Sich nun vollständig aufrichtend, nickte Flaccus, um sich anschließend zu verabschieden. "Das werde ich auf alle Fälle machen. Nun habe ich deine kostbare Zeit aber ohnehin bereits viel zu lange in Anspruch genommen. Danke für das Gespräch und die Zusage der Albata." Ein letzter Schluck leerte den Becher, ehe sich der Flavier mit einem freundlichen "Vale." zur Tür wandte.
Beiträge von Quintus Flavius Flaccus
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Den knappen Hinweis auf die entsprechende Anrede schien Luca ohne Regung zur Kenntnis zu nehmen, und in seiner griechischen Antwort lag kein Anflug von Widerstreben, sich in dieser Hinsicht zu fügen. Gewiss würde er noch erkennen, dass ihm als Leibsklaven des Flaviers zahlreiche Privilegien zugestanden werden würden, die ihm den Geist eines freien Mannes, welchen er zweifellos noch in sich trug, wahren würden, wiewohl er der Form nach lediglich rechtloses Eigentum seines Herren war. Zweifellos würde er jedoch lernen, sich mit den Umständen zu arrangieren, hatte er es doch bei dem jungen Flavier, der ihm ein solch nahezu gefährliches Maß an Vertrauen entgegenzubringen bereit war, mehr als gut getroffen. Das Lächeln, welches der Sklave seinem neuen Herrn zum Abschluss noch zuwarf, hatte jener allerdings schon nicht mehr wahrgenommen, war er doch bereits vertieft in die Lektüre jener Schrift, mit der die nächsten Stunden sich zu beschäftigen der Flavier im Sinn hatte.
Kleobulos hingegen, jener greise Grieche, der auf den Ruf des jungen Herrn in Erscheinung getreten war, nahm sich nun des neuen Sklaven an, um ihn in allen wichtigen Dingen zu unterweisen. In der kleinen Kammer angekommen, die selbst für die beiden Männer kaum genug Platz bot, offenbarte Luca sogleich seine umsichtige Sorgfalt in Fragen der Sicherheit, die den Griechen anerkennend nicken ließ, während seine dunklen Augen aufblitzten. "Du hast es erfasst. Es gibt lediglich den Zugang über die Räumlichkeiten des Herren, sodass ein solches Eindringen über diese Kammer ausgeschlossen werden kann ... Ich nehme an, du hast keinerlei Habseligkeiten mit dir gebracht?", jedenfalls würde es den schlauen Griechen schon einigermaßen verwundern, hätten die schlitzohrigen Sklavenhändler dem Mann nicht alle seine Besitztümer entwendet. "Hier gibt es jedenfalls Platz, um deine persönlichen Gegenstände und Kleidung aufzubewahren... Ach ja, wenn wir schon über Kleidung sprechen." - ein etwas skeptischer Blick wanderte an der Erscheinung des neuen Sklaven herab - "Du wirst etwas ... ansprechendere Kleidung erhalten, um den jungen Herren in angemessener Aufmachung zu begleiten.", erklärte er sachlich, und fuhr mit sonorer Stimme fort, "Natürlich wird hier auch auf ein hohes Maß an Körperpflege Wert gelegt, besonders bei jenen Sklaven, die in unmittelbarer Nähe zum Herrn sich aufhalten. Ich werde dir anschließend die Bäder zeigen, die dir dafür zur Verfügung stehen." Zwar sah Luca keineswegs ungepflegt aus, und trug saubere Kleidung, doch würde er tunicae von gutem Stoff erhalten, und die Möglichkeit, seinen wohlgeformten Körper angemessen zu pflegen.
Mit Luca im Schlepptau verließ der Greis schließlich die Gemächer des Flaviers, um auf dem Weg durch die Villa weitere Fragen des neuen Sklaven zu beantworten. "Der Hausherr ist der Senator und Pontifex Manius Flavius Gracchus, ein überaus wichtiger Mann, der gemeinsam mit seiner Gattin Claudia Antonia, deren Sohn Gracchus Minor und ihrer Tochter Flamma einen Teil des Anwesens bewohnt. Auch Flavius Piso, ebenfalls Senator und Pontifex wohnt gemeinsam mit seiner Gattin Aurelia Prisca hier in der Villa. Die Sklaven sind so zahlreich, dass selbst ich sie nicht alle beim Namen kenne, doch zweifellos wirst du viele von ihnen schon bald kennenlernen. Natürlich unterstehst du in erster Linie deinem Herrn, Quintus Flavius, doch auch den Weisungen aller anderen Familienmitglieder ist unbedingt Folge zu leisten.", erklärte er geduldig mit seiner tiefen, warmen Stimme. "Sofern", fügte er dann allerdings deutlich leiser hinzu, "sie nicht mit den Interessen des jungen Flaviers kollidieren." Dann beschleunigte er seinen Schritt etwas, bog um die nächste Ecke und plauderte munter weiter. "In der Culina wird deine Mithilfe wohl nicht vonnöten sein, zumal auch der Herr gewiss, wenigstens im Moment, andere Pläne mit dir hat, als dich in die Küche zu stellen. Gegen den Durst können wir aber etwas unternehmen ...", erklärte er lächelnd, denn kühles Wasser würde gewiss schnell aufgetrieben sein. "Ich selbst habe mein ganzes Leben im Dienst der Flavier verbracht, zunächst am Landgut in Kampanien unter Flaccus' Vater, nun bin ich, nach dem Tod des Alten schon geraume Zeit hier in Rom...", erzählte der Greis aus seinem eigenen Leben, während das ungleiche Paar durch die Gänge der Villa spazierte.
SKLAVE - QUINTUS FLAVIUS FLACCUS -
Dass es gerade dem jungen Flavier ein Anliegen war, die Pläne bereits im Vorfeld so umsichtig und vorsorglich zu prüfen und zu ordnen, mochte nicht weiter verwundern, sah er doch die größte Gefahr für das erfolgreiche Gelingen der Unternehmung darin liegen, dass das Auftreten etwaiger unvorhergesehener Umstände möglicherweise rasches Handeln würde erforden, welches ob des Mangels an entsprechenden Plänen unkontrollierte und unüberlegte Formen annehmen und schließlich in einem dem Flavier so verhassten und dem Erfolg der Sache gänzlich abträglichen Zustand des Chaos enden könnte. Diesen Überlegungen konnte offenbar auch der alte Tiberier einiges abgewinnen, lobte er doch den entsprechenden Gedanken Flaccus' als einen durchaus sinnvollen. Dennoch ließen die weiteren Worte des Senators den jungen Mann abermals die Stirn runzeln. Gedachte Durus tatsächlich mit einer Handvoll Liktoren den Praefectus Urbi nicht nur in Gewahrsam, sondern darüber hinaus auch aus der Stadt zu bringen? "Wird es den Liktoren denn möglich sein, zum Vescularier vorzudringen, ihn festzusetzen und unbeschadet aus der Stadt zu bringen? - Werden die Urbaner und besonders die persönlichen Kämpfer, die er um sich zu scharen pflegt, einen solchen Zugriff nicht mit Gewalt verhindern?" Jedenfalls würde Salinator sich gewiss nicht kampflos ergeben. "Die Chance liegt wohl im Moment der Überraschung ....", überlegte Flaccus weiter, allerdings befand sich doch stets wenigstens die Leibgarde um den verruchten Präfekten und eine Verhaftung in den Castra Praetoria war wohl gänzlich unmöglich.
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Zeiten? Da hatte der Flavier doch glatt vergessen, dem Annaeer den Tag des Rennens in Erinnerung zu rufen. "Das Rennen findet am vierten Tag vor den Iunikalenden am späteren Nachmittag im Hain statt. Das fertige Startfeld kann ich dir übermitteln, sobald ich die Namen aller Fahrer erhalten habe, so du das wünschst.", erklärte er, denn er konnte sich durchaus vorstellen, dass auch die Factio Albata ähnlich der Veneta das Training speziell auf die Konkurrenz abstimmen wollte.
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Bin über Pfingsten auch mal weg.
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Bitter schien der Eindruck, den die Gedanken an verlorene Schlachten im hoffnungslosen Kampf gegen Roms Übermacht bei dem einstigen Krieger auslösten, und doch schien er dem jungen Flavier, als Abkömmling eben jenes mächtigeren Volkes, mit Respekt, nicht Verachtung zu begegnen. Auf Griechisch fuhr er fort, und Flaccus, der bisher Wert darauf gelegt hatte, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, antwortete ruhig und mit entspannter Stimme auf die Frage des Sklaven nach der richtigen Anrede. "Ich verstehe, dass es für dich gewiss ungewohnt ist, mich als Herr oder Dominus anzusprechen, dennoch muss ich darauf bestehen. Es gibt ... gesellschaftliche Konventionen, die zu wahren selbst das Vertrauen, das ich dir entgegenbringen möchte, nicht außer Acht lassen darf." Schließlich war der Mann sein Sklave, und darob lag die Macht über sein Leben einzig in den Händen seines Herrn. So sehr er auch das aufrichtige, stolze Verhalten des Griechen schätzte, so kam der Flavier doch nicht auf den abwegigen Gedanken, alte Traditionen voreilig zu brechen. Gespannt lauschte er also weiter den Worten seines Gegenübers, nickte ab und an wohlwollend, und strahlte sichtlich, als Luca Heraklit, den düsteren Philosophen grauer Vorzeit zitierte. Wie wahr! Auch der an den Schluss seiner wohlgesetzten Rede gestellte Treueeid seinem neuen Herrn gegenüber gefiel dem Flavier, der damit die ihm am Herzen liegenden Dinge weitestgehend geklärt sah. Nun konnte man wohl den praktischeren Dingen sich zuwenden, die auch sofort in Angriff genommen werden sollten. "Sehr gut. Kleobulos wird dir nun alles nötige hier in der Villa zeigen. Ab dem morgigen Tage wirst du mich oft begleiten oder verschiedene Aufgaben für mich übernehmen. ... Kleobulos?"
[Blockierte Grafik: http://img638.imageshack.us/img638/7141/kleobulos.jpg] | Kleobulos
Gerufen trat der ältere Grieche aus einem Nebenraum, der als kleine Bibliothek fungierte, ein und auf den immer noch in der Mitte des Raumes herumstehenden neuen Sklaven zu. "Chaire. Folge mir bitte.", erklang seine wohlklingende tiefe Stimme, der sein Alter eine angenehme Nüchternheit angedeihen hatte lassen. Mit einer einladenden Geste wies er auf einen schmalen Durchgang am anderen Ende des Raumes, der zu einer kleinen Zelle führte, die lediglich Platz für eine spärliche Liege und eine hölzerne Truhe bot. "Hier wirst du schlafen, damit du dem Herrn auch zu Nachtstunden unverzüglich zur Verfügung stehen kannst. Wenn du mir nun wieder hinaus folgen würdest, zeige ich dir die Unterkünfte der übrigen Sklaven, die Waschräume und die Küche.", erklärte er freundlich und schritt Luca auf leisen Sohlen durch das Cubiculum des Flaviers, der mittlerweile bereits in die Lektüre einer kleinen Schriftrolle sich vertieft hatte, voran, um ihm auch die restliche Villa zu zeigen.
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Möglicherweise allzu mechanisch und routiniert gingen die heiligen Handlungen für den älteren der beiden Flavii vor sich, sodass er offensichtlich in seiner Erinnerung die Reihenfolge und Art der Riten ein wenig durcheinander gebracht hatte. Als die Arvalen nämlich ihr Geld auf dem Altar deponiert und sich vor der Türe des Tempels aufgestellt hatten, wurden die irdenen Töpfe, welche sich zu diesem Zeitpunkt noch im Inneren des Tempels befanden, keineswegs auf den Treppen zerballert, vielmehr stiegen zwei der Brüder, unter ihnen auch der jüngere Flavius, hinab zum Tetrastylum, um von dort unter Assistenz der publici die am vorigen Tage geweihten dürren und frischen Ähren herbeizuholen. Mit kleinen Schweißperlen auf der Stirn, verursacht durch den ausgedehnten Spaziergang den Hain hinab und wieder hinauf unter der beträchtlichen Last der praetexta gelangten die beiden Brüder schließlich wieder zum Tempel, wo die fruges aridas et virides nun im Kreise der Arvalen so herumgereicht wurden, dass jeder sie mit der linken Hand empfing und mit der rechten weitergab, bis sie zu den publici zurückgelangten. Nun gingen sie wieder ins Innere des Tempels, richteten ein Gebet an die mit Mehlbrei gefüllten Töpfe, die - den Göttern sei Dank - völlig unbeschadet dort ausgeharrt hatten, und warfen diese - nun erst! - aus der geöffneten Türe des Tempels über den zum Hain hinaufführenden Weg hinunter. Munter purzelten die Tontöpfe durcheinander, wobei die individuellen Bahnen durch eine Breispur nachvollziehbar blieben. Mitnichten wurde jedoch nun bereits der archaische Gesang intoniert, sondern vielmehr nahmen die Brüder im Tempel auf Marmorsesseln Platz, um durch die publici die ebenfalls schon am Tage vorher geweihten panes laureati unter sich verteilen zu lassen und zu verzehren. Die kleine Stärkung nach dem Töpfe-Unfug tat gut. Nun also schickten sich die Arvalen an, die ganz rätselhaften lumemulia cum rapinis zu empfangen, und hernach die Göttinnen zu salben. Hierauf erst mussten alle Anwesenden mit Ausnahme der Brüder, also namentlich die publici, den Tempel verlassen, der nun verschlossen wurde, die Brüder schürzten ihr Gewand, nahmen die Textbücher zur Hand und tanzten im Dreischritt zum Rhythmus eines uralten Liedes. Lautstark stimmte auch Flaccus ein in den seltsamen Gesang bis schließlich nach Beendigung des Tanzes die publici wieder eingelassen wurden, um den Brüdern die Textbücher abzunehmen. Nun stellten sich die Arvalen erneut vor der Tür auf, nicht jedoch um abermals Ähren durch ihre Finger wandern zu lassen, sondern vielmehr, um sich, jeder durch seinen Kalator, einen Kranz bringen zu lassen, mit dem das Bild der Göttin geschmückt wurde. Nun jedoch würden die Feierlichkeiten einem weiteren Höhepunkt zustreben, stand doch jetzt die Wahl des Magisters und Flamen für das nächste Jahr, also von den Saturnalien zu den Saturnalien, an.
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Konzentriert folgte Flaccus den Ausführungen seines Patrons. Der Präfekt der Vigilen schien ebenfalls mit dem ruchlosen Salinator verbandelt, sodass jener nun offensichtlich bereits alle drei der militärischen Gruppierungen in Rom direkt oder indirekt unter sein Kommando gestellt hatte. Als Durus den Vorschlag machte, etwa die Tribunen der Vigilen zu infiltrieren, schüttelte Flaccus reflexartig leicht den Kopf und runzelte die Stirn. "Das halte ich für sehr riskant. Im Zweifelsfall müssen wir eben so rasch vorgehen, dass die militärischen Einheiten in Rom sofort mit der Nachricht vom Tod des Kaisers auch jene der - in unserem Sinne geänderten - Nachfolge erhalten, sodass sie ohnehin gezwungen sein werden, den neuen princeps zu unterstützen. Sollten sich dennoch sowohl die Urbaner, wie auch die Vigilen und gar die Prätorianer aus widernatürlicher Loyalität gegenüber dem Vescularier gegen den neuen Kaiser stellen - was die Götter verhüten mögen! - so ruht unsere Hoffnung alleine auf der ersten Legion, die sich aus diesen Gründen, wie bereits erwähnt, zu jenem Zeitpunkt bereits auf dem Marsch gen Rom befinden sollte. Um Planlosigkeit und unkontrolliertem Vorgehen, verbunden mit unnötiger Gewalt gegen römische Bürger, vorzubeugen, halte ich es darüber hinaus für vorteilhaft, dass bereits vor diesem Zeitpunkt genaue und detaillierte Pläne für die Prima ausgearbeitet wurden, sodass jene, wenn sie Rom erreicht, ohne unnötiges Zögern die strategisch wichtigsten Posten unter ihre Kontrolle bringt und besetzt hält. Vor allem der Zugang zum Meer muss unter allen Umständen gehalten werden. Obwohl derartige Handlungen bei einer konzentrierten und eleganten Durchführung des Plans nicht vonnöten sein sollten, müssen sie dennoch für den schlechtesten Fall bereits im Voraus überlegt und in Erwägung gezogen werden, sodass nicht überraschende Umstände, die nicht vorhergesehen wurden, den diffizilen Plan ins Wanken bringen. Die Unterstützung der Statthalter militärisch mächtiger Provinzen ist zwar für den unmittelbaren Sturz des Kaisers und die geänderte Thronfolge nicht direkt von Bedeutung, wohl aber um die Herrschaft des neuen princeps durch ihre Unterstützung zu festigen und gleichsam über Valerians Testament hinaus zu legitimieren." Seine Überlegungen für einen Augenblick unterbrechend, brachte Flaccus seine Gedanken schließlich auf den Punkt. "Am wichtigsten ist also zweifellos, dass der Plan rasch, konzentriert und vor allem von der Öffentlichkeit unbemerkt voranschreitet. Alle Handlungen müssen so gestaltet werden, dass sie zwingend zur Überführung und Verurteilung des Vesculariers führen und unseren Mann auf den Thron bringen."
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Am Abend, der milde und verbunden mit dem angenehmen Abklang der drückenden Hitze des Tages, über die Stadt hereingezogen war, fand man Flaccus, träge aufkeimender Sproß der göttlichen Dynastie der Flavier, beim warmen Licht zahlloser Öllämpchen über verschiedene Schriften gebeugt, in angestrengtem Studium vor. Ein kurzes Klopfen an der Tür riss ihn jäh, unerwartet und seiner zarten Schlichtheit zum Trotze doch mit grober Gewalt fort aus den endlosen Welten hinter den schwarzen Zeichen am Papyrus. Unbewusst eine aufrechte Haltung annehmend, als sein Blick den Eintretenden berührte, erhob er sich nach einem kurzen Augeblicke gänzlich zu seiner vollen Größe. Den knappen Gruß des Familiaren erwidernd, nahm er nun die entgegengestreckten Schrifstücke zur Kenntnis und ergriff sie zögernd. Die Zeilen überfliegend, sah der junge Flavier Gracchus' Worte bestätigt, machte dabei jedoch, der zweifellos ernsten Angelegenheit zum Trotze, einen durchaus vergnügten Eindruck. Die beiden Schreiben auf dem Schreibtisch platzierend, richtete er seinen Blick nun erneut auf jenen Mann, der, für ihn strahlendes Beispiel römischer Rechtschaffenheit abbildend, dennoch vermochte, ein subtiles Gefühl von Scham in der jugendlichen Brust zu wecken. "Danke. Doch ich denke, ich werde nun endlich die ersehnte Gelegenheit erhalten, meine iuristischen und rhetorischen Fähigkeiten in der Öffentlichkeit unter Beweis zu stellen. - Wenngleich sich dafür natürlich auch eine erfreulichere Gelegenheit hätte bieten können ..." Doch, in diesem Punkte den Strömungen der Stoa folgend, gestattete der Flavier es nicht, dass diese unangenehme Angelegenheit seine Laune beinträchtigen oder gar ein Gefühl des Trübsinns aufkeimen lassen sollte. Seinem Großonkel also eine Liege an einem kleineren Nebentische anbietend, nahm er selbst gegenüber Platz, um mit einem kleinen Wink verdünnten Wein kredenzen zu lassen. "Sag, wie geht es eigentlich der kleinen Flamma, ich habe sie nun doch bereits eine ganze Weile nicht mehr zu Gesicht bekommen ..." Schließlich pflegten Kinder doch gerade in jüngstem Alter auf wahrhaft drastische Weise zu wachsen und heranzureifen, was nicht selten mit verschiedenen Unannehmlichkeiten einherging, die bisweilen gar den Charakter wahrer Krankheiten anzunehmen sich anschickten. Zwar hatte er nicht vernommen, dass die jüngste Flavia in einem derart betrüblichen Zustande sich im Moment befand, doch wollte er dennoch Gewissheit in dieser Angelegenheit erhalten, wenngleich er schon wenig Zeit fand, sich tatsächlich in exzessivem Ausmaße mit den jüngsten Mitgliedern der Familie zu beschäftigen.
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Ad Marcum Iulium Divitem Scribam Sodalemque Factionis Venetae
Domus Factionis Venetae
RomaQ' FLAUIUS M' IULIO S.
Wie gewünscht übermittle ich dir den vorläufigen Stand des Teilnehmerfeldes des Rennens zum Fest der Dea Dia, der wie folgt aussieht: Für die Factio Albata gehen die Aurigae Pigor Secundus und Pepe an den Start, die Factio Russata vertreten Proteneas und Amasis, jene der Aurata konnte ich dir bereits bei unserem Gespräch mitteilen, sie seien dennoch in Erinnerung gerufen, es handelt sich um Sotion und Pythocles. Ausständig sind nun lediglich noch die Fahrer der Purpurea, deren Namen ich dir hoffentlich ebenfalls in Bälde übermitteln kann. Ich wünsche eine bestmögliche verbleibende Vorbereitungszeit. Vale.
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Wenig verwundert und doch etwas erschüttert vernahm der junge Flavius, dass auch der ehrenvolle Gracchus Teil der Verschwörung zu sein schien. Erst die Erinnerung, dass der Plan einzig zum Ziele hatte, die Res Publica zu erhalten und zu festigen, vermochte sein kurzfristig ins Wanken geratenes Bild des unfehlbaren und gleichsam makellosen Mannes erneut zu festigen. Nun legte der Tiberier den Plan, den die Gruppe der Verschwörer offenbar bereits bis zu einem hohen Grade gefasst hatte, in seinen Einzelheiten dar, und Flaccus lauschte still und konzentriert. Im Grunde schienen alle Punkte desselben, mit Ausnahme des doch sehr gewichtigen Aspekts der Nachfolge des princeps, so denn eine solche stattfinden sollte, woran er nach den zuvor vernommenen Worten Durus' nicht mehr zu zweifeln wagte, bereits relativ klar durchdacht, sodass Flaccus nach der kurzen Erklärung zunächst einige Augenblicke lang das Gehörte vertiefte. Dann allerdings, und es war nicht viel Zeit des Nachdenkens verstrichen, ergriff er doch das Wort. "Der Plan klingt überaus wohlüberlegt und durchführbar, doch erlaube mir, ein paar Fragen zu stellen. Du sprachst von den italischen Militäreinheiten. Wurde der legatus der ersten Legion bereits ins Vertrauen gezogen? Es ist für das Gelingen des Plans wohl unvermeidlich, dass die Soldaten zum vereinbarten Zeitpunkt nicht nur marschfertig sind, sondern bereits gen Rom ziehen, käme doch eine Nachricht über etwaige Probleme in Bezug auf die ... Neuordnung der Macht ... unter Umständen zu spät. Im besten Falle wird diese militärische Unterstützung allerdings wohl nicht gebraucht werden... Der Schlüssel zum Erfolg des Plans, so ich ihn richtig verstanden habe, liegt wohl in einer raschen Umsetzung der einzelnen Punkte, sodass die Bevölkerung, am besten bis hinauf zu den höchsten Amtsträgern, und vor allem den Klienten Salinators, nicht ahnen kann, dass die Dinge keinem natürlichen Lauf folgen. Nur so bestünde wenigstens die Possibilität, dass die Prätorianer und die Urbaner sich gegen den Vescularier wenden, da der Mord am Kaiser offensichtlich ihm anzulasten ist. Nach Möglichkeit auch die Vigilen zu kontrollieren hielte ich für nicht unwichtig, stellen sie doch ebenfalls eine nicht zu unterschätzende militärische Macht in der Stadt dar.", überlegte Flaccus weiter, "Ein weiterer überaus wichtiger Aspekt, der für die schnellstmögliche Durchführung des Plans spricht, ist die Überlegung, dass die Statthalter der Provinzen und besonders die Legaten der außerhalb Italiens stationierten Legionen im besten Falle bereits mit der Nachricht von der Ermordung Valerians vor vollendete Tatsachen dessen Nachfolge betreffend gestellt werden sollten. Nur so kann es wohl gelingen, die Zahl übermütiger Feldherren, die mit dem Tod des Kaisers ihre eigene Chance auf den Thron gekommen sehen, zu minimieren und ausschreitende Auseinandersetzung zwischen Bürgern zu unterbinden."
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Im Kreise der Brüder wohnte auch der Neffe des Magisters dem feierlichen Opfer im Tempel bei. Für den Pontifex war es ob der bloßen Quantität ähnlicher Opferhandlungen im Gegensatz zu seinem jüngeren Verwandten bereits größtenteils Routine, die heiligen Handlungen zu vollziehen, bewundernd verfolgte also Quintus Flavius die unendliche (Selbst-)Sicherheit, mit der Piso das Voropfer und auch das anschließende blutige Opfer der agna opima der Göttin darbrachte. Die exta des Tieres wurden vom Magister persönlich begutachtet, und er sah, dass sie gut waren. So konnten die rituellen Handlungen sich fortsetzen, wozu zunächst die Arvalen vor dem Tempel im Kreise der neugierigen Zuschauermenge, die sowohl aus der unmittelbaren Umgebung, aber auch aus der Stadt selbst herbeigeströmt war, eine Spende von Weihrauch und Wein darbringen sollten. Weder als Erster noch als Letzter trat auch der junge Flavier schließlich an den Altar um dort eine Hand voll Weihrauchklumpen zu verbrennen und einen ordentlichen Schuss Wein in eine dafür vorgesehene güldne Schale am Altare der Göttin zu gießen. "Dea Dia, große Mutter, Göttin des Wachstums. Nimm an diesen Weihrauch, der zum Himmel aufsteigt gleich unseren Gebeten, und diesen Wein. Mögen sie dir zur Ehre gereichen.", kam ihm schließlich ein etwas holpriger Spruch über die Lippen, der dennoch seinen Zweck tat, und Flaccus schließlich wieder in die Reihen seiner Brüder zurücktreten ließ. Nun sollte einer der mystischsten Teile des Rituals folgen, bei dem die Arvalen im Tempel ihrer Göttin sonderbar anmutende Handlungen mit irdenen Töpfen vornahmen, so archaisch in ihrem Charakter, dass die Brüder selbst Sinn und Ziel der heiligen Handlung nicht mehr gänzlich mit ihrem Verstand zu fassen vermochten. Indessen, während also die Brüder im Tempel heiligen Klamauk mit den Töpfen treiben, vollzogen Magister und Flamen auf dem Rasen vor dem Tempel einen ähnlich heiligen Gebrauch, nachdem die übrigen Fratres erneut vor dem Heiligtume in Erscheinung traten, um klingende Münzen auf den Altar zu legen. Nun würden Magister und Flamen abermals Wein und Weihrauch opfern, und die Brüder vor der Türe des Tempels Stellung beziehen.
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Nun seinerseits eine Notiz auf eine kleine zum Vorschein gebrachte tabula kritzelnd, nahm Flaccus die Namen der teilnehmenden Fahrer zur Kenntnis. Er nickte zufrieden. "Sehr gut. Ich freue mich bereits, die Albata am Start zu sehen. Gibt es noch Fragen von deiner Seite?", erkundigte er sich dann höflich, um dem princeps factionis Gelegenheit zum Nachfragen zu geben, allerdings liefen die Rennen ohnehin jedes Jahr nahezu gleich ab, sodass sie an und für sich nichts Außergewöhnliches an sich hatten.
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"... ja, es versprechen auf jeden Fall sehr spannende Rennen zu werden.", meinte auch Flaccus auf die Spannung des Purgitiers bezüglich des Aufgebots an Fahrern der Purpurea und Albata. Dann allerdings begann er sich langsam aufzurichten. "Ich danke dir nochmals für deine vorläufige Zusage und werde das offizielle Schreiben an die Factio noch heute aufsetzen lassen.", schloss er das Gespräch nun ab, hatte doch ein etwas abseits stehender Sklave mit einem unscheinbaren Zeichen dem Flavier signalisiert, dass die Zeit zum nächsten Termin bereits knapp wurde. "Meine Herren, ich denke, ich werde mich zum frigidarium aufmachen. Aurelius. Purgitius. Valete bene!" Dem Becken entsteigend nickte er den beiden Senatoren höflich zu, um den Thermenbesuch anschließend zügig zu Ende zu bringen.
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Die protzige domus, die von außen einen mit gutem Willen als dekadent zu bezeichnenden Eindruck erweckt hatte, entpuppte sich in ihrem Inneren als ein Kleinod feinsinniger orientalischer Kunst und Architektur. Wiewohl Flaccus selbst niemals zuvor Derartiges tatsächlich zu sehen bekommen hatte, so hatte er doch in Achaia das Gefühl bekommen, ein wenig der Kultur des Ostens sich zu nähern. Dennoch war er von der Fremdartigkeit der Einrichtung fasziniert und überwältigt. Auch die Musik in ihrem bittersüßen Zusammenspiel aus ätherischen Flötenlinien und der kernigen Frauenstimme klang anders als alles, was er bisher zu Gehör bekommen hatte. Voll Neugier und Faszination konnte er das Staunen der Aurelia nur bekräftigen: "Auch ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen ..." In geschmeidigen Bewegungen tanzten die Musikerinnen leicht zu den sanften Klängen der Instrumente und führten ihre Körper durch das flackernde Licht der Öllampen.
[Blockierte Grafik: http://img339.imageshack.us/img339/9296/lv14.png%20] | Anuket
Lautlos und sacht trat Anuket an die beiden Patrizier heran und füllte ihre Becher in einer eleganten Bewegung mit Wein. Es war ein nemeischer Roter, vollmundig, ohne zu schwer zu sein, mit Nelken gewürzt und ansprechend. Er war nur zart verdünnt und würde die anfänglich noch scheue und zurückhaltende Stimmung der beiden jungen Menschen zweifellos schon bald lockern. Die aegyptische Sklavin hatte ihrem jugendlichen Alter zum Trotz bereits große Erfahrung in der Wahl der angemessenen Getränke und geeigneten Mischverhältnisse. In perlendem Latein, das jedoch den farbigen Akzent der koine kaum zu verbergen vermochte, konnte sie es sich nicht verkneifen, mit einem geheimnisvollen Lächeln ebenso rätselhafte Angebote zu machen.
Flaccus, durch die sinnliche Fremdartigkeit des Ambientes immer noch abgelenkt, kam kein geeigneter Wunsch in den Sinn, den zu äußern unter Umständen angebracht gewesen wäre, sodass die Sklavin sich nach einer leichten Verbeugung einige Schritte in den Schatten hinter einigen Tüchern zurückzog, von wo sie zweifellos prompt wieder in Erscheinung treten würde, wären ihre Dienste vonnöten. Etwas unbeholfen griff der Flavier nach dem intensiv duftenden Wein, um Flora zuzuprosten. Die römische Tischsitte außer Acht lassend, empfand er sie doch in Anbetracht der Umgebung als etwas seltsam anmutend, lächelte er seiner zauberhaften Begleitung lediglich mit einem kaum merklichen Schulterzucken zu. "Auf die Wunder, die der Abend noch für uns bereithält..."
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Hiermit ernenne ich dich zu meinem persönlichen "ab epistulis". Jetzt darfst du einmal am Tag auf "Postkasten leeren" drücken.
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Kauf dir ein Ferkel und mach einen Spaziergang zum nächsten Tempel.
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Erneut stieg ein Hauch von Schamesröte ins Antlitz der jungen Aurelia und Flaccus konnte sich ein vergnügtes Lächeln nicht verkneifen, beim abermaligen Gedanken daran, dass sie offenbar schon mehr sittsame römische Matrone geworden war, als ihr lieb sein mochte. Als um diese Überlegungen auf die Spitze zu treiben, rief sie dem Flavier auch prompt noch ihr eigenes Cognomen in Erinnerung, das nun das gedankliche Bild der altehrwürdigen römischen Matrone, die nebenbei auch noch seine Tante war, harmonisch abrundete, und zu dem lediglich ihr jugendliches Aussehen in denkbar möglichem Kontrast stand. Nun lag es allerdings an Flaccus, wenngleich nicht unbedingt rot zu werden, so doch einen Ausdruck erfreuter Verwunderung seines Antlitzes sich bemächtigen zu lassen, als die Aurelia ihn mit Komplimenten überschüttete. Doch er war pragmatisch genug, um zu wissen, dass alleine seine Herkunft allein genug Eindruck bei den Damen erwecken würde, seine Jugend, das ebenmäßige Antlitz mit den feinen Zügen wohl lediglich einen schmackhaften Zusatzbonus abgeben würde. Dennoch schien Prisca im Moment selbst in der etwas übermütigen, scherzhaften Laune, in die sie sich gebracht hatten, keine potentielle Kandidatin in den Sinn zu kommen. Zugegeben, das war auch gar nicht so einfach. Die in Frage kommenden Familien waren schließlich überaus dünn gesät, und die ansehnlicheren Exemplare derselben zumeist, wenn schon nicht verheiratet, so doch wenigstens bereits einem vielversprechenden jungen Magistraten versprochen.
Ebenfalls lächelnd erwiderte Flaccus das Angebot der Aurelia, sich ein wenig umzuhören mit einem gespielt übertrieben dankbarem Nicken. „Wenn ich diese Angelegenheit in deinen Händen weiß, brauche ich mir ja keine Sorgen mehr um meine Zukunft zu machen …“, ein breites Grinsen schlich sich in sein strahlendes Gesicht. Entspannt lehnte er sich zurück, als Prisca ihn nach seiner Zukünftigen fragte, und nahm einen Schluck des gekühlten Weins, während er die Augen schloss und Gedanken in Worte kleidend die Frau seiner Träume skizzierte. „Sie sollte feine Züge besitzen … Augen, in denen man sich verlieren kann, einen Körper, als wäre sie erst bei Tagesanbruch dem Meeresschaum entstiegen, unschuldig, anmutig … sie sollte einen einzigartigen Charakter haben, eigene Gedanken, eine feste Meinung, klug und intelligent … ja, einen richtigen Dickkopf soll sie haben. - Und ihre Stimme!“, unweigerlich geriet der junge Flavier ins Schwärmen, „Ihre Stimme gleicht keiner anderen. Sie ist warm und tief. Sie kann sanft umschmeicheln aber auch furchtbar trotzig klingen … und sie ist überaus belesen, versteht etwas von Kunst, liebt Musik, singt gerne. Ja, sie mag lange Diskussionen, kann aber auch einfach mal Spaß haben… ach!“, Vollständig auf die Liege sinkend verschränkte Flaccus die Arme hinterm Kopf. „Sie ist einfach wunderbar!“
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"Die Rennen finden anlässlich der Feierlichkeiten zum Fest der Dea Dia im Arvalenhain statt, so wie jedes Jahr.", erklärte Flaccus und unterdrückte kunstvoll einen verwunderten Unterton in seiner Stimme. "Ich habe bereits mit den meisten Factiones Kontakt aufgenommen, wobei alle mit Ausnahme der Grünen die Teilnahme bestätigt haben.", fuhr er in geschäftsmäßigem Ton fort. Die Rennen zu organisieren hatte sich als ein umfangreicheres Unterfangen herausgestellt, als er zunächst angenommen hatte.
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Der ernste Ausdruck versteinerte die Züge des Flaviers, als sein Patron ihn um sein Wort als Ehrenmann bat. "Du hast mein Wort, und ich bin bereit, jeden Eid zu leisten, der dir nötig erscheint." Nur um schon kurz darauf einzuwenden: "Du hast meine Familiaren erwähnt... Sie stehen also hinter der Sache?" Er sprach zögerlich und hoffte, dass die Antwort des Tiberiers ihm Erleichterung verschaffen würde. Jener würde doch gewiss bereits die männlichen Verwandten in machtvolleren Positionen ins Vertrauen gezogen haben, zumal sie im Pontifikat vereint waren, ehe er ausgerechnet Flavius Flaccus, wiewohl sein Klient, so doch erst am Beginn seiner Laufbahn befindlich, in die Angelegenheit verstrickte.