Beiträge von Cnaeus Fabius Torquatus

    Interessiert hörte ich mir Axillas Ausführungen zu ihrer Familie an und wurde letzlich in dem Wissen bestätigt, das ich mir zuvor schon in der Vorbereitung auf dieses Gespräch angeeignet hatte. Da war vor allem Iunius Silanus, der mir durch seine Karriere am Kaiserhof schon zuvor ein Name gewesen war, über dessen Stellung ich im Moment allerdings nichts genaues sagen konnte. Ein allzu wichtiges Amt besetzte er auf jeden Fall nicht. Die anderen beiden Genannten kannte ich nicht, verfügte vor allem der eine mit seiner Präfektur in Germania Superior hier in Rom kaum über hohen Einfluss. Die Ferne zu Rom hatte immerhin auch mich selbst während meiner Zeit in Aegyptus eingeschränkt, wenngleich gewisse andere Vorzüge nicht zu leugnen waren. "Deine Familie hat gewiss eine lange und ehrenwerte Tradition, daran besteht kein Zweifel", stimmte ich den Ausführungen der Iunia zu. Im Vergleich zu meiner eigenen Familie hatte sie sicher die weitaus größeren Namen hervorgebracht, vor allem da es meinem eigenen Familienzweig an einer langen Geschichte mangelte. Allerdings war ich fest entschlossen, eine solche zu begründen und mich dafür auch in eine entsprechende Position zu bringen.


    Gerade als ich fortsetzen wollte, erhob sich Axilla und schlenderte am Tisch entlang. Instinktiv wich ich mit dem Kopf etwas zurück, auch wenn von ihr keinerlei Gefahr für mich ausging. Es war wohl mehr die Überraschung darüber, was sie nun hier an Ort und Stelle einzuleiten versuchte. Ich faltete meine Hände vor meinem Bauch, als wäre ich in freudiger Erwartung eines Spektakels und beobachtete erst ihre Finger, dann musterte ich sie in Gänze. Zu behaupten, ich wäre nicht von ihr angetan, wäre eine glatte Lüge gewesen. Dennoch versuchte ich Contenance zu wahren und mich nicht überschnell einlullen zu lassen. Ich räusperte mich leicht und ging dann auf ihre Bemerkung ein: "Aelius Archias? Noch nie gehört." Die Aelier waren einst eine privilegierte Familie gewesen, bevor Valerianus verstarb und Salinator an die Macht kam. Auch dieser Einfluss gehörte aber wohl mittlerweile vergangenen Tagen an. So wartete ich also geduldig, dass mich Axilla über dieses Kennenlernen ins Bilde setzte.

    Und genau so fand der Kaiser seinen neuen a memoria auch vor, denn das etablierte Hofpersonal hatte mich vorab entsprechend instruiert. Auf der Kline liegend, gekleidet in einer schwarzen Tunica und an der Hand geschmückt mit meinem Ritterring sowie einem Siegelring mit Löwenkopf, dem Symbol meiner Familie, grüßte ich den Imperator. "Salve, Augustus."

    Ich wusste nicht, inwieweit der Handel mit dem Osten, der auf dem Landweg über Parthien führte, durch eine mögliche Erweiterung der Seewege vollständig ersetzt werden konnte, daher hielt ich mich zurück und überließ dem Kaiser in dieser Angelegenheit das letzte Wort. "Das ist wohl wahr", stimmte ich dem Aquilier daher zu. Wenngleich ich bemerkte, dass das Gespräch allmählich dem Ende zuging, wollte ich es der Höflichkeit halber dem Imperator überlassen die Runde aufzulösen. Vielleicht hatte er ja auch noch Fragen, die ich nicht vorschnell übergehen wollte.

    Ich streichelte mir leicht über das Kinn, nachdem die Iunia noch mit ihren weiteren Tätigkeiten in Alexandria argumentiert, das Ende ihrer Ehe verkündet hatte und nun recht offen nach meiner gewünschten Rolle fragte. So recht konnte ich im Moment noch nicht sagen, was bei der Iunia für mich zu holen war, aber da wollte ich mich auch auf die Kreativität der anderen Seite verlassen. Immerhin war ich dieses Mal nicht der Bittsteller. "Manus manum lavat", "eine Hand wäscht die andere", begann ich zunächst recht offen. "Welche Rolle wärst du denn bereit mir zu geben?", fragte ich weiter. Immerhin wollte ich mich mit irgendwelchen voreiligen Forderungen nicht schlechter stellen, als in dieser Situation möglich war.


    Ich nahm einen Schluck Wein und wollte sodann auch noch den familiären Hintergrund erforschen. "Wie steht es um deine Verwandtschaft? Gibt es Ritter in deiner Familie? Abgesehen von deinem Ex-Mann, dessen Status dir wohl kaum mehr ein gewichtiges Argument liefern kann." Natürlich hatte ich mich vor dem Gespräch auch über ihre Verwandtschaft informiert und welche Ämter sie im Moment besetzte. Nichtsdestotrotz würde es sich für mich wohl als aufschlussreicher erweisen, wenn die Iunia selbst über sie berichtete.

    Axillas Ablenkung nahm ich nicht wirklich wahr, denn für den Moment war die Geschichte über Pompeius das einzige, was mich in den Bann zog. "Zehn Jahre?", fragte ich ungläubig. Natürlich nicht, weil die Zeit für mich in Alexandria langsamer vergangen wäre, sondern vielmehr, weil ich kaum glauben konnte dass der ehemals so ambitionierte Ziehsohn Salinators für so lange Zeit der Hauptstadt fern geblieben war. Andererseits war auch ich ambitioniert gewesen, als ich Rom verlassen hatte und lange nicht zurück gekehrt. Der Pompeier hatte zwar keinesfalls zu meinem favorisierten Personenkreis gezählt, aber das Streben nach Macht und Einfluss hatten wir sicher gemein. Und wer wusste schon, vielleicht hätte ich mich in seiner Position damals ebenfalls an Salinator gebunden.


    Etwas verwundert war ich darüber, dass mir die Iunia so offen über ihn erzählte. Immerhin hätte sie mir genauso gut eine Lüge über eine Krankheit auftischen können und ich wäre gezwungen gewesen es zu glauben. So hatte ich noch nicht vollständig durchdrungen, was genau ihre Absichten waren. Sie wollte den Ritterstand, so viel war bereits ihrem Brief zu entnehmen gewesen und so trug sie es auch jetzt vor. Aber das war wohl kaum alles.


    Das Wort "Geliebte" und ihre darauffolgende recht eindeutige Geste entlang ihres Körpers brachten mich dann doch kurz aus der Ruhe. Ich bewegte meinen Kopf leicht hin und her, als würde ich mir dadurch erhoffen jeglichen unsäglichen Gedanken von mir abzuschütteln und nahm einen kräftigen Schluck Wein, natürlich nicht verdünnt. Dachte ich zuvor noch, ich wäre auf dieses Gespräch hinreichend vorbereitet gewesen, erlebte ich nun doch eine gewaltige - in gewisser Hinsicht auch angenehme - Überraschung. Die Iunia scheute sich nicht sonderlich in die Offensive zu gehen und ich konnte solchen Spielchen durchaus etwas abgewinnen. Zudem war ich recht firm in der Kunst der Improvisation. "Nun gut, dann bist du bei mir sicher genau richtig. Ich könnte deinen Namen bei den nächsten Standeserhebungen vorbringen, wie es dein Mann - oder Ex-Mann, wie auch immer - vor Jahren für mich getan hat. Manch anderer würde sagen, ich bin einen Gefallen schuldig", begann ich zunächst vielversprechend, nachdem ich mich wieder gesammelt hatte. "Andererseits ist das lange her. Dein Mann ist fort, sein ältester Sohn ohne Einfluss und Amt und du..." Kurz blickte ich auf eine Tabula, die ich vorbereitet hatte. "...bist gebildet, hast das ius liberorum und eine frühere Tätigkeit bei der Acta Diurna vorzuweisen. Und außerdem noch einen recht stattlichen Landbesitz", stellte ich für ihre Haben-Seite fest. "Dennoch, ich kann mich nicht gänzlich mit dem Gedanken anfreunden, hier nur als kleines Rädchen in einer größeren Geschichte zu fungieren, wenn du verstehst was ich meine", eröffnete ich recht ergebnisoffen die Debatte über ihre Soll-Seite und lehnte mich leicht zurück.

    Natürlich blieb ich beim Anblick der Iunia nicht völlig desinteressiert, ich erachtete es aber seit jeher als meine große Stärke meine Gefühle und Gedanken nicht nach außen zu kehren. Gerade jetzt, da ich die provinzielle Freizügigkeit hinter mir lassen und Professionalität leben wollte. In Alexandria hatte ich immerhin mehr die Freuden des Lebens genossen als meinen Dienst getan, aber das musste hier ja niemand wissen. Und so mimte ich also den unbedarften Schreibtischtäter, wenngleich ich mir einen kurzen Blick bei Axillas Beinüberschlag nicht versagen konnte. Ich war eben doch nur ein Mann und kein Eunuch. Recht zügig begab ich mich aber wieder auf Augenhöhe und widmete mich ihren Worten. Ohnehin ging ich davon aus, dass die Iunia um ihre Wirkung wusste, sodass ich mich bemühte mich nicht auf diese Weise beeinflussen zu lassen - obgleich die Mittel einer Frau auch bei mir schon des öfteren Wirkung gezeigt hatten. "Ich kann dir alternativ nur Wasser anbieten, da ich das Officium gerade erst bezogen habe", bemerkte ich, während ich mich zu einem kleinen Abstelltisch an der Seite begab, Wasser in einen Becher schenkte und ihn ihr reichte. Gedanklich hatte ich mir bereits notiert, einem Bediensteten der Kanzlei die Aufbesserung meines Getränkeangebots anzutragen. Auf ihre Bemerkung hin lächelte ich dann etwas zurückhaltend und hatte sogleich ein fantasievolles Bild vor Augen, während ich wieder Platz nahm. "Keinesfalls, ich will dich nicht in Verlegenheit bringen." "Natürlich will ich sehen, wie du auf meinem Schreibtisch tanzt" hätte ich eher sagen wollen, aber das behielt ich besser für mich.


    "Apropos, wie geht es Pompeius?", versuchte ich schnell meine Gedanken von diesem Bild weg zu bewegen. Er war ein enger Vertrauter Salinators gewesen und hatte wohl jetzt kaum noch Chancen auf eine große Karriere. Wie präsent er im Moment aber tatsächlich war, konnte ich schwer einschätzen, immerhin war ich selbst lange fort von Rom gewesen. Ich wusste nur, dass sein Sohn ebenfalls ein Klient von Senator Purgitius war. Umso interessierter wartete ich nun eine Antwort ab, seinen Posten in der Kanzlei hatte er auf jeden Fall verloren.

    Ich nickte stumm, als der Kaiser auf die Schätze und Errungenschaften der Perser hinwies. Innerlich sträubte ich mich gegen den Gedanken, dass ein Barbarenstamm, der damals wie heute nicht zentral organisiert war und geleitet wurde sondern vielmehr einen losen Verbund aus zahlreichen Adelsfamilien und Stämmen darstellte, in irgendeiner Hinsicht einen kulturellen Wert schaffen konnte. Nach meiner Ansicht hatte erst der hellenistische Einfluss dem Osten einen solchen gegeben, allerdings wollte ich dem Kaiser nicht offen widersprechen. Nicht in einer solch nichtigen Angelegenheit und nicht bei unserem ersten Treffen. Also trank ich den letzten Schluck aus meinem Weinbecher und stimmte den weiteren Ausführungen des Imperators zu. "Das wird er sicher. Und ich bin gespannt, ob er meine Geschichten im Hinblick auf den opportunistischen Charakter der Parther bestätigen wird", schloss ich dieses Thema zusammenfassend ab. Mein Standpunkt war wohl bereits deutlich geworden.


    "Durchaus, immerhin stellen die Parther mit ihrer unkonventiellen Kriegstechnik wohl im Moment die größte Bedrohung für unsere Grenzen dar", meinte ich dann hinsichtlich der Überlegung der Stärkung der Grenzen. Wie bereits festgestellt war ich weder Experte der Kriegskunst, noch hatte ich selbst gegen die Parther gekämpft. Dennoch wusste ich um die Effektivität ihrer berittenen Einheiten, allen voran ihrer Bogenschützen, die zu bekämpfen auch eine römische Legion vor eine Herausforderung stellen konnte.

    "Herein!", rief ich mit tiefer Stimme und blickte interessiert auf, als Iunia Axilla mein neues Officium betrat. Natürlich war ich vorbereitet und hatte mir meine nötigen Unterlagen zurechtgelegt, immerhin hatte ich das Gespräch selbst terminiert. Unvorbereitet war ich hingegen im Hinblick auf die durchaus attraktive Aufmachung der Gattin des Pompeius, die mich unweigerlich an meine verstorbene Ehefrau Calvia zurückdenken ließ. Allerdings keineswegs aus Gründen der Ähnlichkeit, sondern vielmehr weil sie rein äußerlich das genaue Gegenteil von ihr verkörperte. Nach außen hin wahrte ich allerdings meinen kühlen Blick, um mich nicht schon im ersten Moment gedanklich vor ihr zu entblößen. Sicherlich war ich nicht der erste, der von ihr angetan war. Noch dazu hatte ich mir vorgenommen, meine Leichtlebigkeit in Alexandria zurückzulassen. Ein kurzer Blick auf den reizlosen Aktenstapel vor meinen Augen genügte, um mir jedwedes unprofessionelle Gedankenspiel schnellstmöglich wieder auszutreiben. "Salve, Iunia", grüßte ich sodann nüchtern zurück und wies ihr mit einem Handzeichen den Platz direkt an der anderen Seite meines Schreibtisches zu. "Ich freue mich dich kennen zu lernen." Nun gut, eigentlich hatte ich nicht mehr mit einem persönlichen Kennenlernen gerechnet, nachdem ich mit der Erhebung in den Ritterstand auch alles bekommen hatte, was ich mir von der Beziehung zu ihr und Pompeius erwünscht hatte. Noch dazu wusste ich nichts genaues um ihre Rolle bei den damaligen Empfehlungen, konnte ihr als direkter Kontakt meines Patrons aber zumindest einen gewissen Einfluss zugute halten. "Falls du dich fragst, wer ich überhaupt bin: Dein Mann Pompeius war einst mein Vorgesetzter in der Kanzlei, vor dem Bürgerkrieg und vor meiner Erhebung in den Ritterstand", stellte ich zunächst meine Verbindung zu ihr klar. Sie machte immerhin nicht den Eindruck, als wüsste sie, mit wem genau sie es zu tun hatte. "Kann ich dir etwas verdünnten Wein anbieten?" Wohl kaum würde ich dies in Zukunft jedem meiner Besucher offerieren, hier stellte ich mich allerdings auf ein längeres Gespräch ein.

    Ich hatte meine Fähigkeiten und Talente und war überzeugt, dass ich in den meisten Dingen auch als sehr fähig angesehen werden konnte, allerdings sah ich mich keineswegs als großer Feldherr und Stratege. Ich war wohl eher ein Taktiker und konnte mich daher der Ansicht des Kaisers bedenkenlos beugen. Zwar war ich mir nicht sicher, wie es um die Kampferfahrung des Augustus bestellt war, sehr wahrscheinlich fußte seine Aussage aber mitnichten auf bloßen Theorien. "Wohl wahr, eine übermäßige Expansion könnte sich sicherlich auch negativ auswirken. Ohnehin frage ich mich, was man östlich des Euphrats überhaupt vorfinden will, abgesehen von den Schätzen und den kulturellen Errungenschaften, die Alexander der Große überhaupt erst hinterlassen hat", stimmte ich den Worten des Kaisers zu, nutzte aber die Gelegenheit um noch einmal meine Abneigung gegenüber den östlichen Völkern zu bekräftigen. "Allerdings wollte ich mit meinen Worten ohnehin eher zum Ausdruck bringen, im Fall der Fälle gewappnet zu sein und stets wachsam mit einem Angriff der Parther zu rechnen. Mit einem Zuschlagen im rechten Moment ziele ich auch nicht unbedingt auf eine aggressive Expansion ab, sondern vielmehr auf eine entschiedene - möglicherweise auch militärische - Machtdemonstration, um den Parthern ihren Platz in zweiter Reihe wieder vor Augen zu führen." Immerhin galt gerade auch Armenien als durchaus umstrittene Region, die in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schauplatz römisch-parthischer Auseinandersetzungen gewesen war.

    "Nichts konkretes", musste ich das augenscheinliche Interesse des Kaisers zunächst etwas ausbremsen. Woher sollte ich auch Informationen über das Innenleben des Partherreiches haben, wenn schon der Kaiser mit all seinen Informanten und Diplomaten nichts genaues sagen konnten. "Nur Geschichten, die ich in den Straßen Alexandrias gehört habe. Die meisten davon waren negativ", stellte ich zunächst fest. Natürlich konnte man all dem Gerede auf den Straßen auch skeptisch entgegentreten, immerhin war auch vieles nur Geschwätz des einfachen Mannes. Stimmten allerdings eine Vielzahl an Geschichten im Kern überein, konnte man in meinen Augen sehr wohl auf einen gewissen Wahrheitsgehalt schließen. "Immerhin ist schon der große Alexander hinterhältig vergiftet worden, nachdem er das Perserreich ehrenhaft im Kampf unterworfen hatte. Tugenden wie Ehrlichkeit und Würde, die unser Rom so stark machen, sind den Völkern östlich des Euphrats völlig fremd. Und die Parther stehen ja bekanntlich in direkter Nachfolge des alten Achämenidenreichs", predigte ich mit der Moralkeule meine Vorurteile gegenüber den Barbaren des Ostens. Eigentlich war ich alles andere als ein Moralist und nahm auch selbst die römischen Tugenden nicht immer beim Wort, doch um meine grundsätzliche Meinung von den Parthern darzustellen gereichten sie gerade als exzellentes Mittel. "Meiner bescheidenen Meinung nach sollte man mit den Parthern zwar Kompromisse schließen, aber nicht um sie zu besänftigen, sondern um im rechten Moment selbst energisch zuzuschlagen." Nach meinem Kurzmonolog über meine Einstellung gegenüber den Feinden im Osten nahm ich einen kräftigen Schluck Wein und blickte erwartungsvoll in die Runde, primär in Richtung des Kaisers. Ich war durchaus interessiert daran zu erfahren, was er eigentlich über die Parther dachte - unabhängig von irgendwelchen diplomatischen Verhandlungen im Hinblick auf den Armenierthron.

    Die Antworten des Maeniers und des Kaisers ließen mich recht schnell zu dem Schluss kommen, dass auch sie nichts genaues über die Intentionen der Parther wussten. Nichtsdestotrotz schien mir die Nachfolgefrage des armenischen Throns bei unterschiedlichen Ansichten und Interessen durchaus geeignet, um die Beziehungen zu ihnen zu unterkühlen. Ich kannte den Caesar nicht persönlich, wusste nur, dass er noch recht jung war. Dementsprechend war ich durchaus skeptisch, ob er seiner Verantwortung gewachsen war. Caesar wurde man immerhin nicht aufgrund seiner Fähigkeiten und Talente, sondern schlichtweg aufgrund der Erbfolge. Und dass auch Nichtsnutze diesen Titel führen durften, hatte die Geschichte ja hinreichend gezeigt. Gleichwohl genoss er offensichtlich das Vertrauen des Kaisers, womit er zumindest nicht als gänzlich unfähig erachtet werden konnte. "Das hoffe ich auch.", stimmte ich nüchtern zu. "Allerdings glaube ich nicht, dass die Parther sich auch bei einem positiven Verlauf der Gespräche vor einer Eskalation scheuen würden. Ich habe viele Geschichten über die Hinterhältigkeit dieses Ostvolkes gehört", merkte ich noch an. Natürlich waren es nur Geschichten, die ich vor allem in den Straßen und Lokalitäten Ägyptens aufgefangen hatte. Für mich waren sie aber Grund genug, um den Parthern nicht vorurteilsfrei zu begegnen. Immerhin hatten auch sie einen Herrschaftsanspruch im Osten, den es zu verteidigen galt und den sie bei Gelegenheit sicher auch gegenüber uns durchsetzen würden, sobald eine Schwäche Roms erkennbar war.



    Ad
    Consularis
    Spurius Purgitius Macer
    Domus Purgitia
    Roma




    Salve Patronus,


    ich schreibe dir heute, um dir die freudige Botschaft meiner Anstellung als Procurator a memoria bei der kaiserlichen Kanzlei zu überbringen. Auf diesem Wege möchte ich dir noch einmal für deine Fürsprache danken, die sicher ausschlaggebend für die positive Entscheidung des Kaisers war. Sobald es meine neuerliche Anstellung zulässt, werde ich dir bei deiner Salutatio persönlich ausführlicher berichten.


    Vale bene.


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    ROMA - PRIDIE NON DEC DCCCLXVII A.U.C. (4.12.2017/114 n.Chr.)

    Ein Bote vom Palatin überbrachte einige Tage nach dem Ansuchen ein versiegeltes Schreiben des Kaiserhofs.




    Ad
    Iunia Axilla
    Domus Iunia
    Roma




    Salve Iunia,


    ich empfange dich für ein persönliches Gespräch NON DEC DCCCLXVII A.U.C. (5.12.2017/114 n.Chr.) zur vierten Stunde in meinem Officium.


    Vale bene.


    [Blockierte Grafik: http://fs5.directupload.net/images/171024/rjwvbpmp.png]

    Procurator a memoria - Administratio Imperatoris



    ROMA - PRIDIE NON DEC DCCCLXVII A.U.C. (4.12.2017/114 n.Chr.)

    An meinem ersten Arbeitstag hatte ich schon sehr früh die Casa Fabia verlassen und war sogar mit einem gewissen Enthusiasmus in Richtung Palatin marschiert - ein Gefühl, das ich wohl zum letzten Mal bei meiner Erhebung zum Eques verspürt hatte. Durch die Gänge der Administratio wandelte ich - diesmal glücklicherweise auch ohne prätorianischen Geleitschutz - noch problemlos, wenngleich meine erste Anstellung am kaiserlichen Hof schon Jahre zurücklag. Mein neues Officium hatte ich problemlos gefunden und bereits kritisch begutachtet. In naher Zukunft würde ich wohl die ein oder andere Umgestaltung vornehmen, immerhin beabsichtigte ich nicht, meinen durchaus lukrativen und einflussreichen Posten alsbald wieder zu räumen. Gleichwohl war ich der Meinung, dass die Erledigung meiner eigentlichen Arbeit für den Moment im Vordergrund stand, um vor allem dem Kaiser gegenüber mein Bemühen zum Ausdruck zu bringen. Noch hatte ich wohl einen schweren Stand, vor allem gegenüber den bewährten anderen Procuratoren, die mich bereits zum Teil bei der kaiserlichen Audienz kritisch beäugt hatten. Umso ambitionierter war ich meinen neuen Kollegen den Rang abzulaufen.


    Nachdem ich zumindest meinen Schreibtisch provisorisch eingerichtet hatte, fand ich bereits einen Stapel an Anfragen und Empfehlungsschreiben vor, die bei der nächsten Runde der Standeserhebungen berücksichtigt werden sollten. Unter vielen unbekannten Namen fand ich auch ein interessantes Schreiben. Der Brief kam von Iunia Axilla, der Frau des Pompeius Imperiosus, der vor Jahren mein Vorgesetzter gewesen war. Sie bat um ein persönliches Gespräch, dem ich natürlich zustimmen wollte. Sie hatte immerhin vor Jahren mitunter dafür gesorgt, dass ich den Ritterring erhalten hatte. Natürlich erkannte ich in einer Unterredung mit der Iunia auch einen gewissen Selbstzweck: So konnte ich herausfinden, wo der Pompeier verblieben ist, nachdem er im Bürgerkrieg auf das falsche Pferd gesetzt hatte.

    Ich war recht dankbar, dass der Kaiser nicht weiter auf meine verstorbene Gattin einging. So blieb es mir erspart, falsche Trauer vorzuspielen - die ich zweifellos vorspielen hätte können. So wandte ich mich also den wichtigeren Themen des Dialogs zu. "Verstehe. Wie steht es denn im Moment um die Beziehungen mit den Parthern?", hakte ich nach. Natürlich wusste ich, dass es sich um Informationen handeln konnte, die nicht unbedingt für meine Ohren bestimmt waren. Unabhängig davon, ob der Kaiser nun ein Geheimniskrämer war oder nicht, würde ich allerdings in der Kanzlei ohnehin die ein oder andere brisante Information erhalten. Vielleicht legte er ja Wert darauf, dass auch sein Procurator a Memoria über Angelegenheiten Bescheid wusste, die wohl eher in den Aufgabenbereich des ab epistulis oder des a libellis fielen. "Kann es zu einem weiteren Krieg kommen?", fragte ich noch direkter und nahm einen weiteren Schluck Wein. Ich wusste, dass der letzte alles andere als planmäßig verlaufen war.

    Aus der Reaktion des Kaisers konnte ich nun keine sonderliche Begeisterung, gleichsam aber auch keine nennenswerte Abneigung gegenüber meiner Familiengeschichte herauslesen. Stattdessen reagierte er recht neutral und fragte nach meinen Nachfolgern. "Meine Gattin ist vor einigen Jahren verstorben...", stellte ich mit Blick zu Severus kühl fest. Wahrscheinlich würde ich für meine Gedanken dereinst in Hades' Reich der Schatten schmoren, aber ich hatte ab und an dafür gebetet, dass sie mich verließ. Ich hatte zeitlebens keinerlei Interesse für sie oder Nähe verspürt, die mir diesen Gedanken verwehrt hätten. Das einzige, das mir Dankbarkeit für sie entlockte, war die Tatsache, dass sie mir einen Sohn und Erben gebar. "...ich habe aber einen Sohn, Titus Fabius Torquatus. Er hat bald das Alter erreicht, um seinen eigenen Weg zu gehen und ich erhoffe mir für ihn natürlich eine gute Ausgangslage zu schaffen." Bei besserer Gelegenheit würde ich sicher diesbezüglich auf den Kaiser zurückkommen, doch beim ersten Treffen schien mir dies reichlich unpassend. Immerhin hatte ich noch keinerlei argumentative Grundlage durch meine Arbeit geschaffen. "Allerdings scheint er eher für die Verwaltung geschaffen als für das Militär - soweit ich dies bei einem so jungen Mann beurteilen kann." Er war auf jeden Fall nicht wie sein Großvater, stattdessen etwas in sich gekehrt und träumerisch. Aber das würde ich ihm schon noch austreiben.


    Wenn der Kaiser schon meinen Nachfolger zum Thema machte, wollte ich bei der Gelegenheit auch auf seinen Nachfolger und Thronerben zu sprechen kommen. "Wie ergeht es dem Caesar, wenn ich fragen darf? Ich hörte, er verhandle derzeit mit den Armeniern?" Das hatte mir zumindest mein Patron erzählt.

    Auch ich ließ mir noch einen Schluck Wein reichen und nahm dann Stellung zu meinem familiären Hintergrund. "So ist es, mein Vater Fabius Vibulanus stieg als erster Mann ins Centurionat auf und verdiente sich später auch den Ritterring. Eine stolze Tradition sowie eine imposante Ahnentafel kann ich also nicht vorweisen, mein Kaiser. Nur die Taten meines Vaters und die meinen", antwortete ich ohne jedes Bedauern. Natürlich wäre auch ich gerne in eine edle Familie mit einem traditionsreichen Hintergrund hineingeboren, um mir meinen Weg zu erleichtern, hatte dies aber nie ernsthaft bedauert. Mein Gentilname führte den ein oder anderen folglich in die Irre, hatten wir doch keinerlei verwandtschaftliche Beziehung zu den patrizischen Fabiern. "Doch jede Tradition hat wohl irgendwann einmal ihren Anfang genommen", fügte ich fast schon in für mich untypisch philosophischer Manier hinzu. Manch ein Patrizier würde unsereins wohl abschätzig als homines novi bezeichnen, doch darauf legte ich nicht viel Wert. Erst kürzlich war mir die Geschichte eines germanischen Barbaren zu Ohren gekommen, der es bis zum Consulat geschafft hatte. Gespannt wie der Kaiser als nobler Bürger meine eher bescheidene Familiengeschichte aufnehmen würde, nippte ich noch einmal gierig an dem mir durchaus mundenden Wein.

    Während ich ebenfalls trank und aß notierte ich mir innerlich die dringlichen Aufgaben und möglichen Tätigkeiten, die die Procuratoren formulierten. Opfer, Musterbriefe und so weiter. Glücklicherweise hatte ich nun als Procurator auch Bedienstete, sodass ich nach Belieben delegieren konnte. Auf jeden Fall nahm ich die Vorschläge meiner zukünftigen Kollegen gerne entgegen, da sie mir meinen Einstieg erleichtern würden und ich so schon vorab einen groben Überblick über die im Moment anfallenden Aufgaben meiner Abteilung hatte. Dankend nickte ich also in die Runde.


    Dann wandte ich mich nochmal zum Kaiser, der die Arbeitsbelastung aufgrund der Absenz meiner Vorgängerin hoch ansetzte und mich gleichsam auf seine allmorgendliche Besprechung verwies. "Ich bin mir sicher, dass ich die Abteilung schnell in den Griff bekommen werde, Augustus", versicherte ich ihm noch einmal. Natürlich musste ich erst liefern, um das Vertrauen des Kaisers zu gewinnen. Bescheidenheit lag mir allerdings nicht besonders. Warum auch? Immerhin hatte ich großes Vertrauen in meine Fähigkeiten.

    "Dann danke ich dir und den Procuratoren für euer Vertrauen", kommentierte ich die Gratulation des Kaisers und nickte prostend in die Runde. "Auf einen erfolgreichen Dienst!" Ich war froh, dass das Gespräch von Beginn an einen positiven Verlauf genommen hatte und nun in dieser durchaus aussichtsreichen Anstellung am Kaiserhof endete. Meine sich in der Provinz allmählich entwickelnde Lethargie wich für diesen Moment einer Euphorie, die für mich recht untypisch war. Nach außen hin trug ich diese Euphorie allerdings nicht, wenngleich ich mich zu einem zufriedenen Lächeln hinreißen ließ.


    "Gibt es etwas, dass ich im Hinblick auf meinen Dienst oder im Hinblick auf aktuelle Ereignisse wissen muss? Ich meine damit natürlich nicht das Aufgabenfeld des A Memoria, denn dieses ist mir natürlich bekannt", fragte ich noch in die Runde. Vielleicht gab es das ein oder andere, was der Kaiser oder meine zukünftigen Kollegen mir noch auf den Weg geben wollten. Immerhin war im Moment nicht abzusehen, wann wir wieder in dieser Konstellation zusammenkommen würden.