„Na sieh mal einer an, wer da lang stolziert...“ Hadamar rollte die Augen, als er die Stimme halb neben, halb hinter sich hörte, reagierte aber nicht darauf.
„Wenn das mal nicht unser Lieblingsküken ist“, kam allerdings gleich darauf eine zweite, unter leisem Gelächter, und eine dritte: „Heut schon ne Sonderbehandlung abgegriffen?“
Hadamar presste die Kiefer so fest aufeinander, dass seine Zähne knirschten, aber als er sich umdrehte, tat er es betont langsam. Mit gerunzelter Stirn und beginnender Wut starrte er die drei Legionäre an, die sich hinter ihm aufgebaut hatten. Es war Abend, nach Dienstschluss, und die Trottel – die nicht allzu viel älter waren als er – lümmelten offenbar einfach nur beim Brunnen herum. Hadamar fielen die Namen gerade nicht ein, nur dass es Idioten von der... zweiten oder dritten Centurie seiner Cohorte waren. Oder waren sie doch von ersten? In jedem Fall gehörten sie zu denen, mit denen er schon mal Bekanntschaft der unangenehmeren Art gemacht hatte. Die Prügel während seiner Probezeit, als er sich rausgeschlichen hatte aus dem Castellum, hatte er den Ratten hier zu verdanken. „Noch irgendwas, was ihr unbedingt los werden wollt?“ machte er genervt. „Spuckt euern Müll ruhig raus, wir wollen ja net dass ihr dran erstickt.“
Der Größte der drei machte in aller Seelenruhe ein paar Schritte auf ihn zu, bis er nur noch einen Fuß von ihm weg war, und blickte ihn von oben herab an. „Na was denn. Meinst jetzt noch frecher werden zu können, wo dein Kumpel befördert worden ist?“
„Was solln das bitte heißen?“
„Du weißt genau was das heißt. Du hängst doch ständig mit Bovis rum. Aber glaub ja nicht, dass seine Beförderung nen Freibrief für dich ist.“
„Reiß dich bloß zusammen“, zischte einer der anderen, die mittlerweile beide ebenfalls näher gekommen waren. „Hat ja schon angefangen, dass du bevorzugt wirst.“
„Aber lang sehen wir uns das nicht mit an, darauf kannst du Gift nehmen!“
Hadamar begann zu bereuen, dass er überhaupt stehen geblieben war und sich auf das Gespräch eingelassen hatte – aber wenn er jetzt nicht weiter fragte, würde ihm das keine Ruhe lassen, das wusste er. „Eh. Bitte was? Wasn für ne Bevorzugung?“
„Du sahnst den besten Wachdienst ab, du kriegst nen Auftrag vom Legat persönlich, oh und nicht zu vergessen: du hechelst deinem Kumpel ständig in Paradeuniform hinterher...“
„Ihr habt doch net mehr alle Nadeln am Baum!“ knurrte Hadamar empört. „Was solln der Scheiß, das ist doch net wahr!“ Jedenfalls nicht alles, und der Rest, der stimmte, war komplett verdreht. Er hatte ja nicht vom Legat persönlich einen Auftrag bekommen, und selbst wenn: der war ja nicht gerade toll gewesen, und erst recht keiner von der Sorte, mit dem man sich hätte profilieren können. Und ja, natürlich hatte es in letzter Zeit ein paar Anlässe gegeben, in denen ein paar von ihnen in Paradeuniform hatten auflaufen müssen, aber das war ja nun wirklich nicht seine Schuld. Oder Corvinus'. Und davon abgesehen: die Idioten waren ja noch nicht mal in derselben Centurie wie sie, die hatten gar keine Ahnung – die wollten nur Stunk machen, und aus irgendeinem Grund hatten sie es auf Hadamar abgesehen. Oder, naja, nicht aus irgendeinem Grund, eher aus einem sehr konkreten, immerhin hatte Hadamar sich mit seiner scharfen Zunge und seinem Erfolg beim Spielen nicht nur Freunde gemacht.
„Jaja...“ Auf der Miene des Miles breitete sich ein anzügliches Grinsen aus, eines von der Sorte, das Hadamar ihm am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte. „Wir behalten dich im Auge, Kleiner. Und Bovis genauso. Der hat seine Beförderung doch sowieso nur durch irgendwelche Kungeleien gekriegt, aber glaub ja nicht, dass dir das irgendwas bringen wird.“
„Wahrscheinlich ist er seinem Centurio so tief in den Arsch gekrochen, dass er oben schon wieder fast rausgekommen ist“, feixte der nächste, aber der Große winkte ab – immer noch mit diesem Grinsen, das noch anzüglicher zu werden schien und eine gewisse Häme dazu bekam. „Red keinen Stuss. Bovis ist seinem Centurio vielleicht in den Arsch gekrochen, aber er ist weit genug draußen geblieben, um ihm noch die Eier kraulen zu können.“
Und das war der Moment, in dem Hadamar der Kragen platzte. Er vertrug einiges – war ja einiges gewöhnt, immerhin waren seine Kumpels früher auch nicht gerade zimperlich mit ihm umgegangen –, aber was er nicht haben konnte war, wenn jemand gegen einen seiner Freunde stänkerte. Und dann solche Unterstellungen? Oh nein, da waren die Kerle bei Hadamar definitiv an den Falschen geraten. Ohne darauf zu achten, dass er absolut in der Minderzahl war, stürzte er sich mit wütenden Zähnefletschen auf den Größten der drei, ballte seine Faust und schlug sie ihm mit Wucht mitten ins Gesicht. Im nächsten Moment lagen Hadamar und sein Gegner schon auf dem Boden und wälzten sich im Dreck, und im Nu war, unter den Anfeuerungsrufen der beiden anderen Hornochsen, die schönste Prügelei im Gange.