So redeten die unterschiedlichen Generationen eben manchmal etwas aneinander vorbei. Der Iulier seinerseits hatte sich nämlich extra bemüht nicht erst ewig irgendwelche netten Floskeln und Komplimente zu faseln, bevor er irgendwann endlich mit seinem Anliegen, nach dem sich der Consular schließlich eigentlich nur erkundigt hatte, herauszurücken. Folglich war er mit seiner ersten Vorstellung jetzt nicht ganz unzufrieden, wenngleich die zurückhaltende Reaktion seines Gegenübers wohl hieß, dass der Vinicier noch längst nicht überzeugt war.
"Sehr gern, Consular.", nickte Dives anschließend auf den Wunsch des Hausherrn nach einem kleinen Spaziergang im hauseigenen Garten. Er hörte sich an, was der Senator wissen wollte, und begann dann, während er in der Geschwindigkeit des Viniciers ebendiesem folgte, mehr von sich zu erzählen:
"Nun, ich gehöre zu den Iulii Caepiones.", startete er bei seinem Stammvater, bevor er zu seinem leiblichen Vater kam. "Mein Vater war Caius Iulius Constantius, ein Soldat der Stadtkohorten, der nach 18 Jahren Dienst mit nur 37 Jahren verstorben ist. Vielleicht kennst du ihn als Mitglied der Factio Veneta, der ich im Sinne meines Vaters ebenfalls seit einigen Jahren angehöre - wie auch meine Tante Iulia Helena, deren politische Aktivität in Ostia auch der Grund dafür war, dass ich meine praktische Erfahrung während der dunklen Zeiten hier in Roma ebenfalls in Ostia gesammelt habe.", führte der Iulier aus und musste bei dieser Gelegenheit natürlich auch zwangsläufig seinen Cousin Centho erwähnen, um nicht den Eindruck zu vermitteln, dass er etwas zu verbergen hatte.
"Auf diese Weise ist im Übrigen auch der Senator Iulius Centho ein mir verwandtschaftlich vergleichsweise nahestehender Cousin. Er nahm mich in der Casa Iulia auf, als ich aus dem aegaeischen Raum, wo ich in Athenae, Pergamum, Ephesus und Rhodus gelernt und studiert habe, nach Roma gekommen bin. Und als sein Stellvertreter führe ich derzeit auch die Societas Claudiana et Iuliana. Darüber hinaus...", um wieder von dem Namen seines senatorischen Verwandten weg zu kommen, "... betätige ich mich seit einiger Zeit auch als Praeceptor der Schola Atheniensis, wobei ich mich aufgrund meines Alters aktuell nur um die Cursus de rebus vulgaribus mit kümmere. Selbigen habe ich selbstverständlich zuvor mit einer Diploma bestanden, wie ich mich ebenfalls auf dem Gebiet der Literatur mit Auszeichnung fortgebildet habe." Das war zwar sicherlich kein besonders angesehener Kurs, aber manchmal musste man eben nehmen, was man kriegen konnte. Aber das ließ sich natürlich auch noch schöner rechtfertigen:
"Ich denke nämlich, dass es für die eigenen Redefertigkeiten und das eigene Sprachverständnis durchaus wichtig ist, sich auch mit denen zu befassen, die in der Vergangenheit teils großes auf diesem Gebiet erreicht haben.", lächelte Dives und hoffte, dass man ihm das mal so abnahm.
"Ferner habe ich mich als Duumvir in Zeiten des Bürgerkriegs natürlich auch militärisch versucht ganz grundlegend fortzubilden und habe - vielleicht auch schon im Hinblick auf ein späteres Tribunat in der Zukunft - das Examen Primum der Academia Militaris erfolgreich absolviert. Spätestens dort ist mir dann auch kar geworden, dass das Militär, trotz meinem väterlichen Vorbild, wohl kaum etwas für mich ist. Vielmehr fände ich Gefallen an einer priesterlichen Tätigkeit, beispielsweise im Collegium Septemvirorum.", ließ er an dieser Stelle einfach schon einmal anklingen. Dass er den Ordo dazu besaß, hatte er ja bereits erwähnt.
"So habe ich in meiner Zeit als Duumvir auch einen Tempel für Iuppiter in Auftrag gegeben, der derzeit in Ostia errichtet wird und eine Kultstatue aus meinem privaten Geldbeutel bekommen wird. Dass ich ferner als einer der beiden Stadtobersten der letzten beiden Jahre auch bereits diverse Opfer erfolgreich vollzogen habe, brauche ich sicherlich nicht weiter zu erwähnen." Damit kam er dann auch doch schon so langsam mit seinem etwas ausführlicheren Tätigkeitsbericht zum Ende.
"Warum nun bitte ich gerade dich um dein Patronat? Nun, dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Zum Einen bist du ein wohlbekannter Consular mit einem großen und bedeutenden Namen. Ich habe einen entfernten Cousin, Iulius Saturninus, gewesener Duumvir von Misenum, der ein Klient deines Bruders Vinicius Lucianus war. Und wo er deinem Bruder in größer Not nicht zu helfen vermochte, da möchte ich zumindest dabei helfen, den erwähntermaßen großen und bedeutenden Namen Vinicius wieder in das Licht zu rücken, in das er gehört.", wie es wohl mehr als offensichtlich war, dass der Iulier damit auch die Verbindung zu den Viniciern nicht abreißen lassen wollte - ganz im Sinne der iulischen Gens.
"Ferner weiß ich spätestens seit Beginn meiner Tätigkeit für die Schola Atheniensis, dass du eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet des Rechts bist. Und da ich selbst einmal den Cursus Iuris abzulegen gedenke, wäre es mir die größte Freude, wenn sich eventuell bei Gelegenheit einmal das eine oder andere lehrreiche Gespräch ergäbe." Die eigene Wissbegierde brauchte er nach seinem ausführlicheren Tätigkeitsbericht sicherlich nicht extra erwähnen.
"Nicht zuletzt habe ich in Erfahrung gebracht, dass der ehemalige Pontifex pro magistro, Tiberius Durus, ebenfalls zu deinen Klienten gehörte.", ließ der gewesene Duumvir einfach mal so in den Raum gestellt stehen und fügte statt einer Erklärung dieser Aussage lieber folgenden Satz an: "Mit einem Verwandten des Tiberius Durus, namentlich Tiberius Lepidus, bin ich übrigens selbst durchaus sehr gut befreundet."
"Einen wunderschönen Garten nennst du übrigens dein Eigen, Consular.", fügte er, da sie nach der langen Rede gewiss längst ebenjenes Grün erreicht hätten, an.
"Und nach meinen Ausführungen darf ich dir hoffentlich auch in einem kleinen Punkt widersprechen: Ich halte dich sehr wohl für einen äußerst einflussreichen Mann." Falls die vorherigen Erklärungen hierzu noch nicht gereicht hatten, so lang sicherlich auch auf der Hand, dass der Vinicier wenigstens passiv zu den Kriegsgewinnern zu zählen sein dürfte...