Beiträge von Cnaeus Fabius Torquatus

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    Sp. Purgitius Macer
    Casa Purgitia
    Roma, Italia


    Geschätzter Patron,


    leider erweist sich mein Unterfangen, eine Anstellung als Primicerius am Kaiserhof zu finden, als schwieriger wie erwartet. Der Procurator a libellis, dem ich mein Anliegen offenbart habe, verlangt ein Empfehlungsschreiben. In der Hoffnung, du könntest mich in dieser Angelegenheit unterstützen und meine Chancen auf eine Anstellung bei der kaiserlichen Administration mehren, schreibe ich dir nun. Solltest du dich dazu entscheiden, ein derartiges Schreiben auszustellen, bitte ich dich darum dieses der Casa Fabia zuzustellen.


    Cnaeus Fabius Torquatus



    ROMA - PRIDIE NON MAI DCCCLXII A.U.C. (6.5.2012/109 n.Chr.)


    "Sofern diese Empfehlung von deiner Seite als hinreichend erachtet wird, kann ich sie gerne auch in schriftlicher Form nachreichen." Cnaeus war sich relativ sicher, dass Macer ihm diese ausstellen würde, wenn es half - und davon ging der Fabier aus, immerhin handelte es sich um die Empfehlung eines berühmten Senators. "Sehr wohl. Ich war der Annahme, dass die Einstellung neuer Kanzleibeamter zu deinem Aufgabengebiet gehört." Abgesehen davon war Cnaeus in erster Linie der Wache gefolgt - bei welchem Procurator er zuerst vorstellig werden würde, war in dieser Situation nebensächlich.

    Zitat

    Original von Palatinus
    Es kam nicht sehr häufig vor, dass irgendwer schnurstracks in das Officium des A libellis marschierte, um sich direkt als Primicerius zu bewerben. Deshalb staunte der Procurator nicht schlacht und fragte dann etwas verwirrt


    "Auf wessen Empfehlung?"


    Beziehungen waren immerhin alles in der kaiserlichen Administration und rangierten vor jeder Sachkompetenz!


    Cnaeus war etwas überrascht, dass der Procurator direkt die ausschlaggebenden Informationen einforderte, nämlich die Beziehungen des Bewerbers, ehe er auf dessen Qualifikation zu sprechen kam. Nichtsdestotrotz versuchte Cnaeus gefasst zu bleiben und das nötige Selbstbewusstsein an den Tag zu legen. "Auf die Empfehlung meines Patrons hin, Consular Spurius Purgitius Macer", entgegnete der Fabier ebenso knapp. Eine direkte Empfehlung hatte der Senator seinem Klienten zwar nicht ausgestellt, aber zumindest die nötige Unterstützung ausgesprochen und darüber hinaus angedeutet, Einfluss auf einen bestimmten, dem Fabier noch unbekannten Hofbeamten nehmen zu können. "Soweit ich weiß gehört Senator Macer zu jenen Senatoren, die sich in den letzten Monaten weder gegen den rechtmäßigen Imperator gestellt haben, noch in dessen Ungnade gefallen sind. Dies trifft selbstverständlich auch auf all seine Klienten zu."


    Um die Aufmerksamkeit etwas von diesem Kriterium abzulenken, kam der Fabier nun unvermittelt auf seine Kompetenzen zu sprechen. "Ich habe den Cursus Res Vulgares an der Schola Atheniensis und das Examen Primum an der Academia Militaris abgelegt, was mich sowohl für verwaltungstechnische, als auch für militärische Sachfragen qualifiziert. Das ist auch der Grund dafür, weswegen ich mich im besonderen Maße für eine Anstellung als Primicerius ab epistulis interessiere."

    Cnaeus blickte etwas skeptisch, aber zugleich interessiert und neugierig drein, als sein Onkel ihm so offen und unvermittelt über Dinge berichtete, die wohl nicht für jedermanns Ohren bestimmt waren. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass sich die Lage mit der Inthronisation Salinators nun stabilisieren würde. Doch was Marcus da von sich gab, brachte diese Annahme nicht nur ins Wanken, sondern ließ sie völlig absurd erscheinen. Wenn der Fabier genauer darüber nachdachte, schien ein Bürgerkrieg sogar um einiges plausibler. Obwohl er nicht direkt mit Salinator zu tun hatte, waren auch ihm immer wieder kritische Töne über den ehemaligen Stadtpräfekten zu Ohren gekommen. Dass diese sich mit der Ernennung zum Kaiser nun in Luft auflösen würden, war nicht nur unwahrscheinlich, sondern gar unmöglich. "Interessant", entgegnete Cnaeus knapp. Nicht, weil ihm die Worte fehlten, sondern weil er sich erst einmal Zeit zum nachdenken und verarbeiten verschaffen musste. "Und die germanischen Kommandeure verfügen über genug Legionen und Material, um es mit den kaiserlichen Truppen aufzunehmen?", hinterfragte er anschließend etwas skeptisch, wenngleich er dennoch ein gewisses Vertrauen in Rusticus' Offenbarungen steckte.


    Die ersten Worte seines Onkels hatte er zunächst - wohl aufgrund der prekären Informationen - völlig in den Hintergrund gedrängt, kam aber umgehend darauf zurück. "Senator Macer schien mir aufgrund seines Einflusses und seiner Erfahrung im Militär die richtige Wahl zu sein. Abgesehen davon scheint er keine direkte Beziehung - weder positiv noch negativ - zu Salinator zu haben. Ich bin davon ausgegangen, mit seiner Hilfe schnell als Offizier im Militär Fuß fassen zu können. Allerdings erschwert mir mein mangelndes Vermögen und mein mangelnder Landbesitz die Aufnahme in den Ritterstand." - was nach seiner Auffassung inkonsequent geregelt war. Warum sollte er als Sohn eines Ritters nicht von dessen Errungenschaften profitieren - fähig dazu war Cnaeus seiner eigenen Ansicht nach allemal. "Welche Rolle erfüllst du in diesem kommenden Bürgerkrieg? Ich wäre überrascht, wenn du den Weg zu diesem 'schnellen Glück' nicht bereits geebnet hättest oder noch ebnen wirst." Dass sein Onkel auf der Seite der germanischen Kommandeure stand, hatten seine Worte ja bereits unmissverständlich offenbart.

    Nachdem der Fabier von den Palastwachen zum Büro des Procurator a libellis geführt worden war, klopfte er höflich und trat dann ein. Cnaeus ging davon aus, dass der Beamte nun Zeit für ihn hatte, sonst hätten die Wachen ihn wohl nicht direkt zum Officium geführt. Auf der anderen Seite war der Fabier entschlossen, nach der langen Wartezeit am Palasttor keine Zeit mehr zu verlieren. Mit erhobenem Haupt positionierte er sich vor dem Procurator und nickte dann grüßend. "Salve, Procurator. Ich bin Cnaeus Fabius Torquatus und heute hier, um eine Anstellung als Primicerius zu ersuchen", offenbarte er zunächst seine Absicht. Weitere Details würde er von sich geben, wenn der Beamte ihn dazu aufforderte.

    Wenige Tage nach dem Gespräch mit Purgitius Macer, machte sich Cnaeus in Richtung Palatium Augusti auf, um bei der kaiserlichen Administration vorstellig zu werden und eine Anstellung als Primicerius zu erbitten. Eigentlich hatte sich der Fabier darauf eingestellt, Fuß als Offizier im Militär zu fassen. Die aktuelle Situation, sein fehlendes Ansehen und seine bescheidene Liquidität machten dieser Planung allerdings einen Strich durch die Rechnung. Da Cnaeus sich nichts schlimmeres vorstellen konnte, als weiterhin auf der Stelle zu treten, sah er keinen anderen Ausweg als einige Etagen tiefer einzusteigen. Entschlossen heute den ersten Schritt in die richtige Richtung zu tun, positionierte sich der Fabier vor den Palastwachen. "Salve, Miles. Ich bin Cnaeus Fabius Torquatus und möchte gerne bei einem der Procuratoren vorstellig werden, um eine Anstellung zu ersuchen."

    Cnaeus musste schmunzeln, als sein Onkel ihn begrüßte. "Sicherlich nicht", entgegnete der Fabier mit einem Kopfschütteln, wenngleich er nicht genau sagen konnte, auf was sich Rusticus bezog. Vermutlich wollte er nur darauf aufmerksam machen, dass sich sein Vater auf eine militärische Karriere konzentriert hatte, während er selbst den Weg des Beamten eingeschlagen hatte. Dass dies die Einfältigkeit seines Vaters bestätigte, war allerdings dahingestellt. "Dein Erscheinen ist durchaus eine Überraschung, wenn auch keine ungelegene. Ich freue mich, dich hier in Rom begrüßen zu dürfen." Wo genau sein Onkel sich aufgehalten hatte, vermochte Cnaeus nicht zu sagen, jedoch war eines sicher: Es musste eine Ewigkeit her sein, dass er ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Der Kontakt zu Rusticus war, genauso wie der Kontakt zu seinem Vater, in den letzten Monaten abgebrochen. "Was führt dich nach Rom, Onkel? Ich dachte eigentlich, die meisten Leute verlassen die Hauptstadt in diesen turbulenten Tagen lieber, als zu ihr zurückzukehren." Cnaeus verfolgte das politische Geschehen so gut er konnte, weswegen ihm natürlich auch nicht verborgen blieb, dass eine ganze Reihe an Würdeträgern und einflussreichen Persönlichkeiten aus Rom verbannt wurde - oder freiwillig flüchtete.

    "Das werde ich", bestätigte Cnaeus dankend. "Ich werde dich informieren, wenn sich in dieser Sache etwas ergeben hat." Nachdem nun alles - mehr oder weniger erfolgreich - besprochen war, war die Salutatio für den Fabier beendet. "Nun gut, dann werde ich aufbrechen und alles in die Wege leiten. Danke, dass du dir Zeit für mein Anliegen genommen hast, Senator. Vale." Dann erhob sich Cnaeus und verließ das Atrium, um Platz für den nächsten Klienten zu schaffen.

    "Gut, dann werde ich diesen Schritt ins Auge fassen", entgegnete Cnaeus knapp. "Vielleicht kann ich die Zuständigen auch ohne eine Empfehlung deinerseits von meinen Fähigkeiten überzeugen." Als Primicerius war ja vor allem die konsequente und versierte Arbeit mit dem Schriftverkehr von Nöten, für die der Fabier - zumindest seiner Meinung nach - die geforderten Anforderungen aufweisen konnte.

    Nachdem Cnaeus von der Salutatio zurückgekehrt war, hatte Lasthenes ihn umgehend über die Ankunft seines Onkels informiert. Der Fabier war überrascht, dass Rusticus nun so unvermittelt in Rom auftauchte, hatte er immerhin seit Monaten nichts von ihm gehört. Cnaeus konnte allerdings nicht behaupten, dass dies eine negative Überraschung war: Im Gegenteil, vielleicht konnte sein Verwandter ihm einen Weg aufzeigen, der ihn aus seiner karrieretechnischen Sackgasse befreite und Licht ins Dunkel brachte.


    Aus diesem Grund und aus Gründen der Höflichkeit und des Respekts, suchte Cnaeus seinen Onkel umgehend in seinem Arbeitszimmer auf - wenngleich er nicht sicher sagen konnte, ob dieser überhaupt anwesend war.

    Cnaeus folgte den Worten des Patrons und seinen Vorschlägen, wenngleich er letztlich keine konkrete Idee äußerte. "Ich verstehe." Da der Fabier keine senatorischen Kontakte in Rom pflegte, war auch er ratlos, wenn es darum ging, sich jemanden als Verwalter anzubieten. Im Moment sah er auch keine Möglichkeit, ohne Beihilfe seines Patrons einen solchen ausfindig zu machen. Cnaeus senkte seinen Kopf und überlegte kurz, ehe er wieder den Senator fixierte. "Vielleicht wäre es angemessen, bei der kaiserlichen Kanzlei eine Anstellung zu suchen. Der direkte Einstieg als Offizier setzt immerhin eine Erhebung zum Ritter voraus, die ich - wie du verdeutlicht hast - aktuell aufgrund von mangelndem Kapital und mangelndem Ansehen nicht verwirklichen kann." In der Kanzlei konnte er immerhin etwas Geld ansparen und vielleicht auch den ein oder anderen wertvollen Kontakt knüpfen.

    Das Thema, das Macer ansprach, war zwar nicht direkt Inhalt seines Briefes gewesen, jedoch nach wie vor für Cnaeus am Wichtigsten. Dass dieser sich daran erinnerte, war auf jeden Fall ein Anzeichen dafür, dass sein Anliegen nicht völlig in Vergessenheit geraten war. "Ich verstehe", meinte er nüchtern, wobei er seine Begeisterung über die Art des Kontaktes seines Patrons unterdrücken musste. Immerhin handelte es sich bei Terentius Cyprianus um niemand geringeren als den Prätorianerpräfekten. "Richtig. Ich suche dich heute wegen diesem Anliegen, aber auch wegen meinem Brief an dich auf. Ich dachte, du könntest mir einige Möglichkeiten aufzeigen, die Dinge in angemessener Weise zu beschleunigen. Außerdem wollte ich dir meine Dienste anbieten, falls du diese, für welche anfallenden Aufgaben auch immer, in Anspruch nehmen willst. Die Casa Fabia war in den letzten Wochen ausgesprochen...ruhig, und ich möchte dem mit Taten entgegenwirken." Sonst war noch zu befürchten, dass sich in Cnaeus eine dauerhafte Tristesse breitmachte.

    Cnaeus war überrascht, dass sein Patron ihn so unbefangen und überraschend routinemäßig empfing. Offensichtlich hatte der Fabier mehr in den Trubel der letzten Wochen hineininterpretiert, als nötig gewesen war. Eine andere Möglichkeit war, dass Cnaeus schon zu viel Zeit hatte verstreichen lassen, als dass der Tod des Kaisers noch in erwähnenswerter Nähe gewesen wäre. Etwas positives hatte der Empfang allerdings: Der Patron hatte den Konflikt anscheinend unbeschadet überstanden. "Salve, Senator. Ich bin froh, dich wohlauf anzutreffen." Sicherlich war dies mehr eine Floskel, als eine tatsächliche Feststellung. Der Fabier hatte es eigentlich vorab schon ausgeschlossen, dass etwas anderes der Fall hätte sein können. "Wenn ich ehrlich bin, mein Brief. Da du mir nicht geantwortet hast -was sicherlich mit dem Tod des Kaisers und der Ausgangssperre zusammenhängt - wollte ich dich persönlich aufsuchen. Unter anderem deshalb, um dir erneut meine Dienste anzubieten." Der Fabier räusperte sich kurz und setzte dann, etwas leiser, fort. "Da ich noch kein öffentliches Amt ausfülle, suche ich im Moment nach Orientierung - und ich hoffte, du könntest mir eine solche, in welcher Form auch immer, bieten." Selbstverständlich wusste der Fabier, dass er damit hohe Erwartungen an seinen Patron stellte, jedoch wollte er sich alle Möglichkeiten offenhalten bzw. neue offenlegen.

    Dass Cnaeus seinen Patron hier und heute antreffen würde, war nach dem erfolgreichen Einlass in die Casa Purgitia wohl Tatsache. Demzufolge war wohl auch sicher, dass der Senator die Kaiser-Affäre - zumindest oberflächlich - heil überstanden hatte. Das war das erste gute Zeichen, jedoch war Cnaeus nicht hier, um weiter an der Oberfläche zu kratzen. Er wollte hier und heute ins Detail gehen und vielleicht sogar seine Rolle als stiller Beobachter aufgeben. Gespannt auf die Unterredung, reihte sich der Fabier in die Reihe der anderen Klienten ein und wartete ab, dass der Senator ihn empfangen würde.

    Als der Ianitor sich zu Wort meldete, nickte der Fabier knapp. "Richtig. Cnaeus Fabius Torquatus", ergänzte er dann noch und wartete ab, dass man ihn zu seinem Patron führen würde.

    Nachdem Cnaeus mehrere Wochen nichts von seinem Patron gehört hatte, war es an der Zeit Initiative zu ergreifen. Der Fabier hatte noch immer keine Gewissheit, inwiefern Senator Macer in der Kaiserfrage verwickelt war und noch immer stand die Frage im Raum, was Cnaeus nun tun konnte, um Fuß zu fassen. Da die Ausgangssperre nun schon eine Weile aufgehoben war, entschied sich der Fabier dazu, seinen Patron noch einmal persönlich aufzusuchen. Er hatte Verständnis dafür, dass sein Ansinnen eine Stelle im Militär zu erhalten, in den Verwirrungen der letzten Monate in den Hintergrund geriet. Deswegen suchte Cnaeus den Senator auch vielmehr aus dem Grund auf, den er bereits in seinem Brief formuliert hatte. Er wollte seinem Patron seine Loyalität zusichern und seine Hilfe anbieten, von welcher Art auch immer dieser seine konnte.


    Um Macer in seiner Arbeit nicht unnötig zu stören, entschied sich der Fabier dazu ihn am Tag der Salutatio aufzusuchen, an dem der Senator seine Klienten normalerweise empfing. Nach einem kurzen Fußmarsch durch die Stadt erreichte Cnaeus Torquatus die Porta der Casa Purgitia und klopfte dann, um sich beim Ianitor anzukündigen.

    Vorsichtig hatte sich Lasthenes nachts durch die Straßen Roms geschlichen, um an der Casa Purgitia einen Brief seines Herren abzugeben. Normalerweise konnte sich aufgrund der Ausgangssperre niemand frei bewegen, doch der Sklave kannte die dunklen Hintergassen und Abzweigungen der Stadt nur allzu gut, sodass die Nachricht sicher ankam.


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    Sp. Purgitius Macer
    Casa Purgitia
    Roma, Italia


    Geschätzter Patron,


    die verhängte Ausgangssperre macht deutlich, dass die Lage in Rom angespannt ist. Leider bleibt mir - aufgrund meiner bescheidenen Position - das tatsächliche Ausmaß der Situation größtenteils verborgen. Gleichzeitig quält mich der Gedanke, weiterhin tatenlos zusehen zu müssen, wie der Tod des Kaisers und dessen Folgen einen Schatten über Rom werfen. Daher möchte ich dir meine Hilfe und Unterstützung für etwaige Dienste und Aufgaben anbieten, sofern sich solche aufgetan haben und du Verwendung für mich findest.


    Cnaeus Fabius Torquatus



    ROMA - ANTE DIEM XI KAL FEB DCCCLXII A.U.C. (22.1.2012/109 n.Chr.)


    Es war einer jener Tage, an denen Cnaeus immer wieder feststellte, dass er etwas unternehmen musste. Er hatte schon zu viel Zeit damit vergeudet zu warten und zu viel Verantwortung - in Bezug auf seinen Werdegang - auf andere Personen übertragen. Natürlich stand eine erfolgreiche Karriere in Rom stets in Verbindung mit einem einflussreichen Patron, jedoch wurde dem Fabier immer bewusster, dass ein Standbein womöglich nicht ausreichte, um die Räder der Urbs Aeterna in Bewegung zu bringen. Also entschied Cnaeus, die Therme aufzusuchen. Die Therme waren - so glaubte er zumindest - ein exzellenter Ort für kleine Unterhaltungen. Wenn er etwas Glück hatte, konnte er vielleicht sogar weitere Kontakte knüpfen, die seinen Einstieg in die Ritterlaufbahn etwas verkürzen oder erleichtern konnten.


    In einer schlichten Tunika gekleidet, schritt Cnaeus auf die Tür der Casa zu, wo ihm bereits Lasthenes begegnete. "Herr, wohin gehst du?" Cnaeus schaute etwas verdutzt drein, als der Sklave ihn ohne Aufforderung zu einer Rechtfertigung zwang. "Seit wann, Sklave, erlaubst du dir selbst zu sprechen?" Der Blick des Fabiers verfinsterte sich weiter, woraufhin Lasthenes etwas zuckte. Mit einer schnellen, unbeholfenen Handbewegung zeigte der Sklave an, dass er seinem Herren nicht zu nahe treten wollte. "Oh nein, mein Herr, das will ich nicht. Ich...Es herrscht eine Ausgangssperre, mein Herr." Cnaeus' Gesichtsausdruck entspannte sich bei diesen Worten keineswegs, offenbarte nun aber mehr Verwirrung als Verärgerung. "Eine Ausgangssperre?" Eine Ausgangssperre hatte er noch nie miterlebt. Weswegen auch, Rom war seit seiner Geburt eigentlich noch nie in Gefahr. "Warum?" Lasthenes wartete einen Moment, ehe er dann bestimmt antwortete. "Man munkelt, der Kaiser wäre vergiftet worden. Dass er tot ist, ist auf jeden Fall sicher."


    Verdutzt ging Cnaeus einige Schritte zurück und ließ sich auf eine der Klinen im Atrium fallen. Zunächst dachte er daran, was dies für das Imperium Romanum bedeutete - wer würde nun Valerianus' Nachfolger werden, was würde mit dem Stadtpräfekten passieren? Dann dachte er - was für ihn von größerer Bedeutung war - was dies für seine Karriere bedeutete. Er wusste, dass sich dadurch sein Einstieg in die Ritterlaufbahn nur noch weiter verzögerte - womöglich um Wochen, wenn nicht gar Monate. Kein Amt, kein Geld. Kein Geld, keinen Einfluss. Keinen Einfluss, keine Macht. Cnaeus' Verwirrung schlug nun ihn Wut um. Wie vom Blitz getroffen, sprang der Fabier auf und stürmte in Rage aus dem Atrium. Es war nur noch der laute Krach einer zugeschlagenen Holztür zu vernehmen, die nun keinen Einblick mehr gewährte, was dahinter geschah.

    Cnaeus lag auf einer der Clinen im Atrium der Casa Fabia und wiegte dabei ungeduldig seinen Kopf hin und her. Seit er seinen Patron aufgesucht hatte waren bereits mehr als zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen der Untätigkeit, die ihm wie mehrere Monate vorkamen. Natürlich hatte er sich dies mehr oder weniger selbst zuzuschreiben, war er doch allzu lange untätig geblieben. Nun, da er allerdings voll Enthusiasmus seinen Pflichten nachgekommen war, erschien ihm die Zeit des Abwartens endlos. Eigentlich war der Fabier ein Freund von genauer Planung und Strategie, doch in dieser Angelegenheit war er nicht unbedingt geduldig, auch wenn er wusste, mit welch großen Schritten er mit einer Erhebung in den Ritterstand vorwärts schritt. Unerschütterlich war jedoch auch sein Vertrauen in seinen Patron und dessen Einfluss. Er war sich sicher, dass Consular Macer bereits sein Möglichstes getan und einen Prozess in Gang gesetzt hatte, um ihm einen Posten als Offizier zu beschaffen.

    Cnaeus versuchte die Zeit, die ihm nun blieb und deren Dauer er nicht beeinflussen konnte, sinnvoll zu nutzen. Das Examen Primum an der Academia Militaris hatte er bereits bestanden und so befasste er sich nun mit der Lektüre diverser militärischer Schriften von bekannten und versierten römischen Feldherren. Gleichzeitig ließ er auch die allgemeine Bildung nicht außer Acht und bereitete sich so auf bevorstehende Prüfungen in der Schola Atheniensis vor. Glücklicherweise waren die Wein- und Traubenvorräte der Casa Fabia üppig und so konnte er sich die Zeit des Lernens und Arbeitens auch mit genüsslicheren Freuden versüßen.


    Eine der weiteren genüsslichen Freuden waren die Frauen. Nun gut, die Arbeit rückte in dieser Zeit in den Hintergrund, doch dafür kehrte Cnaeus danach umso motivierter zu den sinnvolleren Tätigkeiten zurück. "Lasthenes, ich ziehe mich in mein Zimmer zurück." Er stand auf, verließ das Atrium allerdings nicht direkt, sondern blieb unmittelbar neben dem Haussklaven stehen. "Bring mir Aesara in mein Zimmer. Oder nein...schick Phila zu mir." Dann setzte er seinen Weg fort.

    "Richtig, genauso wie der nötige Landbesitz", fügte Cnaeus noch hinzu. Die Familie besaß zwar Land, doch das konnte nicht in den Privatbesitz des Fabiers übergehen - letztendlich war er also auf seinen Patron oder einen Bekannten seines Patrons angewiesen. "Gut, dann werde ich mich darum bemühen und dich in den nächsten Tagen wieder besuchen." Da Macer bereits angedeutet hatte, dass es von seiner Seite keinen Gesprächsstoff mehr gab, wollte Torquatus den Senator nicht länger aufhalten. "Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast, Senator." Der Fabier wartete noch auf die Verabschiedung, bevor er sich dann zurückziehen würde.