Hadamar wartete regungslos, bis der Legat sich ihm zuwandte – und er blieb zumindest regungslos stehen, als er hörte, weshalb er gerufen worden war. Seine Miene allerdings blieb nicht so ruhig, sondern spiegelte Verblüffung wider. Versetzung zu den Cohortes Urbanae? Hier in Rom? „...Sehr wohl, Legat...“ antwortete er etwas zögerlich, während er vortrat, das Schreiben entgegennahm und es kurz überflog. Versetzungswunsch, stach ihm ins Auge. Welcher Versetzungswunsch? Für einen Moment grübelte er, ob er den Legat danach wohl fragen könnte... entschied sich dann aber dagegen. Der wusste vermutlich sowieso nichts davon, er war immerhin erst seit heute hier – und selbst wenn, kam es wohl nicht so gut, wenn er solche Fragen stellte, noch dazu heute, an dessen erstem Tag hier und gleichzeitig mitten im Aufbruch. Und was dahinter steckte, war ja im Grunde auch egal: das Schreiben war eindeutig. „Hast du noch weitere Befehle?“
Beiträge von Lucius Duccius Ferox
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Obwohl Hadamar den Aushang gesehen hatte, der kundtat dass er zum Centurio befördert worden war, konnte er das irgendwie noch nicht recht glauben... Er hatte nichts weiter bekommen, nicht einmal welcher Centurie er zugeteilt sein würde, und auf sein Nachfragen hin hieß es nur: alter Legat abberufen – warten bis der neue kommt und entscheidet. So war er vorerst einfach geblieben, wo er war. Und obwohl er Glückwünsche von Kameraden bekam, hatte er noch nicht mal wirklich gefeiert. Er wusste auch nicht so recht, ob ihm nach Feiern zumute war, musste er sich eingestehen. Dass er befördert worden war, war sicher fantastisch... nur... er hatte so lange und schwer darum gekämpft, anerkannt zu werden von den Soldaten der Prima als ihr Optio. Und er hatte sich ihren Respekt schließlich verdient, auf die harte Tour. Sie machten immer noch ihre Witze, aber die waren mittlerweile nur noch gutmütig-rau, und sie lachten mit ihm, nicht über ihn. Sie waren ihm in der Schlacht gefolgt, und das war irgendwie ein erhebendes Gefühl gewesen... genauso wie jeder Mann, den sie verloren hatten, ein niederschmetterndes gewesen war. Hadamar hätte das nicht laut zugegeben, aber er würde diese Einheit, die er mit Blut und Schweiß zu seiner gemacht hatte, vermissen.
Ein paar Tage Aufschub waren ihm also gar nicht so Unrecht – auch wenn es tatsächlich nur ein paar Tage waren. Kaum war der neue Legat eingetroffen, verbreitete sich die Neuigkeit rasend schnell im Lager, aber auch jetzt fand Hadamar noch einen weiteren Aufschub: die Neuigkeit ging Hand in Hand mit dem Befehl, alles bereit für den Aufbruch zu machen. Und das wiederum bedeutete so viel Arbeit, dass er es für besser hielt, mit anzupacken, anstatt mitten in all dem Trubel rausfinden zu wollen, wo er denn eigentlich nun hin sollte. Damit war es dann allerdings vorbei mit dem Aufschub. Noch am selben Tag, gegen Nachmittag, tauchte ein Mann bei ihm auf, der sich als Scriba des Legaten vorstellte und ihn aufforderte mitzukommen, und Hadamar folgte zum Zelt des Legaten, wo er eintrat, salutierte und Meldung machte: „Centurio Duccius Ferox meldet sich wie befohlen, Legat.“
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„Sei froh, Iunius...“ grinste Hadamar, seiner Stimme bewusst einen abgebrühten Klang gebend. Es war zwar seit Jahren ruhig, aber es schadete nichts, den Mythos der germanischen Sippen jenseits der Grenze, und damit den Mythos der germanischen Legionen, die eben diese Grenze schützten, zu schüren. Zu zeigen, dass sie harte Hunde waren. Dass es nicht von ungefähr die germanischen Legionen waren, mit der Unterstützung der Prima, die den Bürgerkrieg gewonnen hatten. „Mein eigener Vater ist in den Gefechten bei Borbetomagus damals umgekommen. Mit denen ist nicht zu spaßen.“
Das Weib war ein anderes Thema... bei dem stieg Hadamar wirklich nicht durch. Klar hatte es schöne Seiten mit einem Weib. Aber die hatte es mit jedem Weib, oder fast jedem, das war ja nicht nur auf eine beschränkt. Aber was auch immer der Iunius mit seinem Liebchen hatte – oder Corvinus mit Alwina –, musste stark genug sein, dass beide dafür all die Probleme in Kauf nahmen. Und das war es, was Hadamar nicht so ganz begriff, weil er das nie erlebt hatte bisher. „Ach, die schlechten Seiten... wird sich auch wieder ändern“, kommentierte er allerdings nur und prostete dem Centurio zu. Und hätte gleich darauf den Kommentar am liebsten wieder zurückgenommen, als der Iunius ausführlich bestätigte, dass ihre Familien sich nicht leiden konnten. Dann... würde das wohl auch weiterhin nicht ganz so einfach bleiben. Sofern da nicht eine Hochzeit drin war, um bewusst die Familien wieder zu versöhnen, aber sogar Hadamar wusste, dass das so was kompliziert war. Weit komplizierter als mit anderen, einfacher einzufädelnden Ehen die eigene Position schlicht stärker zu machen.
„Ach, so meinst du das…“ brummte Hadamar dann. Das war freilich was anderes. „Freilich gibt's arrangierte Ehen bei uns. Das Wohl der Sippe geht vor... Und die Jungen machen, was die Alten sagen. Naja, meistens.“ Er grinste breit und trank noch einen Schluck. „Ich wär nicht bei der Legion gelandet, wenn's nach meiner Familie gegangen wär.“ -
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Original von Lucius Helvetius Corvinus
Corvinus hörte Ferox zu und auch sein Blick wanderte zum Zelt und der liegenden Sklavin. Diese regte sich langsam wieder und so langsam kam Corvinus mal zu dem Entschluss das man sich wohl gleich mal um die kümmern musste sonst war nix mit verkaufen."Naja ich denke ich nehm sie erst mal mit nach Germanien. Solange bleiben wir ja nicht mehr hier und hier will ich sie nicht verkaufen. Nicht das nachher Fortuna noch fügt das auf dem Markt ihre ehemaligen Besitzer anwesend sind. Beute machen war ja eigentlich verboten... Vielleicht geb ich sie diesem Massula als Dank dafür das er Alwina be... beerdigt hat und mich benachrichtig hat. Ist das nicht ein seltsames Spiel... so viele Meilen entfernt aber der Brief mit dieser Nachricht erreicht einen..", Corvinus musste kurz schlucken und war froh das Ferox noch eine Frage gestellt hat.
"Ja haben sie... total schwachsinnig. Eigentlich sollte ich nur diese Seiana abholen und zur Castra Praetoria bringen. Aber die waren aufmüpfig, störrisch und am Ende haben sie uns sogar angegriffen. Dein Kumpel Madarus hat glaube ich sogar den ersten Schlag kassiert... naja keine Ahnung wie es da jett aussieht aber ich glaube nicht das noch viel von der Casa steht. Nachdem die so einen Aufstand gemacht haben, wie gesagt ich musste sogar einen der Veteranen töten den die zum Schutz da hatten, hab ich natürlich alles ..."durchsuchen und sicherstellen" lassen und als wir abzogen folgte glaube ich kurze Zeit später noch der Mob. Das Haus war ja nun klar als eines der Salinator Schergen zu erkenne.
Diese Seiana hab ich dann in einer Insula versteckt gefunden. Die war im Gegensatz zu den anderen sehr vernünftig. Tat mir am Ende fast schon Leid, ich hatte noch ein bisschen Brass, das ich sie barfuß bis zur Castra Praetoria hab laufen lassen. Kannst dir ja denken wie die Füße von der am Ende aussahen. Die sind ja bestimmt sonst nur per Sänfte unterwegs. Warum ich sie holten sollte weiß ich gar nicht genau. Die hatte irgendwas mit Salinator zu tun und der hat sie sogar zum Eques gemacht! Vielleicht ein Bückstück von dem?"
„Ja, wär wohl weniger gut...“ Auch wenn Hadamar nicht glaubte, dass die ehemaligen Besitzer der Sklavin sich ernsthaft trauten Stunk zu machen dann, aber man musste ja kein Risiko eingehen. Er klopfte Corvinus kurz auf die Schulter, in einer Geste, von der er hoffte, dass sie tröstend ankam, als der noch mal auf Alwina kam – und hörte dann gespannt zu, als sein Kumpel weiter erzählte. Das was jetzt kam war etwas, was ihn definitiv interessierte, und scheinbar hatte Corvinus da einiges zu tun gehabt mit den Decimern. „Angegriffen? Aber sonst geht's denen noch gut, hu?“ Hadamar konnte sich nicht so recht entscheiden, ob er ungläubig drein gucken sollte oder nicht doch eher lachen... wie dämlich war das denn, sich gegen eine Abordnung Soldaten auch noch zur Wehr zu setzen, an dem Tag, an dem Rom eingenommen wurde? Wenn Sönke tatsächlich den ersten Schlag abbekommen hatte, hoffte Hadamar, dass er dann ordentlich zugelangt hatte. Bezahlt schienen die Decimer so oder so zu haben dafür, dass sie sich nicht zusammen gerissen hatten... nach dem, was Corvinus so erzählte, konnte von der Casa wohl nicht mehr viel übrig sein, wenn nach den Soldaten auch noch der Mob quasi ungehindert hinein gekommen war. Sie alle hatten zwar Order gehabt, dass Plünderungen für sie selbst tabu waren und dass sie sie verhindern sollten, wenn sie die Gelegenheit dazu hatten... aber ganz ehrlich: bei solchen Leuten, die auf Seiten ihrer Gegner gewesen waren, und sich dann auch noch so uneinsichtig zeigten – da fehlte ihm jedes Mitleid. Und jede Bereitschaft, römische Soldaten ein Risiko eingehen zu lassen, um deren Hab und Gut zu schützen, indem sie marodierende Leute aufhielten.
„Die ham nix anderes verdient dann“, kommentierte er kategorisch. „Ist ja noch schöner, auf der falschen Seite stehen und dann noch groß rummucken...“ Bei der Erzählung über Decima Seiana zog Hadamar dann allerdings kurz die Augenbrauen hoch. Eine Frau, die sich noch dazu vernünftig zeigte, und ausgerechnet Corvinus griff dann trotzdem so hart durch? Das zeigte ihm mehr als alles andere, wie übel sein Kumpel drauf gewesen sein musste an dem Tag. Nachdenklich kratzte er sich am Kinn, und als Corvinus darüber mutmaßte, warum er das Weib hatte holen sollen, dachte Hadamar nun doch wieder darüber nach, ob das wohl das gleiche war wie das des Iuniers. So viele Weiber, gerade aus höheren Familien, waren ja nicht gefangen genommen worden – genauer gesagt hatte er nur von einem einzigen gehört bisher. Aber das hatte nicht unbedingt was zu sagen, mit den Gefangennahmen hatte er nichts zu tun gehabt, und selbst wenn es die gleiche war, spielte das ja keine Rolle für ihn. Wär nur ein bisschen interessant zu wissen, vielleicht sollte er Alrik mal fragen, wie viele Weiber von der Art in den Carcer gebracht worden waren, der musste das ja wissen. „Gut möglich“, antwortete er Corvinus allerdings nur mit einem leichten Achselzucken. „Irgendnen Grund muss es ja geben, dass sie eingeknastet wurde. Wobei Bückstück dann ein bisschen wenig wär... oder anders gesagt: dann müsst der Carcer voll sein mit Weibern, von dem was man so hört über Salinator.“ Jetzt grinste Hadamar breit. -
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Original von Lucius Helvetius Corvinus
„Ah wa“, winkte Hadamar ab, immer noch etwas peinlich berührt. „Vergiss es, das war selbstverständlich. Du hättst das gleiche gemacht für mich.“ Er räusperte sich und war froh, dass Corvinus dann auf seine Frage nach dem Weib einging. „Ach, Beute also?“ Er musterte die immer noch ohnmächtige Frau, diesmal mit einem etwas anderen Blick, sah gleich darauf aber wieder auf. Seiana. Irgendwas klingelte da, aber Hadamar konnte es nicht so ganz greifen. Er zuckte mit den Achseln. „Wozu sollt ich ne Sklavin brauchen... Meine Sippe in Mogontiacum hat keine Sklaven, und ich glaub auch net dass Alrik eine braucht. Aber ich könnt ihn fragen, wennst magst.“ Ein humorloses Grinsen glitt über sein Gesicht. „Und die Decimer haben solche Schwierigkeiten gemacht? Was haben die denn angestellt, dass da sogar nen Weib gefangen genommen wurde?“ Weib. Da war es. War das das gleiche von dem der Iunius gesprochen hatte? Hadamar grübelte flüchtig darüber nach, schob den Gedanken dann allerdings wieder weg. War nicht sonderlich interessant für ihn, wer da nun welche Probleme mit seinen Liebchen hatte, und das war sowieso nichts im Vergleich zu Corvinus, der die seine gerade verloren hatte.
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„Klar haben wir das. Aber man weiß ja nie so genau, wer da nicht ne Chance wittert, wenn ein Großteil der Legionen abgezogen ist. Betrifft ja nicht nur die Secunda, sondern auch ein paar andere in Germania.“ Trotzdem zuckte Hadamar die Achseln. Wenn die Stämme Rabatz gemacht hätten, hätten sie davon mittlerweile vermutlich gehört, und davon abgesehen hatte der Centurio durchaus Recht: wer da geblieben war, hatte sicher gute Arbeit geleistet.
Zu dem Weib selbst sagte Hadamar dann erst mal nichts mehr – obwohl er nicht so ganz glauben konnte, dass das dann nur an ihrer Familie lag, dass sie unter Arrest stand. In den vergangenen Wochen waren so einige Kerle eingeknastet worden... und alle hatten da wohl selbst irgendwas auf dem Kerbholz. Warum auch jemanden in irgendeiner Form festnehmen, der selbst gar nichts getan hatte, der nur mit jemandem verwandt war – noch dazu ein Weib? Und zumindest so weit er wusste, wurden die Angehörigen der Eingekerkerten nicht überwacht. Aber er bemerkte durchaus, dass der Iunius dabei vage blieb, und das wohl sehr bewusst, also bohrte er nicht weiter nach. Der Nachsatz war sowieso viel lustiger, fand er. „Ich kanns mir net vorstellen“, grinste er zurück und trank erneut einen ordentlichen Schluck. „Vielleicht nehm ich mir irgendwann mal nen Weib, so wie andere Soldaten halt auch... oder ich wart bis ich ganz offiziell heiraten darf. Könnt sein dass das meiner Familie lieber ist, müsst ich dann sehen.“ Bisher war das zwar weniger ein Thema gewesen in seiner Familie, sein eigener Vater war ja beispielsweise verheiratet gewesen... allerdings mit einer Germanin, nach germanischer Sitte, und das lange bevor er in den Dienst der Legion getreten war. Heute war seine Sippe allerdings mehr mit der römischen Seite verbandelt als es damals noch der Fall gewesen war... entsprechend war ihnen das vielleicht mittlerweile wichtiger. Ganz davon abgesehen machte das Hadamar im Moment sowieso überhaupt kein Kopfzerbrechen. „Aber ich bezweifel, dass ich der dann so verfall. Man hat ja nix davon, außer Ärger, scheints...“ Fand er. Sah er an Corvinus. Sah er am Iunius. Nur das letzte gab ihm irgendwie zu denken... er hätte es nicht bereut, wäre er bei Vicetia gestorben. Hu. „Wirklich nicht? Nicht lieber... irgendnen Weib, dafür aber Ruhe – naja, so lange keine Bälger da sind, heißt das“, lachte er.Hadamar lehnte sich wieder etwas zurück bei der folgenden Erklärung, nickte hin und wieder – dass Menschen auf ihren Vorteil bedacht waren, war ja nichts neues, nur was er vorhin gemeint hatte, hatte irgendwie so geklungen, als würden sich in Rom sogar Verwandte gegeneinander ausspielen, und das wäre ihm dann doch etwas seltsam vorgekommen. Bei den ersten Worten des Centurio glaubte Hadamar, ihn gerade eben einfach nur falsch verstanden zu haben, aber dann erzählte er weiter, und da war es wieder: die Familie stand nicht an erster Stelle. Hadamar runzelte die Stirn. „Wie... also... zuerst mal: deine und ihre Familie sind verfeindet, das auch noch? Du stehst auf Schwierigkeiten, wie?“ Er grinste flüchtig, wurde aber gleich darauf etwas ernster. „Und wie meinst du das? Würden die Leut hier ihre Familie verraten, wenn es ihnen... politisch oder gesellschaftlich taugt?“ Jetzt klang Hadamar ungläubig. Er begriff es tatsächlich nicht – die Familie war doch das, was immer da war, verhieß Sicherheit und Rückhalt. Auf sich allein gestellt konnte man nicht überleben, in Germanien jedenfalls nicht, deswegen war die Familie, die Sippe ja so wichtig, deswegen war der Zusammenhalt einfach da, ganz egal welche Streitereien man vielleicht miteinander hatte.
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Hadamar fühlte sich völlig hilflos – und mehr als einmal war er kurz davor, Corvinus einfach auf die militärische Art zur Sau zu machen. State, Soldat! Hier wird nicht rumgeflennt!, irgendsowas in der Richtung halt, in der Hoffnung dass ihn das vielleicht zur Besinnung brachte... Aber er verzichtete dann doch jedes Mal darauf, aus dem vagen Gefühl heraus, dass das wohl völlig unangebracht war, ganz egal wie wenig er sich sonst zu helfen wusste. Also blieb es dabei, dass er Corvinus einfach nur, naja, ein wenig... im Arm hielt... und ihm hin und wieder auf die Schulter klopfte, während der ihn mit Rotz und Wasser vollheulte.
Als sein Kumpel dann endlich wieder seine Fassung etwas zurück gewonnen hatte, konnte er sehen, dass Corvinus das peinlich war... aber da ihm selbst die ganze Szene in etwa genauso peinlich war, tat Hadamar angestrengt so, als wenn überhaupt nichts gewesen wäre. „Klar, richt ich ihm aus“, winkte er ab. „Kann ich für dich noch irgendwas tun? Wer ist denn überhaupt die Kleine da?“ Er nickte zu dem immer noch ohnmächtigen Weib... um das sollte sich vielleicht langsam mal jemand kümmern, dachte er, jetzt wo Corvinus zumindest aus diesem gruseligen Zustand raus war. Was die ihm vorhin allerdings erzählt hatte, wie genau sie hierher gekommen war, hatte Hadamar schon wieder vergessen, oder besser gesagt: er hatte da von vornherein gar nicht erst zugehört. Das einzige was ihn da interessiert hatte war Corvinus gewesen, bei allem anderen, was sie geschwafelt hatte, hatte er sie unterbrochen und in grobem Tonfall einfach dafür gesorgt, dass sie endlich zum Punkt kam.
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Original von Lucius Helvetius Corvinus
Hadamar salutierte anstelle einer Antwort und gab seinen Leuten dann mit knappen Worten die Anweisung, wieder zurück zu gehen und Stellung zu beziehen in der Ehrenformation. Eigentlich hatte er ja gehofft, Corvinus würde mitgehen und sie könnten sich kurz unterhalten, damit er endlich erfuhr was da eigentlich los war – aber das war mit Corvinus' Befehlen hinfällig. Einen besorgten Blick zu seinem Kumpel konnte Hadamar sich entsprechend nicht verkneifen... und bevor er selbst seinen Männern folgte, ging er direkt an Sönke vorbei und raunte ihm leise in ihrem Heimatdialekt zu: „Wann no wos is, holst mi, gei?“
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Geschniegelt und gestriegelt... oder so ähnlich standen sie allesamt auf dem Marsfeld. War nicht das erste Mal, beim Einzug des Cornelius hatten sie ja auch schon blitzen müssen, aber das hier war dann doch noch mal etwas anderes für die meisten, immerhin ging es hier ja auch um sie selbst. Darum, was sie geleistet hatten. Allerdings ging Hadamar das ständige Warten und Rumstehen mittlerweile doch zunehmend auf den Geist, auch wenn er geradezu vorbildlich vor seiner Centurie stand und sich nichts anmerken ließ, genauso wenig wie sonst wer – jedenfalls in den vorderen Reihen. Kam nicht gut, so was, und abgesehen davon bildeten sich ja vor allem die Soldaten der ersten Centurie was darauf ein, dass sie eben die Soldaten der ersten Centurie waren. Und so standen sie also da und taten das, was sie im Grunde seit Wochen schon taten, selbst wenn es nicht darum ging irgendwo aufzumarschieren: sie warteten.
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„Haben sie wohl“, antwortete Hadamar mit einem leichten Grinsen, der kein Problem damit hatte wenn sein Gegenüber behauptete, dass sie die Unterstützung der Götter gehabt hatten. Immerhin: wer hätte das denn nicht gern? Dass sie außerdem gut gekämpft hatten, wie der Iunius noch anfügte, war für Hadamar sowieso sonnenklar. Die Götter hielten nicht zu Versagern und Schwächlingen, warum sollten sie auch. „Sonst wär die Grenze net sicher, jedenfalls nicht in Germanien...“ nahm er grinsend den Faden auf, dass sie einfach gut waren. „An den Stämmen hat sich schon mehr als ein Trupp Römer die Zähne ausgebissen. Hoff ma mal dass da net allzu viel aufzuräumen ist, wenn wir wieder zurückkommen.“
Er kratzte sich im Nacken und trank einen weiteren Schluck Bier, und zog dann überrascht die Augenbrauen hoch. „Ach, unter Arrest steht die?“ Leise pfiff er durch die Zähne. Er wusste zwar nicht so genau, was der Centurio mit unter Arrest meinte, aber wenn sie da in egal welcher Form beaufsichtigt wurde, waren sie und ihre Familie wohl noch ein Stück wichtiger als er bisher geglaubt hatte. „Glaub mir: darüber bin ich verdammt froh. Um ehrlich zu sein, kann ich das gar net so ganz verstehen, wie man nem Weib so sehr verfallen kann...“ Ob es nun an der doch recht lockeren Atmosphäre lag oder ein wenig am Alkohol, der sich bemerkbar machte, oder an beidem: Hadamar begann mehr und mehr, einfach frei von der Leber weg zu reden, und nicht mehr allzu sehr darüber nachzudenken, was er diesem Centurio wohl wie sagen könnte, ohne dafür vielleicht Ärger zu kriegen.Er lehnte sich nach vorn und stützte seine Unterarme auf den Tisch, während er seinen fast leeren Krug ein wenig kreisen ließ. „Naja, Politik gibts in Mogontiacum schon auch. Und die Stämme selbst haben auch so ihre Verwicklungen miteinander... und meine Sippe ist in beides verstrickt.“ Er grinste. „Aber das überlass ich anderen in meiner Familie, sich darum zu kümmern. Wobei Rom schon noch mal ein anderes Pflaster ist, könnt ich mir vorstellen...“ Er hatte zwar keine Vorstellung davon, aber allein schon die schiere Größe dieser Stadt machte es leicht das zu glauben, dass hier auch alles andere einfach irgendwie... größer war.
Als der Iunius seinen Becher leerte und erneut bestellte, tat Hadamar es ihm gleich und trank auch seinen Krug leer. „Klar, immer. Was meinst du damit: die Ränkespiele reichen bis in die engste Familie?“ fragte er dann. „Die Sippe ist doch... Ich meine, hält man da nicht zusammen?“ Er erinnerte sich noch gut daran, wie er sich als Tiro unerlaubterweise aus dem Lager geschlichen hatte, nur um bei Elfledas Bestattung dabei zu sein – und welchen Ärger er danach gekriegt hatte, wie übel die Bestrafung ausgefallen war, nicht nur für ihn, sondern für sein gesamtes Contubernium. Aber es war eine Familienangelegenheit gewesen. Bis heute war Hadamar überzeugt davon, dass es das wert gewesen war, und bis heute stand er auf dem Standpunkt, dass er das wieder tun würde – er würde nur versuchen sich nicht noch mal erwischen zu lassen. -
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Original von Lucius Helvetius Corvinus
[...]
"Alles ist im Arsch Ferox, nu ist auch noch das Geschenk für Alwina kaputt... ich ... ich werde sie nie wieder sehen weißt du!" und dann kam etwas was Ferox wohl nie erwartet hätte.
Corvinus, dieser Riese von einem Römer, der alleine bei Vicetia etliche getötet hatte, der schon viele kleine oder auch etwas größere Verwundungen ertragen hatte ohne groß zu klagen. Genau dieser Riesenkerl umarmte Ferox nun, legte seinen Kopf auf dessen Schulter und fing an zu heulen.
Noch war es mehr ein wimmern und einzelnes ´rotzen` aber ohne duccische Gegenmaßnahmen würde es wohl bald in eine ordentliche Heulerei ausarten.Corvinus tauchte tatsächlich auf... wenn auch sehr langsam. Allerdings passierte plötzlich etwas völlig anderes, was sie beide ablenkte. Hadamar verdrehte unwillig die Augen, als die Frau plötzlich umkippte. Na klasse! Jetzt auch noch das! Kurz hin und her gerissen beschloss er dann, dass Corvinus zumindest körperlich gesund genug war, dass er sich kurz um das Weib kümmern konnte. „Kleinen Moment, ja?“ Er ging zu ihr, prüfte ihren Puls und betrachtete sie kurz – aber so weit schien alles in Ordnung zu sein. Ihr Herz schlug, sie atmete... sie wirkte nur entkräftet. Nichts, worum man sich nicht später kümmern konnte. Hadamar griff sich ein Kissen und schob es ihr unter den Kopf, legte ihren Körper so hin, dass ihre Gliedmaßen nicht verdreht waren, sondern es wenigstens halbwegs bequem war, und ging dann wieder zu Corvinus zurück. „So... was ist?“ Ein wenig irritiert hörte er zu, was sein Kumpel von sich gab. „Ah wa, die ist net kaputt“, machte er mit einer Kopfbewegung zu dem Weib hin, „die ist nur umgekippt, aber die le-“ Die lebt noch, hatte er eigentlich sagen wollen. Hadamar verstummte aber plötzlich, als ihm wieder bewusst wurde, was da in dem Brief gestanden hatte. Ach du Scheiße... Trampel, schimpfte er sich lautlos selbst. Aber Corvinus schien das gar nicht so wirklich mitgekriegt zu haben. Der nämlich fiel ihm plötzlich um den Hals und begann zu weinen. „Eh“, machte Hadamar, ein wenig überrascht und mehr als nur ein wenig überfordert. Versuchsweise umarmte er Corvinus zurück – auf männliche Art, selbstverständlich! – und klopfte ihm leicht auf die Schulter. „Na... na?“ Half das? Was half da? „Hör mal, du... das...“ wird schon wieder. Ja, genau. War sicher das, was Corvinus jetzt hören wollte. „Das tut mir leid. Das mit Alwina“, brummte er stattdessen nur noch.
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Gelangweilt standen die Soldaten da und betrachteten das träge Rinnsal an Menschen, das langsam in die Stadt hinein und hinaus tröpfelte. Zumindest heute war eher weniger los, und das war einfach langweilig. Wäre viel los gewesen, hätten sie sich vermutlich beschwert, dass es zu viel war. Wachdienst war eben Wachdienst, ganz egal wo man ihn verrichten musste – aber naja, immer noch besser als Latrinendienst, so viel stand fest.
Entsprechend desinteressiert musterten sie auch, wer sich jetzt auf das Tor zubewegte, obwohl das zumindest ein wenig Abwechslung versprach angesichts des Reisetrosses. „Kein Problem...“ schnarrte einer der Milites in gelangweiltem Ton. „Wagen müssen draußen bleiben, ihr könnt das Zeug entweder nach Einbruch der Nacht oder mit Handkarren reinschaffen. Was und wer reingeht, wird durchsucht. Klar so weit?“
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Hadamar runzelte leicht die Stirn, als der... was hatte der Kerl noch mal gesagt war sein Name? Egal. Jedenfalls führte er sich gerade ein bisschen seltsam auf, fand er. Ließ die Frauen alles Reden machen – nicht, dass Hadamar das schlecht fand, im Gegenteil, aber es war eben einfach seltsam für einen Kerl –, und starrte dann einfach nur vor sich hin, auf eine Art dass sich ihm der Eindruck aufdrängte, der andere hätte gar nicht gehört, was gerade gesprochen worden war. Stattdessen brummelte er etwas vor sich hin, was Hadamar nicht verstand.
Einen Augenblick noch musterte ihn, dann zuckte er leicht die Achseln und beschloss, ihm einfach keine Aufmerksamkeit mehr zu widmen. Wenn ihm das die Gelegenheit bot, sich noch mehr mit den Frauen zu unterhalten, bitteschön – wer wäre er, dass er da nein sagen würde? Und wer wäre er, wenn er sich stattdessen Gedanken um irgendeinen Kerl machte...Sein Angebot, sie ein bisschen zu begleiten, stieß ganz offensichtlich auf Gegenliebe – naja gut, der Kerl wirkte weder begeistert noch unerfreut, sonden wieder so als wüsste er gar nicht worum es ging, aber den beachtete Hadamar inzwischen nur noch am Rande. „Selbstverständlich würde ich das“, erwiderte er die Worte der Älteren der beiden charmant. „Wie bereits gesagt: ich muss sowieso in die Stadt, sonst wäre ich gar nicht hier am Tor.“ Jetzt lächelte er die Jüngere an, das hieß: plötzlich hatte es mehr etwas von einem lausbubenhaften Grinsen. „Ich sollte euch dann wohl vorwarnen, dass ich mich in Rom auch nicht hervorragend auskenn – ich bin von der Legio II, aus Germania, und selbst erst seit ein paar Wochen hier. Aber wir finden sicher jemanden, der euch weiter helfen kann.“ Der Soldat war mittlerweile mit dem Durchsuchen fertig und kam wieder aus dem Karren hervor. Hadamar warf ihm einen fragenden Blick zu. „Nichts besonderes zu finden, Optio“, antwortete er mit einem Kopfschütteln. „Der Karren ist sauber.“ Hadamar nickte flüchtig. „Wegtreten, Miles“, kommandierte er, dann wandte er sich wieder an die Damen. Und den Kerl, zwangsläufig. „Wollen wir?“
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Irgendwie war hier zu viel Trubel, als dass Hadamar begriff, was hier wirklich vorging. Und es war vermutlich auch nicht das Klügste, mitten in der Menschenmenge zu stehen und sich zu unterhalten – aber irgendwas war mit Corvinus los, und Hadamar war nicht gewillt, ihn einfach sich selbst zu überlassen, wo er im Moment so... naja... labil... war. Es tat ihm irgendwie leid, dass das so war, und noch mehr weil er Corvinus ja eigentlich völlig anders kannte – aber er fand kein besseres Wort, dass seinen Kumpel momentan besser beschrieb als das: er war labil. Und so wie er drauf war, so wie er sich verhielt, schadete er sich selbst am meisten. Was wiederum etwas war, was Hadamar nicht zulassen würde, nicht jedenfalls wenn er es irgendwie verhindern konnte.
Mit einem bedauernden Blick also sah er der jungen Decima hinterher, als diese ging, aber er tat nichts um sie aufzuhalten. Falsche Zeit, falscher Ort, leider... selbst wenn Corvinus nicht augenscheinlich neben sich stehen würde. Sie hatten immer noch eine Aufgabe zu erfüllen – auch wenn die Leute sich wieder beruhigt hatten, mussten sie aufpassen. Und darüber hinaus sollten sie einfach da stehen und was hermachen in ihren Paradeuniformen. Auch wenn Corvinus also gerade Sönke anschnauzte, beschloss Hadamar dass es besser war, wenn sie sich erst mal wieder an den Rand zurückzogen. Er wandte sich an Corvinus, auf eine respektvolle Haltung bedacht. Auch wenn sie Freunde waren, sie waren umgeben von Soldaten und anderen Menschen, und Corvinus war höher gestellt – und er gerade im Begriff, ihm das weitere Vorgehen irgendwie unterzujubeln. „Centurio, die Menge ist wieder ruhig. Wir sollten uns zunächst zurückziehen.“
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Die Ankündigung, dass der Karren durchsucht werden würde, hatte unterschiedliche Reaktionen zur Folge. Die Ältere schien gar nicht begeistert sein... aber bei aller Vorliebe für das schöne Geschlecht, die Hadamar durchaus hatte, und bei aller Anziehungskraft, die die beiden konkret auf ihn ausübten: durchsuchen musste sein. Wäre ja noch schöner, wenn sie sonst Waffen hinein schmuggelten in die Stadt, und er das nicht verhinderte, bloß weil ihn zwei hübsche Augenpaare anklimperten. Der Soldat bekam also bloß einen Wink zu beginnen, und schon verschwand der und rumorte in dem Karren herum, während Hadamar draußen bei den Damen stehen blieb. Oh ja, und bei dem Kerl. Dabei fiel ihm durchaus auf, dass er eine höchstens vage Antwort bekam... und nur von den Frauen. Was ihn kurz dazu brachte sich zu fragen, was mit dem wohl vorging, dass er die Weiber für sich reden ließ – und ob sie irgendwas zu verbergen hatten, weil sie so auswichen. Aber im Grunde wollte er sich ja einfach ein wenig unterhalten... wann hatte man als Soldat auf Kriegszug schon die Gelegenheit dazu? Die letzten Monate: gar nicht. Erst seit sie Rom eingenommen hatten gab es den Göttern sei Dank wieder etwas mehr Interaktion mit der holden Weiblichkeit, die sich nicht als Lupae durchs Leben schlugen. Er zuckte flüchtig die Achseln und ließ ein Grinsen aufblitzen, das dem Schalk in seinen Augen wenig nachstand. „Ich bin gerade sowieso auf dem Weg in die Stadt. Muss zum Palast, zum Oberkommando.“ Naja. Eigentlich nur was fürs Oberkommando abliefern, ein paar Berichte... was man halt so machte, wenn man Optio der ersten Centurie war. Und selbst geschrieben hatte er die Berichte auch noch... In manchen Situationen war es ja toll, dass er nun schon seit geraumer Zeit für seinen Centurio immer öfter einspringen musste, weil der so selten da war. Aber es hieß auch, dass er doppelt Arbeit hatte: die des Optio, und teils auch die des Centurio – und das bei einer Doppelcenturie. Wie auch immer allerdings: dass er die Berichte nur abgeben würde, musste er ja nicht unbedingt erwähnen. „Falls ihr zuerst mal auch in die Richtung müsst, könnt ich euch ein Stück begleiten.“ Die Worte waren begleitet von einem charmanten Lächeln. „Rom ist zwar von uns gesichert, Straßenkämpfe gibt es keine mehr... aber ein Karren tagsüber fällt natürlich auf.“
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Original von Lucius Helvetius Corvinus
Normalerweise war Hadamar nicht unfreundlich zu anderen. Schon gar nicht zu einer Frau. Auch wenn sie wie die wohl eine Hure war. Aber mit Corvinus auf der Liege, der sich einfach nicht rühren zu wollen schien, fehlte Hadamar die Geduld. „Fass dich gefälligst KURZ“, schnauzte er sie schon nach den ersten paar Worten an. Hatte er sie danach gefragt wie sie hierher gekommen war? Nein, ganz sicher nicht, trotzdem tischte sie ihm irgendeinen Quatsch auf, den er gar nicht wissen wollte! Er machte einen Schritt auf sie zu, und seine Miene wurde drohend. „ERZÄHL MIR EINFACH, WAS JETZT. HIER. LOS IST!“ Und dann sagte sie endlich das, was ihre ersten Worte hätten sein sollen. Post. Corvinus hatte Post bekommen, hatte einen Brief gelesen, und danach war er so geworden. „Und wo ist der Brief jetzt?“ fauchte er das Weib an, beinahe zeitgleich als sie es schon von selbst sagte, und ignorierte sie dann von einem Moment auf den anderen, kaum dass sie endlich! das Wesentliche herausgerückt hatte. Er zog den Brief unter der Pritsche hervor und überflog ihn – und war fassungslos, und das aus mehr als einem Grund. Dass Corvinus' Geliebte tot war: das war tragisch, ohne jeden Zweifel. Er hatte zwar nie nachvollziehen können, was in Corvinus da wirklich vorgegangen war, weil er selbst noch nie so verliebt gewesen war, aber natürlich wusste er, was es bedeutete, wenn jemand starb den man liebte. Aber Hadamar war auch noch aus einem anderen Grund fassungslos: was um alles in der Welt hatte dieses Weib mit seinem Kumpel angestellt, dass er jetzt so reagierte? Die musste ihn doch verhext haben! Das war ja nicht mehr feierlich, dass er so da lag und sich gar nicht mehr rührte, kaum noch reagierte. Das hier war ein Soldat, mehr noch, nicht einfach nur irgendein Soldat, das hier war Bovis, der Riese, der schon alles gekonnt hatte lange bevor er auch nur Tiro geworden war, das Kraftpaket mit der Monsterlunge, den irgendwie nichts umzuhauen schien. Und der lag jetzt SO da wegen eines WEIBS? Flüchtig schoss Hadamar durch den Kopf, dass die wirklich, also: wirklich gut im Bett gewesen sein musste. Aber den Gedanken schob er sehr schnell wieder fort, als er sich wieder zu Corvinus stellte und ihn erneut rüttelte, diesmal fester. „Komm schon, Alter. Du kannst hier net so liegen bleiben, du musst aufstehen.“
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Hadamar rückte mit seinen Leuten weiter vor, bemerkte aus den Augenwinkeln, dass noch ein paar mitkamen, und hörte wie wieder irgendein Kerl sprach, aber nicht welcher, und schon gar nicht die Worte. Sie drängten vor in die Menge, bis sie zum Unruheherd kamen, und begannen dort die Unruhestifter herauszupflücken... und dann sah Hadamar eine denkenswerte Szene. Ein Kerl, der ihm irgendwie bekannt vorkam, der eindeutig mitschimpfte. Eine Frau, die auf ihn zumarschierte, laut seinen Namen brüllte – Verus – und ihm dann ordentlich eine schallerte. Vor allen Leuten. Hadamar hätte ja beinahe angefangen zu lachen, als er das sah, umso mehr, weil der Kerl danach nicht etwa noch wütender wurde als er wohl eh schon war, wenn er so rumschimpfte, sondern im Gegenteil halb in sich zusammenzusacken schien. Das Weib hatte ihn definitiv im Griff... das war der Moment, in dem Hadamar seinen Blick ihr zuwandte und sie aufmerksamer musterte – und zu seiner Überraschung feststellte, dass er sie kannte. Das waren die vom Stadttor... Den Kerl hatte er sich nicht wirklich gemerkt, aber die beiden Frauen... die ganz definitiv. Zu hübsch und zu zuvorkommend, als dass er sie sich nicht gemerkt hätte. Und der Kerl stand nun hier und machte Stunk gegen den neuen Kaiser? War der etwa nur deswegen nach Rom gekommen?
Er runzelte die Stirn und gab seinen Leuten einen Wink, weiter in die Richtung vorzurücken, aber sie waren nicht schnell genug – so geknickt, dass Hadamar meinte den eingezogenen Schwanz sehen zu können, drehte sich der Kerl um und verschwand... und er würde inmitten der Menge keine Verfolgungsjagd anzetteln, das ganz sicher nicht. Die Milites wandten sich einfach anderen Unruhestiftern zu, die noch nicht genug hatten, und routiniert sorgten sie für Ruhe in der Menge, indem sie die Schlimmsten einfach herausgriffen und wegbringen ließen. Hadamar selbst ließ seinen Blick über die Menge schweifen, um zu sehen, wo es vielleicht noch Schwierigkeiten gab – und wieder gab es etwas, wo er hängen blieb. Diesmal an Corvinus, der mit seiner Körpergröße die meisten anderen überragte, und der... da stand und vor sich hin starrte? Hadamar fühlte sich unangenehm an jenen Morgen erinnert, an dem er zu seinem Kumpel geholt worden war und er einfach nur... da gelegen hatte... jetzt sah er ein bisschen ähnlich drein, fand er, zumindest auf die Entfernung. Irgendwie weggetreten. Und dann verschwand er auch noch in der Menge, aber nicht so als sei er umgehauen worden, eher so als kniete er sich hin – das hieß nichts Gutes. Hadamar machte sich relativ rücksichtslos seinen Weg frei bis zu Corvinus, und was er bei ihm dann sah, überraschte ihn erst recht: zum einen kniete Corvinus tatsächlich. Zum zweiten war da auch Sönke, der auf den Centurio einsprach. Und zum dritten war da nun die dritte im Bunde vom Stadttor. „Decima... schön dich wieder zu sehen“, nickte er flüchtig zu – so viel Zeit musste einfach sein, ganz ehrlich –, bevor er sich nach einem fragenden Blick zu Sönke an Corvinus wandte: „Alles in Ordnung?“
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Regungslos standen die Legionäre da, in Ehrenformation aufgereiht, die Blicke auf den Kaiser gerichtet – dass er es im Grunde noch nicht ganz war, war Hadamar ziemlich egal, und den einfachen Milites in seiner Einheit noch viel mehr. Was ihnen nicht ganz so egal war, war der Teil seiner Rede, als er von seiner Armee des Ostens sprach... und nur von der. Da war Hadamar für einen Moment tatsächlich irritiert. Er bezweifelte ja gar nicht, dass der Kerl mit seinen Legionen auf dem Weg hierher auch ein paar Schlachten geschlagen hatte, aber... das hatten sie auch. Und wer genau hatte Rom noch mal eingenommen? Das war nicht die Armee aus dem Osten gewesen, die dem Cornelier diesen konkreten Weg geebnet hatte. Trotzdem klang das grad so... und mehr noch: die Legionen aus dem Norden erwähnte er überhaupt nicht. Nicht einmal in einem klitzekleinen Nebensatz. Nun etwas verschnupft guckte Hadamar zum Podest hinauf, ließ dann aber seinen Blick kurz über seine Männer schweifen – aber obwohl auf dem ein oder anderen Gesicht durchaus zu erkennen war, dass die auch mitbekommen hatten, dass sie im Gegensatz zu den Legionen, die den Kaiser direkt begleitet hatten, keiner Erwähnung wert waren, kam keine Unruhe auf. Sie alle wussten, wie wichtig dieser Moment war, und vor allem wussten sie wohl, was ihnen blühte, wenn sie jetzt aus der Reihe tanzten, und sei es nur durch eine Bewegung, die irgendwie auffiel.
Etwas irritiert also, aber erleichtert, dass sich keiner der Milites daneben benahm, richtete Hadamar seine Aufmerksamkeit wieder dem Podest zu, auf dem mittlerweile auch eine Frau stand. Es ging um das Testament des alten Kaisers, so viel hatte er mitbekommen, während er nach dem Rechten gesehen hatte unter seinen Leuten, und sie schien diejenige zu sein, die es hatte – und jetzt berichtete, wie sie bekommen hatte, um es dann vorzulesen. Das wiederum war für Hadamar ziemlich uninteressant. Vielleicht brauchten die Stadtrömer so was, um Cornelius auch wirklich als Kaiser akzeptieren zu können, aber sowohl für ihn als auch für die Soldaten um ihn herum war das Thema gegessen. Sie waren für den Mann in den Krieg gezogen, hatten für ihn gekämpft. Er war der wahre Kaiser für sie. Schon allein weil sie ihn mit dazu gemacht hatten. Eher uninteressiert hörte Hadamar also zu, was die Frau zu erzählen hatte, und ließ seinen Blick währenddessen erneut schweifen, als plötzlich doch Unruhe aufkam – wenn auch von anderer Stelle: aus der Menge an Zivilisten. Mit einem Stirnrunzeln sah er in die Richtung, von der nun Rufe zu hören waren. Hure. Verräterin. Und das hier, jetzt, beim Einzug des Princeps. Gar nicht gut. Heute hatte alles zu laufen, und zwar reibungslos – eine Menge, die plötzlich Stimmung machte gegen jemanden, der beim Kaiser auf dem Podest stand, war gar nicht gebrauchen.
Flüchtig sah Hadamar wieder zum Podest, um heraus zu finden, ob vielleicht von der persönlichen Truppe des Kaisers jemand einzugreifen gedachte... als er Alriks Blick und die leichte Kopfbewegung auffing. Was eindeutig genug für Hadamar war, der sich genau das gleiche dachte: irgendjemand musste eingreifen. Und da in diesem ersten, winzigen Moment keiner sonst sich rührte, da zudem Alrik ihn auffordern zu schien – na, dann machte er das halt. Mit einer kurzen Handbewegung orderte er das erste Contubernium mit sich, die gleich bei ihm standen, und rückte vor in Richtung des Unruheherds – aus dem nun plötzlich auch noch irgendwelches Zeug in Richtung des Podests anflog. Hadamar konnte es nicht fassen. Gerade eben hatten die dem Cornelier noch zugejubelt, und jetzt warfen sie plötzlich fauliges Zeug? Und da hatten sie geglaubt, Salinator-Anhänger würden sich heute nicht trauen, Stunk zu machen... wenn sie sich denn überhaupt trauten aufzutauchen. Hadamar beschleunigte seinen Schritt noch, bis er die ersten der Unruhestifter ausmachen konnte.
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Der Zug durch die Stadt bis hin zum Forum lief wie geschmiert. Kein Wunder, es war ja vorher auch alles perfekt geplant gewesen. Keiner wollte, dass ausgerechnet bei dieser Parade, an diesem Tag, auch nur irgendetwas schief ging, und so war von der Führungsspitze ordentlicher Druck nach unten durchgegeben worden, damit auch ja alles klappte. Und zumindest in Hadamars engerem Umfeld lief auch alles wunderbar – marschieren war etwas, was sie konnten, auch wenn sie schon lang nicht mehr gewohnt waren, ihre Paradeuniformen vorzuführen. Aber das wirkte sich nun eher als Bonus aus... das und die Tatsache, dass die Leute am Straßenrand begannen zu jubeln. Trug definitiv dazu bei, dass so manch einer der Soldaten die Brust noch ein bisschen mehr rausschob – und froh war um die Poliererei, zu denen die Vorgesetzten sie alle gezwungen hatten.
So wie der Marsch durch Rom lief, lief auch die Aufstellung auf dem Forum Romanum, als sie es schließlich erreichten: wie am Schnürchen reihten sich die Soldaten dort auf, wo sie laut Planung zu stehen hatten. -
Mit blitzblank polierter Rüstung, aber sämtlichst ohne Waffen – immerhin sollte es nachher in die Stadt hinein gehen – stand auch Hadamar bereit, vorne dran an seiner Centurie, um die Ankunft des Kaisers zu erwarten. Neugierig war er ja schon auf den Kerl, für den sie das alles hier gemacht hatten... gerade wo sie in den vergangenen Wochen, seit die Einnahme Roms abgeschlossen war, tatsächlich etwas Ruhe gehabt hatten – so viel, dass es fast schon wieder zu viel war für manche, und mit schöner Regelmäßigkeit nun Streitereien geschlichtet werden mussten, oder sich um Soldaten gekümmert werden musste, die einfach Unfug anstellten. Ein bisschen seltsam war das für Hadamar, weil er noch zu gut wusste, dass früher häufig genug er genau im Mittelpunkt von solchen Streitereien und vor allem jeder Menge Unfug gewesen war – und jetzt gehörte er auf einmal zu denen, die so was abstellten, und das mittlerweile sogar ziemlich routinemäßig. Er hätte lügen müssen, hätte er behaupten wollen dass er sich nicht ein bisschen nach dieser Zeit zurück sehnte... es war definitiv einfacher gewesen. Und es machte ja auch Spaß, die Flausen, die ihm auch jetzt noch im Kopf steckten, rauszulassen – stattdessen musste er sie nun unterdrücken, jedenfalls vor den Milites. Aber wenn er sich ansah, was er alles erreicht hatte, und wenn er daran dachte, wie seine Leute ihn mittlerweile respektierten, wie sie auf ihn hörten, wenn er Befehle erteilte... das war eindeutig ein tolles Gefühl.
Sie standen und standen und standen, und schließlich, nach Warten und Vorhut und Ankündigung und wieder Warten und Opfer und wieder Warten, tauchte der Kaiser endlich selbst auf. Und war... hm. Irgendwie nicht ganz so beeindruckend, wie Hadamar sich das vorgestellt hätte. Gut, das mochte auch daran liegen, dass er große Militäraufmärsche mit polierten Rüstungen und Glanz und Fanfaren und all das mittlerweile einfach gewohnt war – bei seinem ersten Mal mittendrin war er wahnsinnig beeindruckt gewesen, daran konnte er sich noch erinnern –, und dass er, obwohl er recht weit vorne stand, den Kaiser nicht so gut sehen konnte, der zwar auf einem Pferd saß, aber umringt war von einem Spalier seiner Leute und all den Würdenträgern und wichtigen Militärs, die auch beritten waren, trug natürlich auch was dazu bei, dass er nicht hin und weg war nur vom Auftauchen. Und so blieb er einfach in Haltung stehen, bis der Befehl zum Einzug in die Stadt kam, bei dem auch seine Einheit als eine der Abordnungen der Secunda mitgehen würde.