Beiträge von Titus Iunius Priscus

    Eine Weile später kehrte Priscus zurück, prüfte noch einmal seine Kleidung bevor er eintrat und klopfte.
    Als er eintrat meldete er: "Centurio, der Medicus hat mich für tauglich erklärt und meine Ausrüstung habe ich ebenfalls empfangen!"

    Von der schieren Masse an Ausrüstung fast erschlagen, betrachtete Priscus die Gegenstände, die vor ihm lagen. Manche kannte er von seinem Vater, die anderen hatte er noch nie gesehen.
    Zunächst probierte er die Caligae an, ob sie auch passten, dann zog er seine Tunika aus und zog eine der Militärtuniken an, das cingulum vervollständigte das Bild des Soldaten. Die restliche Ausrüstung verschwand im Mantel und dem Tragenetz, trotzdem würde er noch einmal kommen müssen.
    "Den Rest hole ich nachher, pass bitte darauf auf, Kamerad," sagte er, drückte sein Zeichen mit dem Stilus in das Wachs und verließ die Rüstkammer.

    Gespannt hörte Priscus zu, er hoffte, diesen geheiligten Ort des Wissens selber auch einmal sehen zu können. Vielleicht würde ihn sein Dienst ja einmal in die ägyptische Stadt verschlagen. Er beschloss, sich vielleicht später einmal ein Empfehlungsschreiben von Axilla zu holen, wenn er einmal die Gelegenheit haben sollte, das Museion zu sehen. Gespannt lauschte er ihren Ausführungen, merkte jedoch schnell, dass sein Geist nicht einmal ansatzweise in der Lage war, sich diese Dimensionen an Büchern vorzustellen. Was war Athen im Vergleich, dachte er. Gewiss, es gab auch dort große Bibliotheken, aber scheinbar konnte keine mit dem Museion konkurrieren.
    Als Axilla geendet hatte, nickte er. "Ich hoffe, ich kann selber einmal einen Blick hineinwerfen," meinte er bewundernd.


    Als die Rede auf Axillas Mann kam, schüttelte Priscus den Kopf. "Bitte verzeih, das wusste ich nicht." Dann stand er auf. "Ich hoffe du verzeihst, wenn ich mich zurückziehe? Ich würde mir gerne den Staub abwaschen und mich frisch machen. Dann hole ich dich also späater ab," fragte er noch, um sicher zu sein, dass es kein Spaß war.

    In der Rüstkammer angekommen, betrat Priscus den großen Raum, der voller Ausrüstungsgegenstände war. Beeindruckend, dachte er sich und trat näher. "Salve", begrüßte er den Zeugwart, der seinen Dienst verrichtete, "ich bin Titus Iunius Priscus und soll hier meine Ausrüstung abholen."

    Mit einem nervösen Lächeln setzte sich Priscus wieder, faltete die Hände und sah ihr in die Augen. Dann blickte er wieder auf seine Hände, die verkrampft einander umschlangen. Er überlegte sich genau, was er fragen wollte, bevor er zu sprechen begann.
    "Ich komme gerade aus Griechenland, die Nachricht von Narcissas Tod erreichte uns schon vor einer ganzen Weile, aber sie war recht kurz gehalten. Iunia Axilla konnte mir keine Auskunft geben und hat mich zu dir geschickte." Er blickte auf, das Gesicht starr, nur die Augen verrieten den inneren Aufruhr, den er zu bekämpfen suchte.


    "Sie sagte mir, du seist ihre Freundin gewesen. Kannst du mir erzählen...wie sie zu den Göttern gegangen ist? Musste sie leiden?" fragte er mit gepresster Stimme.

    Priscus lächelte, als sie sich für die Griechen einsetzte. "Natürlich sind sie anders. Ich habe mein ganzes Leben unter ihnen gewohnt, aber die Griechen aus Athen sehen auf ihre Verwandten am Nil herab, obwohl sie doch alle die gleichen Vorfahren haben... Vielleicht weil sie noch nie in Alexandria waren und alles Fremde ihnen nicht ganz geheuer ist. Es gibt wohl kein Volk, das abergläubischer ist. Trotzdem ist ihre Kultur wirklich faszinierend," lenkte er ein, um ihr Gemüt zu beruhigen. Da fiel ihm noch etwas ein, was er unbedingt fragen wollte.
    "Wenn du das Museion ansprichst, wie ist es dort? Ich habe gehört, dass es dort tausende von Schriften gibt, mit dem Wissen der ganzen Welt?" Er mochte Bücher, obwohl er sich nun bald zum Militär melden würde.


    Er setzte sich ein wenig anders hin. Blut mochte er auch nicht besonders, aber die Spiele gefielen ihm überall im Reich. Besonders die Wetten hatten es ihm angetan. "Gut, wenn du möchtest, begleite ich dich gerne zu den Spielen, wenn die Hinrichtungen vorbei sind. vielleicht gehe ich schon früher hin und hole ich dann ab?" Dann brach er ab. "Nicht dass ich dich in Verlegenheit bringe, wäre es vielleicht noch gut, vorher deinen Mann oder so zu fragen?" meinte er dann. War sie verheiratet? Er wusste wenig über die Frauen der Gens, musste er feststellen.

    Priscus löste den Gürtel und zog sich seine Tunika über den Kopf. Als sein Kopf wieder zu sehen war, antwortete er: "Nein, ich bin gesund, keine Brüche, Durchfall und meine Zähne habe ich auch noch alle," sagte er und zeigte ihm sein strahlendstes Lächeln, damit er sich überzeugen konnte.

    Priscus lockerte seinen Gürtel etwas, ließ sich auf die Knie fallen, stützte sich mit den Händen ab, streckte die Beine aus und baute Spannung in seinem Körper auf.
    Dann begann er zu pumpen und zählte mit gepresster Stimme. "Unus....Duo.....Tres...Quattuor....Quinque", er drückte die Arme jedes Mal durch, ließ sie dann wieder einknicken, bis seine Nasenspitze fast den Boden berührte und presste dann seinen Körper wieder nach oben. Langsam wurde ihm warm. "....Viginti novem....Triginta." Mit gesunden etwas geröteten Wangen erhob sich Priscus und wischte sich den Staub von den Händen.

    Priscus erhob sich sofort, als er die junge Frau auf sich zukommen sah, um sie zu begrüßen. Er musterte sie einen Augenblick von Kopf bis Fuß und sah ein freundlichen Gesicht mit wachen Augen. Bestimmt hatte Narcissa sich gut mit ihr verstanden.
    Ein wenig nervös nickte er ihr. "Salve, vielen Dank, dass du mich empfängst, Iunia Serrana. Mein Name ist Titus Iunius Priscus...", stellte er sich vor und spürte, wie der Kloß in seinem Hals schon wieder wuchs. Seit er in Rom war passierte das ständig. Er räusperte sich. "Bitte verzeih mein unangemeldetes Auftauchen, aber ich bin nicht lange in Rom, ich bin gekommen, um dich nach Narcissa zu fragen....meiner Schwester", setze er noch hinzu und schluckte schwer.

    Das Griechisch klang gut in Priscus´Ohren, die Agora in Nicopolis war nicht besonders riesig gewesen, aber man hatte alles bekommen, was man brauchte. Verglichen mit Alexandria, der Perle Ägytens war sie bestimmt nicht zu vergleichen. Fasziniert hörte er zu, als Axilla erzählte. Seine Phantasie bekam Flügel und er malte sich die Stadt reich und schön aus, volller exotischer Einwohner und Tieren.
    Nur langsam fand er wieder in die Wirklichkeit zurück. "Was waren deine Aufgaben für den Gymnasiarchos? In Athen ist es ein angesehener Mann, aber wie ist es in Aegyptus? Ich habe immer gedacht die Bewohner sind verweichlichte Graeculi, ganz anders als in Griechenland selbst?" Er selber konnte die Feindschaft mancher Römer gegenüber den Griechen nicht verstehen, die griechische Kultur hatte schon reiche Früchte getragen als die Römer noch ihre Fische im Tiber fingen. "Was war der Grund, dass du nun in Rom lebst, wenn Alexandria doch scheinbar schöner ist? Bitte verzeih die vielen Fragen, aber ich reise wirklich gerne..." meinte er enschuldigend.


    Priscus nickte lächelnd, als Axilla nach dem Theaterstück fragte "Ich werde mich ein wenig in Rom umsehen, wenn Theogenes finde, dann bist du herzlich eingeladen. Aber was die Spiele im Flavianum angeht, magst du die Tierhetzen oder die Kämpfe auf Leben und Tod überhaupt?" fragte er mit hochhgezogener Augenbraue. Die klirrenden Schwerter klangen nicht gerade begeistert, viele Frauen gingen nur zu den Spielen, um gesehen zu werden.

    Priscus hob die Augenbraue, tatsächlich hatte er die Inschriften an den Wänden gesehen, daher seine Frage.
    "Ich dachte mir, wenn ich schon einmal hier bin, möchte ich auf jeden Fall etwas von der Stadt sehen, immerhin habe ich 20 Jahre Dienst vor mir und weiß nicht, ob ich überhaupt viel Zeit haben werde, um etwas von Italia zu sehen. Nie hätte ich gedacht, dass Rom so groß ist... und auch laut und voller Menschen. Ich habe merkwürdige dunkelhäutige Männer in bunten Gewändern gesehen, die ihre Waren anpriesen und mit den Kunden feilschten," erzählte er ganz begeistert.
    Was war Nicopolis doch für ein Provinzdorf im Vergleich mit der Urbs Aeterna, kaum mehr als ein Rattenloch, wenn man diesen Begriff nehmen konnte.


    "Ich würde gerne die Spiele sehen, aber vielleicht auch die eine oder andere Tragödie oder Komödie? Ich habe eine zeitlang in Athen studiert und dort viele Stücke gesehen, mich faszinieren die Griechen..." meinte er dann nachdenklich. Er hoffte, dass es mit der Kultur in Rom ebenfalls gut stand und nicht nur die Rennen oder Tierhetzen großen Andrang fanden.
    "Du hast einen Gladiator als Custos Corporis?" fragte er, "Das ist gut, bessere Leibwächter kann man nicht haben, wenn man keine Liktoren hat", scherzte er.

    Priscus bedankte sich bei Aculeo und setzte sich auf eine der Bänke, die hier standen. Vor lauter Nervosität saß er auf der Kante und rutschte unruhig hin und her. Vor dieser Begegnung hatte er sich am meisten gefürchtet, nun wartete er auf Serrana.


    Durch seinen Kopf schossen dutzende Fragen, die er stellen wollte. Wie war Narcissa gestorben, musste sie leiden, was war mit ihrer Asche passiert... In Gedanken betrachtete er das Wasserbecken in der Mitte des Atriums und wurde weggetragen in die heimatliche Casa, wo er mit Narcissa als Kind gespielt hatte....

    Priscus murmelte ein "Danke" und betrat den Raum. Er grüßte den Mann, der ihn anschaute.
    "Salve, ich bin Titus Iunius Brutus, ich soll mich hier mustern lassen", sagte er in sachlichem Ton. Ob er hier würde husten müssen, während der Medicus seine Testikel in der Hand hielt? Überall wurde das erzählt.

    Priscus merkte, dass er irgend etwas gesagt hatte, dass Axilla verwirrte. War es die Bemerkung über den Hausherrn? Oder die Erwähnung ihres Vaters?
    Wahrscheinlich das letztere, dachte er für sich und fühlte sich ein wenig unangenehm. Wenn er sich recht erinnerte war ihr Vater in Ausübung seines Dienstes gestorben, ein würdevoller Tod für einen echten Römer. Für die Hinterbliebenen waren die Totenmasken nur ein kleiner Trost...
    "Ich freue mich darauf, die anderen Bewohner kennen zu lernen," meinte er dann, um möglichst das Thema zu wechseln. "Von Silanus habe ich ebenfalls schon viel gehört, vielleicht ist es mir ja auch einmal vergönnt, ein Kommando zu führen. Aber lass uns von etwas anderem reden als vom Kriegshandwerk. Die Stadt fasziniert mich, ich würde gerne das Amphitheatrum Flavium sehen und die anderen Wunder von denen man sich bei uns erzählt. Kannst du mir etwas davon erzählen?", fragte er mit leuchtenden Augen.
    Er beschloss, das Thema mit den Soldaten ein anderes Mal anzusprechen.