Dass die kleine Streicheleinheit für das Ego der jungen Aurelia, welches sich nun offenbar, metaphorisch gesprochen, einer Katze auf der warmen Ofenbank gleich, wohlig schnurrend zu einem flauschigen Fellknäuel zusammen rollte, genau die beabsichtigte Wirkung zu erzielen schien, mochte nicht besonders verwunderlich erscheinen, besaß der Flavier doch, gerade im gehobenen Wortgeplänkel patrizischer Kreise, durchaus gewisse Qualitäten. Die unverhohlene Neugier in der nächsten Frage der jungen Frau vermochten sein fröhliches Lächeln noch etwas breiter werden zu lassen, war es doch nun tatsächlich nicht sonderlich abwegig, dass man sich in gewissen Kreisen eben einfach kannte. Und diese Kreise schlossen durchaus auch die angesehensten Familien der nobilitas ein, wo gute Kontakte zweifellos auch für politischen Erfolg nicht unpraktisch sein konnten. "Natürlich! Iunia Serrana, eine fabelhafte Frau - sie hat mich im Dienst an den Göttern unterwiesen.", erklärte er also freimütig. "Das ist schön zu hören. Dann möge auch noch das letzte Stück ihrer beider beschwerlichen Wege glücklich verlaufen...", meinte er, denn so eine Schwangerschaft war gewiss mit vielen Mühen verbunden, jedenfalls in der Imagination des Flaviers, der (noch) keine weitere Erfahrung mit diesen Bereichen des Lebens hatte.
Die Stallungen ... ein schelmisch triumphierender Ausdruck bildete sich auf den Zügen des jungen Mannes, Audruck der Freude darüber, dass seine feine, untrügerische Nase ihn nicht im Stich gelassen hatte. "Verstehe ... ist sie denn von einer besonders anspruchsvollen Rasse?", erkundigte er sich, denn von Pferden hatte er nun wirklich keine Ahnung, und warum sollte Flora sonst selbst nachprüfen, ob das Tier auch gut versorgt worden war. Dass es zwischen der jungen Frau und der Stute eine besondere, ja gar freundschaftliche Beziehung geben könnte, kam Flaccus schlichtweg nicht in den Sinn. Wenngleich gerade ihm die mitunter überaus intensiven Bindungen zwischen Mensch und Tier nur allzu bekannt sein müssten, doch hatte er die Spinnereien seines Vaters vermutlich erfolgreich jedenfalls aus den bewussten Sphären der Erinnerung verdrängt.
Mit der kecken Bemerkung, die sie ihren nächsten Worten anschloss konnte Flaccus allerdings nur allzu gut, jedenfalls weitaus besser, als mit der Pferdethematik umgehen. "Niemals!", protestierte er gespielt empört, und mit einem offenherzigen Lachen, "Ich sollte die Götter wohl bitten, dass der Rest sich noch ein wenig länger Zeit lässt ..." Zu spät, denn schon betrat Aurelius Ursus, der legatus legionis höchstselbst das Triclinium. "Salve", erwiderte Flaccus den Gruß desselben erfreut, und trat mit ausgebreiteten Armen auf den Aurelier zu, um jenen in üblicher Weise unter Freunden, ja vielmehr noch unter Verwandten, mit Umarmung und Kuss zu begrüßen. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für eine Freude es mir ist, dich zu sehen!" Ohne etwas zu erwidern bekam auch Flaccus, auf die aufmerksame Bemerkung des Hausherren hin, einen Becher gereicht. "Ich danke dir für die doch reichlich kurzfristige Möglichkeit zum Besuch, und die überaus angenehme Aufnahme in deinem Haus." Noch einmal ließ er seinen Blick über die geschmackvolle Einrichtung schweifen. "Es sieht prächtig aus ... das Werk deiner Gattin, nehme ich an?"
Eine weitere Frage folgte, verbunden mit einem leichten Emporwandern einer der aurelisch-ursischen Augenbrauen, welches dem jungen Flavier zwar nicht entging, jener jedoch zunächst gekonnt ignorierte. "Ja, wir hatten bereits das Vergnügen ... ich kann dich nur beglückwünschen: Dein Mündel ist eine bezaubernde junge Frau." Oh ja, das war sie. Und da die Interessen des Flaviers auch gar nicht in eine bestimmte Richtung verliefen, konnte er das auch völlig freien Gewissens sagen. Womöglich wusste Ursus ja gar nicht, was für ein niedliches Ding Flora sein konnte. Wie auch immer.
"Die Reise. Nun ja, sie hätte gewiss weitaus beschwerlicher sein können, doch erschien sie mir vor allem trist und ein wenig langweilig...", erklärte er, nur um dann etwas besorgt nachzufragen, "Die Landschaft hier bietet doch im Frühling und Sommer hoffentlich anregendere Reize als im Moment?" Denn es wäre schlichtweg ein deprimierender Gedanke, würde dieser Fleck Erde das ganze Jahr über nur in hoffnungslosem, regenverhangenen Grau sich dem Auge des die landschaftlichen Schönheiten des Südens gewohnten Betrachters darbieten. Doch vermutlich war die momentan bedrückende Wetterlage ohnehin lediglich temporärer Natur, schien sie sich doch auch über die restlichen Provinzen des Reiches zu erstrecken. Vermutlich war das traurige Wetter auch sichtbarer Ausdruck göttlichen Unmuts über die Leichtfertigkeit, mit der die Bürger Roms die Störung ihrer pax deorum hinzunehmen schienen.