Dem Gemurmel bei gleichzeitig ausbleibenden Wortmeldungen nach zu urteilen gab es einerseits Redebedarf in dieser Sache, andererseits aber wohl auch die Befürchtung, dass man bei diesen durchaus rechtlichen Thema etwas sachlich Falsches kundtat. Dies zumindest war der Eindruck, den diese Situation auf den iulischen Duumvir machte. Doch nach einer Weile fand sich glücklicherweise doch noch jemand, der sich zu Wort meldete - wie sollte es auch anderes sein, ein kleinkarrierter Jurist:
"Werte Decurionen, ich habe eine ganze Weile hin und her überlegt. Offensichtlich. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich sowohl der kleinen grammatischen Korrektur in der Praeambel, wie auch der kleinen Richtigstellung bei der Wahldurchführung in der Form zustimmen kann. Nichtzustimmen kann ich hingegen dem Vorschlag aus der Lex Municipalis eine Lex Coloniae zu machen - und ich sage euch auch warum.", begann der Jurist, nach dessen ersten Worten sich der Iulier bereits still und heimlich etwas gefreut hatte und kam nun also mit einem Aber um die Ecke.
"Meines Erachtens nach sollten wir und noch einen weiteren Abschnitt der Lex näher zu Gemüte führen, den Paragraph zwei der Pars Prima. Dort heißt es über den rechtlichen Status des Oppidum Ostia: 'Der rechtliche Status des Oppidum Ostia bestimmt sich gemäß der Weisungen unseres erhabenen und von den Göttern allseits gesegneten Imperator Caesar Augustus.'", führte der Decurio aus und machte nach seinem Zitat des Gesetzestextes eine kleine Wirkungspause. Als einer der Menschen, die praktisch im Schlaf etwa 90 Prozent aller relevanten Gesetze wortwörtlich wiedergeben konnte, war das unvorbereitete Zitieren dabei natürlich kein Problem für ihn.
"Gehen wir also genau von dieser Regelung aus, so komme ich nicht umhin festzustellen, dass Ostia zwar derzeit eine Colonia civium Romanorum ist, die explizite Verankerung dieser Tatsache jedoch genauso im Widerspruch zu dem eben ausgeführten Paragraphen steht, wie auch die Rede vom Municipium Ostia." Kritikpunkt eins.
"Ferner kommt hinzu, dass diese Lex doch nicht nur auf das Oppidum Ostia, den Hauptort der Civitas, beschränkt sein, sondern in der gesamten Civitas Gültigkeit haben soll." Kritikpunkt zwei. Es folgt die Conclusio als finaler Punkt drei:
"Daher bin ich der Auffassung, dass wir hier von einer Lex Civitatis sprechen sollten, statt einer Lex Municipalis auf der einen oder einer Lex Coloniae auf der anderen Seite. Die Curia in diesem Zusammenhang sollte meines Erachtens nach viel trefflicher als Curia Ostiensis bezeichnet werden, statt als Curia Municipalis oder Curia Coloniae." Zu diesem letzten Satz nickte der Jurist noch einmal bedeutungsschwer, bevor er sich anschließend wieder setzte. Damit wurde es nun erst recht unruhig in den Reihen des Sitzungssaals, sodass sich Dives zu einer Reaktion aufgefordert sah, die aufgrund seiner Rechtskenntnisse natürlich nur eine Kurskorrektur beinhalten konnte.
"Ich danke dem werten Decurio für seine fachmännische Einschützung und die ausgesprochene Empfehlung.", lächelte Dives. Es konnte ja eigebtlich nur gut sein, wenn er die entstandene Lücke zwischen ihren Schultern auf diese Weise rhetorisch wieder etwas schloss, um mehr Stimmen für sein Vorhaben zu bekommen. Jetzt musste der Iulier die Sache nur noch erneut als seinen eigenen Erfolg darstellen und verkaufen - und hatte natürlich auch schon eine Idee.
"In der Tat will mir aus dieser Betrachtungsrichtung scheinen, dass weder eine Lex Coloniae, noch eine Curia Coloniae die besten Alternativformulierungen für die Lex Municipalis Ostiensis wären. Umso mehr freue ich mich jedoch, dass ich mit meinem Antrag nun nicht nur dafür sorgen kann, dass die kleineren Missstände aufgedeckt und besprochen werden, sondern im Folgenden auch gleich im Sinne der Civitas Ostia und ihrer Bürger geändert werden kann.", was zweifellos so ganz genau nicht stimmte, da eine hier beschlossene inhaltliche Änderung erst noch ihren Segen von der kaiserlichen Kanzlei benötigen würde, um voll rechtskräftig zu werden.
"Fall es also keine Gegenmeinungen zur Wortmeldung unseres werten Mitdecurio gibt, so möchte ich seiner Empfehlung in Gänze folgend die entsprechende Änderung der Lex Municipalis Ostiensis beantragen.", richtete der Duumvir letztlich das Wort erneut an den versammelten Ordo Decurionum und war sich nicht sicher, ob er nun auf mehr Beteiligung hoffte. Zweifelsohne stünde ihm eine zweite Wende sicherlich kaum gut zu Gesicht...

PRAECEPTOR - SCHOLA ATHENIENSIS
DECURIO - OSTIA
SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA