Beiträge von Aulus Iunius Avianus

    Platz... viel zu viel Platz. Ein Vorraum, ein Officium, Wohnräume... mal abgesehen davon, dass er weder das Mobiliar noch genügend andere Habseligkeiten hatte, um seine neue Baracke angemessen zu füllen, wusste Avianus gar nicht, was er mit all den Räumen anfangen sollte. Da erklärte sich ja schon von selbst, wie er seinen nun höheren Sold investieren würde, obwohl er in den letzten Jahren nie mehr als ein Bett, eine Truhe und vielleicht ein Tischchen zum schreiben benötigt hatte.
    Noch saß er auf einem der Stühle, die bereits in der Unterkunft standen, und ließ die letzten Geschehnisse sacken. Verdammt nochmal, eine ganze Centuria hörte nun auf sein Wort. Und wenn er daran dachte, dass manche von ihnen vielleicht genauso zu ihm aufsehen würden, wie er zu seinen Offizieren für gewöhnlich aufgesehen hatte, insbesondere natürlich zu Seneca, unter welchem er am längsten von allen gedient hatte, bekam er fast einen Kloß im Hals.
    Jetzt aber Schluss mit den Sentimentalitäten. Es gab andere Dinge, um die es sich zu kümmern galt. Außerdem hatte er inzwischen einen verdammt guten Grund, einen Brief nach Mantua zu schicken. Und der wollte erst noch geschrieben werden.

    Erst einmal musste sich Avianus das viel zu breite Lächeln aus dem Gesicht wischen, um im nächsten Augenblick nicht breit grinsend wie ein Vollidiot im Vorzimmer des Officiums zu stehen. Er selbst wusste noch gar nicht allzu lange von seiner Beförderung, zumal er ohnehin immer ein wenig Zeit brauchte um sich an die neuen Umstände zu gewöhnen - die bei genauerem Nachdenken so neu eigentlich gar nicht waren. Die Grundausbildung der Tirones und einige Einsätze in der Urbs hatte er auch als Optio schon selbstständig geleitet.
    Bevor er sich noch blöd vorkam, ewig vor der Tür herumzulungern, trat er endlich ein und meldete sich beim Cornicularius des Praefectus Urbi an.

    Besser als nichts, dachte Avianus. Vor allem waren die Informationen besser als alles, was ihm die beiden alten Priester geliefert hatten - eine lästige Diskussion. Zumindest hatten sie einen Hinweis, wo dieser Serapio gefunden werden könnte, wenn er auch das Gefühl hatte, der Tabula dennoch kein Stück näher zu kommen. Und selbst wenn sie diese fänden, irgendwann, wer garantierte denn, dass sie ihnen weiterhalf?
    "Gute Arbeit, Tiro Germanicus", meinte er vorerst nur, während er weiter voranging. Genauer konnten er den Germanicus zu dem Gespräch auch unterwegs ausfragen und alles weitere besprechen. Als erstes ging es zurück zu den Soldaten, die mit ihrer Ausrüstung noch am Eingang warteten, und im Anschluss am Besten zur Castra und zum Tribunus Iulius selbst. Vielleicht konnte der wenigstens etwas zu dem Gerede um Torquata sagen.

    Avianus schwieg zu der Zusammenfassung des Tribunus vorerst. Dem war nichts mehr hinzuzufügen. Und immer mehr wurde er sich ihrer eher hoffnungslosen Lage bewusst, wenn es darum ging diese Messerstecherei aufzuklären. Er ertappte sich selbst dabei, wie er mit dem Gedanken spielte, die ganze Sache einfach als die Sorte Verbrechen abzutun, die sich in der Urbs täglich an allen möglichen Ecken abspielten. Es wurde in Roma doch ständig wer abgestochen. Im Grunde wunderte es doch keinen Menschen, dass es dieses Mal einen tratschenden syrischen Händler und einen anderen armen Kerl erwischt hatte, den ohnehin niemand kannte.
    Glücklicherweise wurde er auch nicht weiter befragt, sondern der Tiro. Wobei ihm der Germanicus doch etwas leid tat, noch immer in der Grundausbildung festhängend, hatte er ihn mitgezerrt, nur um im Officium nach und nach zu einem besseren Möbelstück zu werden, und zum Schluss dieselbe Art unangenehmer Fragen zu beantworten, die man zuvor ihm gestellt hatte. Wobei… die Fragen waren gar nicht das Problem, vielmehr die Antworten, von denen sie keine auf Lager hatten, die nicht entweder viel zu kurz oder viel zu vage ausfielen.
    "Sollten wir weiter der Spur dieser Tabula folgen, hatten wir vor, uns als nächstes bei diesem Theater umzusehen", bemerkte er zum Abschluss das eigentlich offensichtliche.

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    Decimus Patrobius Proximus


    "Glückwunsch", meinte der Offizier und nahm mit einem Lächeln die Schreibtafel entgegen.
    "Begib dich als nächstes zum Fahnenheiligtum, um deinen Eid zu schwören, und im Anschluss ins Armamentarium, um deine Ausrüstung abzuholen. Danach meldest du dich in den Unterkünften der Cohors XII. Viel Glück, Tiro."

    Gerade noch rechtzeitig hatte Avianus, was er nach seiner kürzlichen Beförderung an neuer Ausrüstung erhalten hatte, auf hochglanz bringen lassen, um beim ersten öffentlichen Auftritt seiner Einheit darin auch einen guten Eindruck zu hinterlassen. Zugegeben, etwas neidisch blickte er anfangs zu den Prätorianern hinüber, in deren Reihen er vor einiger Zeit selbst gestanden hatte, bis ihm wieder in den Sinn kam, dass er inzwischen selbst an der Spitze einer Centurie stand, was den in letzter Zeit eher ernsten Ausdruck in seinem Gesicht erst durch ein leichtes Lächeln ersetzte, welches nur wenig später wieder aus seinen Zügen wich... denn warum waren sie nochmal hier? Der Kaiser war tot.
    Der Rest seiner Leute stand ebenfalls mit in polierter Aufmachung da. Die Helme glänzten, ebenso die Gürtelschnallen, die Panzer sowieso, und selbst die Beschläge der Pteruges. Endlich zahlten sich die regelmäßigen Kontrollen der Ausrüstung aus. Dennoch ertappte er sich regelmäßig dabei, wie er seine Soldaten ein weiteres Mal musterte, und das obwohl er sich eigentlich sicher war, dass alles passte. Die Rüstungen saßen, die Reihen standen, dafür hatte er zumindest bei seinen Leuten gesorgt, und die Vestalin konnte kommen.

    Optio Valetudinarii


    Beide Male hob der Probatus die Hand. Schwerhörig war er also auch nicht.
    Der Optio gab dem jungen Mann die Tabula zurück, in deren Wachs inzwischen alles wichtige eingeritzt war. Dem Octavius fehlte es an nichts, wenn man mal von etwas mehr Gehorsam absah.
    "Gut, Octavius. Zurück mit dir ins Rekrutierungsbüro."



    Tauglichkeitsprüfung von Titus Octavius Frugi.


    Alter: 19


    Vorerkrankungen: keine nennenswerten


    Körperlicher Zustand: gut


    Gehör: gut


    Augen: gut


    Sonstiges:


    "Wir hatten keine Möglichkeit zu fragen …", antwortete Avianus und blickte leicht angesäuert zu dem festgenommenen Schläger hinüber, der ohne jegliches Wort zum Angriff übergegangen war. "… weder nach seiner Identität, noch nach der der beiden anderen. Die beiden waren wohl nur zwei Betrunkene." Ihrem Geruch nach zu urteilen. "Ich bezweifle, dass sie eine große Gefahr darstellen." Verglichen mit dem Mann, den sie nun mit sich herumschleiften jedenfalls. Zu diesem Entschluss kam der Iunier auch aufgrund Tatsache, dass der Schläger bei einem der Betrunkenen unnötigerweise noch einmal nachgetreten hatte.
    "Wir wissen nur, dass mit größter Wahrscheinlichkeit dieser Mann sie niedergeschlagen hat. Als einer von der Bewusstlosen wieder zu sich zu kommen schien, hat er nicht gezögert, ihm erneut ins Gesicht zu treten", fügte er also hinzu. Würden sie die beiden anderen ebenfalls verhaften wollen, würden sie außerdem tatsächlich einen Karren brauchen.
    "Normalerweise würde ich sie mitnehmen. Aber so wie die Situation jetzt aussieht, würde ich eher den, den wir bereits haben, in den Carcer schaffen. Für die anderen beiden müssten wir erst einen Karren organisieren."
    Die beiden zum Aufstehen zu bringen wäre schon ein Kunstwerk, der Gang zur Castra eine Unmöglichkeit. Und dabei hatte er jetzt schon ein ungutes Gefühl bei der wachsenden Zahl an Schaulustigen, die sich vor der Taberna versammelt hatte. Die wurde bestimmt nicht kleiner, würden sie nun auch noch auf einen Karren warten müssen. Außerdem hatte er keine Lust zu herumzustehen, bis ihr verrückter Riese wieder vollends zu sich kam.

    Optio Valetudinarii


    Zufrieden und leicht amüsiert beobachtete der Optio, wie seine Befehle durchgeführt wurden. Den jungen Männern, die sich bei ihm meldeten, die blöden Sprüche und Widerworte auszutreiben, war glücklicherweise nicht seine Aufgabe. Dafür würden schon noch andere sorgen, wenn die Tauglichkeitsprüfung erst einmal erfolgreich abgeschlossen war.
    Wieder kritzelte der Offizier ein paar Worte in die Tabula.
    "Du darfst wieder beide Beine benutzen, Junge", bemerkte der Optio nebenbei und sah daraufhin wieder auf. Damit waren sie ja fast schon fertig.
    "Dreh' dich um und heb kurz die Hand, wenn du was hörst." Sobald der Ocativius seine Anordnungen umgesetzt hätte, würde der Optio erst einmal schnippen, und zum Schluss einen hohen Pfiff durch die Zähne von sich geben.

    Optio Valetudinarii


    "Du wirst in deiner Dienstzeit noch einige Dinge erledigen müssen, deren Sinn du nicht begreifst, Octavius", brummte der Optio Valetudinarii, dessen Ohren definitiv gut genug waren, um das Gemurmel des Probatus zu verstehen. Der hielt sich wohl für ganz schlau. Und ganz so schwer war der Sinn nach Meinung des Optios auch nicht zu verstehen: Es ging schließlich nur ums Laufen, nicht darum einen bestimmten Ort zu erreichen. Lediglich die Ausdauer des Probatus wollte der Optio auf die Probe stellen.
    "Diese Krankheit, die du als Kind hattest, hatte aber keine weiteren Folgen?", hakte der Optio noch etwas weiter nach. Am Ende kippte der Junge noch blau angelaufen und unter Atemnot leidend auf dem Exerzierplatz um.
    "Du kannst aufhören", sagte der Optio außerdem ein wenig später, um mit der Untersuchung fortzufahren. Und weil der Probatus sinnlose Aufgaben ja so toll fand, dachte er sich für diesen als nächstes etwas ganz nettes aus.
    "Halte ein Auge zu, stell dich auf ein Bein und lies mir die erste Tafel vor. Dann dasselbe mit dem anderen Bein, dem anderen Auge und der zweiten Tafel."


    V XII II
    III VIII IX [SIZE=6]
    M VII I[/SIZE]


    XI IV VII
    II V XVII [SIZE=6]
    VI L X[/SIZE]

    Der bisher recht wortkarge alte Sack war mit einem Mal zum Angriff übergegangen, dass einem fast schon die Kinnlade hätte runterklappen können. Der Iunius hingegen nahm den Schwall an Androhungen des Priesters gefasst und brütete lediglich innerlich vor sich hin. Hier wollte er es sich nicht leisten, dem alten Priester im selben Ton eine Antwort an vor den Kopf zu werfen oder gar ausfallend zu werden, nur damit es am Ende wirklich einen Grund für eine Beschwerde gäbe.
    "Ach ja? Ich bin schon gespannt, was ihr euch an haltlosen Anschuldigungen einfallen lasst", kommentierte Avianus deshalb nur trocken. Es sah ja fast so aus, als wäre es nach der Meinung des Priesters ein Verbrechen, wenn jemand versuchte seine Arbeit zu machen. Und noch dazu glaubte er offenbar, dass ein Tempel die Priester immun gegen jegliche Gesetze machte und jene, deren Aufgabe es war, diese aufrecht zu erhalten. Wenn dem so wäre bräuchte sich jede Verbrecherorganisation lediglich irgendeinen Tempel aufzustellen. Wäre ja noch schöner. Dass die Priester etwas verbrochen hatten, daran glaubte Avianus definitiv nicht, lediglich dass die Priester verdammt dreist waren, ihm Vorschriften machen zu wollen und sich damit auch noch im Recht sahen. Dabei war er es doch, der ihnen bisher entgegengekommen war. Er hatte seine Leute die Waffen ablegen lassen, bisher davon abgesehen, seine Leute ausschwärmen zu lassen und alles, was ihm dafür geboten wurde, waren ein paar vage Hinweise, ein halber Name und jede Menge Vorwürfe, die zudem noch völlig an den Haaren herbei gezogen waren. Zu befürchten hatte er zwar nichts, ärgerlich war es dennoch.
    "Ich danke. Vale", bemerkte er zum Abschluss halbherzig, an Perspiciens gewandt. Zum alten Benivolus, der da vor sich hin zeterte, hatte er nichts mehr zu sagen.
    "Milites, Tirones, Abmarsch. Wir gehen."
    Blieb nur noch zu hoffen, dass der Germanicus, der ihn bis jetzt noch nie enttäuscht hatte, etwas Nützliches in Erfahrung gebracht hatte. Ansonsten wäre der ganze Ärger auch noch vollkommen umsonst gewesen. Außer Hörweite der Priester wandte er sich deshalb gleich an Antias.
    "Was hat dir dieser Musiker erzählt, Tiro?", fragte er geradeheraus.

    Sim-Off:

    Ich entschuldige mich erstmal dafür, dass das Ausspielen der Ermittlungen etwas länger gedauert hat. Wenn's kein Problem darstellt, fände ich es gut, wenn wir das Gespräch hier noch zu einem Ende bringen könnten.


    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    Der Iulier, dem es an dieser Stelle in der Tat nicht auffiel, sollte er gerade von seinem Optio bebettelt werden, hörte sich stattdessen schlicht und einfach an, was dieser Iunier zu sagen hatte. Die Spur, so stellte sich nun also heraus, war nicht mehr und nicht weniger als eine Tabula - ernüchternd in gewisser Weise.
    "Und gibt es Anhaltspunkt darüber, was in der Tabula geschrieben steht? Ist es ein privater oder geschäftlicher Brief oder eher eine dienstliche, geschäftliche Anweisung oder auch eine offene Rechnung, die ein Schuldner gestohlen hat, damit er seine Schulden verliert?", erkundigte sich Dives. Inwiefern der Diebstahl in einem solchen Fall mit dem Mord und Selbstmord zu tun hätte, stünde dann natürlich auf einem anderen Papyrus. "Seht, selbstredend sollt ihr weiter ermitteln, solange sich entsprechende Spuren hierzu finden lassen." Das war wohl schlicht die richtigere Entscheidung in diesem Dilemma und hatte mit den Praetorianern und/oder anderen Urbaner-Tribuni nicht viel zu tun. Welcher für die Sicherheit des Augustus verantwortliche Praetorianer interessierte sich schon für einen solchen in dieser Hinsicht doch wohl eher unbedeutenden Mordfall? Und welcher Urbaner-Tribun mischte sich schon in die Entscheidungen eines seiner Kollegen ein? "Doch möchte ich selbstverständlich auch, dass Ermittlungen in meiner Dienstzeit als Tribunus dann auch uneingeschränkt und offen in alle Richtungen laufen. Dahingehend will ich mir später nämlich nichts nachsagen lassen.", erklärte er ernst und bezog sich damit natürlich sowohl auf die Wachstafel und ihre möglichen Inhalte als auch die Graffitis und ihre Darstellung der Dinge.
    "Und du hast den Dieb also ausfindig gemacht, Tiro Germanicus?", hakte der Iulier abschließend nach und hoffte nun wohl darauf, diesbezüglich noch um die eine oder andere Information reicher zu werden. Wer war dieser Täter?


    "Nein", gab Avianus kurzerhand knapp zu. Es handelte sich um eine Tabula. Mehr wussten sie tatsächlich nicht. Er konnte seinen Tribunus schlecht anlügen. Es war bisher lediglich sein Bauchgefühl, das ihn weiter nachforschen lassen wollte, was Torquata mit der ganzen Sache zu tun hatte, und natürlich die Tatsache, dass er ein persönliches Interesse daran hatte, nachzuforschen, was hinter den Gerüchten steckte. Und da war die Tabula der einzige Anhaltspunkt, der sich ihm zur Zeit noch bot.
    "Wir wissen lediglich, dass dieser Dieb mit der Tabula zu einem gewissen Serapio geflohen ist, in den alten Serapistempel in Trans Tiberim. Aber ich bin mir sicher, wir können diesen Serapio finden, und mit ihm den Dieb." Sicher war vielleicht auch übertrieben. Nur ließ sich von vielleicht, möglicherweise und mit etwas Glück kein Mensch überzeugen, zumal sein Tribunus offensichtlich keiner von der Sorte war, die sich einfach mal so von irgendetwas überzeugen ließ, sondern sich lieber selbst ein Bild von der Situation machte und sich eine eigene Meinung dazu bildete. Eigentlich eine gute Eigenschaft.
    "Ich verstehe deine Bedenken, Tribunus. Selbstverständlich können wir auch diesen Graffitis nachgehen." Ein kurzer Blick ging noch zum Tiro hinüber, der vielleicht auch noch etwas zu sagen hatte, denn der Tribunus hatte ihn zuvor schließlich direkt zu den Ermittlungen angesprochen.

    Avianus warf erst einen skeptischen Blick zu Sulca und dann selbst einen weiteren flüchtigen auf die Liste. Vermutlich hatte der Miles nur nicht richtig auf die Liste gesehen... oder sich einfach verlesen. Gelegentliche Faulheit war mit Sicherheit nicht die einzige Schwäche des Cluviers.
    Parentalia … na sowas. Das beste an der Sache war natürlich, dass er als einer der Männer, die dafür zuständig waren, dass hier alles reibungslos ablief, keinen blassen Schimmer hatte, weshalb da auf der Liste die Parentalia eingetragen waren. Vermutlich war einer von Sulcas Sorte - oder eher noch schlimmer - dafür zuständig gewesen. Dann würde es ihn nicht mal wundern, wenn er beim nächsten Gefangenen die Saturnalien als Hinrichtungszeitpunkt las. Hin und wieder konnten die Cohortes schon ein Saftladen sein. Wahrscheinlich hatte sich ein kleiner Miles oder ein Scriba Arbeit sparen wollen, und nach eigenem Gutdünken einfach irgendwas eingetragen. Besonders schlau hatte sich derjenige dabei anscheinend nicht angestellt.
    "Natürlich, Magistrat", stimmte er gezwungenermaßen zu, "Wir werden die Liste noch einmal nachprüfen und den Verantwortlichen für diese Fehler finden."

    Durus hatte sich erstaunlich schnell entschieden, dafür dass es um seine Zukunft ging und um eine der vermutlich wichtigsten Entscheidungen seines Lebens. Wer sich einmal beim Militär meldete, kam dort so schnell für gewöhnlich nicht mehr raus. Es sei denn man war die Art Pechvogel, die sich gleich zu Beginn von irgendeinem Kleinkriminellen abstechen ließ. 16 Jahre verlangten die Cohortes Urbanae... zwar besser als die 20 der Legionen, und dennoch, an dem Tag, an dem er wieder aus der Castra raus kam, würde er selbst vermutlich schon einiges an grauen Haaren haben - wenn er denn wieder rauskam, oder er es dann überhaupt noch wollte.
    Avianus kam also nicht umhin, innerlich ein wenig überrascht zu sein, und hoffte für seinen Verwandten, dass der Grund für Durus' raschen Entschluss weniger Unüberlegtheit als viel mehr pure Entschlossenheit war.
    "Ja ... weiterhin ...", wiederholte er schließlich mit einem leichten Stirnrunzeln, bevor sein Verwandter den Raum verließ. Wobei Durus Wunsch gar nicht mal so fehl am Platz war, wenn er genauer darüber nachdachte. Die letzten Wochen hatte er erstaunlich komplikationsfrei und verhältnismäßig angenehm hinter sich gebracht. "Auch dir, Durus."

    Optio Valetudinarii


    Natürlich hatte er richtig gelegen. Wer tagtäglich mit den Jungspunden zu tun hatte, die bei den Cohortes Urbanae ständig daherkamen, konnte einen solchen irgendwann schon in einer Meile Entfernung riechen. Der Optio nahm die Tabula entgegen und warf einen kurzen Blick darauf.
    "Soso... Octavius Frugi", murmelte er während er schonmal das Alter des Probatus eintrug. "Auf der Stelle laufen, bis ich halt sage, und wenn du noch die Puste dafür hast, kannst du mir solange erzählen, ob du oder jemand in deiner Familie schon einmal eine schwere Krankheit hatte, oder bei dir irgendwelche alten Verletzungen vorliegen."

    "Keines …?", fragte Avianus leicht irritiert und verfiel in peinliches Schweigen.
    Geschenk? Was für ein Geschenk?, hätte er fast gefragt. Natürlich war er für ein Geschenk hier. Aber hatte er ein Geschenk erwähnt? Vor allem war doch die Tabula das Geschenk. Und noch dazu das Beste, das ihm je hätte einfallen können, so glaubte er. Oder war die Tabula nicht genug? Sehr wohl brachte ihn Pinas Frage ins Grübeln, ob mit einer Tabula und dem Einlösen des damit zusammenhängenden Versprechens, welches er ihr vor Ewigkeiten gegeben hatte, dem Ausdruck seiner Gefühle Sibel gegenüber Genüge getan war. Wobei Sibel inzwischen ohnehin wissen müsste, dass er sich für sie ein metaphorisches Bein ausreißen würde.
    Und selbst wenn er sich dazu entscheiden sollte, dass noch etwas fehlte, stellte sich noch immer die Frage: Was?

    Optio Valetudinarii


    "Salve", grüßte der Optio Valetudinarii den nicht besonders redseligen Neuankömmling flüchtig, der soeben ins Lazarett getreten war.
    "Zur Untersuchung der Tauglichkeit?", mutmaßte er mit kurzem Blick auf den jungen Mann und streckte fordernd die Hand aus. "Deine Tabula? Und am besten nennst du mir auch gleich deine Eltern und wie alt du bist."

    Er war fast schon soweit gewesen, seine Worte zu bereuen und abzuziehen, als sich bei der Wirtin plötzlich eine Veränderung abzeichnete. Zum ersten Mal während ihres Gespräches glaubte er bei ihr den Hauch von einem Willen zur Kooperation zu sehen. Er hatte voll ins Schwarze getroffen. Nein, er brauchte gar nichts zu bereuen, wenn sie ihm nur endlich sagte, was er wissen wollte. Mirjam hatte ihre derzeitige Situation doch zum größten Teil selbst zu verantworten, wenn sie auch Sibel dafür die Schuld zu geben schien, und gleichzeitig hatte der Iunier das Gefühl, dass die Wirtin auch gegen ihn nicht unerheblichen Groll hegte. Dass ihr Unglück vielleicht damit zusammenhing, dass sie mehr Christianer um sich hatte, als er je auf einem Haufen gesehen hatte, und diese Sekte bei ihr wohl seit jeher ein und ausging und es noch immer tat, darauf schien sie nicht zu kommen. Oder dass man mit bestimmten Leuten besser zusammenarbeitete – wie etwa mit den Cohortes Urbanae. Erstaunlich. Mutter und Tochter hatten offenbar ähnliche Fehler gemacht. Der Apfel fiel wohl tatsächlich nicht weit vom Stamm.
    Die Frau brauchte ihm nicht leid zu tun, sagte er sich selbst, da konnte sie noch so vor sich hin jammern.
    "Natürlich könnte ich. Wenn du mir etwas Brauchbares über diese Christianer zu erzählen hast", antwortete Avianus ernst. Er machte wieder ein paar Schritte zurück zum Tisch, stützte sich mit den Händen darauf ab und musterte sie eindringlich. "Letzte Chance, Mirjam... sag' mir endlich was du weißt. Alles."

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    Decimus Patrobius Proximus


    "Da hast du richtig gehört", kommentierte der Optio leicht amüsiert. Der Junge würde sich wohl noch an den Umgangston in der Castra gewöhnen müssen, denn selbst wenn ihn nicht jeder anbrüllte, ins Ohr flüstern würden ihm hier genauso die wenigsten, erst reicht nicht der Ausbilder. "Als erstes werden wir aber sehen müssen, ob du überhaupt zu was taugst. Titus Octavius Frugi also..."
    Er trug den Namen des jungen Mannes in die Tabula ein, die er diesem im Anschluss reichte.
    "Melde dich damit im Valetudinarium und komm im Anschluss wieder her", erklärte er abschließend.


    Tauglichkeitsprüfung von Titus Octavius Frugi.



    Alter:


    Vorerkrankungen:


    Körperlicher Zustand:


    Gehör:


    Augen:


    Sonstiges: