Beiträge von Lucius Quintilius Rufus

    Rufus Stimmung hatte mittlerweile ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Sie war eisig und das ließ er seine Umwelt auch wissen, indem er bockte wie das eben nur Kinder können. Er hatte seiner Mutter ja gesagt gehabt, dass er nicht mitkommen wollte und trotzdem hatte sie ihn hier her geschleppt. Dafür hatte er es ihr auch ordentlich schwer gemacht, denn er hatte sich seither nicht einen Meter bewegt. Seine Mutter hatte ihn quasi aus dem Haus zerren müssen, denn er hatte in keinster Weise kooperiert. Trotzdem hatte ihm all das nichts genutzt, denn seine Mutter trug ihn den Weg zu Onkel und Tante und dem blöden Victorius. Den ganzen Weg hierher hatte er dann eisig geschwiegen und hielt noch immer durch. Seine Mutter sollte ruhig wissen, dass er böse mit ihr war.
    Und nun stand er da, im fremden Haus, die Arme verschränkt und bockte weiter. Seine Mutter sollte ihm doch gestohlen bleiben. Er würde hier so lange stehen bleiben und sich nicht wegbewegen, bis sie endlich wieder nach Hause zurückgehen würden. Und wenn es Tage dauern würde. Jawohl, so würde er es tun. Sollte seine Mutter doch machen was sie wollte. Statt ihr zu antworten drehte er einfach den Kopf in die andere Richtung und zeigte ihr die kalte Schulter.

    Mama verstand nicht, was es für ihn bedeutete mit Victorius spielen zu müssen. Trotzdem wollte sie ihm ihn wieder aufdrängen. Es war schon ein Unding Freundschaft zu erzwingen wo keine war. "Aber Mama, das ist gemein!", beschwerte er sich und sah noch ein wenig bockiger aus. Es war fast so, als würde sie ihn wieder zwingen etwas zu essen, was sie gekocht hatte. Einmal hatte sie es getan. Sie konnte einfach nicht kochen.
    "Er ist ein Blödmann. Ich will keinen Freund der blöd ist!", rechtfertigte er sich. Er mochte ihn einfach nicht. Seine ganze Art und wie er war. Sie war ihm von Grund auf unsympathisch. Er kannte ihn nicht wirklich gut, aber der erste Eindruck schien überzeugend genug sich nicht noch näher mit ihm zu beschäftigen.
    "Ich will nicht.", bockte er, warf sein Holzschwert auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte nicht. Mama sollte ihn doch zwingen. Freiwillig würde er nicht mitkommen. Und wenn sie ihn zwingen würde, dann würde er auch nicht seine Spielsachen mitnehmen. Nicht, dass dieser Blödmann sie sich unter den Nagel riss. Das traute er ihm durchaus zu.

    Ja, Mamas Held war er. Mamas stolzer Held. Nun musste er nur noch seinen Worten Taten folgen lassen, aber dafür musste Mama ihn erst einmal entlassen, doch es schien fast so, als wollte sie die Gefahrenbeseitigung noch etwas aufschieben. Als ob ein Gespräch wichtiger wäre. Aber so waren die Frauen ja nun mal. Er würde sich eben später um die Monster kümmern, wenn er sie denn zu fassen kriegte.
    Wenigstens war Papa fleißig und konnte tun was Männer eben so taten und Rufus war stolz auf ihn. Er war auch etwas neidisch auf ihn. Er konnte die ganze Stadt beschützen, während er hier nur Mama beschützen konnte. Eines Tages würde er auch die Stadt verteidigen und ein noch größerer Held werden.


    Vom Vorschlag seiner Mutter war er dann weniger begeistert und seine Begeisterung konnte man bereits seinem Gesichtsausdruck entnehmen. Er ahnte schon was das bedeutete. Er würde wieder gezwungen werden mit Victorius zu spielen, dabei mochte er ihn doch nicht einmal. Victorius war doof. "Ich will nich zu Onkel Sedulus. Victorius ist voll der Blödmann.", erhob er daher sogleich Einspruch. Vielleicht konnte er sich doch noch aus der Affäre ziehen. ohnehin war es daheim viel besser. Ohne den Blödmann.

    Mama brauchte doch keine Angst mehr zu haben, wenn er erst angefangen hatte die Gefilde unter ihrem Bett von Monstern zu säubern. Die Gefilde waren zwar gruselig (dort war es dunkel und staubig), aber er war zuversichtlich, dass er seinen Auftrag erfüllen würde. Dann gab es nichts mehr, wovor sie sich fürchten musste. Von daher verstand er nicht, warum sie Angst hatte alleine ins Bett zu gehen. "Na gut Mama. Du musst aber keine Angst haben, denn ich bin da und pass auf dich auf. Bis Papa kommt.", ermutigte er sie und ergriff ihre Hand. er war sicher, dass Papa sie auch nicht in Stich lassen würde. Und bis dahin würde er eben dessen Platz im Bett ausfüllen. Und ein schöner Platz war das. Er wusste ja gar nicht was er verpasste.
    Rufus machte schließlich große Augen, als er erfuhr, dass der Kaiser tot war. Bestimmt waren jetzt viele Menschen traurig. Jetzt verstand er auch warum Mama Kummer hatte. Sie war traurig, weil der Kaiser tot war. Warum die Leute jetzt aber kämpften verstand er nicht. Er stellte sich zwar bildlich vor, wie sie mit Schwertern aufeinander los gingen, warum wusste er aber nicht. Es würde doch bestimmt einen neuen Kaiser geben. "Kämpft Papa auch mit?", fragte er dann noch und versuchte zu erfahren, ob er neidisch auf Papa sein musste.

    Kurz dachte Rufus nach, als Mama wissen wollte, welches ihrer Lieder er denn hören wollte. Im Grunde waren alle schön und alle hätte er gerne gehört, aber er konnte sich nicht so recht entscheiden. „Ein schönes.“, antwortete er daher nur und hoffte, dass Mama eine gute Wahl treffen würde, aber das tat sie ja immer.
    Oh was war er stolz, als Mama ihn lobte und ihm Recht gab, dass Papa ihn nicht in Stich lassen würde. Er war ein tapferer Soldat und das machte ihn ungeheuer stolz. Papa wäre bestimmt auch stolz auf ihn, wenn er mal da sein würde. Strahlend drehte er sein Schwert in der Hand und war bereit sich mit noch mehr Komplimenten überschütten zu lassen. Leider kamen keine mehr. Stattdessen bekam er einen neuen Auftrag seine Tapferkeit zu beweisen. Er sollte seine Mama beschützen und das würde er tun. Sie hatte also Probleme mit Monstern. Und die Monster hatten jetzt ein Problem mit ihm, denn sie hatten seine Mama erschreckt. Dafür mussten sie jetzt bezahlen. „Die hau ich kurz und klein!“, schwor er seiner Mutter feierlich und erhob sein Schwert hoch in die Luft. Und wieder erschien er, der trotzige Gesichtsausdruck, den seine Mutter nur zu gut kannte. Er würde nicht eher ruhen, bis die Gefahr gebannt war.
    Mama schien zufrieden, als er ihr den Namen des Kaisers sagte. Dass sein Vater auch so hieß hatte er sich bisher gar nicht bewusst gemacht. Dann hatte Papa ja einen tollen Namen. Anders als er. Es gab bestimmt noch keinen Kaiser der so hieß wie er. „Er sorgt dafür, dass es uns allen gut geht?“, meinte er dann noch fragend darauf, was denn die Aufgabe des Kaisers war.

    Was so lustig daran war, dass er auf dem Boden sitzen bleiben wollte, wusste er nicht und verstand es auch nicht. Jedenfalls gab sich Mama nicht geschlagen und schlug ihm vor sich doch neben sie zu setzen. Er wusste, dass er verloren hatte und dass es wohl besser wäre dem Folge zu leisten. Vielleicht würde es ja wieder angenehme Folgen haben. Es klang wenigstens so. „Na gut.“, meinte er, rappelte sich auf und setzte sich neben seine Mutter. „Dafür singst du mir dann ein Lied Mama, ja?“, forderte er dann noch mit großen Augen ein Eingeständnis an ihn ein ehe er sich an sie anlehnte. Er liebte ihre Lieder und so ein Neues zu erpressen kam ihm ganz gelegen.
    Dass der dicke Mann ihm dann weh tun würde sah er nicht so. Rufus würde es gar nicht so weit kommen lassen und sich mit dem Schwert erwehren. Sollte das nicht funktionieren, dann würde immer noch Papa zur Stelle sein. Der war ja Soldat und dann würde der dicke Mann noch mehr Dresche beziehen. „Aber dann kommt doch der Papa und hilft mir.“, erklärte er seiner Mutter und nickte überzeugt. Ja, Papa würde ihn nicht in Stich lassen wenn es hart auf hart kam.
    „Valerianus.“, antwortete er schließlich stolz. Wie jeder römische Junge kannte er natürlich den Namen des Kaisers und hielt diesen in Ehren. Was der jedoch mit Mamas Kummer zu tun hatte war ihm schleierhaft.

    Als sie ihn schließlich noch einmal drückte erinnerte er sich wieder wie lieb er seine Mama doch hatte und all das was vorhin geschehen war war vergessen. Sie war wieder die liebe Mama und er wieder der liebe Rufus. Und der liebe Rufus bekam nun zu Esssen.
    Ehe er sich versah waren Mama und er auch schon in der Küchen und er fand sich auf diesem furchtbaren Stuhl wieder, den er eigentlich gar nicht leiden konnte. Er war doch schon groß. Warum konnte er nicht einen normalen Stuhl bekommen? Nun gut, er würde es dulden, dass man ihn hier hinsetzte. Noch.
    Und dann setzte ihm Sontje das Essen vor. Essen war auch so eine tolle Sache, vor allem wenn man schon die ersten Zähne hatte und mit den Fingern essen konnte. Nun musste man nur wissen, dass bei Rufus genau so viel daneben ging wie im Mund landete und die Menge die dort landete reichte immer aus um ihn mehr als satt zu machen. Gefüttert werden mochte er daher auch gar nicht, denn dann musste er mehr essen als er Hunger hatte und reinstopfen, denn sonst gab Sontje keine Ruhe. Das war doof.

    Kuscheln war schon etwas Tolles und noch besser war es, wenn es im Bett geschah. Ja im Bett liegen war schön und nun durfte er aus auch noch offiziell tagsüber im Bett liegen (was normalerweise mit Ausnahme des Mittagsschlafes nicht gewünscht war) ohne Ärger zu bekommen. Jaa, das war das Leben. Er streckte sich schön aus und drehte sich in eine bequeme Liegeposition. Jetzt noch ein bisschen schlafen wäre schön. Und Sontje machte es ihm einfach mit ihrem Schlaflied. Sie sang zwar nicht so schön wie Mama, aber auch schön. Und ehe er sich versah war er im Traumland.

    Ob Sommer oder Winter, Rufus war immer warm, was kein Wunder war wenn man daran dachte, dass er den ganzen Tag in Bewegung war und nur selten mal still da sahs, was beinahe ein Ding der Unmöglichkeit zu sein schien. Bisher hatte er daher auch nicht gefroren, doch jetzt wo er sahs wurde es doch etwas kühl. Trotzdem fror er nicht. „Nein.“ , meinte er kopfschüttelnd. „Es ist nur ein bisschen kalt.“ Damit war für ihn die Sache abgeschlossen und wenn Mama keinen weiteren Einspruch erheben würde, dann würde er weiter hier sitzen bleiben. Ihm gefiehls ja auch auf dem Boden.
    Nachdenklich hörte er sich nun an, dass er unter anderem Recht hatte und dass der dicke Mann auch Schuld daran war, dass Mama Kummer hatte. Was der getan hatte wusste Rufus nicht, aber er wusste, dass er ihn hasste. Schon aus Prinzip.
    „Wenn du mir zeigen tust wo der dicke Mann wohnt, dann hau ich ihn mit meinem Schwert aufm Kopf!“, meinte er entschlossen. Und wie er es tun würde. Der dicke Mann würde gar nicht wissen wie ihm geschah, wenn Rufus erst damit begann ihn zu bekämpfen. Er würde dafür büßen müssen, dass er seiner Mama Kummer machte!
    Trotzdem befriedigte ihn Mamas Antwort nicht. Da war noch etwas und er konnte sich schon denken was es war. „Vermisst du Papa?“, fragte er. Mama vermisste ihn bestimmt noch mehr als er, denn er wusste gar nicht so recht ob er ihn nun vermissen sollte oder nicht, schließlich kannte er seinen Vater eigentlich kaum. Er hatte einfach viel zu wenig Zeit mit seinem Vater als dass er ihn wirklich vermissen konnte. Und er wünschte sich einen Vater der für ihn da war. Wahrscheinlich vermisste er also wirklich nur die Figur Vater und nicht seinen Vater als Person.

    Von all den Dingen die da draußen in der Welt vor sich gingen hatte Rufus keine Ahnung. Warum auch? Die Sorgen und Nöte der Leute außerhalb seines zu Hauses interessierten ihn schließlich nicht und außerdem hatte er auch eigene Sorgen. So zum Beispiel die Tatsache, dass er seinen Papa schon lange nicht mehr gesehen hatte. Ohnehin war er nur allzu selten da und wenn, dann auch nur kurz (oder wenn er länger blieb, dann wollte er aus einem unerkenntlichen Grund immer ganz allein mit Mama sein. Was die Beiden dann wohl immer so trieben?)
    Mittlerweile hatte er sich eigentlich schon damit abgefunden. Sein Papa würde eben nie das sein was Mama für ihn war, sondern immer nur der liebe, lustige Onkel, der ab und zu einmal vorbeikam, versuchte ihn mit einem Geschenk zu bestechen und dann wieder verschwand. Aber hej, wenigstens gabs Geschenke was auch keine Selbstverständlichkeit war. Und tolle Geschenke waren das und von allen am Liebsten hatte er das Holzschwert. Anfangs hatte er damit noch nicht gut umgehen können, doch jetzt war er wieder ein Stück gewachsen und stärker geworden. Jetzt konnte er es schon schwingen und durch die Luft sausen lassen, genauso wie es sein Papa wohl mit seinem echten Schwert tat. Aber für Rufus war sein Schwert echt, genau wie die Kämpfe gegen die zahlreichen Gegner, die immer wieder versuchten ins Haus einzudringen und Mama oder Sontje wegzuholen.
    Heute kämpfte er gegen die bösen Elefantenmenschen von denen Dio erzählt hatte und deren Anführer, der Hanni Ball hieß oder so. Die Schlachtreihen im Atrium waren aufgebaut, die Elefantenmenschen in der Überzahl. Ihnen gegenüber stand nur Rufus und sein knappes Dutzend Legionäre, die er als Centurio in die Schlacht führte. Es waren gute Männer, die schon zahlreiche Schlachten geschlagen hatten und immer gewonnen hatten. „Aaaaaaaangrifffff!“, rief Rufus und stürmte auf die Schlachtreihen zu, gefolgt von den Seinen und riss bereits mit dem ersten Angriff eine klaffende Lücke in die feindliche Reihe. Rasch kam es zum Handgemenge und er hatte gute Müh und Not sich mit dem Schwert zu verteidigen. Doch zum Glück war er ein besserer Kämpfer als die Elefantenmenschen, weshalb er rasch die Oberhand gewann und die Feinde rasch den Rückzug antraten.
    Natürlich nahm er sofort die Verfolgung auf und folgte dem Anführer, diesem Hanni Ball, in den Raum in dem sich auch gerade Mama befand, auch wenn er sie noch nicht bemerkt hatte und ging in den finalen Zweikampf über. Nun würde sich das Schicksal der Menschheit entscheiden. „Nimm das und das und das und das und das und…“, schrie er und teilte kräftige Hiebe aus, die Hanni Ball immer weiter in Richtung Wand trieben. Schließlich fiel er zu Boden und Rufus triumphierte, hob das Schwert gen Himmel und jubelte. Strahlend verwandelte sich das einstige Schlachtfeld in das wohnliche zu Hause und er bemerkte Mama, die Sorgen zu haben schien. Sie hatte oft Sorgen und oft war eine ganz bestimmte Person Schuld daran. Rufus wusste auch ganz genau wer. Dio hatte es erzählt. „Mama? Macht der dicke Mann mit Glatze dir wieder Sorgen?“, fragte er und setzte sich vor seiner Mutter auf den Boden und wartete gespannt die Antwort ab. Vielleicht sollte er diesem dicken Mann mal einen Besuch abstatten.

    Sim-Off:

    Verzeih die späte Antwort, aber ich war in den letzten Tagen etwas arg eingespannt gewesen.


    Rufus kam nicht nur zum Entschluss, dass Dio doof war, er erkannte es richtiger Weise, denn jeder der nicht so wollte wie er war doof. Ja, auch Mama war manchmal doof, nämlich immer dann wenn sie nicht seinem Willen nachgab. Aber es gab je Mittel und Wege wie man sie dazu bringen konnte zu tun was man wollte. Die Augen ganz weit aufgerissen und den Kopf schief gelegt, eine Schnute gezogen und einmal kurz geschnieft und schon bekam er wonach sein Herz begehrte. Naja nicht immer aber oft. Wie einfach man diese Erwachsenen doch rumkriegen konnte... Nur Dio eben nicht. Also war er doof. Das war doch in sich schon logisch. Zumindest wenn es nach Rufus ging.
    "Neeeeeeeeiiiiiin.", meinte er also ernst und blickte auch dementsprechend drein, absolut davon überzeugt, dass nichts mehr seine Meinung ändern konnte. Dio würde immer doof bleiben. Würde er ihm Kekse geben, dann würde er vielleicht ein wenig weniger doof sein, aber immer noch doof. Das hätte er seiner Mama auch am Liebsten so gesagt, aber er wusste nicht wie man die Worte drehen sollte. Ach, der Gedanke war doch ziemlich lustig. Die "Doofheitsskala". Unbewusst begann er breit zu grinsen. Er war aber auch lustig.
    Zufrieden fasst er nun auf, dass Mama endgültig wieder lieb mit ihm war, also überhaupt nicht (mehr) doof war. Auch sie bekam ein kleines Lächeln der Freude darüber. Dann knurrte ihm aber auch schon der Magen und beim Wort Essen begann er energisch zu nicken. Ja, Essen, das klang gut. Ob es wohl Kekse geben würde?

    Man sah Rufus ganz genau an, dass er über die Worte seiner Mutter nachdachte. Vielleicht hatte sie ja Recht. Er hatte bei Dio nur nach Keksen verlangt und nicht gesagt, dass sie für Sontje bestimmt waren. Das war blöd, aber dass Dio ihm keine Kekse hatte geben wollen war umso doofer. "Dio blööd.", rechtfertigte er sich daher. Hätte er von vornherein Kekse bekommen, dann wäre alles gut gewesen. Und damit war gut und er hatte Recht. Um das zu untermauern ließ er rasch ein "Rufus hat die Mama lieb" folgen. Jetzt würde sie bestimmt nichts mehr dagegen sagen und ihm zustimmen, dass Dio blöd war.

    Was Sontje dann alles sagte verstand Rufus nicht mehr, denn es war einfach zu viel auf ein mal und so schnell, wie die Worte aus Sontjes Mund sprudelten konnte Rufus Kopf sie gar nicht aufnehmen und entschlüsseln. Folglich sah er sie einfach nur an und wusste nicht was er jetzt machen sollte oder was sie überhaupt wollte. Er wusste nur vom Anfang, dass sie doch noch schlafen wollte. Die Frage war jetzt nur ob er bleiben sollte und ihr Wärme spenden sollte und vielleicht doch noch ein Weilchen die Augen schließen oder gehen und Mama ein wenig auf Trapp halten. Er entschied sich für ersteres. Das Bett war einfach zu bequem und seine Nacht war zu kurz gewesen. Was musste seine Mutter auch immer so früh in seinem Zimmer auftauchen und ihn aus dem wunderbarsten Traum reissen; grausam war das. Und dann durfte er auch nicht weiter schlafen, sondern musste aufstehen. Er wollte eigentlich lieber den halben Tag verschlafen. Andererseits war es vielleicht gar nicht so schlecht früh aufzustehen, denn so konnte man viel länger spielen und die Welt erkunden.
    Er kuschelte sich also ein bisschen enger an Sontje und schloss seine Augen und auf seinem Gesicht erschien ein zufriedenes Lächeln. Ja... Jetzt noch ein wenig schlafen...

    Das erwartete Donnerwetter blieb aus und zu Rufus Erstaunen blieb seine Mutter ruhig und reagierte ganz anders als er erwartet hätte. Ihr Blick war nicht Böse und ihr Gesichtsausdruck schon gar nicht, was ihn etwas beruhigte, so dass er wieder eine offenere Haltung annahm. Scheinbar wollte Mama jetzt gar nicht die strenge Mama sein, sondern die Gute, die lieb war und von der er immer bekam was er sich wünschte, naja meistens.
    Dass sie ihn dann auch noch auf ihren Schoß nahm, bekräftigte ihn in seiner Vermutung nur noch und er schenkte ihr ein zuckersüßes Lächeln, denn dann konnte Mama ihm erst Recht nicht böse sein.
    In der Tat stelltes ich jetzt heraus, dass Mama nicht mehr böse mit ihm war und dass seine Mama ihn scheinbar immer noch nicht verstanden hatte, zumindest fasste er ihre Worte so auf. Bekommen was er will? Er wollte doch gar nichts für sich. War das denn so schwer zu verstehen? Sanft lehnte er sich an seine Mutter, legte den Kopf in den Nacken um zu ihr aufzusehen und versuchte es noch einmal zu erklären. Vielleicht verstand sie es ja dann endlich mal ."Sontje Keks, nicht für Rufus.", erklärte er ihr also abermals. Der Keks war nicht für ihn gedacht gewesen sondern für Sontje. Und weil Dio für Sontje keinen herausrücken wollte musste er eben laut werden, für ihn auch gerechtfertigt.

    Mittlerweile etwas genervt legte er den Kopf in den Nacken und verdrehte die Augen. Warum wollte Sontje ihn den nicht verstehen. War er denn nicht ausdrücklich genug gewesen? Hatte er es nicht oft genug erzählt? Ja, aber warum verstand sie es dann nicht auch. "Sontje duuuuuummmmm.", meinte er daher und schüttelte den Kopf. Dass das Wort "dumm" etwas anderes bedeutete als er dachte war ihm freilich nicht bewusst. Für ihn bedeutete das etwas wie schwer von Begriff.


    Dann nannte sie ihn wieder so wie sie ihn oft und gerne nannte "Wölfchen", was ihm allerdings nicht so besonders gefiel, aber es war besser als das Rufus das seine Mama immer benutzte, wenn sie genervt von ihm war und ihn an Sontje oder Dio abgab. Sontje machte so etwas nie, sie war nie genervt von ihm.
    Wieder rümpfte er schließlich seine Nase, als Sontje den Becher mit der Milch leerte. Er mochte keine Milch, denn die schmeckte ihm überhaupt nicht, umso erfreuter war er darüber sie nicht trinken zu müssen. Und dann gähnte sie und rieb sich die Augen. Mit großen Augen musterte sie und versuchte zu erkennen, ob das der Morgengähner war, den er morgens auch wie einen Urschrei ausstieß, oder ob das ein Müdegähner war. "Sontje schlafen?", fragte er dann sicherheitshalber, denn er war sich nicht ganz sicher.

    Rufus rollte etwas genervt die Augen. Warum wollte Sontje nicht verstehen, dass die Vögel machen konnten, dass man aus dem Fenster viel. Das musste doch klar sein, schließlich hatte er es doch so ausführlich erklärt. Trotzdem verstand Sontje es immer noch nicht, so dass er es noch einmal für sie wiederholte."Sontje fallen raus wenn Voogel da!", erklärte er ihr eindringlich und hoffte, dass sie es nun endlich verstanden hatte.
    Wenigstens erfreute sie sich an ihrem Namen, was er ziemlich ulkig fand und zu kichern begann, über sie und nicht mit ihr. "Sontje... kleine Sonne.", zog er sie breit grinsend weiter auf, obwohl es langsam schon langweilig wurde. Aber wenn sie darauf bestand, so würde er weiter machen, so lange bis er endlich Kekse oder andere Leckereien bekam.
    Und wieder wiederholte sie, was er bereits gesagt hatte und er fühlte sich mittlerweile etwas beleidigt. Er hatte es doch gesagt, also warum wiederholte und berichtigte sie es dann noch? Er hatte es doch genau so gesagt! Und dann bot sie ihm auch noch ihre Milch an. Sofort rümpfte er die Nase darüber. "Nein! Rufus mag nicht Milch!"

    Rufus mochte es wenn Sontje glücklich war und noch viel mehr mochte er es, wenn er gelobt wurde und Beachtung fand. Immer wenn das der Fall war, dann verspürte er Stolz. Stolz darauf wie groß er schon war und was er schon konnte. Und auf alles was er konnte war er stolz, denn es war ein weiterer Schritt in Richtung Selbstständigkeit und dieses Ziel kam dann auch immer näher. Der Tag grüßte schon aus der Ferne, an dem er keine Hilfe mehr von Mama oder Sontje brauchte. Der Tag an dem er machen konnte, was die Großen machen konnten.
    Dennoch war es bis dahin noch ein beachtlicher Weg.
    Doch erst einmal musste er Sontje wohl oder übel vor den Gefahren der Vögel warnen. Die Gefahr dieser zwitschernden Federbälle lag nämlich nicht bei ihren spitzen Schnäbeln sondern bei ihren schönen Farben und Mustern, die einen in Bann ziehen konnten. Und wenn man dann nicht aufpasste, dann stürzte man aus dem Fenster und vorbei wars. Dann war man Vogelfutter. Es war ein Fressen und Gefressen werden, nur dass Rufus lieber seine Zähne in das zarte weiße Fleisch versenkte."Wenn schöner Voogel komm un setzen auf Fenster.", erklärte er und sah abermals zum Fenster, nicht dass da wieder einer dieser knopfäugigen Monster sahs und versuchte ihn in seinen Bann zu ziehen.
    Und plötzlich war etwas anders, denn Sontje schien ganz aus dem Häuschen zu sein. Warum wusste er nicht, aber er fand es gut, denn sie kümmerte sich noch intensiver um die wichtigste erson im Raum, um ihn. "Kleine Sonne.", wiederholte er beabsichtigt. Vielleicht würde sie dann noch glücklicher werden und ein paar Kekse springen lassen. Mit dieser Hoffnung im Hinterkopf wiederholte er auch ihre nächsten Worte, die großen Eindruck bei ihm hinterließen.
    "Ich beiß Rufus! Lucius Quinilus Rufus! Mama heiss Gemania Calena un Papa heiss Lucius ähh Valian!", sprach er ehrfürchtig, als würde er eine Zauberformel sprechen. Zwar waren es nicht ganz die Worte von Sontje und auch nicht vollständig, aber im Kopf hatte er sie, dort hatten sie sich eingebrannt und er würde sie nie wieder vergessen. Es war was er war. Wer er war.

    "Lectulus... toral... cervical... lac... candela...", wiederholte er artig und wissbegierig die Worte, die ihnen teils schon bekannt waren teils aber auch ganz neu. Bekannt war ihm auch das Wort für das Teil auf das man das Essen stellte. Wie hieß das doch gleich? "Mhhhh... mensa?", meinte er fragend und blickte sie unsicher an. War das das Wort für das Ding oder gar für etwas anderes. Wie hatte Dio das denn neulich genannt? Nein, das Ding hieß so. Ja, das war das Wort für Tisch.
    "Fenestra!", benannte er dann noch eine andere Sache im Raum, deren Name er kannte und zeigte auf das Fenster. Aus so einem war er schon einmal gefallen, damals in der Küche. Gelandet war er im Gebüsch. Das war lustig gewesen.
    "Fenster gefählich! Sontje fallen raus wenn Vogel.", warnte er dann Sontje lieber einmal, nicht dass sie auch noch aus dem Fenster fiel. Das das Zimmer auch nicht parterre war tat es bestimmt mehr weh als wenn man aus dem Küchenfenster fiel. Ehrfürchtig warf er noch einen Blick zum Fenster, ehe er sich weiter im Raum umsah, auf der suche nach weiteren Dingen, die er benennen konnte. Da waren noch viele Dinge, aber die Namen kannte er noch nicht so ganz oder konnte sich nicht daran erinnern. Um Sontje nicht traurig zu machen deutete er dann auf sie, grinste und setzte den typischen "Braver-Rufus-Blick" mit dem süßen Lächeln auf. "Sontje!", verkündete er dann noch den Namen den er kannte.

    "Spiel. Für Rufus un Sontje.", plapperte Rufus als Sontje abermals von einem Spiel redete. Das mit den Farben und so schien sie bereits vergessen zu haben. Warum verstand er nicht, es interessierte ihn aber auch nicht weiter solange er weiter unterhalten würde.
    Dann fing sie mit irgendwelchen Dingen im Raum an, deren Namen sie nicht nannte. Warum wusste er anfangs nicht, ehe er verstand dass sie wollte, dass er die Dinge beim Namen nannte. Angestrengt überlegte er dann, während ihn Sontje weiter kraulte. Er liebte dieses Kribbeln am Kopf, wenn sie ihm durch die Haare fuhr. So überlegte es sich fast noch ein bisschen besser.
    "Porta!", posaunte er dann fröhlich heraus und zeigte auf die Tür. Das Ding das er aufmachen musste, um zu Sontje ins Zimmer zu kommen oder in ein anderes Raum wie in Mamas Zimmer oder in sein organisiertes Schlachtfeld von Zimmer.

    Sontje freute sich über den Keks, den er ihr geschenkt hatte und er freute sich mit ihr. Es war schön jemanden etwas Gutes zu tun, den man gern hatte und Rufus genoss das auch. Und scheinbar schmeckte ihr der Keks auch, aber das war ja klar. Ihm schmeckten die Kekse ja auch. Dass alte Kekse anders schmeckten war ihm hingegen nicht klar. Aber was er nicht wusste, das beschäftigte ihn auch nicht.
    Er verstand nicht alles was Sontje so zu Mama sagte, aber er verstand, dass sie wohl auf seiner Seite war und der böse Mama mal sagte, was Sache war. Vielleicht verstand Mama ja dann, dass er ihr keinen Keks geben konnte, der Sontje versprochen war. Das ging ja nicht. Man konnte ja nichts weggeben, was man nicht hatte.
    Kurz blickte er sein Kindermädchen an, als es nach seiner Hand griff. Sontje war lieb und daher lächelte er sie an. Gute Menschen anlächeln war ja auch nicht sonderlich schwer. Mama war ja eigentlich auch gut, meistens, daher schenkte er ihr auch kurz einen lieben Blick.
    Dann aber verschwand das Lächeln wieder, denn er ahnte bereits, dass sich etwas anbahnte, denn Mama schickte Sontje heraus. Erschrocken blickte er sie an und sah ihr auch traurig hinterher. Mama war bestimmt ganz doll böse auf ihn und jetzt wo Sontje weg war würde es bestimmt nicht schön werden.
    Als er dann mit Mama alleine war zog er den Kopf ein, er nahm ja an, dass Mama gleich wieder laut werden würde, und fragte ängstlich: "Mama böse auf Rufus?"