Beiträge von Titus Iunius Priscus

    Mit gespannten Mienen beobachteten die tirones den Speerwurf des centurios. Der Wurf war gewaltig, zeigte jahrelanges Training und wäre mit einem echten Pilum absolut tödlich gewesen. Anerkennend murmelten die Männer, um sogleich ihre Befehle zu erhalten.


    Die erste Reihe trat zwei Schritte vor, hob die Pila und schleuderte beim Befehl zum Ausführen. Viele der Wurfgeschosse flogen schräg oder eierten im Flug herum, weil sie schlecht geworfen waren. Dann holten die Männer ihre Speere wieder und stellten sich hinten an. Nun war Priscus an der Reihe. Er machte die zwei Schritte nach vorne, hob die Hand hinter den Kopf und schleuderte sein pilum. Er schlug klappernd gegen ein anderes und beide stellten sich im Flug quer, um wirkungslos auf den Boden zu fallen. Mürrisch holten sie ihre Wurfgeschosse zurück und stellen sich wieder hinten an.


    So ging es weiter, den zweiten Wurf führte Priscus näher an seinem Körper vorbei und verkleinerte den Wurfwinkel etwas. Diesmal flog das pilum einigermaßen gerade aus und traf sogar mit der Spitze den Boden, allerdings lag die Weite nicht gerade im Bereich des Erwarteten.

    Die Aufmerksamkeit der tirones war ganz auf den centurio gerichtet, der sich sonst nicht mit langen Ausführungen beschäftigte. Doch hier schien es durchaus Sinn zu machen, ein paar Worte mehr zu verlieren, dachte Priscus, schließlich gab es nichts unehrenhafteres, als ein eigenes Pilum von einem Kameraden in den Rücken zu bekommen.
    Wie sie es allerdings schaffen sollten, irgendwann einmal alle geschätzten 150 pila vor dem ersten Ansturm des Feindes zu werfen, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, wohl aber die vernichtende Kraft, die solch ein Geschosshagel hervorrufen würde.


    Die Androhung mit den Katapulten saß, keiner hatte einen Zweifel daran, dass der Trebellier seine Drohung wahrmachen würden. Die Männer schmetterten ein "Jawohl centurio!!!" und machten sich daran, sich nach den Zeltgemeinschaften geordnet an der Linie aufzustellen. Priscus war dabei in die zweite Reihe gerutscht und konnte das Geschehen zunächst einmal beobachten.

    Priscus bekam rote Wangen, als der primus pilus ihn ansprach. Gespannt hatte er die Rettungsaktion verfolgt und den Atem angehalten, bis der Mann einigermaßen sicher wieder auf dem Boden angekommen war. "Sofort primus pilus!" stieß er diensteifrig hervor und machte sich im Laufschritt auf den Weg.


    Suchend blickte er sich um und was er sah, war alles andere als schön. Einige Häuser waren ausgebrannt, die Dächer nur noch schwarze Gerippe, die in den Himmel ragten und einen gespenstischen Eindruck hinterließen. Er hastete weiter und fragte einen der Leute, die mit dem Aufräumen beschäftigt waren nach dem Weg. Der Mann wies ihm die Richtung Norden, beim Tempel des Mercurius und Priscus nickte dankend. Mit schnellen Schritten lief er weiter und erreichte auch schon kurz darauf die Straße beim Tempel. Das erste Haus mit einem Schild, das er sah, betrat er ohne anzuklopfen und blickte in die Augen eines erschrockenen Mannes mit weißem Bart und schütterem Haupthaar.
    "Bist du ein Medicus?" fragte Priscus ein wenig außer Atem. Der Mann nickte. "Phimos von Pergamon, wie kann ich helfen?" fragte der Alte und der Schrecken des ersten Momentes wich, als er das Cingulum um Priscus Hüfte erblickte. Ein Soldat konnte nichts schlimmes im Sinn haben, dachte er. Priscus hörte die Antwort mit Erleichterung und hoffte, dass er auch etwas von seinem Handwerk verstand.
    "Dann bitte ich dich, mir zu folgen, Phimos von Pergamon, wir haben einen Notfall, der deiner Hilfe bedarf. Ich muss dich nicht darauf hinweisen, dass Zivilisten dem Militär folgen müssen, angesichts der derzeitigen Umstände?" fragte er lächelnd.
    Der Grieche nickte, Widerstand würde er keinen leisten. Er suchte rasch seinen hözernen Kasten, in dem er alles notwendige an Instrumenten und Verbänden lagerte, hängte ihn sich um und blickte den Iunier erwartungsvoll an. "Dann los mein Freund, wir müssen uns beeilen,"sagte Priscus und setzte sich in Marsch, immer darauf bedacht, den alten Mann nicht zu sehr zu überfordern. So erreichten sie schließlich den Ort dieses Wunders und der Medicus grüßte den Iulier. "Salve centurio, meine Hilfe wurde verlangt?"

    Der tiro überlegte einen Moment, biss sich auf die Unterlippe und sagte dann: "Die erste Reihe bestimmt mit Anlauf... Die Männer dahinter wohl aus dem Stand. Aber in enger Formation ist das kaum möglich, dass alle ihre Speere schleudern."
    Auch Priscus überlegte, wusste aber auch nicht recht, wie die Männer im Gefecht werfen sollten.

    Als Angehöriger des vierten Contuberniums stand Priscus zwischen der Menge und dem Ort des Geschehens. Doch da die Centuria noch nicht die vollle Stärke erlangt hatte, war er in des dritte Glied gerutscht und sah sich durch die Menschen zwängen, um dem armen Tropf zu helfen, der dort hing und vielleicht nur noch als Puls auf dem Pflaster landen würde.
    Er trat zu Tallius Priscus und blieb neben ihm stehen, weil die ersten vier Männer, die der Primus Pilus angesprochen hatte schon weitergegangen waren. Neugierig überblickte er die Szene und wartete auf neue Befehle. "Die Götter müssen dem Kerl gewogen sein," brummte er zum Optio, "jeder andere wäre längst gefallen."

    Priscus zuckte die Schultern. "Die Gens muss doch zusammenhalten, auch wenn wir Soldaten noch nicht so früh für Nachwuchs sorgen können, erst wenn wir entlassen werden," meinte er mit entschuldigendem Blick. Er mochte Kinder, aber es würde noch zwanzig Jahre dauern, bis er entlassen wurde.


    Bei dem Angebot nach Hilfe, blickte er scheu zu Boden. "Es ist schon genug, dass ich hier willkommen bin, um Serrana zu besuchen, trotzdem vielen Dank. Ich werde für euch beten und eine Taube opfern, dass ihr noch viele viele Jahre gemeinsam habt." Es rührte ihn, bisher von allen so freundlich aufgenommen worden zu sein.
    "Wenn du zur Ersten kommst würde ich mich freuen, dich zu sehen. Vielen Dank ihr beiden, es war sehr angenehm bei euch."


    Er reichte ihnen die Hände zum Abschied.

    Es dauerte einen Moment, bis die jungen tirones den Schrecken verdaut hatten. Erst Augenblicke nachdem der primus pilus den Raum verlassen hatte, getraute sich Priscus, den angehaltenen Atem auszustoßen. Die Gedanken in seinem Kopf schwirrten umher. War das eine Prüfung gewesen? Sollte festgestellt werden, ob die tirones ihre wichtigsten Vorgesetzten kannten? Aber das schien bei 6000 Mann garnicht so einfach zu sein.
    Der Blick des Iuliers zum Abschied war nicht böse oder geringschätzig gewesen, im Gegenteil. Er war freundlich gewesen, mit einer Spur Melancholie, wie Priscus fand. Mit Auftauchen des Melders hatte sich die ganze Situation geändert und der Offizier hatte seinen Plauderton ändern müssen. So hatten sie wenigstens den Menschen unter der Uniform kennen gelernt, dachte er sich. Doch hatten sie das wirklich? Die Geschichte, die er ihnen erzählt hatte, war ja überhaupt nicht wahr, zumindest nicht alles. Er war kein einfach Soldat, doch die Erzählungen von dem Feldzug in Parthia hatten echte Emotionen bei dem Iulier geweckt und wahrscheinlich war er damals noch ein junger Soldat gewesen, vielleicht nur ein paar Jahre älter als sie heute.


    Macer hörte Priscus ausatmen und drehte sich um. "Ich glaube ich hab mich nassgemacht vor Schreck, als der Melder kam. Wollen wir in tepidarium? Ich kann glaub kein Wasser mehr sehen." Die anderen nickten und folgten schweigend. Als sie auf den Sitzbänken saßen und sich an die warme Luft gewöhnt hatten, meinte Macer: "So erschrocken bin ich noch nie in meinem Leben... Heute Abend wird die ganze legio über uns lachen, wenn sich das rumspricht. Vier Füchse baden mit dem primus pilus und erkennen ihn nicht, im Gegenteil, sie fragen ganz locker nach seinen Kriegserfahrungen..." "Und erzählen ihm von ihren Huren," meinte Musa mit einem Seitenblick auf Macer, um dann wieder vor sich hin zu starren.
    "Ja ja, das stimmt," nickte Macer. "Aber gegen gesunden Appetit ist ja nichts einzuwenden..." sinnierte er weiter und hob wieder zu einer Rede über die Huren an, die er schon hatte. Priscus schweifte mit seinen Gedanken wieder ab.

    Priscus fluchte innerlich. Natürlich hatten die Kameraden seinem Beispiel gefolgt und das pilum gemütlich über die Schultern gelegt, es lief sich einfacher auf diese Weise. Nur missfiel diese ganz erheblich dem centurio, der dem faulen Haufen auch gleich noch zwei Runden extra aufbrummte. Also fasste Priscus den Wurfspeer, genau wie die anderen tirones und lief mit ihnen die zwei Strafrunden fertig.
    Ein wenig aus der Puste, aber nicht mehr so sehr wie am Anfang, stellten sie sich wieder in Formation hin und warteten.


    Schon kam die erste Frage. Der tiro antwortete: "Das Kommado zum werfen wird gegeben und alle werfen ihre Pila gleichzeitig oder auch nacheinander, denke ich."

    Priscus stellte sich vor, was wohl eine echte Waffe für Verletzungen hervorrufen würde, als der Trebellier die Kommandos vormachte. Schien nicht schwer zu sein, sah aber mit einer centuria bestimmt beeindruckend aus, wenn alle gleichzeitig ihre pila hoben.
    Sie kamen auch direkt dazu, ihre neuen Waffen zu heben, nämlich als das Kommado kam, dass sie zwei Runden laufen sollten. Die Männer trabten los und Priscus musste darauf achten, dass er die Holzwaffe keinen Kameraden vorne oder hinten über die Rübe haute. Er legte die obere Hälfte des Pilums auf seine rechte Schulter, was angenehmer zum tragen war und lief und lief.

    Nach den vielen Tagen der Ausbildung hatte sich Priscus an die dumpfen Schmerzen in den Muskeln gewöhnt, die ihn manchmal am ruhigen Schlaf hinderten, doch er konnte schon deutlich sehen, dass ihm die Anstrengungen gut taten. Er hatte etwas an Bauchumfang verloren, wenn er auch nie dick war, so zeichneten sich langsam überall am Körper die Muskeln ab.
    Selbst den centurio hatte er schon fast liebgewonnen. Mit den Anderen zusammen nahm er sich ein Pilum aus dem Strauß, der ihm am nächsten stand und stellte sich wieder an seinen Platz. Sein Blick glitt über den Speer mit der langen Spitze, er fühlte sich gut an in der Hand, gefährlich und tödlich. Dann ließ er seinen Blick wieder auf seinem Ausbilder ruhen.

    Priscus hörte den Tagesbefehl gespannt an, kurz und nichtssagend wie er war. Als sie wieder in die Stuben zurücktraten, um sich für den Tag zu rüsten, fragte er Macer: "Was meinst du, was kommt auf uns zu?"


    Macer zuckte die Schultern und meinte grinsend: "Egal was es ist, hauptsache wir kommen mal aus dem Lager raus, ich kann die Mauern nicht mehr sehen. Ich brauche frische Luft um die Nase und nicht nur den staubigen campus." Priscus nickte. Auch er kam sich eingesperrt vor, ohne Ausgang in die Stadt, jeden Tag von morgens bis abends nur exerzieren, kämpfen, laufen.
    Erwartungsvoll liefen sie ihren Kameraden hinterher, die sich an der Lagerstraße sammelten, um geschlossen zur porta praetoria zu marschieren.

    Am frühen Morgen hatte Priscus seine Sachen zusammengepackt und war durch die erwachende Stadt gegangen, um Serrana abzuholen. Auf dem Weg dorthin hatte er einige Weihegaben gekauft, die er seiner Schwester und den Totengeistern mitbringen wollte. Endlich, so hoffte er, würde er Narcissa Lebewohl sagen können und endlich wieder richtig schlafen, ohne dauernde düstere Träume und Heimsuchungen. Nachdem er Serrana abgeholt hatte, liefen sie weiter durch die Stadt, in Richtung der porta capena, die der Beginn der appischen Straße war, an der sich auch das Grabmal der Gens Iunia befand. Bisher war Priscus schweigend neben Serrana hergegangen, die verschiedensten Gedanken quälten ihn. Er spürte, dass es das Richtige war, was er tat, dass es nötig war und doch graute es ihm, das Grabmal zu sehen, die Gewissheit zu haben, dass seine Schwester ins Totenreich gefahren war und nicht wieder zu ihm zurückkommen würde.


    Er dachte einen kurzen Moment an Orpheus, der in die Unterwelt hinabgestiegen war, um seine Geliebte zurückzuholen. Auch er hätte dies für seine Schwester getan, doch wusste er weder, wie er in die Unterwelt kommen, noch wie er über den schwarzen Fluss kommen sollte. Seufzend wandte er sich an Serrana.
    "Was meinst du was uns erwartet?" fragte er mit belegter Stimme und räusperte sich. "Ich fühle mich nicht recht wohl..." deutete er an und ging wieder schweigend vor sich hin.

    Priscus musste lächeln, als Serrana die Heirat mit einem anderen Mann erwähnte. "Dann hast du es also auch geschafft, dich gegen eine ungewollte Heirat zu wehren, wie Narcissa. Vor ihrer Abreise nach Rom hat sie tagelang nichts mehr gegessen, weil sie unseren Vater mürbe machen wollte, damit dieser die Pläne mit Silanus aufgibt und sie ihren eigenen Weg gehen lässt... Damals hat es nicht geholfen, aber wie du sagst hat sie ja dann ihren Weg gefunden," meinte er schmunzelnd. Ein Dickkopf war seine Schwester immer schon gewesen.


    "Ich werde für eure Kinder beten, dass sie groß und stark werden und dass vielleicht noch viele andere folgen werden. Ein Name ist nicht viel wert, wenn es keine Erben gibt, die ihn nicht weitertragen können." Dann erinnerte er sich, dass er ja noch einige Dinge zu erledigen hatte. Ein wenig zögernd begann er.
    "Ich möchte mich jetzt mit eurer Erlaubnis wieder auf den Weg machen, ich muss noch einige Dinge erledigen und finde mich noch nicht richtig in der Stadt zurecht. Senator, es war mir eine Ehre, dich kennen zu lernen, ich hoffe wir sehen uns bald wieder.
    Und wir sehen uns morgen früh Serrana, ich hole dich dann nach dem Morgengrauen ab,"
    meinte er lächelnd.

    Priscus nahm noch einen Schluck Wein. Er wusste nur vage, dass die Prätorianer auch noch andere Dinge als Wache stehen zu tun hatten, meist keine guten. Trotzdem fühlte er sich bei seinem Verwandten sicher, solange es nicht um Politik ging. Er legte den Kopf schief und grinste. "Und bestimmt würde ich mir wünschen, ich bekäme auch so viel Sold wie du, wenn der besagte Hüne mir ans Leder will. Ich hoffe mal das dauert noch eine Weile, zumal es laut meinem Vater recht ruhig sein soll im Imperium... Aber ich konnte mir noch nie vorstellen, einen anderen Beruf zu ergreifen. Händler oder Bauer wäre glaube ich auch nichts für mich, auch wenn Mutter immer meinte, ich solle zu Hause noch mehr Land kaufen und bewirtschaften."


    Kaum hatte er geendet, als auch schon der Wirt mit einem großen Holzbrett daherkam und es mitten auf den kleinen Tisch knallte. Darauf waren vier dicke Rollen, goldbraun und gefüllt mit einer braunen Masse, gesprenkelt von grünen Kräuterstücken. Beim Duft des Essens zog sich Priscus der Magen zusammen vor Hunger, das Wasser lief ihm im Munde zusammen und interessiert beugte er sich näher. Bashetur legte zwei Messer dazu und grinste breit. "Lasst esch eusch schmecken und keine Angst, es ist nicht giftig sondern eine Delikatesse," meinte er und verschwand auch gleich darauf wieder, um sich um seine anderen Gäste zu kümmern.
    Vorsichtig schnitt er einen der Fladen an und schnupperte daran. Es roch einfach köstlich und sein Magen machte förmlich einen Sprung in der Erwartung der Köstlichkeit. "Auf dein Wohl," sagte er und stecke das Stück in den Mund. Es schmeckte scharf, würzig und raffiniert. Mit sichtlichem Vergnügen kaute Priscus darauf herum und schluckte, sein Mund brannte etwas und sein Magen schrie Hurra. Anerkennend nickte er und schnitt sich noch ein Stück ab.


    "Sag mal, wie willst du die Gens eigentlich vergrößern? Hast du an Heirat gedacht nach deiner Dienstzeit oder die Anbindung an eine andere Gens durch Heirat einer unserer Verwandten? Serrana hat ja einen Germanicer, wenn ich mich recht entsinne... Und Axilla?" fragte er zwischen zwei Bissen.

    Bei der Erwähnung eines freien Tages verdrehte Macer gedankenverloren die Augen zum Himmel, sich ausmalend, wie er mit drei Huren den Ausgang feierte. Als er dann jedoch an seinen mickrigen Sold dachte, wurde es nur noch eine lupa und dazu nicht einmal eine besonders ansehnliche. Er seufzte ergeben, als er Priscus hinterher sah. Das heiße Wasser machte ihn schläfrig, doch auch seine Hände wurden schrumplig.


    Während die Anderen überlegten, ob sie sich auch schon aufmachen sollten, ihrem Kameraden zu folgen, trat der miles ins Bad ein und machte seine Meldung. Musa blickte sich um, aber der angesprochene Mann... Seine Augen weiteten sich. "Offizier im Raum, Achtung!!!" gellte er und sprang aus dem Becken, um sich am Rande aufzustellen. Die Anderen hatten erst jetzt begriffen, wer der nette Veteran denn war und machten sich ebenfalls daran, aus dem Wasser zu klettern und sich aufzubauen. Im Nebenraum hatte Priscus den Ruf gehört und trat herbei, um zu sehen, wer denn so wichtiges erschien. Als er seine Kameraden so stehen sah, stellte er sich daneben. "Was ist denn los?" fragte er Macer gespannt, der ganz außen stand und ein wenig grün um die Nasenspitze herum war. "Der Kamerad da ist der primus pilus," zischte dieser und drückte weiter die Brust raus. Einen Moment lang war Priscus nicht klar, was Macer überhaupt von ihm wollte. Als er aber den miles sah, der eindeutig den Veteranen ansah und das mit besonderem Respekt im Blick, kam ihm die Erkenntnis.


    Ein dicker Klumpen rutschte in seinen Magen, ein wenig schwindelte ihm, wobei er hoffte, dass es nur an den Temperaturen im Raum lag. Der kameradschaftliche Ton des Mannes, die Geschichten, waren sie alle nicht echt gewesen? Würden sie jetzt noch mehr Latrinendienst bekommen? Trotz dieser Fragen hatte er immer das Gefühl gehabt, der Mann fühlte sich ganz wohl unter den tirones, unter Menschen, die nicht so reagierten wie die Kameraden gerade jetzt und sich ihres Ranges entsprechend benahmen. Die Stellung an der Spitze war bestimmt einsam, voller Arschkriecher und Neider. Er schluckte schwer und wartete, ob der primus pilus aus dem Becken kommen würde.

    Trotz der müden Knochen und des Schweißes ging auch dieser Ausbildungstag zu Ende, wie immer mit den Laufrunden abgeschlossen. Als sie ausgelaufen waren, machten sich die Männer, nachdem sie sich beim centurio abgemeldet hatten, wieder auf den Weg in ihre Unterkünfte, um sich ihr Mahl zu bereiten, neugierig, was der neue Tag bringen mochte.

    Gespannt hörte Priscus die Ausführungen des centurio. Er beschloss, die Frage mit dem Wechsel für ein andermal aufzuschieben. Dann nahm er sein scutum wieder auf und sagte: "Jawohl, weitermachen."


    Dann wandte er sich wieder Macer zu und begann den nächsten Angriff auf seinen Kameraden.