Beiträge von IULIA ULPIA DRUSILLA

    Nun war ihr Mann als auch in Rom noch einmal symbolisch gestorben. Die letzten Tage waren besonders schwer gewesen und gleichzeitig wichtig, um doch endlich endgültig Abschied nehmen zu können. Die Bestatter hatten ganze Arbeit geleistet und der nachgebildete Leichnam ihres Mannes war ihnen trefflich gelungen. Tränen stiegen der Augusta in die Augen, als die unvermeidlichen Worte gesprochen wurden und die Totenklage einsetzte.

    Die Fragen die sie stellte, schienen beim neuen Kaiser nicht auf viel Gegenliebe zu stoßen, bemerkte die Augusta. Doch sie hatte Verständnis dafür, immerhin hatten sie sich erstens lange nicht gesehen und zweitens war es ihr nicht verborgen geblieben, dass er krank war und jedes Gespräch somit augenscheinlich eine Belastung. Viel wichtiger, als die Antworten auf ihre Fragen war ihr daher die andere Aussage, die er machte. "Ich danke dir für die Ehre, diesen Titel weiterhin führen zu dürfen. Und ich freue mich darauf, bald deiner Frau zu begegnen. Aber nun lasse dich nicht von mir aufhalten. Es warten viele Menschen auf dich."


    Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie einen Schritt zurück trat. Auch sie wollte vorerst wieder aus dem Licht der Öffentlichkeit.

    Seine Worte waren nicht das, was sie als Begrüßung erwartet hatte, aber sie freute sich dennoch. "Ich danke dir für dein Mitgefühl. Für dich wird es kaum leichter gewesen sein, nehme ich an. Und du hast damit ein wichtiges Erbe übernommen."


    Die Blicke der Augusta fixieren das Gesicht des neuen Kaisers, schauen aufmerksam aber nicht eindringlich. "Du siehst müde aus von der Reise. Versuche nicht zu schnell, an die großen Taten deines Vaters anzuschließen. Auch er hat Phasen der Ruhe gebraucht.


    Wo sind deine Frau und dein Sohn?"

    So langsam wie der Adoptivsohn ihres verstorbenen Mannes wanderten die Blick der Menge in ihre Richtung und stieg ein kribbelndes Gefühl in ihr auf. Die Augusta spürte nun deutlich, wie sehr sie mit ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Tod ihres Mannes in das Licht der Öffentlichkeit geriet. Einige Diener huschten noch hin und her, dann stand nichts mehr im Wege, dem Mann zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in die Augen zu blicken, der ihren verstorbenen Gatten beerbte.


    Die vielen Menschen um sie herum hatte sie vergessen, ihr Blick taxierte nur noch gelegentlich die Begleiter des neuen Kaisers. Dessen Bruder war ihr recht gut bekannt, den Praefectus Urbi und den Praefekten der Garde kannte sie ebenfalls, die Consules ohnehin. Ein weiterer Mann bewegte sich eng an des Kaisers Seite, den sie bisher nicht einschätzen konnte. Aber wenn er wichtig war, würde sie dazu zweifellos noch Gelegenheit bekommen. Sofern ihr weiterhin die Rolle einer Augusta zugestanden wurde, verstand sich.

    Jetzt war es also vollbracht. Der Adoptivsohn ihres verstorbenen Mannes war zum Kaiser ausgerufen worden und er hatte die Ausrufung angenommen. Die Augusta hatte stets Respekt davor gehabt, dass die Adoption eine besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn begründete, in der ihre Rolle denkbar gering war. Trotzdem fühlte sie sich jetzt ein wenig wie die Mutter des Kaisers und war mit Stolz erfüllt.


    Gemeinsam mit der Schar der wichtigsten Palastdiener und des großen Beamtenapperates des Hofes hatte sie am unteren Ende des Forums Position bezogen, so dass sie die Zeremonie nur aus der Ferne beobachten konnte. Da sich alle Blick auf den neuen Kaiser richteten, stand sie damit bei ihrem ersten großen öffentlichen Auftritt seit dem Tod ihres Mannes vorerst nicht im Blickfeld, was sie als äußerst angenehm empfand. Gleichwohl erwartete sie, dass der neue Kaiser im Laufe der Zeremonie auch sie begrüßen würde. Bis dahin hielt sie sich zurück und stimmte sanft in den Jubel mit ein, wo dies angemessen war.

    Die Kaiserin hatte sich nicht offiziell in der Öffentlichkeit gezeigt, seit ihr der Procurator a libellis die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatte. Auch als seine Asche Rom erreichte, hatte sie die Öffentlichkeit gemieden und den Palast gleichsam wie eine Schutzhülle um sich herum geschätzt. Sie war sich bewusst, dass eine starke Witwe des verstorbenen Kaisers ein gutes Zeichen für Rom gewesen wäre, aber sie spürte ebenso, dass der Tod des Kaisers Rom zwar traf, jedoch nicht lähmte oder zum Wanken brachte. Nun würde es der Adoptivsohn ihres Mannes sein, der den Kaiserthron besteigen würde. Sie würde Augusta bleiben, nicht als Frau des Kaisers, sondern als Mutter. Ihr Mann hatte ihr diesen Titel zuerkannt und Valerianus ihn bisher nicht wieder eingezogen, um ihn seiner Frau zu übertragen. So viel Selbstbewusstsein war ihr geblieben, sich nicht voreilig für geringer zu halten, als sie war. Noch immer war sie höchste Diplomatin des Reiches und Beraterin des Augustus in Regierungsgeschäften. So nennte es das Gesetz und so wollte sie es halten. In aller Bescheidenheit und Ruhe wie bisher.

    Die Augusta hielt sich die ganze Zeit dezent im Hintergrund. Auch wenn sie durch ihre Mitgliedschaft die Societas unterstützen wollte, so sah sie sich selbst nicht als aktives Mitglied, dass in solche Entscheidungen eingreifen sollte. Außerdem wäre es mit ziemlicher Sicherheit so gewesen, dass alle anderen den gleichen Kandidaten wie sie gewählt hätten. Wer würde es denn wagen und der Frau des Kaisers widersprechen? Also war es so gesehen recht gut, dass sie sich bisher nicht geäußert hatte.


    "Wenn Tiberia Claudia diese Aufgabe annimmt, dann werde auch ich ihr nicht im Wege stehen. Sofern alle anderen ebenfalls mit dieser Wahl einverstanden sind, hat sie auch meinen Segen als neue Magistra der Societas."

    Die Damen hatten bereits einige Zeit gewartet, als die beiden großen Flügeltüren aufgingen und die Augusta herein trat. Begeleitet wurde sie von zwei Prätorianerwachen, die sich sofort nach betreten des Raumes, links und rechts der Türe postierten und von einem Scriba, der allen Anschein nach die Aufgabe hatte, die Versammlung zu protokollieren. Höflich nickte sie den Mitgliedern der Societas zu.


    "Seit gegrüßt Töchter der Societas Veneris und verzeiht mir die Verspätung. Ich wurde leider aufgehalten."

    Kurze Zeit später kam ein Scriba der Kaiserin aus ihren Gemächern und grüßte den Quaestor mit einem kurzen Kopfnicken.


    "Salve Quaestor. Du kannst mir den Brief an die Kaiserin übergeben. Ich werde ihm ihr bei nächster Gelegenheit vorlegen."

    Die Kaiserin nickte und zeigte dadurch ihr Einverständnis zu dem eben gehörten.
    "So soll es sein mein Kind. Suche mich dann gemeinsam mit den anderen Mitgliedern auf. Du kannst nun gehen."

    "Nun! Den Termin überlasse ich dir. In nächster Zeit habe ich keine Reisen oder ähnliches geplant und nachdem die Mitglieder der Societas nicht besonders viele sind, werden wir wohl auch keine großartigen Vorbereitungen brauchen."

    Mit einer kurzen Handbewegung, deutet die Augusta einem ihrer Scriba, der sich bisher dezent im Hintergrund gehalten hatte. Er nahm darauf hin eine Tabula zur Hand und wartete, bis die Augusta weitersprach, um sich Notizen zu machen.
    "Dann soll es so sein mein Kind. Berufe eine Versammlung ein. Er kann hier im Domus Augustana stattfinden. Denkst du es wird mögliche Kandidaten für dieses Amt geben? Wie sieht es mit dir selbst aus? Soweit ich es in Erinnerung habe, dienst du doch selbst der Göttin Venus als Priesterin."

    Noch bevor die Kaiserin etwas zu ihrer Cubicularia sagen konnte, war diese auch schon wieder verschwunden. Also wandte sie sich wieder Decima Valeria zu.
    "Ich möchte dir mein Beileid zu diesem tragischen Verlust aussprechen. Es ist immer ein schwerer Schlag ein Familienmitglied zu verlieren. Auch für die Societas ist dies ein schwerer Schlag, der uns schwächt und ein wichtiges Mitglied entrissen hat."
    Nachdem die Kaiserin ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht hatte, wartete sie darauf, dass Valeria fort fuhr.

    Nach einem Nicken in Richtung des Magister Domus Augusti, als Zeichen er könne die beiden alleine lassen, begrüßte die Augusta die Besucherin.
    "Salve, Decima Valeria!"
    Sie hatte den Namen noch im Ohr, konnte sich jedoch nicht mehr entsinnen, woher sie ihn kennen sollte. Außer als vermutliche Verwandtschaft des Meridius.

    Die Kaiserin richtete sich aufrechter und sah ihn nochmals mit einem höflichen Lächeln an.
    "Nun, Munatianus, dein Besuch hat mich gefreut.
    Überbringe deinem Verwandten von mir die besten Grüße und Dank für das Geschenk."

    Nun erhob sie sich von ihrem Platz.
    "Dir wünsche ich noch alles Gute für deine weiteren Pläne. "
    Mit einem Nicken gab sie ihm ein Zeichen der Verabschiedung.

    Mit einem Schmunzeln reagierte die Kaiserin auf seinen impulsiven Vortrag über das persönlichen Glück der Menschen.


    "Ich meinte die positive Sicht was die Zukunft unseres Reiches betrifft. Das ist es, was vielen immer wieder verloren geht. Der Glaube daran, die Loyalität denen gegenüber, die sich für das Reich und die Bevölkerung einsetzen.


    Aber schön zu hören, welche positive Ansicht des Lebens du mit dir trägt."

    Sein Zitat des Seneca stimmte die Kaiserin wieder milder, meinte sie doch darin ein Zeichen für seine Anerkennung und sein Interesse für die römische Kultur zu erkennen. Der Stolz der Germanen auf ihre Herkunft schien diesem Volk aber nur schwer austreibbar zu sein, was sie hier nicht zum ersten Mal bemerkte. Diskussionen darüber waren meist sinnlos, wusste sie, da sie auch schon andere Eigenschaften der germanischsstämmigen Bevölkerung kennenlernen durfte, und so unterließ sie diese auch.


    "Dein Optimismus die Zukunft betreffend ist erfreulich. Ich wünschte er wäre weiter verbreitet."

    Die Offenheit über seiner früheren Skepsis dem römischen Reich gegenüber überraschte sie. Nicht gerne hörte sie solche Worte, auch wenn sich diese Skepsis mittlerweile gelegt haben sollte, und die Sympathie diesem Mann gegenüber schwand ein wenig.
    "Das Leben gibt einem zum Glück genug Zeit und Gelegenheiten zu erkennen und zu lernen."

    Ragnarök war ein Begriff, der der Kaiserin schon früher untergekommen war. Schon alleine der Wortlaut erheiterte sie jedes Mal wenn sie es hörte, doch sie fragte nicht weiter nach.
    Stattdessen ignorierte sie sein Abwinken, beobachtete die kleinen Happen, die aufgetragen wurde, und begann dem Scriba neben ihr einen Brief zu diktieren.


    Zu seinem Kommentar über die Liebe erwiderte sie mit einem Schmunzeln
    „Ich darf dich doch bitte, ihm dieses Schreiben zu überbringen?“, fragte sie zwischenzeitlich den Gast, ohne etwas anderes als Zustimmung zu erwarten.




    Valentin Duccius Germanicus
    Mogontiacum



    Es war mir eine Freude, deinen Cousin, Ancius Duccius Munatiuanus, kennenzulernen und möchte dir auch gleich meinen Dank für dein Geschenk aussprechen.


    Was das aufrührerische Edikt des frühere Aedils betrifft, kann ich berichten, dass ein Verfahren gegen bereits begonnen hat. Ich bin jedoch überzeugt, die Nachricht darüber verbreitet sich auch bald in die Provinzen, da es tatsächlich einiges an Staub aufwirbelte.


    Deine Entscheidung, die persönliche Karriere nach den Bedürfnissen eurer Provinz zu richten, ist äußerst lobenswert und ich wünsche dir, dabei die richtige Entscheidung zu treffen.


    Deiner Cousine und ihrem künftigen Gemahl, ebenso wie dir möge der Schutz der Götter zuteilwerden.


    Iulia Ulpia Drusilla


    Was die Liebe angeht, ging die Kaiserin nun doch auf das Kommentar ihres Gastes ein, da es auch den Schlusssatz ihres Briefes betraf.
    "Die Verbindung findet nicht gerade deine Zustimmung? Wie seid ihr verwandt?" Die Beziehng zwischen Munatianus und Britannia war ihr noch nicht bekannt, sie wusste nur, beide sollten Cousins von Valentin sein, doch das ließ einiges an Möglichkeiten zu.

    Mit erfreutem Blick nahm sie die Rohre entgegen, entrollte das Schreiben und begann auch sogleich zu lesen. Ab und an blickte sie zu Munatianus.
    "Dieses Fest, das ihr bald feiert, hat auch zum Anlass den Dank an die Götter für die eingebrachte Ernte? Ich denke dein Verwandter hat mir bereits davon berichtet."
    Während sie im Gelegenheit für eine Antwort hab, las sie nebenher weiter.


    "Duccia Britannia und der Praefect der Ala, Decimus Magnus, sieh an. Ich durfte bei auf meiner Germanienreise kennenlernen."


    Dann legte sie das Schreiben zur Seite und fragte den Gast.
    "Möchstest du eine Kleinigkeit zu essen?"


    Sie wartete seine Antwort nicht ab sondern deutete zu einer Dienerin etwas zu bringen. Einer anderen deutete sie, etwas zu schreiben zu bringen, die Kaiserin wollte gleich ein Antwortschreiben aufsetzen.