Beiträge von Marcus Marius Madarus

    Sönke war eine Kampfmaschine ohne viel Schmalz zwischen den Ohren, das war sogar ihm selbst klar. Wenn er geschlagen wurde schlug er einfach zurück, und das nicht nur einmal. Oft genug war er auch der erste, der in Ermangelung kognitiver und darauf aufbauender rhetorischer Fähigkeiten als erstes zuschlug. Aber Sönke war sicherlich nicht unbesiegbar, da konnte er sich noch so oft in Kneipen geprügelt haben... irgendwann ging in seiner (kleinen) Schaltzentrale die rote Lampe an, und vorbei war's mit der Wüterei.
    So auch in diesem einen Moment, als Sönke ein Gesicht zur Seite prügelte und sich dann wieder den beiden Typen zuwenden wollte die seinem Kameraden zusetzten. Erst bekam er ein Stuhlbein ab, das mit unerhört großer Geschwindigkeit eine perfekt-ballistische Kurve in der Luft in Richtung seines Kopf zeichnete und mit einem hölzernen *KLONK* von seinem unbehelmten Schädel abprallte, wobei nicht auszumachen war ob das hölzerne Geräusch nun vom Stuhlbein oder Sönkes Schädel stammte. Der Aufschlag allein ließ Sönkes Kopf zur Seite rucken und ihn Sterne sehen, und dann kam auch noch von irgendwoher eine Faust angeflogen, die Sönke endgültig das Licht ausknipste: er kippte nach vorne auf einen Typen drauf, sah in einem bunten Meer an Farbklecksen nurnoch mit leuchtroter Schrift das nun bewusst gewordene Kommando des Unterbewusstseins sich SOFORT und UNMITTELBAR JETZT und auf GARKEINEN FALL später zu erbrechen.
    Gesehen, getan. Sönke verkrampfte sich und röchelte noch einmal kurz, um die Kleidung seiner unfreiwilligen Stütze mit seinem Mageninhalt zu drapieren bevor er abrutschte und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufschlug, wo er erst einmal halb ohnmächtig liegen blieb.


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    Der Rest der Soldatenmeute war immernoch drauf und dran die Taberna zu zerlegen. Mobiliar wurde zertrümmert und in schlag- und wurffähige Form transformiert. Hier wurde ein Stück auf einem Rücken zertrümmert, dort ein Fechtduell mit Tischbeinen ausgetragen, drüben mit einer Bank eine ganze Reihe von Männern auf den Boden befördert und hüben schlicht in klassischer Faustkampfmanier Gesichter deformiert. Als einer der Soldaten mitbekam wie Sönke auf die Bretter geschickt wurde, kraxelte er über das noch verbliebene Mobiliar und ein paar kämpfende hinweg und warf sich mit Gebrüll auf einen der Typen, die potentiell verantwortlich für das Niedergehen seines germanischen Kameraden waren. Hauptsache plattmachen.

    "Römerischer Name?", ächzte der Grünling unter dem Druck des Leibwächters, wand sich hin und her, konnte aber offensichtlich keine plausible Antwort auf diese Frage finden, "Was weiß ich? Mavius, oder so.. ich kenn ihn nur als Sönke. Jetzt lass mich los... ich weiß wirklich nicht mehr!"


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    Sönke nahm Fahrt auf, wenn er auch dabei ziemliche Schlenker in der Bahn hatte. Wie ein Ochsenkarren bergab ohne Führer bahnte er sich seinen Weg durch die prügelnde Meute auf seinen Kameraden zu, der da offensichtlich in Bedrängnis war und hatte sie einen Moment später erreicht, nur um in eine Faust hineinzulaufen. Der Einschlag war durch seine eigene Wucht so stark, dass sein Kopf nach hinten ruckte und er mit einem im Lärm der Massenschlägerei natürlich vollkommen untergehenden Krachen auf dem Boden aufschlug. Es dauerte einen Moment bis aus dem Ringeltanz der bunten Flecken irgendwann Sterne wurden, und als passionierter Kneipenschläger wusste Sönke sich an diesen zu orientieren wie ein Seemann. Ein ziemlich frustrierter Seemann, denn auch wenn Sönkes Geist sich weiterhin in der dumpfen Ummantelung des Alkohols befand, war es doch nicht gerade erbaulich so aus dem Nichts niedergeschlagen zu werden... egal wie lange die Faust da jetzt schon gestanden hatte: er hatte sie nicht gesehen, was umso ärgerlicher war. Als er wieder stand wankte er einen Moment bedrohlich, und schlug einfach in das nächstbeste Gesicht zu seiner linken. Im Moment konnte es ja nur die richtigen erwischen...

    Zitat

    Original von Caius Flavius Scato
    "Wenn du leben willst sprich! Wer ist der Kerl der das hier angezettelt hat?!"


    Der junge Soldat, den die beiden Typen sich da rausgepflückt hatten, war noch ziemlich grün hinter den Ohren... trotz Vicetia. Die Schlacht hatte er in den hinteren Reihen erlebt und war erst dann nach vorne gekommen als der Feind verunsichert und kurz vor der Flucht war. Dass er hier jetzt den beiden Kerlen ins Netz gegangen war, war so eigentlich nicht geplant gewesen. Was sollte er jetzt machen? Verunsichert blickte er die beiden Kerle an, machten die Ernst? Sollte er hier in der Taberna sterben? Nein, ganz sicher nicht... aber wo waren seine Kameraden? Aus den Augenwinkeln erhaschte er den einen oder anderen Blick auf seine Jungs, die allesamt in eigenen Scharmützeln zu stecken schienen... doch, da... das war ganz klar Sönke. Dummerweise wie er gerade zu Boden ging, als er einem Typen an's Hemd wollte. Idiot! Trotzdem... der Germane war seine eigene Chance!
    "SÖNKE!!", quäkte der Soldat unter dem kräftigen Griff der beiden Typen hervor, und hoffte, dass der Germane ihn hören würde... immerhin hatte er sie alle in diesen Schlamassel hineingezogen!


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    Sönke lag am Boden, mit dem Gesicht voran. Irgendeine, vom Alkohol bisher unbehelligt gebliebene Gehirnzelle protestierte lautstark gegen die selten dumme Idee sich an einen flüchtenden Typen ohne adäquate Unterstützung durch den Gleichgewichtssinn dranzuhängen, wurde jedoch nach diesem einen Schritt aus der Deckung von durch den Alkohol in die Raserei getriebenen Mitzellen hemmungslos niedergemacht. Über Sönke ging die Schlägerei weiter und bot dem darniederliegenden Soldaten ein Klangszenario der Extraklasse. Irgendwo barst Holz, dort zersprang ein Tonbecher an der Wand und immer wieder das dumpfe Aufprallen von Fleisch auf Fleisch. Barst da ein Knochen? Argh, das tat sicherlich weh... und dann das Geschrei! Angst, Wut und Freude vereinten sich im Gebrüll der verschiedenen Teilnehmer und Zuschauer der Schlägerei zu einem Potpourri der Emotionen... und dann war da dieser eine Schrei: "SÖNKE!"
    Unweigerlich einer seiner Kameraden, wer sonst würde ihn hier Sönke nennen? Und die Angst in der Stimme war unverkennbar, also war es irgendwo dringlich... was Sönke dann doch dazu anließ, sich zu erheben. Oder es zumindest zu versuchen. Als er sich zum ersten Mal mit den Armen aufstemmen wollte stolperten zwei Streithähne über ihn, was ihn zurück in den Dreck drückte... beim zweiten Mal landete irgendwer direkt auf ihm, was ihm einen Mund voll Dreck bescherte... beim dritten Mal drehte Sönke sich einfach um und trat den nächstbesten Idioten von sich weg, bevor er sich aufraffte und schaute wo der Ruf herkam. Und tatsächlich... nicht allzu viele Schritte entfernt wurde der junge (kaum wirklich jüngere) Gutta von zwei Typen in die Mangel genommen...
    "OI!!!", brüllte Sönke als er sich den Dreck mit dem Unterarm vom Mund abwischte, "FINGA WESCH! SONSCHT FINGA AB!" Mit dieser Bekanntgabe schwankte Sönke auf das Dreigestirn zu, um seinen Kameraden aus dieser Situation rauszuholen..

    Was auch immer Sönke und seine Kameraden gerade rausließen.. es war nichts gutes. Als der Typ sich weigerte auf Sönkes Provokation einzugehen und ihn einfach nur weiter anglotzte fackelte der germanische Legionär nicht lange und hämmerte dem Typen die Faust ins Gesicht, woraufhin dieser jaulend vom Stuhl fiel und zu Boden ging.
    "DASCH KANN DOCH NET EUER ERNST SEIN!" , brüllte Sönke daraufhin voll Verdruss über das Fehlen eines echten Gegners, "HABTSCHT IN ROHM DENN JARNIX DRUFF?"
    Wieder blickte er sich suchend in der Taberna um, in der sich rund um das Zentrum der Massenschlägereien kleine Trauben aus Einzelkloppereien und fluchtwilligen Gästen, die nur nach dem richtigen Moment suchten um aus der Tür ins sichere Freie zu türmen.. als einer von denen an Sönke vorbeihuschen wollte, griff Sönke sich den Typen, dies allerdings so unglücklich dass er einfach von dem Typen mitgerissen wurde und mit dem Gesicht voran auf dem Boden der Taberna landete. Gleichgewicht war offensichtlich nicht mehr so richtig das seine...

    Um sie herum brachen Mobiliar und Knochen, und Sönke schlug zu. Dem Alkohol in seinem Blut war es anzulasten, dass Sönke seine Weile brauchte um zu kapieren, dass sich sein Gegner nicht wehrte. Was auch erklärte, dass der bisherige Verlauf der Schlägerei eher lustlos und monoton vonstatten gegangen war. Als der Leibwächter sich also zwischen Sönke und den Fremden warf, ließ dieser widerspruchslos von letzterem ab und starrte einen Moment lang dull vor sich hin, bis er schließlich ausspuckte und sich die Lefzen nach unten ziehend den Mund abwischte, bevor er sich umwandte um sich ein anderes Opfer zu suchen... und einfach den nächstbesten, an der immernoch laufenden Schlägerei unbeteiligten Tabernengast anpöbelte: "Wasch glotschtn du scho bled? Willsch wohl auchnpaar uffs Maul, eh?"

    Als der Fremde sprach glotzte Sönke einen Moment lang ziemlich dumm drein, denn seine Leitung, die ohnehin nicht die kürzeste war, hatte sich mit jedem eingeschütteten Bier weiter kräftig verheddert. So dauerte es seinen Moment bis er verstand, dass der Fremde die Beleidigung tatsächlich wiederholt hatte. Seine Kameraden hatten freilich mittlerweile mitbekommen, dass der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit mittlerweile nicht mehr da war, und nach einem irritierten Moment fing die Rotte an Legionären an sich hinter Sönke einzufinden, wobei die Bandbreite an Gesichtsausdrücken von besoffen-hohl bis hohl-besoffen reichte.
    Sönke selbst, dem die Art des Fremden vollkommen abging, stand nun vor der Wahl dem Typen eine reinzuhauen oder ihn zu verdreschen, was für ihn unter diesen Umständen schon eine gewisse Zwickmühle darstellte. Er entschied sich schließlich dafür innerlich eine Münze zu werfen, allerdings ging der Wurf fehl und so blieb Sönke noch einen Moment deppert dreinschauend stehen, bis er den Kerl schließlich am Kragen packte und näher zu sich heranzog: "Der germansche Ab...Abschaum wöd di gleich scheigen, wasch er so abschäumt." , geiferte er mit recht wenig Kontrolle über seine Gesichtszüge in das Gesicht des Fremden, holte aus und verlor durch diese winzige Verlagerung natürlich das Gleichgewicht, woraufhin er den Fremden mit sich zog und in einen unbeteiligten Gast der Taberna fiel. Dieser stieß Sönke nach einem Moment der Irritation zurück, was einer der Legionäre zum Anlass nahm sich diesen zum Feind zu machen. Der erste Schlag des Abends ging also nicht in das Gesicht des Fremden nieder, sondern in das Gesicht des Unbeteiligten... dafür aber der zweite. Als Sönke sich wieder gefangen hatte stieß er die Faust halbwegs gerade in das Gesicht aus dem gerade noch eine Beleidigung erklungen war.
    "SCHLÄGEREI!!!", brüllte jemand in der Taberna, und gleich darauf entfesselte sich an zwei Stellen eine Massenschlägerei.
    "Hurra!", bellte einer der Legionäre und stürzte sich auf einen der Freunde des Unbeteiligten, während sich andere von Sönkes Kameraden auf die Gefolgsleute des Fremden warfen. Bald waren Fäuste allerortens, man musste nur sein Gesicht an die richtige Stelle halten, und auch Sönke war dabei dem Typen einen zum anderen eins überzubraten und ihm das Gesicht zu verzieren: "DASCH" Bam. "ISCHT!" BAM! "DEIN!" BAMBAM! "ABSCHAUM!!"
    Das Leben konnte so einfach sein.

    Das nächste Lied ward geschmettert und mit lautem Lachen beendet worden, als die Soldaten vor allem sich selbst feierten und sich gegenseitig auf die Schultern klopften. Sönke nahm den Moment der Sangespause auf und kippte seinen Krug Bier restlos in sich hinein, was nur noch mehr Gejohle und Gelächter seiner Kameraden zur Folge hatte.
    Schwankend wie er dort im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, wollte er gerade eine Zote zum besten geben als irgendwer an ihnen vorbeilief und mit offensichtlichem Blick auf Sönke germanischen Abschaum beschimpfte.
    Zum Pech des Fremden war Sönke nur voll und nicht blau, und zu dessen Glück brauchte Sönke der Vollheit wegen ein paar Sekunden um zu realisieren, was da eigentlich gerade gesagt worden war, die dem Fremden Gelegenheit gaben sich weiter vom Tisch zu entfernen. Die zur Reaktion notwendigen Gedanken brauchten also einen Moment um durch das Gewirr an dumpfer Trunkenheit in Sönkes Kopf zum Ziel zu finden, doch als sie es taten explodierte die alkoholgetränke Zentralmembran förmlich und ließ den zuvor noch auf beiden Beiden aber recht unsicher auf dem Tisch stehenden Sönke herunterspringen und dem Mann die paar Schritte hinterherzuwanken.
    "Oi..." , rief Sönke aus während seine ebenfalls trunkenen Kameraden einen weiteren Moment brauchten um zu realisieren, dass ihr Optio nicht mehr auf dem Tisch stand, sondern bereits hinter ihnen einem Fremden grob an der Schulter griff und ihn herumzwang, "We... WAS hascht do jerade jesacht?" , stieß Sönke mit stark übelriechendem Atem hervor, der natürlich wusste, was der Fremde da gesagt hatte... aber er wollte es einfach nochmal hören, aus ganz unverbindlichem Grunde.

    Optio! Er! Optio! (Nicht nur) Er war aus allen Wolken gefallen, als der Legat der Secunda ihn zum Optio ernannt hatte... dass Hadamar dabei zum Centurio ernannt worden war, war ein Bonus oben drauf... aber ER WAR OPTIO! Wie geil war das denn bitte? Sönke hätte sich ja einiges träumen lassen, aber zum Optio einer ganzen Centuria ernannt zu werden gehörte definitiv nicht dazu. Und jetzt hatte er es Schwarz auf Braun, auch wenn er nicht lesen konnte: Er war Optio.
    Der Schock der Beförderung saß so tief, dass Sönke ihn mit ordentlich Alkohol ersäufen musste... mehr noch: er feierte die Beförderung nicht nur einen Abend lang. Nein, solange sie hier bei Rom herumgammelten feierte er die Beförderung JEDE VERDAMMTE FREIE MINUTE.
    Und heute mal wieder besonders exzessiv, denn die Differenz zwischen Legionärs- und Optionengehalt war noch lange nicht versoffen. Und so hockte Sönke zusammen mit seinen Kameraden... nein, Sönke STAND auf dem Tisch in irgendeiner Taverna in der Stadt und grölte hemmungslos betankt zusammen mit seinen Jungs einen Gassenhauer aus Mogontiacum:


    Es ist ein schönes Leben
    Ein Bauersmann zu sein
    Man braucht sich nicht zu schämen
    Geht man zur Stadt hinein
    Ein Hahn wollt ich verkaufen
    Ei! das vergeß ich nie;
    Ich muß die Straße laufen
    Mit einem Kikeriki


    He, Mann, mit Ihrem Hahne
    Ruft eine dicke Frau
    Was wünschen Sie, Madame?
    Fragt gleich der Bauer schlau
    Ich bin ein Mann vom Lande
    Und habe schönes Vieh
    Nun, er ist noch gut imstande
    Mein kleiner Kikeriki


    Da ist sie gleich erbötig
    Und führt ihn in ihr Haus
    Sie hat grad einen nötig
    und holt ihn selbst heraus
    Es sträubt sich sein Gefieder
    Dann geht er los auf sie
    Ich sah sie auch bald wieder
    Wie einen Kikeriki

    Inmitten der anonymen Masse derer, die für den neuen Kaiser ihr Leben riskiert hatten, stand immernoch Sönke... der sich mittlerweile doch zurück nach Hause wünschte. Neuer Kaiser hin oder her.. sie waren nun schon Jahre von zuhause weg, und summa summarum nagte so ziemlich alles an seinem Nervengeflecht, egal wie tumb er sich stellte.
    Dass der Kaiser dann nun endlich auch sie würdigte rief einerseits Erleichterung bei ihm und seinen Kameraden hervor, andererseits blieb der stumme Verdruss bestehen, dass man das überhaupt derart nachholen musste. Allerdings machte Sönke sich da ohnehin keinen Kopf drüber... er wollte einfach nur wieder nach Haus, und so fiel sein Beifall auch eher automatisch denn insbrünstig aus:


    „Vivat Cornelius Imperator! Vivat! Roma victrix!“

    Nachdem sie gefühlt tagelang an ihrer Ausrüstung gefeilt hatten (und nach dem einen oder anderen Wachgang durch die Stadt wieder von vorne beginnen durften) stand Sönke mitsamt dem Rest seiner Centurie in der Menge an Soldaten, die darauf warteten endlich auch mal vom Kaiser wahrgenommen zu werden. Das Wort, dass er eben kein Wort über die Legionen des Nordens verloren hatte, war in Windeseile verbreitet worden und hatte für nicht wenig Unmut gesorgt... immerhin war kaum ein Wort in Rom so wichtig wie das des Kaisers... und nicht ausgesprochene Worte konnten ebenso verheerende Wirkung haben. Wäre Sönke der Empath gewesen, der er eben nicht war, so hätte er sich wohl gefragt wie das auf die Männer der achten Legion gewirkt hatte. Die hatten ja noch eine ganz andere Bindung zum Cornelier, der sie mal direkt als Legionslegat befehligt hatte.
    Da Sönke aber eben kein Empath war, stand er einfach nur stumpf in der Masse der in Rom verbliebenen Soldaten und zählte die Momente runter, bis sie ENDLICH den Befehl bekamen nach Hause zu marschieren.

    Sein verdammter Hintern tat verdammt weh, das wurde Sönke verdammtnochmal bewusst als der verdammte Centurio ihn auf seine verdammte Art und Weise anblaffte. Als er sich aufrappelte und sich den Tunikenboden rieb und dabei mehr oder minder leise vor sich herfluchte wurde er sich erst spät des betretenen Blicks eines Kameraden gewahr, und zuckte instinktiv-provozierend mit den Händen: "Ja, was denn?" Dass er allerdings garnicht gemeint war wurde ihm erst klar, als der Kamerad garnicht auf ihn reagierte, und weiter dorthin starrte, wo sich Sönke beim Umdrehen ein niederknieender Centurio zeigte.
    "Was zum..." , entfuhr dem Marius unwillkürlich und der schmerzende Hintern war auf einen Schlag vergessen... Sönkes Gesichtszüge nahmen in etwa genau dengleichen belämmerten Ausdruck seines Kameraden an, während er fassungslos beobachtete, wie der Centurio mitten in der Menschenmenge einer Frau auf Knien komisches Zeug zuflüsterte... und ihr dann auch noch nahekam!
    Wenn es etwas gab, worauf Sönke im Moment so rein garnicht klarkam, dann war es der Unterschied des harten Hundes, den der Helvetius normalerweise mit Verve darzustellen wusste, und diesem... diesem... Typen, der sich gerade in aller Öffentlichkeit lächerlich machte. Wer bei Loki war das, und was hatte er mit ihrem Centurio angestellt?
    Der Blick ringsum zeigte sowohl Verständnislosigkeit und unverhohlenes Gaffen bei den Zivilisten als auch Hilf- und Fassungslosigkeit bei den Soldaten.
    "Cen... Centurio.." , versuchte Sönke irgendwie zu dem Mann durchzudringen, der mit seinem Kommando ihr aller Leben bei Vicetia in den Händen gehalten hatte... und sie halbwegs sicher durch die Schlacht gebracht hatte. Mit diesem Mann ging ihre Einheit unter, und ihn jetzt hier derart zu sehen war.... furchteinflößend, und das sicherlich nicht nur für Sönke.
    "Centurio..." , ächzte Sönke noch einmal mit der Tonlage von jemandem, der überhaupt nicht wusste wie er mit der Situation fertig werden sollte. Feldlager aufschlagen, Ausrüstung instand halten, Essen kochen, marschieren... formieren... die Ordnung halten. Das war es, worauf ihr Leben ausgerichtet war... doch das hier kam beim besten Willen nicht im Drillplan eines römischen Soldaten vor. Den Mann anzupacken wagte Sönke bei aller Hilflosigkeit dennoch nicht, der Vitis war ebenso gefürchtet wie die Jähzornigkeit des Centurios... andererseits... war das hier noch ihr "Centurio???!"

    Zitat

    Original von Lucius Helvetius Corvinus


    Zitat

    Original von Gaius Artorius Regulus


    Als sie am Forum angekommen und um die Rostra Aufstellung genommen hatten erfuhr die keimende Hochstimmung Sönkes einen ersten Dämpfer... und einen zweiten... und einen dritten. Er hatte nämlich nicht die geringste Ahnung,was da jetzt eigentlich auf der Rostra vor sich ging. Der Kaiser, den Sönke sich irgendwie kaiserlicher vorgestellt hatte (aber letztlich doch kaiserlicher aussah als der letzte Kaiser, den sie tot im Palast gefunden hatten), redete zu der Menge... und Sönke verstand nicht ein Wort. Was war eine Qualifikation? Legitimer Nachfolger? Und was war das für ein komischer Wisch, den diese Frau da vorlas? Wer war das überhaupt? Was sollte das alles?
    Antworten würden lange auf sich warten lassen, das verstand Sönke schon alleine dadurch bedingt, dass er hier jetzt nicht einfach einen seiner Kameraden fragen konnte die sich vielleicht etwas besser in diesen Dingen auskannten als er. Und dann gab es auch noch Stunk als hinter ihnen erste Beleidigungen gerufen wurden, wo vorher nur Hochrufe und Jubel erklungen waren. Aus den Augenwinkeln bekam er mit wie ein paar Jungs von der ersten Centuria sich umwandten und sich den Weg durch die Menge bahnten... und dann, vollkommen automatisch, drehte er selbst um und folgte seinem Centurio dem Beispiel folgend.


    Der fuhr in die Menge wie ein Berserker, und hatte das Volk vorher nur faules Gemüse (bei all den Bettlern auf den Straßen die Hunger darbten fragte er sich schon, wo das auf einmal herkam) geworfen und ein paar Beleidigungen geschrien verfuhr der Helvetius hier gerade, als hätten sie es mit Vescularianern der ersten Stunde zu tun. So schnell konnten sie die Leute mit mutwillig herbeigeführter Gesichtsprellung garnicht von dannen schaffen, so fix holzte der Centurio die vorne ab... hatte der wieder ne Laune. Dass der schon seit Tagen nicht unbedingt gut drauf war ging kaum einfach an ihnen vorüber, allerdings hatte der Helvetius sich ohnehin keinen Ruf erworben der von guter Laune geprägt war. Andererseits: wenn das hier das Resultat von schlechter Laune war, wollte er nicht wissen wie es verlief wenn der Mann guter Dinge war.
    Während vorne also der Helvetier durch die Gesichter fuhr wie Moses durch das rote Meer, das Blut spritzte, Knochen brachen und Menschen in die Knie gingen hoben die Männer hinter dem overly-manly-Centurio sie eiligst wieder auf und verfrachteten sie nach hinten... wo der eine oder andere einfach nur dadurch verloren ging, dass das Tempo des Centurios viel zu groß für die hinterhereilenden Soldaten war. Wie ein wütender Holzfäller hackte der Centurio mehr Holz als die ihm folgenden Männer überhaupt bewältigen konnten, was wieder einmal in Stress ausartete... dabei hatte der Tag so gut angefangen. Nicht nur einen vielsagenden Blick sandte er dabei seinen Kameraden und vor allem Regulus zu, der genauso schwer an dem Berserkertum zu kauen hatte wie er selbst.
    Als Sönke dann einen weiteren Mann mit Handkorrektur in der Mimik aufhob und diesen nach hinten in die Hände eines Kameraden schob um sich eiligst wieder nach vorne zu wenden um zumindest ansatzweise mit dem Centurio schritt halten zu war dieser auf einmal näher als Sönke lieb sein konnte. Um genau zu sein: der Mann war auf einmal stehen geblieben! Bevor Sönke reagieren konnte, hatte er doch damit gerechnet dem Mann vier Schritte hinterhereilen zu müssen, krachte er unvermittelt und mit Smackes in den Rücken seines Vorgesetzten, stieß dabei ein undefinierbares Grunzen aus und landete auf dem Allerwertesten, um ein wenig perplex nach oben zu starren: "Ufff..... wie jetzt? Feierabend?"

    Weiter hinten in der Prozession von Würdenträgern und geballter Militärmacht der ehemaligen Rebellen marschierten die Soldaten, die vor einiger Zeit in den Süden gerufen wurden um den Anspruch ihres Kaisers Appius Cornelius Palma durchzusetzen... und dies auch taten. Auch wenn Sönkes Geist sich eigentlich nicht von dem erwärmen lassen wollte, was um sie herum an Symbolik und Deutungen um sich geworfen wurde, aber alleine der Jubel der Massen konnte ihn nicht kaltlassen. Die schiere Freude, dass sie es geschafft hatten Rom den ersehnten Frieden zu bringen (dass sie ihn überhaupt erst gebrochen hatten kam einem so kleinen Licht wie Sönke überhaupt nicht in den Sinn) ließ ihn dann doch den Rücken etwas durchdrücken und verstohlen zur Menge linsen, die sie umgab und sich auf ihrem gesamten Weg durch die Stadt zog...
    Irgendwann war es dann auch soweit, dass er einfach nicht mehr anders konnte als ein Hochgefühl zu erleben, dass durch den Jubel der Menschen angefeuert wurde und ihm das Bild vorgaukelte, selbst als kleines Irlicht in der Armee etwas dazu beigetragen zu haben, dass die Menschen um sie herum derart losgelöst ihren neuen Kaiser feiern konnten. Weshalb war er nochmal Soldat geworden? Achja, wegen genau diesem einen Moment. Wahrscheinlich.

    Früher hätte Sönke sich wohl wahnsinnig darüber gefreut, den Kaiser zu sehen. Als er noch Heldentaten per Holzstock vollbrachte und das Reich und Rom vor einfallenden Barbarenhorden beschützt hatte. Seitdem war allerdings einiges an Zeit vergangen, Blut und Schweiß geflossen und vor allem viel an kindlichen Vorstellungen des Soldatenlebens zertrümmert worden. Jetzt war Sönke wohl ein Mann... der ausdrucks- und gedankenlos inmitten einer mit viel Metall bewehrten Menschenmasse stand und in gedanklichem Leerlauf darauf wartete, dass sie wieder zurück in ihr Lager konnten.

    "Was hast du denn?" , schaute Sönke seinen Kameraden verständnislos an während er unser seiner Tunika rumfriemelte um den Ring zu verstecken, vollkommen unbeeindruckt von der Tatsache, dass er gerade einen toten Kaiser beklaute. Was vor allem daran lag, dass er nicht einen einzigen Gedanken an die Konsequenzen verschwendete.. so wie er sich seit gewisser Zeit garkeine Gedanken mehr um das machte, was da noch kommen konnte. Dementsprechend uneinsichtig konnte er auch nur sein: "Jetzt stell dich nicht so an... so eine Chance kommt nie wieder."


    Als Regulus dann auf die Idee kam, den Fetten hier auch noch rauszuschleppen starrte Sönke ihn einen Moment lang ungläubig an, dann wieder auf den Fetten und schließlich wieder zu Regulus: "Wohl eher sechs..." , sprach's, ging zurück zur Tür und schrie in den Gang heraus, dass sie den Usurpator gefunden hätten, um schließlich noch einmal auf den toten Vescularier zu deuten: "Ein paar Sekunden hast du noch..."

    Hatte Sönke erst garnicht richtig wahr genommen, dass da jemand in dem Raum lag den sie gerade betreten hatten, spitzte er augenblick Augen und Ohren als Regulus ihn auf den Körper am Boden aufmerksam machte. Die Aufregung des Artorius war natürlich ansteckend, und so schlich Sönke ebenfalls erst einmal unschlüssig um den toten Körper herum, dabei ebenso ratlos dreinschauend wie sein Kamerad. Keine Blutlache, kein garnix. Der fette Mann lag einfach nur so am Boden.
    "Er ist fett und trägt dieses komische Purpur." , war alles, was er aus seinem ohnehin nicht umfangreichen Wissen über die römische Kaiserschaft rekapitulieren konnte. Weitere Momente verstrichen, in denen Sönke einfach nur auf den Körper herabblickte. Auf die Frage des Artorius wusste er irgendwie nur eins zu antworten: er holte aus und schlug mit dem Knüppel und mit einem Wumms auf den darniederliegenden Körper, dass das Fett mächtig in Wallung geriet und das charakteristische Knacken von Knochen erklang.
    Ein weiterer Moment der Unschlüssigkeit verstrich bis Sönke schließlich mit den Schultern zuckte: "Japp, der ist tot."


    Die Frage 'Und nu?' blieb ihm in der Folge im Halse stecken als er die wurstigen Finger des Mannes betrachtete. Mit einem Bein niederkniend und mit einem Ohr zur Tür hob er eine der beiden Hände an und riss ihm mehr grob als sonstwas einen Ring vom Finger.
    Er bedachte den Artorius mit einem breiten Grinsen und ließ den goldenen und edelsteinverzierten Ring einmal durch die Luft wirbeln bevor er ihn sich in die Unnerbuxe klemmte: "Als kleines Andenken, höhö."

    Selbst wenn der Tribun nur abfällig murrte, in Sönkes Nacken stellten sich alle Haare auf, und unweigerlich versteifte sich seine Haltung. Einer wurde weggeschickt um die Verstärkung zu holen, von der der Tribun wohl wusste, wo diese steckte... und dann wiederrum wurden andere weggeschickt. Glücklicherweise schaute der Tribun dabei in Sönkes Richtung (oder er wollte nur, dass er das tat), so dass dieser sich ganz spontan ebenfalls aufgefordert fühlte den Innenhof zu verlassen.


    Was Sönke vollkommen in den Kram passte, schließlich wusste man ja nie, ob diese Skythen es sich doch nicht noch spontan überlegten und hier eine Schlägerei anzettelten. Und mit ihren Knüppeln wollte sicherlich niemand gegen die Skythen antreten. Eben drum ging Sönke auf Nummer sicher, zog den Artorier einfach mit sich und schloss sich der kleinen Gruppe an, die wieder ausschwärmte um den offensichtlich toten Kaiser... Usurpator... wie auch immer zu suchen.
    "Meinte der eine von denen nicht, dass der Fette oben läge?" , murmelte Sönke dabei mit Blick auf eine Treppe, die sich vom Innenhof aus nach oben wandte, "Dann sollten wir vielleicht diesen Weg nehmen."
    Sprach's, wartete garnicht erst eine Antwort ab und stapfte schon die Stufen nach oben... wo ein Flur mit noch mehr Zimmern auf sie wartete.
    "Na großartig... wir kommen hier nie wieder raus, ich sag's dir." , fluchte Sönke in seinen mittlerweile doch stark flaumartig von seinem Gesicht abstehenden Bart und machte sich daran mit erhobenem Knüppel Tür für Tür zu öffnen um einen kurzen Blick auf das zu werfen, was sich dahinter auftat.