Als Tribunus der Cohortes Urbanae hatte Lucius keine eigene Unterkunft wie in Alexandria. Das bedeutete, dass er sich auf Wohnungssuche begeben musste - was in Rom bekanntlich gar nicht so einfach war. Zwar hatte der Petronier im Gegensatz zu seiner ersten Ankunft in Rom vergleichsweise viel Geld und einen eindrucksvollen Rang zu bieten, jedoch sah er es eigentlich nicht ein, dieses viele Geld für so etwas Nutzloses wie ein repräsentatives Anwesen zu verpulvern. Eigentlich war er mit der Wohnung in Trans Tiberim immer ganz zufrieden gewesen und so hatte er sich entschieden, einfach zuerst einmal dorthin zurückzukehren. Die Insula gehörte noch immer Atilius Pansa und gegen eine kleine Prämie war dieser gerne bereit, den "Zwischenmieter" seiner Wohnung und dessen Nachbarn - ein bisschen mehr Platz wollte Lucius ja schon - umgehend hinauszuwerfen.
Und so konnte Lucius kurz darauf mit seinem Vermieter die vertraute Treppe zu seiner alten, neuen Wohnung hinaufstapfen.
"Ich denke, die Wohnung ist noch immer in einwandfreiem Zustand, Petronius."
erklärte Atilius, während er heftig schnaufend die letzten Stufen zum dritten Stock zurücklegte.
"Und die Wohnung nebenan ist frei?"
"Genau, genau. Wenn du es wünscht, können wir auch eine Tür durchbrechen, sodass du nicht über den Flur in deine neuen Zimmer gehen musst!"
Lucius war zufrieden - doppelt so viel Platz wie früher war zwar immer noch ein bisschen weniger als in seiner Casa in Alexandria, aber mehr als genug Platz - irgendjemand würde seine Wohnung ja auch sauber halten müssen! So reichte vielleicht ein zusätzlicher Sklave...
"Und der aktuelle Mieter in meiner Wohnung wird einfach gehen?"
"Sicher, sicher. Es ist eine Familie von Habenichtsen, die ich sowieso loswerden wollte."
Atilius lächelte etwas unbeholfen und spielte ein bisschen mit dem Geldsäckchen, das die Anzahlung für Lucius' erste Miete samt der Prämie enthielt. Er hatte sich auf dem Weg von Ostia nach Rom genau überlegt, dass diese Variante die rationalste war - bei dieser Insula wusste er, was er bekommen würde, und die Miete war akzeptabel. Diese Sicherheit war auch die kleine Prämie wert! Außerdem erregte ihn der Gedanke irgendwie, diese Nutte Apolonia wiederzusehen...
Er hatte auch darauf bestanden, seine alte Wohnung zu bekommen - dort war die Sicherheit immerhin am größten und er mochte es, wenn ihm seine Umgebung vertraut war...
"Da wären wir also..."
stellte Atilius schließlich fest und klopfte kräftig an seiner alten Haustür. Es sah nicht so aus, als hätte er auch nur das Schloss geölt, seit Lucius vor einigen Jahren ausgezogen war.
Die Tür öffnete sich und eine trübäugige, verhärmte junge Frau blickte verwundert in die Augen ihres Vermieters udn des schneidigen Eques.
"Salve. Ich bin hier, weil ihr meine Wohnung verlassen müsst!"
erklärte er - was das Mädchen natürlich ziemlich irritiert dreinschauen ließ.
"Was? Warum?"
"Dein Mann ist mir seit zwei Monaten die Miete schuldig! Ich verlange, dass ihr sofort hier verschwindet - sonst muss ich die Vigiles holen!"
erklärte Atilius mit schneidender Stimme, bei der sich selbst Lucius' Nackenhaare aufstellten.
"Aber wir haben drei Kinder! Wo sollen wir denn hin?"
"Ist mir egal! Sucht euch eine Wohnung, die ihr euch leisten könnt!"
Die Frau war immer noch ganz verdutzt - scheinbar verstand sie nicht, obwohl Atilius eigentlich keinen Zweifel daran ließ, dass er es ernst meinte.