall nicht durch zusätzliche Bildung untermauerte Meinung ist allerdings, dass dies doch einem gewaltigen Schlupfloch gleichkommt. Wenn Mitgliedern des Senates kein Führen von Betrieben, außer solchen mit direktem landwirtschaftlichen Bezug, gestattet ist, dem Senat als solches aber schon, wäre das Gesetz an sich unsinnig. Und zu recht könnten sich Vereine fragen, warum ihnen aus steuerlichen Gründen das Führen von Betrieben untersagt ist, wenn es Institutionen des Staates ohne Einschränkung erlaubt ist.
    Die andere Möglichkeit wäre die Erhebung einer Steuer. Diese allerdings müsste vom Kaiser bestimmt werden und nicht durch den Senat einfach beschlossen.


    Allerdings wäre dies wie bereits gesagt ein Fall für mehrere Rechtsgelehrte, das eindeutig zu prüfen. Also gesetzt den Fall, wir können über die Bibliothek in diesem Maße befinden, und gesetzt weiter des Falls, wir verstoßen damit nicht gegen unsere eigenen Gesetze, bleibt die Frage: Sollten wir das tun?
    Ist dies der Eindruck, den wir bei der römischen Bevölkerung wecken wollen? Wenn ihr sehen wollt, wie Verbrecher hingerichtet werden, wilde Tiere sich gegenseitig zerfleischen und Gladiatoren aufeinander einschlagen, könnt ihr dies umsonst tun. Hierfür hat der Staat Geld. Aber wenn ihr in den Schriftrollen der Gelehrten lesen wollt, dann bezahlt am Eingang, als würdet ihr ein Lupanar besuchen. Und dies sollte dann auch noch abdelegiert werden an einen Untergebenen, der den Preis hierfür festlegt?“
    Sextus schüttelte kurz den Kopf.
    “Vor allem ist die Verbindung hier doch sehr kurzsichtig. Du sagst, dass das Geld der Schola so jetzt dem Senat zur Verfügung stehen würde. Aber gleichzeitig, dass die Bibliothek sich nicht selbst finanzieren kann. Ist es da nicht kurzsichtig gedacht, mit der einen Hand Geld auszugeben, was man mit der anderen Hand dann wieder zuschießen muss? Denn was ist, wenn die Menschen allein für das Vergnügen des Lesens nicht bezahlen wollen und der Bibliothek fernbleiben? Die Schriftrollen müssen dennoch gepflegt, gedreht, behütet werden. Die Räume dennoch gesäubert, geheizt, bewirtschaftet werden. Diese Kosten bleiben, unabhängig davon, wie viele Menschen durch die Bibliothek wandern. Vielleicht muss etwas weniger geheizt, etwas weniger geputzt werden, wenn es wenige sind. Aber verfallen lassen kann man es dennoch nicht.


    Ich möchte wegen diesem einen Punkt nicht ein ganzes Grundkonzept verdammen, aber diese Fragestellung sollte man meines Erachtens nach im Auge behalten und einen tragfähigen und durchdachten Vorschlag machen, welcher aber gerne erst am Ende der Diskussion stehen kann und nicht gleich gänzlich zu Beginn geklärt werden muss. Vielleicht ergeben sich ja auch andere Möglichkeiten, sofern Senator Duccius sein Gesamtkonzept einmal vollständig vorstellt, so dass man hier besser beurteilen kann. Die Kostenfrage kann da meiner Meinung nach gerne im Zuge der Gesamtkostenfrage für das ganze Projekt geklärt werden.



    Der zweite Punkt jedoch bringt mich eher auf Fragen, die vielleicht sogleich mit aufgenommen werden sollten: Wenn es also keine Kontrolle gibt wie bislang, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass jeder, der sich als Lehrer berufen fühlt, einem anderen einen Nachweis ausstellen kann.
    Da frage ich mich, welchen Wert dieser Nachweis an und für sich denn haben wird, denn durch die fehlende Kontrolle ist jeder Nachweis so gut wie der andere und kein Qualitätsmerkmal mehr.
    Und dies wiederum bedeutet im weiteren Schluss, dass es noch weniger eine sachliche Größe gibt. Und damit stellt sich die Frage, inwieweit die Forderung nach einem solchen Nachweis noch sinnhaftig ist. Man könnte diese Anforderung dann auch gleich ad acta legen.


    Bevor ich falsch verstanden werde: Ich wäre durchaus dafür. Denn seien wir mal ehrlich, was bringt es einem zukünftigen Senator, theoretisches Wissen über die Stoa zu haben? Oder über griechische Musik? Wie oft wird man nach den unterschiedlichen Säulenkapitellen gefragt, wenn man nicht unbedingt Curator ist? Ich bin sicher der letzte, der dem Wissen als solches seinen Wert abspricht, aber großen Praxisbezug haben die jetzigen Cursi Continui auch nicht aufzuweisen. Daher ist die Frage, inwieweit diese überhaupt ohne Kontrollinstanz noch in unseren Gesetzen als Voraussetzung beibehalten werden sollten.“*


    Sim-Off:

    Bevor das falsch ankommt: Soweit mir bekannt ist, hat schon Titus Aurelius Ursus vor Jahren damit begonnen, einen eigenen Senatorenkurs zu entwickeln. Daher ist die Idee nicht neu und nicht von mir, den im Austausch für die jetzigen ja wirklich sehr themenspezifischen CCs zu nehmen.
    Was man aber gleichzeitig machen könnte, wäre, diese wie die Religionskurse ja auch ins SimOff zu verfrachten. Religionskurse waren ja früher auch richtige Kurse im Forum und heute nicht mehr. Ich seh da eigentlich keinen Grund, warum das beim CRV und einem Senatorenkurs dann unbedingt anders sein müsste und man das nicht analog machen kann und nur im Tabularium eben als Voraussetzung lässt. Ähnlich den Religionsämtern, wo man den SOKR I oder den sOKR II braucht, dann eben hier analog den CRV I und den CRV II...
    Ich bin also nicht dafür, Wissensabfragen generell abzuschaffen. Aber den SimOn-Teil davon könnte man verändern.
    Ich kann diesen SimOff-Gedanken nur nicht in SimOn-Sprache vernünftig übersetzen. Dafür reicht meine Kreativität leider nicht aus.


    “Aber, sofern keine anderen Fragen noch offen sind seitens meiner geschätzten Mitsenatoren, wäre es vielleicht am einfachsten, dass du den kompletten Gesetzesentwurf – immerhin reden wir ja von einer Abschaffung der Lex Scholae und der Neufassung eines anderen Gesetzes – uns vorstellst, damit wir eine bessere Übersicht haben, was das Konzept an Gedanken alles schon beinhaltet?“

    Da musste Sextus jetzt doch einmal einhaken. Immerhin klang diese Einlassung jetzt wieder gänzlich anders als die bei ihm vor langer Zeit geäußerte Aussage, die Bibliothek würde sich gänzlich selbst tragen und durch die Freistellung der Lehrer würde sogar noch gespart.
    “Senator Duccius, verstehe ich dich recht, dass du dem Kaiser also vorschlagen möchtest, er solle jetzt für die Benutzung seiner Bibliothek, die er bislang den Bürgern Roms zur freien Verfügung gestellt hat und somit als Geschenk seiner Großzügigkeit dieser Stadt gezeigt hat, Eintritt verlangen? Oder doch eher eine neue Steuer?“
    Wo sonst sollte man sogenannte Gebühren erheben, außer eben bei den Benutzern der Bibliothek, nachdem die Schüler dem Ganzen ja ebenso wie die Lehrer fernbleiben sollten?


    “Daran angeschlossen möchte ich noch folgende Frage zusätzlich stellen: Da viele unserer Ämter ein gewisses Maß an Bildung voraussetzen, wie soll ohne die Qualitätssicherung der Schola gesichert werden, dass die freien Schulen den nötigen Standard erfüllen? Und wenn es eine Kontrollbehörde geben sollte, die dies überprüft, wäre es nicht kostengünstiger, sie würde dies in den bislang genutzten Räumlichkeiten der Schola tun?“

    Na gut, wenn der Decimus darauf bestand, seine Meinung zu hören, dann wollte Sextus ihm den Gefallen gern tun, eben jene zu verkünden.
    “Nun, meiner Ansicht nach ist das gesamte Konstrukt als solches völlig überflüssig. Wann hätte es schonmal den Fall gegeben, dass der Princeps Senatus zu solchen Mitteln hätte greifen müssen? Niemand würde ihm absprechen, diese Mittel prinzipiell anzuwenden, auch ohne dass sie in eine Gesetzesform... oder wie auch immer man dies nun nennen mag... gegossen wurde. Aber war es bislang nötig? Ich wüsste nicht.
    Wir alle hier, egal welcher Herkunft nun, sind gebildete Männer von Stand, die der Imperator höchstselbst in diesen Stand auch einberufen hat, um ihn zu beraten. Sollte man da nicht annehmen können, dass sich alle soweit gesittet benehmen können, als dass diese Androhung von strafe in stillschweigendem Wissen verbleiben kann, da ohnehin niemand vorsätzlich einen Akt solcher Barbarei vorbringen würde, um sie nötig zu machen? Wann wäre hier schon einmal jemand einem anderen derart ins Wort gefallen, dass dieser nicht seine Rede zu einem Ende hätte bringen können? Wann wäre es nötig gewesen, jemandem das Wort zu verbieten? Noch dazu, wo dieser Senat die Äußerung einer Meinung bislang stets geschätzt hat, auch wenn diese nicht mit der Meinung eines Antragsstellers geteilt hat?


    Dieser Senat, dieses Heiligtum der einstigen Republik, war stets demokratisch. Es gab stets unterschiedliche Meinungen, und im Kompromiss wurde stets eben wegen diesen unterschiedlichen Standpunkten – und nicht trotz, wie manche böse Zunge behaupten möge – der bestmögliche Vorschlag dem Kaiser unterbreitet.
    Unter dieser Prämisse, welchen Sinn würde es hier also machen, festzuschreiben, dass der Princeps Senatus das Recht hat, einem Mann das Wort zu verbieten, wenn wir doch gerade festgestellt haben, dass zum einen hier nur Männer von Ehre sitzen, die sich benehmen können – und wenn nicht, noch immer jeder das Recht hat, wegen Beleidigung und dergleichen zu klagen - und zum anderen das Wort eines jeden geschätzt wird? Nur, weil er es im stillschweigenden Einverständnis aller jetzt auch schon könnte, allein aufgrund seiner herausgehobenen Ehrenstellung? Nur, damit es schriftlich fixiert ist? Ein hohles Gesetz, dass nie Anwendung findet?

    Sextus schüttelte den Kopf und fuhr dann fort.


    “Ebenso die Rednereihenfolge... wie soll hier verfahren werden, damit auch ja niemand vor einem Höhergestellten redet? Soll der Princeps jeden namentlich seinem Rang nach aufrufen, ob er etwas zu sagen habe? Was geschieht bei gleichrangigen Mitgliedern des Senates? Entscheidet dann das Los?
    Bislang hat der Princeps Senatus noch immer Männer so aufgerufen, dass sich niemand deshalb lautstark beschwert hat. Und selbst wenn es eine Zwischenfrage außerhalb einer konkreten Wortmeldung gab, war diese doch noch immer bereichernd für die Diskussion. Überhaupt sollte die Diskussion eher angeregt werden, und nicht noch mehr reguliert.“


    Sim-Off:

    Das ist mein eigentlicher Hauptkritikpunkt an dem Ganzen: Wir sind grade mal ein Dutzend Senatoren, wo man froh sein kann, wenn 3-4 bei einem Thema wirklich mitreden. Das muss man jetzt nicht noch regulieren. Sollen Senatorenanfänger so erst 2 Wochen warten, ehe sie mitreden, weil ein Consular ja eventuell noch was sagen könnte? Ich finde das kontraproduktiv.


    “Folglich ist für mich dieses ganze Konstrukt vollumfänglich überflüssig und reguliert theoretische Fälle ohne jedweden Praxisbezug.
    Wenn es aber von der Mehrheit der Senatoren als unbedingt nötig und nützlich angesehen werden sollte, müsste es in seiner Grundform abgeändert werden. Der vierte Paragraph ist ersatzlos zu streichen.
    Ebenso sehe ich den dritten Paragraphen als selbstredend. Wortdefinitionen sind üblicherweise keine Gesetze. Man könnte ihn eventuell umformulieren in etwas wie.... Jeder Senator hat das Recht, zu einem Antrag noch Nebenanträge zu stellen...... wobei dies für mich aufgrund des demokratischen Charakters des Senats ebenfalls selbstverständlich ist.


    Über den zweiten Paragraphen habe ich meine Meinung schon hinlänglich gesagt. Zu regulierend, zu kontraproduktiv, zu praxisfern und nach gesundem Menschenverstand und den Sitten unserer Vorväter nach gänzlich überflüssig.
    Ein Regulatorium, wie über Vertagungen beschieden wird, kann man beschreiben. Muss es aber nicht zwangsläufig. Da reicht auch ein einfacher Satz – meinetwegen auch mit Bezug auf deine vorgenannte Absicht bezüglich des vierten Paragraphens – Über eine Vertagung eines Themas auf die nächste Senatssitzung kann auf Antrag mittels einfacher Mehrheit entschieden werden.
    Dass der Princeps Senatus Männer bei gleichzeitiger Wortmeldung ihrem Rang nach aufruft, ist denke ich keines Wortes nötig. Wenn es als unbedingt nötig erachtet wird, reicht auch ein einfacher Satz wie Redner erhalten das Wort durch den Princeps Senatus nach Aufruf. und Punkt. Man sollte einem langjährigen Mitglied des Senats zutrauen, die Vorgehensweise zu kennen. Und sollte er sie...vergessen... finden sich meist schnell Mittel und Wege, dass er ehrenvoll dieses Postens entbunden wird. Ohne, dass es irgendwo festgeschrieben werden musste.


    Ebenso ist der erste Paragraph vollkommen überflüssig und zu regulatorisch. Dass der Princeps Senatus zur Wahrung der Ordnung geeignete Mittel, vor allem jene der Moral und des Gewissens, zur Verfügung hat, ist selbsterklärend.“


    Damit war wohl seine Meinung recht deutlich gesagt.

    Sextus brauchte nicht lange, um schon den ersten Widerspruch zur ersten Einlassung des Decimus bei jenem Machwerk aufzudecken: “Consular Decimus, mit Verlaub: Dein Entwurf nun widerspricht doch wieder deiner ersten Prämisse, Beispiele für geeignete Mittel zu geben. Hier werden dezidiert Mittel vor- und dadurch auch festgeschrieben, was eben zuvor erwähnten Ermessensspielraum des Princeps Senatus doch arg einschränkt. Und nicht nur das, müssen wir so doch wieder über die Rechtmäßigkeit jedes einzelnen Mittels befinden, um Missbrauch zu vermeiden.“


    Das war schonmal das erste, aber bei Weitem nicht das einzige. Vor allem eine Sache hätte Sextus beinahe zum Schmunzeln angeregt.
    “Und ebenso muss ich rückfragen, was du mit dem vierten Paragraphen zu bezwecken versuchst? Unsere gesetzlichen Vorschriften schreiben ganz klar eine benötigte Mehrheit von 60% der Stimmen für alle Consulta Senatus vor. Auch wenn es in der Vergangenheit mehrere Versuche gab, dies auf eine einfache Mehrheit abzuändern, wurde dies jedes Mal vom Senat abgelehnt.
    Verzeih, wenn mir dein Vorschlag nun wie der verdeckte Versuch, dieses alte Thema doch wieder heimlich zur Vollendung zu führen, wirkt. Warum hier diese künstliche Konstruktion mit der Einschränkung anderslautender Gesetze, wo doch bekannt ist, dass es anderslautende Gesetze gibt?“


    Sextus Aurelius Lupus Proc. A rationibus Potito Plennio Flaminino s.d.


    Durch eine Erbschaft kam ich in den Besitz der Schafzucht meiner Cousine, als eben solche auf das größtmögliche angewachsen mit gesundem Tierbestand*. Die gesetzlichen Vorschriften erlauben mir nicht das Führen weiterer Betriebe, daher würde ich die Schafzucht Aelia in meinem Besitz gerne dem Staat und der Stadt Rom schenken.
    Sofern an diesem Geschenk ein Interesse besteht, mögest du oder einer deiner Primicerii mir bitte binnen 14 Tagen Antwort schicken.


    Vale


    SAL


    Sim-Off:

    * = Stufe IV


    Aufgrund diverser Faktoren (Weihnachtsstress, diverse gesundheitliche Probleme...) entschuldige ich mich für meine ungeplante lange Abwesenheit. Ich werde in den nächsten Tagen versuchen, wieder langsam den Einstieg zu finden. Wenn es was dringendes gibt, bitte PN

    Ja, soweit konnte Sextus zustimmen, dass irgend etwas schrecklich schief gelaufen war bei ihrem ganzen Plan, und tatsächlich die Möglichkeit eines Verrates im Raum stand. Dass dies allerdings so zweifelsfrei auf einen Verrat von Tiberius Durus hinauslief, das sah Sextus als nicht ganz so zwingend an. Allerdings schien Flavius Gracchus davon momentan sehr überzeugt, so dass das folgende Gespräch in jedem Fall Fingerspitzengefühl verlangte. Sextus wollte in jedem Fall vermeiden, dass diese Uterhaltung letzendlich auf eine Entscheidung „Tiberier oder Flavier“ hinauslaufen würde. Letztere waren zweifelsfrei wichtiger, in erstere hatte er in den letzten Jahren aber zu viel investiert, um sie einfach so fallen zu lassen. Und wer wusste schon, wann diese eventuell noch einmal nützlich würden?
    “Deine Logik ist in sich zweifelsfrei schlüssig. Ich muss dir in deiner Prämisse recht geben, dass ein Verrat sehr wahrscheinlich ist, und Vescularius äußerst schnell und äußerst hart hatte durchgreifen können und sich so die Macht zunächst einmal zweifelsfrei sichern konnte. Allerdings ist der Vorwurf des Verrates auch gleichzeitig, wie du selbst impliziert hast, eigentlich so ungeheuerlich und in der Sache selbst nur sehr schwer zu glauben, dass mein verstand danach drängt, auch Alternativen zu dieser Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
    Mag es nicht auch sein, dass einer der Sklaven des Tiberiers im Austausch für Freiheit oder andere Vergünstigungen so gehandelt haben mag und den Tiberius mitsamt den restlichen mochte verraten haben?
    Oder mag es vielleicht noch einen anderen Umstand geben, der uns beiden nicht bekannt war? Insbesondere frage ich mich dies nicht nur wegen der Abscheulichkeit, die uns beiden vorab musste verborgen geblieben sein, sondern auch, da gerade unserer beider Familien auch nach dem Tod des Tiberius einige Zeit unbehelligt geblieben waren, ehe der schändliche Opportunist Vescularius auch auf uns seinen Blick hat gerichtet. Gleichzeitig aber wurde schon frühzeitig Vinicius Lucianus verhaftet – was natürlich auch auf dessen Einlassung in seiner Senatsrede mochte zurückzuführen sein. Aber, so Tiberius Durus uns verraten hat, hätte nicht viel eher der Zorn und die Rache des Vescularius über uns hereinbrechen müssen? Wieso nur über die Vinicii? Wieso nicht gleichsam mit der Liquidierung des Tiberius auch die von uns beiden?“

    Sextus wusste nicht, inwieweit diese Dinge bei Flavius Gracchus berechtigte Zweifel auslösen würden, aber immerhin waren diese Fragen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen und beinhalteten gute Argumente, ohne aber gleichzeitig den Flavier in Misskredit zu bringen. Zumindest hoffte Sextus, dass ihm dieser Spagat gelungen war. In jedem Fall konnte er an einer möglichen Antwort aber nun die Eindringlichkeit der Überzeugung seines Gegenübers ablesen.

    Sim-Off:

    Ist mir schon klar, hab das ja auch selber lange genug gemacht ;) Sim-On kriegt man aber nicht vom Prätor das Geld oder Waren, sondern das ist ja schon in der Familie und man kriegt nur einen Bescheid, dass das rechtens ist ;)


    “Vale, Iulius“ verabschiedete sich Sextus einfach nach diesem etwas merkwürdigen Gespräch und widmete sich wieder seinen üblichen Tagesgeschäften. Der einzige Schluss, den dieses Zusammentreffen zuließ, war, dass der Tiberius mit seiner Umschreibung wirklich nicht übertrieben hatte und der Iulius wahrlich die Tunika gestrichen voll hatte. Und dabei hatte Sextus nicht einmal ansatzweise etwas getan, was diese Reaktion hätte auslösen können. Einen Moment fragte sich sextus, ob er einmal etwas derartiges unternehmen sollte, damit der Iulius den Sinn von Furcht erstmals richtig erfasste. Allerdings wäre dies nur etwas zur Bedienung persönlicher Eitelkeiten und nichts objektiv nützliches, also wurde der Gedanke recht rasch auch wieder verworfen.

    So langsam beschlich Sextus ein Gefühl von Verwirrung, die den Gipfel zur Besorgnis schweifte. Sein gesprächspartner erzählte von diesen Dingen in einer augenfälligen Ruhe, die so kaum gespielt sein konnte, sondern nur aus wahrer Überzeugung entsprungen sein konnte. Aber woher hatte der Flavius diese Informationen? Und viel wichtiger: Warum hatte Sextus nicht dieselben Informationen?
    “Ich bin mir nun nicht sicher, ob es richtiger ist, zu sagen, dass ich dich enttäuschen muss, oder dass ich dich erfreuen werde, aber mir ist von solcherlei Vorgehen nichts bekannt. Auch bestand für mich bislang nie die Notwendigkeit, solcherlei auch nur in Frage zu stellen oder die Aufrichtigkeit von Tiberius Durus bezüglich unserer gemeinsamen Besprechungen und Handlungen in Zweifel zu ziehen.
    Von daher verzeih mir meine nur wenig verhohlene Neugier, aber woher beziehst du deine Informationen bezüglich eines Verrates des Tiberiers? Ohne nun deine Quelle in Verruf bringen zu wollen, besteht ja vielleicht auch noch die Möglichkeit eines Irrtums? Mir mutet der Gedanke wohl so absonderlich an wie dir selbst, welche Gründe Tiberius Durus dazu mochten veranlasst haben, ausgerechnet einen Vescularius Salinator aufzusuchen.“
    Da hätte Sextus eher mit anderen Maßnahmen dann gerechnet, so denn an dieser Unterstellung etwas dran war. Aber zu Vescularius zu gehen und sie zu verraten? Und anschließend sich von dessen Skythen in Stücke hacken zu lassen? Irgend etwas an diesem Bild ergab keinen Sinn. Sextus wusste nur nicht zu sagen, an welchem Punkt der Sinn in Unsinn hinübergeglitten war.

    Wenn Sextus geahnt hätte, wie viel wert offenbar auf seine Gedankengänge gelegt wurde, so dass man auf jene sogar zurückdachte, selbst wenn man sie nicht kannte, er hätte entweder seine Gedanken geäußert, um Teil dieser geistigen Diskussion zu sein, oder aber er hätte weit weniger gedacht. Da er es allerdings nicht wusste oder auch nur im entferntesten ahnte, traf weder das eine noch das andere zu.


    “Ich wüsste keinen Grund, jemals persönliche Differenzen gehabt zu haben“, gab der Aurelius sich etwas verwirrt. In der Tat hatte der Iulius definitiv Glück gehabt, dass Sextus sein Auftreten damals eben nicht streng persönlich genommen hatte, sonst hätte er gewisslich dafür Sorge getragen, dass der Mann hier jetzt nicht vor ihm stehen würde. Oder vor irgendjemandem noch einmal lebend gestanden hätte. Der Kerkeraufenthalt des Mannes war nicht viel mehr als ein Klaps gewesen, noch dazu ein für jeden vernünftig denkenden Menschen ein reichlich vorhersehbarer und auch nicht rein persönlicher Natur entsprungener. Dass sowohl der Duccier als auch der Flaminier den Iulier so lange im Kerker hatten schmoren lassen, das hatte nicht in Sextus Einflussbereich gelegen, und selbst wenn, hätte dieser keinen Anlass gehabt, den Iulier mehr als vielleicht zwei, drei Tage über seinen eigenen Platz in der Geschichte nachdenken zu lassen.


    So oder so war die Angelegenheit damit scheinbar erst einmal ausgeräumt, wenngleich das ganze Gespräch für Sextus wenig Erhellendes ergeben hatte – abgesehen von der Einsicht, dass der Iulius entweder neugierig war, oder aber seine Aufgabe als Decemvir etwas zu ernst nahm.
    “Dann danke ich dir für deine Bemühungen und erwarte den Bescheid der Decemviri.“ Und damit erhob sich der Hausherr auch schon und leitete damit die Verabschiedung ein. Denn wenn es weiter nichts zu besprechen gab, wollte Sextus den Iulier auch sicherlich nicht aufhalten.

    Was interessierte den Iulier nun das Kind? Das ja auch sicherlich nicht sein Neffe war, aber das war noch einmal eine andere Geschichte. “Soweit ich weiß, lebt der Tiberius als Beweis des Bündnisses unserer Familien“, tat Sextus die gesamte Sache einfach ab. Ob das Kind überleben würde, wusste Sextus nicht. Kleine Kinder starben häufig. Aber es spielte in seinen Gedanken auch keine priorisierte Rolle. Das Kind von Ursus, das auch aus einer Verbindung mit den Tiberiern entsprang, war älter und trug den passenden Gentilnamen. Und wenn mit seinen Plänen alles aufging, würde Prisca sich mit Tiberius Durus Sohn verheiraten. Da wäre es sogar eher hinderlich, den kleinen Bruder von Tiberius Ahala als erbberechtigten daneben zu haben.


    Die Einlassung zur Senatsdiskussion beförderte die Augenbrauen des Hausherren fragend etwas nach oben. “Meiner Meinung nach misst du eventuellen Vorgeschichten weit mehr Bedeutung bei, als sie tatsächlich haben.Letzten Endes hatte ich zu keiner Zeit einen nennenswerten Nachteil zu erleiden oder eine Verletzung meiner Ehre. Weshalb also sollte ich dir einen nennenswerten Nachteil zufügen oder deine Ehre verletzen, solange du hierfür keinen Anlass gibst?“
    Iulier. Wie er es schon seinem Klienten gesagt hatte, allesamt beseelt vom Geist der gnadenlosen Selbstüberschätzung. Und der Überschätzung ihrer Bedeutung in der Geschichte. Sextus hatte schlicht keinen Grund gehabt, auf ihn wie einen Käfer zu treten. Warum sich die Schuhe schmutzig machen, wenn es dazu keinen Grund gab?


    Dass das Erbe schnell bearbeitet werden sollte, nahm wiederum Sextus – nun, nicht dankbar, aber so etwas ähnliches – entgegen mit einem kurzen Nicken und einer kurzen Geste mit der Hand. “Ich erwarte dann die entsprechende Nachricht und danke für die zügige Erledigung. Gibt es dabei sonst noch etwas zu besprechen?“

    Kurz blinzelte Sextus und überlegte die sinnigste Antwort auf die Frage, da für ihn eben jene mit etwas kaufmännischem Denken eigentlich so offensichtlich schien. Vielleicht wollte der Purgitius auch nur freundlich sein und das Gespräch am Laufen halten. Wobei er eigentlich nicht so aussah, als wolle er lediglich höflich sein. Zumindest also spielte er ehrliches Interesse so gut, dass Sextus keine Anzeichen für weiterführende Unterstellungen fand. Was die Frage nicht unbedingt weniger verwirrend machte, die Beantwortung derselben allerdings einfacher. Irgendwie.


    “Nun, es ist wie bei jeder Ware: Von je weiter her sie kommt, umso teurer ist sie. Natürlich rechnet jeder Lanista seine Preise, zu denen er seine Gladiatoren auftreten lässt, so, dass er selbst dabei einen Profit davon trägt, der das Risiko des Todes des Gladiators auch mit abdeckt. Du musst ja bedenken, dass die Ausbildung und der Unterhalt eines Gladiators ein nicht unerhebliches Maß an Geld kostet, schon allein die medizinische Betreuung, dazu noch die Unterbringung und die Ernährung der Gladiatoren, dazu in der Regel noch den Preis für die Anschaffung des Gladiators an und für sich. Kräftige, gesunde und junge Sklaven sind immerhin überall gefragt und dementsprechend wertvoll.
    All dies hat ein Lanista als Geschäftsmann natürlich einzukalkulieren, ebenso dann wie die Reise und die Unmöglichkeit, in dieser Zeit andere Verträge einzugehen. Letzteres erhöht vor allen Dingen die Preise während großen Festtagen wie den Volcanalia oder den Ludi Plebei.
    Natürlich hat ein einzelner Editor nicht die gesamten Kosten für jeden einzelnen Gladiator zu tragen. Immerhin kämpft so ein Gladiator in seinem Leben mehrfach, gerade eine Reise nach Rom bietet dem Lanista zusätzliche Möglichkeiten zum Einkauf, wie bereits erwähnt, und zum pflegen späterer, lukrativer Kontakte.
    Und so kalkuliert er seinen Preis entsprechend dem Angebot und der Nachfrage seiner Ware und berechnet dabei Reisewege ebenfalls mit ein, so dass zu einem gewissen Maß die Anreise und hiesige Unterbringung natürlich auch von meiner Person nun bezahlt werden wird, wenn man es denn so sehen mag.“

    Über die Beileidsbekundung ging Sextus innerlich wie äußerlich hinweg. Der Iulier kannte seine Cousine Flora noch nicht einmal – zumindest wusste Sextus nichts gegenteiliges – da waren seine Worte bloße Hülsen und nachdem seine Cousine schon deutlich länger tot war, als die übliche Trauerzeit für einen Mann umfasste, wäre eine allzu dezidierte Einlassung auf diese Worte ohnehin inadäquat.
    “Sie starb bei der Geburt eines Sohnes, gewiss honoriert das Schicksal dies entsprechend.“ Er sprach es ohne große Gefühlsregung in der Stimme. Solcherlei würde er sich gegenüber einem anderen, erst recht gegenüber einem Fremden, nie erlauben.


    Die weiteren Worte des Iulius indes brachten keine weitere Aufhellung, sondern vielmehr Verwirrung. Von welcher Reaktion bitte sprach er? War keine Reaktion nun eine derart herausragende Leistung, als das man sie erörtern musste? Er hatte zur Rede des Iulius noch nicht einmal ein Wort gesagt. “Warum denkst du, dass ich mich nicht zurückhalten hätte sollen?“ stellte Sextus damit sehr provokant die absolut offensichtliche Frage zu diesem wirren Erklärungsversuch seines Gegenübers. '“Desweiteren trete ich selbstverständlich das Erbe an.“