Beiträge von Cnaeus Fabius Torquatus

    Aufmerksam lauschte ich Macers Erzählungen und konnte der Einstellung seiner Tochter sogar selbst etwas abgewinnen. Ich interessierte mich ebenso kaum für Wagenrennen, wenngleich ich Gladiatorenkämpfe durchaus als unterhaltend empfand. Und Tierhetzen waren ohnehin immer ein Spektakel. "Es scheint mir, sie entwickelt sich schon jetzt zu einer Frau, die weiß was sie will", entgegnete ich lachend.


    Interessiert nahm ich dann die Ausführungen meines Patrons zum Grund seiner Audienz mit dem Kaiser auf. Dass er sich für Atticus einsetzte schien naheliegend, wenngleich ich nicht abschätzen konnte, inwieweit der Kaiser ihm schon jetzt ein Amt im ritterlichen Cursus Honorum zutrauen würde. Gleichsam war sein Vater ein Eques und seine Mutter mittlerweile auch, sodass dieser Weg wohl vorgezeichnet war. Ich entschied mich aber dazu dieses Thema nicht noch einmal aufzugreifen. Interessanter war da schon die Frage nach Macers persönlicher Zukunft. Da er allerdings nicht allzu viel preisgab, kam ich zu dem Schluss dass er nicht allzu viel preisgeben wollte. Gerade deshalb verzichtete ich darauf noch einmal nachzuhaken und wollte stattdessen in den Gängen der kaiserlichen Kanzlei meine Augen und Ohren offen halten. Immerhin erfuhr man dort immer wieder hilfreiche Dinge. "Nun gut, dann werde ich dich schriftlich informieren, sobald ich einen Termin arrangiert habe." Ich wartete einen Moment, ob Macer vielleicht noch ein Thema vorbringen wollte, ehe ich zur Verabschiedung überging. "Dann danke ich dir für deine Zeit, Patron. Ich werde alsbald wieder von mir hören lassen."

    "Achja...", entgegnete ich seufzend und winkte mit einer Hand ab. Diese vermaledeiten Festtage! Es verging wohl kaum ein Tag, der nicht zu Ehren irgendeiner Gottheit verbracht wurde. Manchmal hatte ich den Eindruck, man würde den Toten und den Göttern mehr Zeit opfern als den Lebenden. Gleichwohl wusste ich um Axillas Einstellung, was den Cultus anbelangte, immerhin hatte sie diese auch teilweise in unserem Ehevertrag festgehalten. Gerade deshalb ersparte ich mir einen abschätzigen Kommentar und ordnete mich den Feierlichkeiten unter. "Nun, dann schlage ich ANTE DIEM VII KAL MAI DCCCLXVIII A.U.C. (25.4.2018/115 n.Chr.) vor." Ich hatte nicht jeden Feiertag im Kopf, hoffte aber, dass sich dieser Termin verwirklichen ließ.

    Immer noch an der Vitrine stehend schenkte ich dem Prudentier einen Becher Posca und mir selbst etwas Wein ein, ehe ich den Gästen ihre Getränke reichte und selbst wieder Platz nahm. Dann nickte ich noch einmal bestätigend auf Livianus' Hinweis bezüglich seines Briefes hin und lauschte regungslos dem Monolog des Consulars, der im Wesentlichen den Inhalt seines Schreibens repetierte. Geradezu lehrerhaft wies er seinen Schützling zurecht, dessen Reaktionen ich genau beobachtete. Es fiel mir allerdings reichlich schwer, die Gedanken und Gefühle des Prudentius zu deuten, da dieser recht zurückhaltend das Feld seinem Ziehvater überließ. Livianus hatte ja betont, dass er sich einen militärischen Posten an der Grenze für seinen Schützling erhoffte, um ihn in die richtigen Bahnen zu lenken. Gleichwohl ergriff der Junge abschließend selbst das Wort, um etwas zögerlich den vorgegeben Plan seines Ziehvaters zu relativieren.


    Die verschiedenen Interessen der beiden Anwesenden waren mir nun klar und es gestaltete sich als schwierig, die passenden Worte zu finden. Mir war vor allem viel daran gelegen den einflussreichen Senator für mich zu gewinnen. Immerhin konnte man nie wissen, wann man eine gewichtige Stimme wie die seine zukünftig noch gebrauchen konnte. Der Prudentius dagegen war mir im Moment noch von keinem Nutzen und daher weitgehend gleichgültig. Trotzdem schien es mir angebracht, keinen Familienstreit anzuzetteln, der womöglich ebenfalls das Verhältnis zu Livianus überschatten konnte. Ich nahm einen tiefen Schluck Wein und strich mir nachdenklich über mein Kinn, ehe ich mich dem Prudentier zuwendete. "Was genau bewegt dich zu der Entscheidung, nicht in die Tradition deines Großvaters einzutreten und den senatorischen Cursus Honorum zu beschreiten?", fragte ich neugierig. Immerhin war dies etwas was auch der Kaiser in Frage gestellt hatte. "Prudentius Commodus ist uns allen als ehrenwerter und erfolgreicher Staatsmann im Gedächtnis, der sich um Rom in höchster Weise verdient gemacht hat." Ich kannte Commodus nicht, aber ich kannte seine Akte und hatte genug politische Bildung um seine Lebensleistung einschätzen zu können. "Wie der Consular schon sagt...der Weg eines Eques ist ebenso ehrenhaft und kann dich zu einem wertvollen Mitglied der römischen Gesellschaft machen. Gleichzeitig sind die Aufgaben oftmals andere. Ich selbst diente zum Beispiel der Flotte, zuerst in Misenum, dann im fernen Ägypten", erklärte ich und versah meine Frage mit einer persönlichen Note. Nun beobachtete ich den Prudentier ganz genau und wartete gespannt seine Reaktion ab.

    Ich ärgerte mich über mein Versäumnis, das der Kaiser sogleich noch einmal unterstrich. Mit bloßen Händen hätte ich den Eindringling in die Aula Regia schleppen sollen, um direkt an Ort und Stelle über ihn richten zu lassen! So hatte ich weder Namen noch Position und die Suche nach dem Täter gestaltete sich ungleich schwieriger. Gleichsam ermutigte mich die Reaktion des Princeps, der in dieser Sache voll und ganz auf meiner Seite schien und gleich von selbst den nächsten Schritt vorzeichnete, um die Situation schnellstmöglich aufzuklären. "Das werde ich umgehend, mein Kaiser!", entgegnete ich willig. Vielleicht würde der Praefectus gegenüber dem Kaiser tatsächlich seinen Handlanger offenbaren. Andererseits vertraute ich kaum auf die Ehrlichkeit eines Menschen, wenn es um Macht ging - und noch weniger traute ich den Prätorianern, die in meinen Augen mit ihrer Geheimniskrämerei mehr Bedrohung als Hilfe für das Imperium Romanum und den Princeps waren.

    Ganz offensichtlich schien mein einflussreicher Gast recht positiv auf meine Schmeichelei zu reagieren, was ich als Bestätigung meiner Menschenkenntnis erachtete. "So ist es, ich werde Iunia Axilla heiraten", entgegnete ich mit einer gewissen Zufriedenheit. Ich hatte von der Rückkehr von Iunius Silanus gehört, hatte jedoch noch keine Gelegenheit gehabt ihn kennen zu lernen. Zweifellos war er dereinst ein einflussreicher Mann in Rom gewesen, den ich lieber zu meinen Verbündeten, als zu meinen Feinden zählen wollte. Darüber hinaus schien die Aussicht verlockend, über ihn eine Verbindung zum Consular herstellen zu können.


    Während der Senator die Konversation direkt auf das eigentliche Thema dieses Termins lenkte, begab ich mich zur Vitrine an der Seite des Officiums, in der ich ganz offen meine Weinauswahl präsentierte. "Der Kaiser weiß zweifellos um deine herausragende Stellung, Consular Decimus", versuchte ich diplomatisch zu reagieren, während ich dem Senator einen Becher Wein einschenkte. "Nichtsdestotrotz vertraut er auch auf die Einschätzung seiner Hofbeamten und explizit auf meine Einschätzung in dieser Angelegenheit. Ich habe mit dem Kaiser Rücksprache gehalten und er ist deinem Anliegen durchaus positiv gestimmt. Der Grund für dein Anliegen erschien uns beiden allerdings recht unüblich, weswegen er noch persönlichere Informationen über deinen Ziehsohn benötigt." Hatte der Senator da gerade indirekt meine Stellung in Frage gestellt? Nun, ich wollte darüber hinwegsehen, immerhin sprach ich mit einem der höchsten Beamten des Imperiums. "Beträfe deine Anfrage ein rein persönliches Anliegen, hätte er dir selbstredend auch persönlich geantwortet", versuchte ich den Decimer milde zu stimmen. Weiterhin freundlich lächelnd wartete ich derweil noch den Getränkewunsch des jungen Prudentius ab, auf den ich sogleich mein Augenmerk richtete.

    Die Verwunderung darüber, dass selbst der Kaiser nicht über das Eindringen der Prätorianer in die Archive informiert war, stand mir ins Gesicht geschrieben. Ich war wütend, dass ich derart respektlos behandelt wurde und noch wütender, dass ich die Situation nicht augenblicklich und vehementer aufgeklärt hatte. Andererseits waren meine Möglichkeiten beschränkt gewesen. Ich hätte wohl kaum die Prätorianer hinzuziehen können, um die eigenen Männer mit Gewalt aus dem Archiv entfernen zu lassen.


    Ich nickte also auf des Kaisers Nachfrage hin bestätigend und versuchte sodann, die Situation zu rekapitulieren: "Nun, sie haben wohl Informationen gesammelt, aber auch Dokumente entwendet." Dies hatte der führende Prätorianer sogar noch vor seinen Augen befohlen. "Ich wurde von einem Notarius auf die Prätorianer hingewiesen und habe sie im Archiv gestellt. Der Soldat hat mir seinen Namen nicht verraten und sein Eindringen fadenscheinig mit dem 'Kriegsrecht' begründet. Er warf mir zudem 'Behinderung einer Sicherheitsermittlung' und 'Beihilfe zum Umsturz oder Verrat' vor." Der bloße Gedanke daran machte mich angesichts der Irrsinnigkeit dieses Vorwurfs noch wütender. "Wenn dieses Vorhaben nicht von dir autorisiert war, haben die Prätorianer ihre Zuständigkeit unrechtmäßig überschritten", stellte ich bestimmt fest. "Ich kann mich noch gut an den Soldaten erinnern. Er verhielt sich ruhig, kühl, sachlich. Er machte den Eindruck fest zu glauben im Recht zu sein." Mir war auf jeden Fall daran gelegen diese Angelegenheit aufzuklären und so hoffte ich, dass der Kaiser ebenso Interesse daran hatte.

    "Sicher, sowohl von beruflicher als auch familiärer Seite werde ich in dieser Sache wohl auf dem Laufenden bleiben", stellte ich abschließend fest und nutzte den Themenwechsel, um die Gedanken an Atticus erst einmal beiseite zu schieben. Der junge Sturkopf würde mir wohl noch genug Nerven kosten, sodass ich mir über ihn gerade in seiner Abwesenheit nicht den Kopf zerbrechen wollte.


    "Das freut mich zu hören", kommentierte ich sodann ehrlich, zumindest in Bezug auf das Wohlbefinden von Macers Tochter. Die Information bezüglich des Geschenks nahm ich dagegen emotionslos auf. Meine Menschenkenntnis sagte mir, dass der junge Atticius wohl tatsächlich um des Schenkens Willen schenkte und sich nicht beim Senator anbiedern wollte. Ein gutes Verhältnis mit dem Patron konnte seiner Karriere so und so nicht schaden, weswegen ich solcherlei Dinge nur gutheißen konnte. "Wie alt ist sie denn jetzt schon?", hakte ich nach, um das Thema nicht allzu schnell abzuhandeln. Ich war einige Jahre in Ägypten gewesen und hatte etwas den Überblick verloren.


    Dann kam mir ein Gedanke, den ich noch aufgreifen wollte. "Ich will nicht zu neugierig sein, Patron, aber was genau ist denn der Anlass für deine Audienz mit dem Kaiser? Gar das Interesse an einem neuen öffentlichen Amt?", hinterfragte ich nachträglich die Audienz, die wir eigentlich schon hinter uns gelassen hatten. Zweifellos war ich neugierig und hatte mich schon länger gefragt, ob mein Patron generell beabsichtigte, in naher oder ferner Zukunft wieder mehr in Erscheinung zu treten oder ob er sich bereits in den Ruhestand verabschiedet hatte.

    Dass es nicht leicht werden würde, eine bestehende Domus zu erwerben, geschweige denn einen einigermaßen zentralen Bauplatz zu finden, wusste ich selbst. Nichtsdestotrotz glaubte ich daran, dass mein Geldbeutel diese Angelegenheit regeln konnte. Ich wollte in naher Zukunft auf jeden Fall ein Objekt ausfindig machen. "Du hast doch einen Architekten erwähnt, der dir gute Dienste leistet. Vielleicht hat er Kontakte. Kann ich ihn treffen?" So konnte ich möglicherweise zeigen, dass es mir ernst war und ich keine Zeit verstreichen lassen wollte. Der Gedanke, dass mich eine allzu lange Nutzung der iunischen Räumlichkeiten in ein schlechtes öffentliches Licht rücken würde, gefiel mir ganz und gar nicht. Gerede und Gerüchte konnten meinem Ruf nur schaden.


    Ich runzelte die Stirn, als Axilla mich nach einen konkreten Termin fragte und zuckte mit den Schultern. "Wie wäre es mit ANTE DIEM VI ID APR DCCCLXVIII A.U.C. (8.4.2018/115 n.Chr.)?", schlug ich sodann vor. Ich hatte mir bezüglich der Vorbereitung nicht viele Gedanken gemacht, aber ich ging davon aus, dass bis dahin alles geregelt werden konnte. Axilla konnte das Ganze wohl besser einschätzen, immerhin hatte sie schon zwei Hochzeiten hinter sich gebracht. Meine eigene verlangte den damaligen Umständen entsprechend keine allzu zeitintensive Planung.

    Der Kaiser hatte mir aufgetragen den jungen Prudentius etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und genau das gedachte ich an diesem Tage auch zu tun. Zweifelsfrei war es auch eine gute Gelegenheit, den Consular Decimus kennen zu lernen, daher hatte ich das Feld nicht Maenius Firminus überlassen. Ich rechtfertigte meine Einladung einfach dadurch, dass die regelmäßigen Standeserhebungen zunächst in meinen Aufgabenbereich fielen, während die mögliche Erteilung eines Tribunats erst an zweiter Stelle stand.


    Als der Consular eintrat, fand er mich in meiner schwarzen Lieblingstunika bequem in meinem Stuhl sitzend vor, zur Begrüßung erhob ich ich mich allerdings respektvoll. "Salve Consular, es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen", begann ich freudig lächelnd. "Es ist nicht alltäglich, dass ich so hochdekorierte und verdiente Staatsmänner wie dich in meinem Officium empfangen darf.", zollte ich sodann meinen Respekt. Für Schmeicheleien und Nettigkeiten waren die meisten Menschen empfänglich, das galt wohl auch oder gerade für einen Consular. "Und natürlich freue ich mich auch deine Bekanntschaft zu machen, Prudentius", wandte ich mich dem eigentlichen Grund der Unterredung zu und deutete im nächsten Schritt auf die beiden Sitzplätze, die vor meinem Schreibtisch bereitgestellt worden waren. "Kann ich euch etwas zum Trinken anbieten? Wein, Wasser, Posca?" Ich hatte mich mittlerweile in meinem Officium eingerichtet und besaß zweifellos die erlesenste und üppigste Getränkeauswahl der gesamten Administration. Immerhin war ich ein...genussvoller Trinker und schätzte guten Wein.



    Ad
    Marcus Decimus Livianus
    Casa Decima Mercator
    Roma




    Ehrenwerter Consular Decimus,


    nach Rücksprache mit dem Kaiser würde ich dich und deinen Klienten Gaius Prudentius Primus gerne KAL MAR DCCCLXVIII A.U.C. (1.3.2018/115 n.Chr.) in mein Officium einladen, um mir einen persönlichen Eindruck deines Schützlings zu machen.


    Solltest du zum genannten Termin verhindert sein, bitte ich dich einen Alternativtermin vorzuschlagen.


    Vale bene.


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    Procurator a memoria - Administratio Imperatoris



    ROMA - PRIDIE KAL MAR DCCCLXVIII A.U.C. (28.2.2018/115 n.Chr.)

    Ich blickte kurz auf meine Notizen, um das Erinnerungsvermögen des Kaisers mit Fakten zu untermauern. "Ja, so ist es", bestätigte ich knapp. "Ich werde mich darum kümmern", kommentierte ich abschließend die Causa Prudentius Primus. Ich würde mir wohl selbst ein Bild von dem Jungen machen, immerhin konnte ich auf diese Weise auch den Consular kennen lernen. Bei der Postenvergabe würde ich dann den ab epistulis konsultieren, um ihn nicht gänzlich zu übergehen. Damit war dieser Tagesordnungspunkt erledigt.


    "Es gibt da noch etwas", setzte ich zu einem Themenwechsel an. "Eine Angelegenheit in Bezug auf mein Aufgabengebiet als a memoria." Meine Mine wurde etwas kühler und in meinem Gesicht spiegelte sich wieder, dass ich ein kritisches Thema ansprechen wollte. "Ich hatte zuletzt eine unangenehme Begegnung mit den Prätorianern in den Archiven. Drei Soldaten der Garde haben die Archive durchkämmt und wohl nicht nur Informationen gesammelt." Was genau sie getan hatten entzog sich meiner Kenntnisse, denn ich kannte nicht jedes Dokument auswendig. Nichtsdestotrotz war ich mir sicher, dass sie nicht nur auf der Suche nach Informationen waren und blieb dementsprechend skeptisch in meiner Formulierung. "Ich weiß um die Bedeutung der Prätorianer und ihrer besonderen Befugnisse, nichtsdestotrotz halte ich es für befremdlich, meinen Zuständigkeitsbereich ohne jede Rücksprache zu infiltrieren. Der führende Soldat ist zudem durch Respektlosigkeiten und vagen Drohungen aufgefallen." Immerhin hatte er den Vorwurf der Behinderung einer Sicherheitsermittlung und die Beihilfe zum Umsturz oder Verrat in den Raum gestellt, was ich als besonders respektlos gegenüber einem Amtsträger empfand. "War dieses Untergraben meiner Autorität von dir autorisiert, mein Kaiser?", fragte ich dann offen und ohne mit der Wimper zu zucken. In dieser Angelegenheit wollte ich nicht klein beigeben, sondern meine Position klar herausstellen. Ich wollte kein kleines Rädchen im Staatsapparat sein und mich in meinem Loch verkriechen. Anders gestaltete sich dies natürlich, wenn der Kaiser derlei Maßnahmen autorisiert hatte - dann musste ich mich wohl damit abfinden, wodurch ich jedoch ebenfalls Rückschlüsse auf meinen aktuellen Stand am Kaiserhof ziehen konnte.

    "Nun, rein formell kann ich dir da nur zustimmen. Aber auch sein Vater Prudentius Balbus stand in der Tradition eines Senators und hat sich für die ritterliche Laufbahn entschieden", gab ich noch zu bedenken. "Wie ich den Archiven entnehmen konnte ist noch eine ritterliche Linie vom Bruder des Prudentius Commodus begründet wurden, die aber im Vergleich zur senatorischen wohl kaum von Bedeutung war." Letztlich war es mir völlig gleichgültig, ob der unbekannte Sprössling einer mir unbekannten Gens Senator oder Ritter werden würde, da ich weder vom einen noch vom anderen profitierte. Ich tat nur meine Arbeit und stellte die Faktenlage dar. Die Möglichkeit einer genaueren persönlichen Prüfung sowie meine Einschätzung hatte ich dargeboten, sodass die Entscheidung nun beim Kaiser lag.

    Zum ersten Mal seit meiner Rückkehr aus Alexandria hatte ich endlich Zeit gefunden, mir einen persönlichen Eindruck vom aktuellen Sklavenangebot auf dem Mercatus Urbis zu machen. Mein Hauspersonal hatte ich in der Provinz verkaufen müssen, um meine Rückkehr nach Rom und eine gewisse Übergangszeit zu finanzieren. Da ich nun aber wieder liquide war, beabsichtigte ich den ein oder anderen Sklaven zu erwerben, der mir bei gewissen Tätigkeiten zur Hand gehen konnte.


    Hinter mir schleppte sich der greise Sosistratus, mein Leibsklave und Haushälter, durch die Reihen der interessierten Bürger hin zum Podest. Das Wettbieten um Bettgespielinnen hatte ich leider verpasst, allerdings präsentierte der geschäftige Titus Tranquillus nun ein Exemplar, das mir womöglich sogar von tatsächlichem Nutzen sein konnte. Ein Thraker im besten Alter, wie es schien, dem ich wohl kaum intellektuelle, aber sicher körperliche Aufgaben zumuten konnte. Interessiert schritt auch ich zum Podest und erkannte im Augenwinkel ein bekanntes Gesicht - einen Notarius der Kanzlei. Etwas verblüfft darüber, dass sich der Notarius trotz des Hungerlohns, den er bei der Verwaltung verdiente, tatsächlich über die Qualitäten des Thrakers erkundigte, hielt ich für's Erste Distanz und wartete die ersten Gebote ab. Das Startgebot war ja ohnehin bereits von einer unbekannten Dame erfüllt worden.


    Als der Sklave dann das Wort ergriff und seine Lebensgeschichte offen legte, wurde mein anfängliches Interesse etwas getrübt. Ob ich tatsächlich für ein emotionales Wrack bieten sollte? Wahrscheinlich schaffte er mehr Ärger ins Haus, als dass er mir von Nutzen war.

    "Die Vigiles, verstehe", stellte ich fest. Bei den Vigiles würde Atticus wohl nicht mit der selben Härte geschliffen werden wie in einer Grenzlegion, aber zumindest entfloh er so nicht meinem Einflussbereich. "Nun, ich werde wohl zweifellos informiert sein, wenn es soweit ist." Immerhin fielen die regelmäßigen Standeserhebungen in meinen Aufgabenbereich als a memoria, sodass ich im Zwiegespräch mit dem Kaiser sicher auch Einfluss auf dessen Entscheidung nehmen konnte. "Wie ergeht es dir und deiner Tochter?", wechselte ich dann das Thema. Es schien mir angebracht, mich auch über die Befindlichkeit des Senators zu erkundigen, zumal wir sonst für gewöhnlich über mich und meine Zukunft sprachen.

    "Ich will keine Zeit verstreichen lassen und das Projekt direkt in Angriff nehmen. Das schwierigste Unterfangen wird sicherlich, einen geeigneten Bauplatz zu finden. Ich kann mir allerdings den Abriss eines alten Gebäudes und die Errichtung einer neuen Domus genauso gut vorstellen wie die Sanierung einer bestehenden Domus. Das ist wohl abhängig davon, was gerade auf dem Markt zu finden ist", teilte ich meine Gedanken zu unserer zukünftigen Bleibe. Keinesfalls wollte ich mich an den Stadtrand drängen lassen, sodass auch der Kauf einer bestehenden Domus in Frage kam. Allerdings musste ich mich dazu erst umhören. "Umso schneller ich also ein geeignetes Objekt finde, umso schneller kann der Bau oder Umbau beginnen. Je nachdem wird das Ganze wohl wenige Monate in Anspruch nehmen." Notfalls würde ich das Vorhaben eben mit Sesterzen beschleunigen. "Wenn du also jemanden kennst, der jemanden kennt, wäre ich für deine Unterstützung in dieser Angelegenheit dankbar." Axilla einzubeziehen schien mir nahe liegend, immerhin war sie gut vernetzt.


    Genüsslich aß ich noch etwas Käse und nippte an meinem Wein, bevor ich auf die Donatio zurückkam. "Das werde ich. Wir können die Donatio dann im Vertrag aufnehmen, wenn ich mir eine Überraschung überlegt habe", entgegnete ich mit einem tiefen Blick. Natürlich hätte ich spontan auch irgendwelche Versprechungen machen können, allerdings fühlte ich mich verpflichtet mir tiefere Gedanken über die Donatio zu machen, um so einer zweiten Enttäuschung am Abend aus dem Weg zu gehen.


    "Damit ist in Bezug auf den Vertrag alles geklärt, oder?", hakte ich nach, falls noch Unklarheiten bestanden oder ich etwas übersehen hatte. Zufrieden darüber den bürokratischen Teil schnell abgehandelt zu haben, ließ ich mir vom Sklaven Wein nachschenken. "Wobei, wir sollten uns wohl auch über den Termin unserer Hochzeit unterhalten", fügte ich noch einen spontanen Gedanken an.

    "Zweifellos", kommentierte ich knapp. Als Ritter konnte Atticus auch mir von Nutzen sein, wenn es mir denn gelang, ihn auf meine Seite zu ziehen. Früher oder später würde er aber verstehen, dass die eigenen Emotionen und Befindlichkeiten hinter Ambitionen und wertvollen Bündnissen zurückstehen mussten - zumindest wenn er auf meine Erziehung vertraute. "Hat er dir denn mitgeteilt, welche größere Aufgabe ihn reizt?" Nach meiner Einschätzung war das Militär genau das richtige, um ihm seine störrische Art auszutreiben und ihm Respekt zu lehren. Andererseits hatte ich gelernt, dass der eigene Einfluss signifikant schwand, wenn man in den Legionen in der Provinz diente und Rom zu lange den Rücken kehrte. Genau aus diesem Grund war ich selbst überhaupt zurückgekehrt.

    "Für ihn spricht wohl vor allem seine Ahnentafel, denn er ist außerdem der Enkel des verstorbenen Consulars Prudentius Commodus. Seine Mutter, Aelia Vespa, war zudem die Nichte des Divus Valerianus", entgegnete ich nüchtern. Eigentlich fiel es mir schwer, eine Person vorzuschlagen, die selbst bisher kaum in Erscheinung getreten war. Dass junge Sprösslinge einer Familie oftmals die Lorbeeren ihrer Vorfahren ernteten war in Rom allerdings üblich, sodass ich mich in diesem Fall der Tradition fügte. Vor allem, wenn sie in direkter Linie mit einem Kaiser verwandt waren. "Mit deiner Erlaubnis würde ich den jungen Prudentius in einem persönlichen Gespräch einer genaueren Prüfung unterziehen. Entweder alleine - oder wenn du Wert darauf legst, auch in deiner Anwesenheit und der des Consulars Decimus in einer gemeinsamen Audienz". Eigentlich war dies von Anfang an mein Gedanke gewesen, allerdings wollte ich dem Consular nicht auf den Schlips treten. Immerhin war ich nicht im Bilde, wie eng das Verhältnis zwischen dem Kaiser und Decimus Livianus war. Zweifellos war er als amtierender Curator Rei Publicae aber einer der höchsten Männer im Staate. "Dann kann wohl auch eher festgestellt werden, welche Schwierigkeiten Senator Decimus in Bezug auf die Zukunft des Prudentius befürchtet."


    Sim-Off:

    EDIT: Die Verwandtschaftsverhältnisse noch etwas konkretisiert.



    Ad
    Herius Claudius Menecrates
    Villa Claudia
    Roma




    Salve Consul,


    der Kaiser wünscht dich zu einer Besprechung deiner Amtszeit PRIDIE KAL MAR DCCCLXVIII A.U.C. (28.2.2018/115 n.Chr.) im kaiserlichen Palast zu empfangen.


    Vale bene.


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    Procurator a memoria - Administratio Imperatoris



    ROMA - ANTE DIEM IV KAL MAR DCCCLXVIII A.U.C. (26.2.2018/115 n.Chr.)