Beiträge von Lucius Petronius Crispus

    Zu bemerken wäre allerdings, dass innerhalb der Stadt Rom eine waffenfreie Zone war. Auch die Prätorianer haben sich daran wohl in der Regel gehalten - zumindest trugen sie, soweit ich weiß, für ihre Leibwache-Tätigkeit keine Rüstung, sondern zivil (genaugenommen eine Toga). Das deutet darauf hin, dass sie offen überhaupt keine Waffen trugen (darunter wohl schon). Beide Einheiten hatten aber auch Felduniformen, zu denen dann wohl die Hastae zu rechnen wären (allerdings habe ich mich nicht intensiv mit dieser Frage beschäftigt, es könnte auch die im Wiki genannten Ausnahmen für die CU/CP gegeben haben). Die können aber auch am Stadttor getragen werden, da der kultische Stadtbezirk mit dem Waffentrageverbot kleiner war als die Mauer in Rom.


    Damit ist die Bemerkung etwas Offtopic, aber ich wollte das schon immer mal losgeworden sein und es verweist auf die Option, Stadtwachen aller Art auch in zivil bzw. weniger militärisch auftreten zu lassen ;)

    Obwohl er es selbst provoziert hatte, war Crispus ein wenig erstaunt, als Guntrich seine Waffe zog - genaugenommen hatte ja auch er eine römische Waffe, wie er leicht amüsiert feststellte. Seine Mimik verriet davon allerdings nichts: Voller Konzentration ging er in Ausgangsstellung und fixierte das Schwert. In den Augenwinkeln nahm er dabei auch die Schaulustigen wahr.


    "Du hast es nicht anders gewollt!"


    sagte er dann und ging in den Angriff: Ein schneller Stich in die Flanke des Germanen, dann blitzschnell zurück in die Defensive - noch ehe er sehen konnte, was sein Angriff bewirkt hatte. Wie sein Vater gesagt hatte - erst sichern, dann weitersehen...

    Die Erwartungen von Lucius wurden ziemlich bestätigt und er hatte ein spöttisches Lächeln auf den Lippen, als der Alte endlich abbrach. Dann erhielt er auch eines der klobigen Holzschwerter, die weitaus schwerer waren als sein geliebter eigener Gladius. Gemeinsam mit den anderen schlurfte er hinüber zu den Pfählen und nahm die Grundhaltung ein, die sein Vater, der Centurio, ihm bereits in seiner Kindheit eingeprügelt hatte: Kämpfte man ohne Schild, musste der Schwertarm in Richtung Gegner zeigen - wie er inzwischen wusste, war dies schon deshalb logisch, weil damit die Flexibilität des Schultergelenks optimal genutzt und damit der potentiell zu bekämpfende Raum erhöht werden konnte. Abgesehen davon war die Reichweite höher und die Blockmöglichkeit gegeben. Die leicht schräge Stellung verkleinerte dagegen die Angriffsfläche.


    So hob er sein Schwert und führte den ersten Schlag. Er ging genau auf Gesichtshöhe, wo der Pfosten schon stark malträtiert worden war. Binnen eines Augenblicks war er wieder in die Ausgangsstellung zurückgekehrt - in diesem Moment hatte Armin häufig eine Parade versucht und war oft genug erfolgreich gewesen. Wenn er an die blutigen Nasen und Veilchen dachte, die er sich am Holzschwert seines Leibsklaven geholt hatte, wurde ihm wieder umso klarer, wie wichtig die Deckung war. Fast wichtiger als der Angriff, wenn man bedachte, dass nur ein intakter Soldat einen Angriff führen konnte...

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    Original von Numerius Duccius Marsus
    "Gern", sagte er deshalb. "Wenn das Wetter mitspielt, können wir eine ganze Menge Gäste einfach im Garten unterbringen. Lade ein, wen du möchtest." Dabei grinste er schief. Witjon stellte sich ein großes, fröhliches Fest vor. So hatte er es bei der Hochzeit seines Vetters Lando erlebt und so wünschte er es sich auch für seine eigene Vermählung.


    Als es dann um den Termin ging, hörte Witjon mit Erleichterung, dass es wohl nur wenige Hindernisse in nächster Zeit geben würde. Abgesehen von diversen ungeeigneten Feiertagen und der Zeit, in der Marcus' Geschäfte etwas mehr Aufmerksamkeit brauchten, gab es offenbar freie Auswahl.
    "Was haltet ihr dann vom...sagen wir...ANTE DIEM III NON IUL (05.07.)?"*
    Er wechselte einen weiteren Blick zwischen Octavena und Marcus, bevor er hinzufügte: "Bis dahin bleibt uns noch genug Zeit, um die Einladungen auszusprechen und entsprechende Vorkehrungen für das Fest zu treffen..."


    Während der Alte vor Freude fast verging, blieb Lucius distanziert und beobachtete die Szenerie einfach. Noch immer fragte er sich, ob die Gens Petronia sich einen Gefallen tat, wenn sie sich mit germanischen Barbaren vermischte. Andererseits waren die Würfel offensichtlich gefallen und es war irrational, diesen Schicksalsschlag zu bedauern - abgesehen davon gab es ja auch noch ihn selbst, der der Familie Ehre und einwandfreien Nachwuchs bereiten konnte.


    Als es zur Terminfrage kam, wurde ihm plötzlich bewusst, dass diese Verbindung bedeutete, dass er Octavena los werden würde. So gesehen konnte es gar nicht schnell genug gehen - bis zum Iulius war ja eine unerträglich lange Zeit!

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    Original von Gaius Athicus
    "Hmmhh. Nein also Kinder will ich nicht unbedingt. Ich hab ja gesehen wie es jemadem geht wenn die Eltern arm sind und nicht für einen Sorgen können. Da lasse ich mich doch lieber unfruchtbar machen. Die Kastration ist auch garkeine so grosse Sache wie die meisten glauben, solamge nur die Hoden entfernt werden und das Glied unverletzt bleibt. Ich hab in Sizillien ein paar mal gesehen wie Sklaven für den Haushalt kastriert wurden. Ein geschickter Arzt braucht nur 5 Minuten einen Knaben oder jungen Mann zum Eunuchen zu machen. Der grosse Vorteil von Eunuchen ist halt das sie die Intelligenz eines Mannes haben, ohne dessen Potenz. Wer würde wichtige Aufgaben schon einer Frau mit ihrem emotionalen und ja doch recht beschränkten Geist überantworten wollen? Ein potenter Mann hingegen stellt eine Gefahr für die Ehre und die Blutlinie des Hausherren dar. Ein Eunuch der nach der Pubert kastriert wurde hat den Geist eines Mannes ohne seine Fruchtbarkeit und Potenz. Das ist eine vielversprechende Kombination. Ich erwarte ja garnicht jetztsofort besser bezahlt zu werden, aber ich gehe davon aus das die Entmannung mir in Zukunft noch sehr nützen wird. Ich bin schon relativ alt um ein Eunuch zu werden. Da will ich es jetzt hinter mich bringen."


    Der junge Petronier konnte sich kaum in die Perspektiven eines Sklaven oder Dieners eindenken, aber sein Vater hatte ihm stets eingeschärft, wie wichtig der Erhalt der Familie war - was einerseits rational war angesichts des religiösen Firlefanz, dem die meisten Menschen anhingen, andererseits aber auch handfeste Vorteile hatte, wenn man die Versorgungslage im Alter bedachte. Selbst unter wohlhabenden Decuriones war es nützlich, als bettlägriger Greis einen vertrauenswürdigen Nachfolger zu haben, der vor dem Neid anderer schützte und den Haushalt in Ordnung hielt.


    Die Vorteile für den Herren lagen aber auch auf der Hand - Octavena war ja das beste Beispiel für die Beschränktheit des weiblichen Geschlechts.


    "Aber dir ist schon klar, dass es dann keinen Weg zurück gibt, oder?"


    Gerade Vilici hatten ja nicht selten selbst eine Familie - sogar die unfreien gelegentlich...

    "Hier und jetzt, wenn du willst!"


    bestätigte Lucius mit einem gefährlichen Leuchten in den Augen. Er spürte das Kribbeln in seinem Innern, wie seine Muskeln sich anspannten - so wie damals, wenn er sich bei Meister Xanthos mit Caius geprügelt hatte. Oder wie damals, als er sein Gladius in Caius' Brustkorb gerammt hatte. Jetzt würde dieser dreckige Germane seinen Stahl zu schmecken bekommen.


    Wie von Ferne klangen da die beschwichtigenden Worte Thankreds zu ihm durch. Sein erster Gedanke war, ihn schlicht zu überhören oder ihn zuerst aufzuschlitzen. Trotzdem blieben die Worte zurück und er zögerte vorerst.

    Lucius ließ sich kaum von dem älteren Milizionär ablenken - zu sehr war er auf Guntrich und seine respektlose Art konzentriert. Das Angebot war auch genau das, was der junge Petronier sich wünschte, denn wenn der Alte ihm etwas beigebracht hatte, dann war es der Schwertkampf gewesen. Dieser dahergelaufene Penner konnte sich dagegen ja nicht einmal ein Schwert leisten - von einem Fechttraining ganz zu schweigen! Dass die Männer der Straße ihren eigenen Kampfstil hatten, bedachte er natürlich nicht...


    "Ich werde dich in Scheibchen schneiden!"


    erwiderte Lucius drohend und schob die Spitze seines Gladius langsam vorwärts, bis sie die Nase des Germanen berührte. Dass er auf einem öffentlichen Platz stand, Zeugen hatte und außerdem als Milizionär einen guten Eindruck machen sollte, vergaß er dabei ganz...

    Die Erklärung des Dieners irritierte Lucius sehr, denn sie erschien ihm doch recht unlogisch: Sicherlich war es vernünftig, aus der Provinz nach Rom zu wechseln - er hatte in den Jahren auf der Villa Rustica selbst gelernt, wie einsam es auf dem Land war und unter welch schlechten Bedingungen die Landarbeiter lebten. Alles andere war aber doch höchst irrational: Wieso sollte man jemandem trauen, der sich die Hoden abschneiden ließ? Lucius kannte eigentlich nur die Priester der Magna Mater hier in Mogontiacum, die so etwas getan hatten - seines Erachtens nach waren die aber religiöse Spinner. Ein Kastrat war in doch wohl einer Frau ähnlicher und wer würde eine Frau als Vilicus wollen?


    "Willst du nie eine Familie gründen? Und überhaupt: Ist so eine Operation nicht ganz schön riskant? Und wer garantiert dir, dass du als Kastrat höhere Chancen hast? Der Alte wird dich bestimmt nicht besser bezahlen deswegen!"


    Der junge Petronier machte sich keine Mühen, seinen Vater etwas respektvoller als "der Alte" zu bezeichnen - Athicus war wohl lange genug im Haus, dass er schon mitbekommen hatte, dass Vater und Sohn sich nicht so ganz grün waren...

    "Ich glaube, ich würde eine Frau als Sklavin kaufen..."


    antwortete Lucius sofort. Um zu verhindern, dass man von einem Diener gehörnt wurde, war es logisch, einen Diener zu wählen, der zeugungsunfähig war. Es war also nicht unlogisch, dies sicherzustellen, indem man dem Diener seine Genitalien raubte. Eine weitaus wahrscheinlichere und einfachere Lösung war aber wohl die Einstellung einer weiblichen Dienerin.


    Noch viel abstruser erschien es dem jungen Petronier aber, so etwas freiwillig zu tun: Es war völlig irrational, als freier Mann lieber auf seine Kronjuwelen als auf eine Stelle als Diener einer Frau zu verzichten - es sei denn... War Athicus vielleicht einer dieser Männer, die gar keine echten Männer waren? Einer von denen, die es lieber mit Männern trieben? Wenn Lucius den Gerüchten trauen konnte, die seine Klassenkameraden damals bei Xanthippus gestreut hatten, hatten solche Männer oftmals ein Faible für weibliche Kleidung und dergleichen - das würde auch erklären, warum Athicus so gern der Diener einer Frau sein wollte...


    "Bist du ein Cinaedus*? Dann solltest du vielleicht lieber in einem Lupanar anheuern, da kannst du deine Hoden sogar benutzen!"


    Dies war nur halb spöttisch gemeint - es erschien Lucius vielmehr als eine rationale Entscheidung, dass ein Mann, der gern sexuell passiv war, diese Vorliebe zu Geld machte.

    Sim-Off:

    * Homosexueller (auch: Lustmolch)

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    Original von Caius Duccius Callistus
    "Auf uns", prostete Audaod ebenfalls in die Runde und konnte auch nicht umhin zu lächeln, als sein Vater und seine baldige Stiefmutter - verdammt, wer konnte sich bitte so einer heißen Stiefmutter rühmen? - fröhlich losplauderten.


    Lucius' Vater überraschte Audaod schließlich mit seinem Vorschlag, Jagen zu gehen. Wortlos sah er von Marcus Petronius zu Lucius Petronius, bis ihm ein Einfall kam. Mit einem Seitenblick zu seinem Vater schlug er vor: "Also, wir haben da sowieso schon etwas geplant, diese Woche..." Er warf seinem Vater nochmal einen Blick zu, von dem er ein zustimmendes Nicken erhielt. "Eine Wolfshaltz!", rief er also aus und war plötzlich wieder richtig guter Laune. Lucius' Gequatsche war auf einmal vergessen. "Die Bauern hatten echte Probleme mit einem fiesen Wolfsrudel, nur knapp eine Reitstunde südlich von hier. Und wir wollen dieses Problem beseitigen." Audaod strahle Lucius an. Das konnte doch nur ein riesen Spaß werden.


    Dass Lucius die Jagd liebte, war tatsächlich korrekt - unter anderem aber auch deshalb, weil man dabei den Alten los war und sich nicht in dümmlichem Geschwätz ergehen musste. Ob er das zusammen mit einem germanischen Krämersprössling tun wollte, wusste er nicht recht... andererseits bekam er sowieso nicht oft die Erlaubnis und das Gefühl, seinen Spieß in das gehetzte Wild zu rammen, war durch kaum etwas zu übertreffen - höchstens, ein Schwert in einen Menschen...


    Als der junge Duccier dann auch noch eine Wolfshatz vorschlug, kam er nicht umhin, interessiert dreinzublicken - bisher hatte er so etwas noch nie getan. Und die Vorstellung, wehrhaftere Tiere zu jagen, war nicht unattraktiv! Abgesehen davon würde er ja wenig mit Callistus reden müssen und konnte gleichzeitig unter Beweis stellen, dass er ihm überlegen war.


    "Naja, warum nicht?"


    sagte er deshalb schließlich. Eigentlich eine äußerst rationale und gewinnbringende Entscheidung: Er konnte Wölfe jagen, seine Fähigkeiten unter Beweis stellen und dazu seinen Vater zufrieden stellen - optimaler konnte es wohl kaum ausfallen...

    Jetzt war es an Lucius zu erschrecken - "nur kastriert werden"? Auch wenn er sein Gemächt bisher noch nicht eingesetzt hatte (zumindest nicht zusammen mit einem anderen Menschen), war eine Entmannung wohl das demütigendste, was man sich vorstellen konnte. Er dachte an den Phallus, der an seinem Gürtel eingebrannt war - sogar die Barbaren wussten, wie wichtig die Manneskraft war. Überhaupt - der Mann definierte sich doch über sein Gemächt, es unterschied ihn von der Frau (zumindest von der Frau, die wenig Vorbau hatte). Was war man also, wenn man sie nicht mehr hatte? Eine hässliche Frau?


    "Du lässt dir die Eier abschneiden, damit du Octavena beim Ausziehen helfen darfst?"


    platzte es also verständnislos aus ihm heraus - so hatte er die Botschaft von Athicus zumindest verstanden!

    Sicilia war eine römische Provinz - aber wohl neben Lugdunensis diejenige mit der höchsten Bürgerdichte des Imperium. Athicus gehörte wohl zu denen, die nicht dazu gehörten. Aber immerhin hatte er es von der Landarbeit zum Stadtdiener geschafft - was ihn wohl auch etwas für seine aktuelle Aufgabe qualifizierte. Dass er dafür ausgerechnet hier gelandet war, war zwar nicht gerade die logische Konsequenz des Bürgerkriegs, denn Italia und Sicilia hatten ja seines Wissens nach auf einer Seite gestanden. Aber vielleicht hatte der "Geschäftsfreund" auch auf der falschen Seite gestanden.


    Als Athicus dann plötzlich von einem Eingriff sprach, horchte der junge Petronier auf. Er interessierte sich ein wenig für Medizin, denn diese Wissenschaft war der Logik doch etwas näher als Rhetorik und der ganze Kram!


    "Was für ein Eingriff? Bist du krank?"


    Das wäre natürlich ein schlechtes Geschäft für die Petronier gewesen, einen kranken Diener anzustellen - am Ende erwartete man noch, dass so ein Nichtsnutz durchgefüttert wurde, wenn er nicht arbeiten konnte. Dass das der Fall war, hatte Lucius schon hier und da gehört - wieder so eine irrationale Gewohnheit...

    Es amüsierte Lucius etwas, wie der Diener versuchte, sich militärähnlich zu präsentieren, weshalb er kurz lächelte. Dann lehnte er sich zurück und meinte


    "Erzähle mir etwas von dir! Woher kommst du? Warum arbeitest du hier?"


    Genaugenommen war dieses Gespräch etwas, was er Octavena gegenüber als überflüssiges Gerede abgetan hätte. Hier lag der Fall aber auch etwas anders - man musste etwas über die Mitglieder seines Haushaltes wissen, um sie bei Bedarf instrumentalisieren zu können. Aus purer Neugierde tat ein Lucius Petronius Crispus natürlich nie etwas!

    Nach seiner Schicht bei der Miliz (Lucius hatte momentan ja keine anderen Aufgaben) kam Lucius durch den sonnendurchfluteten Hof und legte seinen Helm ab. Im Schatten des Säulenganges sah er Athicus, den Diener von Octavena - ausnahmsweise mal allein. Scheinbar brauchte eine junge Petronierin so einen Diener doch nicht unbedingt, wenn er jetzt schon den Hof fegte - andererseits umso besser, denn immerhin futterte er ja auch nicht Octavenas Speisekammer leer, sondern die seines Vaters.


    Er setzte sich auf die Steinbank und sah dem Diener einige Zeit zu. Er hatte noch nie mit ihm gesprochen - warum auch? Für ihn war er einfach nur der verlängerte Arm von Octavena - und der ging er am liebsten aus dem Weg, da jedes Gespräch im Streit endete. Trotzdem spürte er eine gewisse Neugier, wer dieser Kerl war, der so dumm war, sich für Kost und Logis einer uneinsichtigen, emotionalen Frau zu unterwerfen.


    "Hey, Athicus, komm' mal her!"


    rief er schließlich einer plötzlichen Laune folgend.

    Tatsächlich blieben ein paar Hafenarbeiter stehen und beobachteten den Streit von Ferne. Lucius bemerkte dies aber nicht - er war auf den Streit mit diesem Wilden konzentriert. Dass dieser wieder einmal auf Varus rekurrierte, war ja klar: die Schlacht lag mehr als hundert Jahre zurück und seither hatten die Germanen nichts mehr, worauf sie stolz sein konnten... Aber der junge Petronier hatte nicht umsonst von Xanthippus die römische Geschichte eingetrichtert bekommen:


    "Das war eben ein Ausrutscher! Seither haben wir jedenfalls keinen Krieg mehr verloren gegen euresgleichen! Und davor auch nicht, von Marius bis Tiberius!"


    Das zweite Argument war stichhaltiger: Nüchtern betrachtet war die Schmiedekunst der Germanen tatsächlich hochgeschätzt - auch bei Römern. Aber dass Guntrich selbst ein Gladius an der Seite hängen hatte, ließ Lucius nur höhnisch grinsen. Dann griff er an seine Seite und zog mit einem Ruck sein eigenes Gladius heraus. Es war eine Sonderanfertigung, die sein Vater ihm vor Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte - der liebste Besitz, den Lucius hatte (noch vor den gestohlenen Büchern von Xanthippus). Der Griff war zwar nur aus Holz, aber die Beschläge auf der Scheide zeigten einen brüllenden Stier - das Symbol der Secunda, der alten Legion seines Vaters.


    Es fühlte sich wie immer großartig an, die Waffe in der Hand zu halten. Es war, als flöße eine sonderbare Kraft aus ihr heraus, die Lucius wagemutig und kraftvoll werden ließ! Er hielt Guntrich die Waffe unter die Nase.


    "Meine Waffe wird reichen, um dich in Stücke zu hacken!"


    sagte er mit plötzlichem Ernst. Tatsächlich verspürte er den Drang, diesen aufmüpfigen Milizionär umzulegen - es war geradezu, als dränge ihn der Gladius dazu!

    Endlich kamen die Alten zurück und erlösten Lucius von dem Zwang, mit dem jungen Duccier Kontakt aufzunehmen. Dass es nun so gekommen war, wie er befürchtet hatte, ließ ihn schlucken. Er hatte sich schon oft gefragt, woher die Überlegenheit des Römertums über alle anderen Völker rührte - mochte es etwas mit dem Blut zu tun haben? Immerhin waren auch die Söhne von Senatoren eher dazu prädestiniert, den Staat zu leiten als seinesgleichen - und wenn man das nun übertrug, konnte es vielleicht sogar eine Schwächung des Römertums bedeuten, wenn Octavena sich mit einem Germanen vermischte... andererseits war bei ihr sowieso schon Hopfen und Malz verloren.


    "Ja."


    antwortete er schließlich auf Octavenas Frage, deren Unterton er natürlich nicht recht verstand. Vielmehr blieb er aus Erfahrung bei der positiven Antwort, denn das Eingestehen von Langweile im Gespräch mit Dritten wurde aus irgendeinem Grund gesellschaftlich nicht akzeptiert. Der Mensch wollte aus irgendeinem Grund betrogen werden...

    Als Pacatus seine Wahlrede hielt, war Lucius wieder einmal mit einer Patrouille unterwegs, um auch im Vicus Navaliorum für Ordnung zu sorgen. Als er die Rede hörte, blieb er stehen und sah dem jungen Mann interessiert zu, der scheinbar sehr unzufrieden mit der Arbeit des amtierenden Magister war. Der junge Petronier wusste nicht einmal, war das war - als er noch amtiert hatte, war es dieser Magonide gewesen, mit dem er zur Zusammenarbeit gezwungen worden war. Lucius hatte ihn auch für unfähig gehalten, aber er war der Klient des Alten gewesen.


    Die Hochwasserproblematik, die Matinier aber ansprach, war durchaus ein interessantes Problem: Es hing offensichtlich dem dem Regen zusammen, aber warum nicht bei jedem Regen Hochwasser kamen, hatte er noch nicht recht durchschaut. Auch die Ausbreitung dieses Phänomens war interessant, denn angeblich war es in Borbetomagus früher als in Mogontiacum und hier wieder eher als in Colonia - ob sich die Ausbreitung berechnen ließ? Vor allem aber war es natürlich eine interessante Frage, ob sich auch das Ansteigen des Spiegels vorhersagen ließ, denn dann würden die Forderungen des Kandidaten rationaler durchgeführt werden können...


    "Wirst du auch für Getreidespenden sorgen, wenn's ein Hochwasser gibt und wir keine Arbeit haben?"


    rief einer der Hafenarbeiter von der Seite herein - typisch: Der Pöbel dachte natürlich wieder nur an seinen Magen. Lucius rümpfte die Nase und überlegte bereits, ob er mit seinen Männern weitergehen sollte - es war widerlich, wie man sich als Kandidat dem Pöbel anbiedern musste, weil dieser manchmal doch nicht so wählte, die die Patrone es ihnen vorgaben!

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    Original von Caius Duccius Callistus
    Über die erste Frage musste Audaod erstmal kurz nachdenken. "Er ist mein Vetter. Aber entfernt verwandt. Ein Abkömmling des Bruders meines Urgroßvaters." Soweit er den duccischen Stammbaum jetzt richtig im Kopf hatte. Genauer konnte er momentan nicht werden, aber das erwartete Lucius vermutlich auch nicht von ihm. Hoffentlich.


    Die zweite Frage ließ Audaod schließlich seine Stirn in Falten legen. "Wie darf ich das verstehen?", fragte er mit einer guten Portion Überraschung in der Stimme. Lucius musste doch wissen, dass Audaods Vater kein Handwerker war. Und Audaod ebenso wenig. Was sollte also diese Frage?


    Der Bruder des Urgroßvaters - das war in der Tat eine entfernte Verwandtschaft - selbst für römische Verhältnisse. Es war wahrscheinlich nicht einmal unvorstellbar, dass ein Senator einen derartig verwandten Handwerker hatte - aber daran dachte Lucius momentan natürlich nicht.


    "Naja, habe mich nur gewundert, dass es einfache Handwerker im Geschlecht der Duccier gibt - ihr seid doch sowas wie adlig bei euresgleichen, oder?"


    antwortete er freiheraus. Dass "euresgleichen" nicht gerade die höflichste Form war, bedachte er natürlich auch nicht...

    Natürlich traf Guntrichs Vorwurf genau das, was Lucius dachte. Offensichtlich hatte er sogar vergessen, dass er selbst zur Hälfte von einer Germanin abstammte und sogar die ersten Jahre seines Lebens im Streifenhaus seiner germanischen Großeltern aufgewachsen war. Nachdem sein Vater die Legion verlassen hatte, hatte sich die Welt aber grundlegend geändert: Er hatte ihn zu einem Römer erzogen, seine Großeltern hatte er seither kaum mehr gesehen. Die Schule hatte ebenfalls nicht dazu beigetragen, seine germanischen Wurzeln zu betonen - jetzt war er ein Römer und er war stolz darauf!


    Als der lausige Germane ihm die provokante Frage stellte, konnte er so schlicht antworten:


    "Selbstverständlich! Sieh dich um!"


    Er deutete auf die Lagerhallen, die hier auf Pfählen errichtet waren - zwar aus Holz, aber doch immerhin mit Ziegeln gedeckt, die vermutlich die Legionsziegelei produziert hat. Da der Vicus Salutaris vor allem von reichen Händlern bewohnt war, konnte man hier kaum ein Haus in der traditionellen einheimischen Bauweise finden.


    "Sieh dir die Häuser an - römische Baukunst! Nicht zu vergleichen mit euren Erdhütten!"


    Damit übertrieb er zwar maßlos - genaugenommen bestanden die germanischen Langhäuser weitgehend aus dem gleichen Material wie die einfacheren römischen Gebäude hier. Aber sie wurden quasi nie gekalkt und behielten daher ihre bräunliche Farbe, die auf den Baustoff Lehm verwies.


    Dann deutete er auf eine der Liburnen, die am Pier vor Anker lagen, dann auf das Navis Actuaria.


    "Sieh dir die Schiffe an - römische Handwerkskunst! Nicht zu vergleichen mit euren Bötchen!"


    Dann deutete er auf die Spitze der Iuppitergigantensäule, die man hinter den Frachthäusern sehen konnte. Selbst wenn Lucius nicht an göttliche Interventionen glaubte und es für verschwendetes Geld hielt, den angeblich Unsterblichen kostspielige Monumente zu errichten, hatte er von Xanthippus gelernt, was man gemeinhin sagte: die römischen Götter waren die mächtigsten von allen, sie hatten ihnen ein "imperium sine fine" gegeben!


    "Sieh dir unsere Götter an - wo war denn euer Wodan, als wir euer Land in Besitz genommen haben?"


    Dass eine Iuppitergigantensäule an sich bereits ein Beweis des Verschmelzens römischer und germanischer Religionsvorstellungen war, war dem jungen Petronier gar nicht bewusst - er kannte es nicht anders.

    Zitat

    Original von Caius Duccius Callistus
    "Oh ja, das kann ich dir sagen. Die Kette wurde von Brix gefertigt, unserem Goldschmied. Er betreibt schon lange unsere Goldschmiede und hat sogar meinen Vetter Rod...äh...Lucius Duccius Silvanus zum Goldschmied ausgebildet. Vielleicht hat der auch ein bisschen mitgeholfen, dem gehört nämlich seit ein paar Jahren der Laden. Naja, jetzt weißt du's. Brix."


    Audaod lächelte verschmitzt. Sollte er noch mehr erzählen? Und wenn ja, was? Nein, er schaute lieber in seinen Becher und befreite diesen dann vom letzten Rest Wein darin. Einer der petronischen Sklaven würde gewiss wieder auffüllen und so hatte er etwas Zeit, sich irgendetwas weiteres Sinnvolles auszudenken, was er noch sagen könnte.


    Im Gegensatz zu den anderen war Lucius die Stille keineswegs unangenehm - er genoss sie sogar, denn dadurch fühlte er sich bestätigt, dass seine Position zur Geometrie sich durchgesetzt hatte.


    Umso unangenehmer war ihm das nächste Thema - in seinen Augen gab es wenig Dinge, die ihm so überflüssig erschienen wie Schmuck. Natürlich war er auch scharf darauf, eines Tages den Siegelring des Alten am Finger zu haben und die Verzierungen an seiner Schwertscheide gefielen ihm auch sehr - aber Halsketten waren nun wirklich ziemlich unnütz. Typisches Frauenzeug...


    So verdrehte er nur die Augen und fragte sich, ob es im germanischen Adel üblich war, dass man Handwerk betrieb - sein Vater hatte ihm schon früh deutlich gemacht, dass sich das für einen guten römischen Adligen (was man als Decurio ja auch irgendwie war) eine sehr unangebrachte Tätigkeit war. Uneingedenk der Tatsache, dass solch eine Frage vielleicht etwas unangebracht war, fragte er deshalb


    "Ist dieser Silvanus ein naher Verwandter? Oder seid ihr alle Handwerker?"