Eine in einer von Männern dominierten Welt lebende Frau, die wusste, was sie wollte, war nicht nur Lentidia selbst, sondern anscheinend auch jene, die vor ihr saß. Welch glückliche Fügung! Konkurrenz in der Gesellschaft Roms, die sie bislang noch nicht wirklich kennen gelernt hatte, sah sie in der Tiberia nicht, jedenfalls noch nicht. Zunächst sah sie in ihr eine potentielle Verbündete, eine wichtige Freundin. Dieses Band galt es in der nächsten Zeit zu enger zu ziehen! Über Lucia würde sie auch andere Frauen der römischen Nobilitas kennen lernen, über die sie wiederum Kontakte knüpfen konnte. So würde sich ein Netzwerk bilden, mit dem sie gezielt nach der Erfüllung ihrer Wünsche streben könne. Von Missbrauch ist davon keineswegs zu sprechen! Es ist eher ausgeklügelte und wohl bedachte Kalkulation. So griff die Aurelia auch kurz nach dem Handrücken ihrer Gesprächspartnerin, bevor deren Hand wieder zurückzog.
"Natürlich nicht! Wenn wir wollten, wäre es eher anders herum." entgegnete sie ebenfalls verschwörerisch. Lucias Nachtrag bzgl. des politischen Amts ließ sie hingegen unkommentiert.
Was die Tiberia allerdings über ihren Mann preisgab, war höchst interessant! Nicht nur wegen der Fakten über jenen, sondern auch wegen ihrer Reaktion. Sie schien ob der Frage etwas verunsichert, war ihr diese Frage etwa unangenehm? "Oh meine Liebe, das ist doch nicht schlimm, das bedarf doch keiner Rechtfertigung!" äußerte sie 'besorgt'. Hach.. Lentidia war ja so ungeschickt und unbedacht.. dass Lucia ihre Reaktion eher als 'das Messer noch tiefer in die Wunde bohren' empfinden würde, wäre ihr ja nie (:P) in den Sinn gekommen! "Wenn er es nach Rom geschafft hat, wird er doch einiges an Qualitäten vorweisen können, nicht wahr?" fügte sie beschwichtigend hinzu und stellte vollkommen überzeugt fest "Du kannst dich glücklich schätzen, dass er keiner dieser germanischen Barbaren ist! Stell dir vor! Sie leben mit dem Vieh unter einem Dach und die Männer haben ungepflegte lange Haare und Bärte! Widerlich.." Dass es sich bei ihrem Gatten eben doch um einen Mann germanischer Abstammung handelte, konnte sie ja nicht ahnen! Eine römische Patricia würde doch keinen Germanen ehelichen oder viel mehr: Ihre Famiie würde sie doch nicht etwa an einen Germanen verheiraten?
"Den Sommer 'durfte' ich ja glücklicherweise in Mantua im Castellum verbringen. Aber wenn du mir über den Winter alles wichtige über Rom verrätst, wird der nächste Sommer hier bestimmt sehr schön!" Sie ging jetzt einfach mal davon aus, dass sich die beiden Frauen wiedersehen und Freundinnen werden würden. "Seit wann lebst du in Rom? Du warst doch bestimmt schon auf einigen Festlichkeiten! Hast du viele Freundinnen? Oh wie aufregend!" Switch. Von ein auf dem anderen Moment von der unbedachten Schnepfe mit unwissend beschämenden Fragen zum aufgeregten Mädchen.. sie war eben unberechenbar.