Beiträge von Cnaeus Decimus Casca

    Aufgrund einer traurigen familiären Angelegenheit kann ich im Laufe der nächsten Woche nicht für meine Anwesenheit garantieren. Werde mich bemühen, dass Wichtigste hier zu schreiben... nur eben alles ohne feste Garantie.

    Ich fand es auch sehr beeindruckend, was ich sah. Jeden Tag auf‘s Neue, doch nun war ich besonders stolz, meinem großen Bruder meine Wirkungsstätte zu zeigen. Noch immer war ich grinsend auf dem Weg an den anderen Menschen vorbei und staunte über Massas Worte, während ich dem Kalb noch einem Blick entgegen warf. Neunzig Seserzen waren nicht wenig, wie ich fand und doch war es wunderschön anzusehen, sodass ich es eigentlich noch ein wenig teurer eingeschätzt hätte. “Du hast gut mit dem Verkäufer gehandelt,“ sagte ich dann. “Es gefällt Minerva schon jetzt!“ Ich deutete auf den Tempel, der durch die Sonnenstrahlen in ein wunderbares Licht getaucht wurde. Irgendwie wirkte es golden und überaus freundlich. So als würde die gesamte Tempelanlage uns nun begrüßen. Natürlich ging ich vor und hielt auf den Eingang des Tempels zu, wobei ich bemerkte, dass bereits einige Gehilfen auf dem Weg zu uns waren. Muckel drückte dem leicht untersetzten Victimarius den Strick des Kälbchens in die Hand, damit er es hinreichend auf seine Eignung untersuchen konnte. Doch was sollte bei einem derartig bildschönen Tier schon schief gehen? Zwei Ministri waren ebenfalls anwesend. Sie waren noch sehr jung, wenn auch hoch gewachsen. Aus einer Tasche, welche mein Sklave mitführte, übergab er ihnen ein wenig Weihrauch, duftendes Gebäck und ein ganzes Bündel Weintrauben, mit welchen ich die Göttin noch über das Tieropfer hinaus beeindrucken wollte. Dann entschlüfte ich meinen Schuhen, um mich an der Wasserstelle vor dem Tempel ausgiebig zu waschen. “Du wirst sehen, das wird ein wunderbares Opfer,“ sprach ich zu Massa und lächelte über das ganze Gesicht.“[/color] Dann schloss ich meine Waschung ab und ging voran in den Tempel. Auch von innen wirkte er an diesem Tag einladens, auch wenn uns auch schon eine leicht weihrauchgeschwängerte Luft entgegen schlug. Uns gegenüber konnten wir sie auch schon sehen, die Göttin Minerva, wie sie da stand und uns schon steingesichtig entgegen blickte. “Manchmal bilde ich mir ein, dass sie blinzelt,“ flüsterte ich meinem Bruder entgegen, doch hielt nicht an. Vor dem kleinen Altar, neben dem zwei Feuerschalen ein warmes Licht verströmten, hielt ich an. “Willst du, oder soll ich?“, fragte ich verhalten und gerade so laut, dass Massa meine Worte erreichten. Ich wollte nicht, dass Minerva eventuelle Unsicherheiten mitbekam.

    Es tat gut zu wissen, dass das Opfer nun angenommen war und ich verfolgte gebannt, die Vorgänge während der Opferzeremonie. Die Tiere hatten sich überraschend ruhig verhalten. Das hatte man auch schon anders gesehen, doch offenbar waren sie sich in diesem Falle der Schwere ihrer Pflicht bewusst. Bald darauf störmte auch schon das Aroma von Gebratenem durch die Luft, doch ich wollte mich nicht vordrängen oder gar ein Stüc gekochtes Fleisch für mich erobern. Langsam drehte ich mich herum und mühte mich, mich durch die Umstehenden hindurch zu navigieren. Ich wollte meine Schritte nun gen Minverva-Tempel richten, in welchem ich noch einiges zu tun hatte. Allerdings kam ich nur langsam voran.

    Das schöne Kind wirkte vollkommen starr, wie es so auf dem Hocker saß und irgendwie konnte ich es auch verstehen. Immerhin hatte sie Angst vor ihrer Domina, welche wohl ein arges Weib sein musste. Quix war schon los gelaufen, um einen Becher Wein zu holen, doch ich schaute ihm nicht hinterher. Meine Aufmerksamkeit lag ganz und gar bei der hübschen Sklaven vor mir. Dass mir die fremde Dame zuhören würde, dessen war ich mir beinahe sicher und bestimmt wäre es unter diesen Umständen gut, wenn ich selbst eingreifen würde. Schließlich war ich ja nicht ganz unschuldig an der Sitaution und ich verfügte über ein recht sensibles Gerechtigkeitsempfinden, selbst wenn mein Gegenüber nur eine Sklavin war. Zu so einem bezaubernden Wesen konnte ich einfach nicht hart sein und sie dem Unbill des Schicksals überlassen. “Mit Herren wie mir?“, echote ich dann aber doch erstaunt. Aber ich nahm es mal einfach so hin, wie es gesprochen war. “Sorg dich nicht!“, versuchte ich die Sklavin noch einmal aufzumuntern. “Ich werde das Ganze in Angriff nehmen...“ Nur wie? Sollte ich nun sogleich aufbrechen? Quix kam zurück mit dem Weinbecher, den er Lavinia überreichte. “Ich werde mich gleich auf den Weg machen,“ erklärte ich dann und wappnete mich bereits innerlich. “Ich muss eh noch in den Tempel…. Am besten wäre es, wenn du mich begleitest.“

    Natürlich musste Pina den Drang verspüren nach Hause zu eilen. Das konnte ich sehr gut verstehen, doch sie noch einmal in die Wirren hinaus schicken und das nur mit den Sklaven, die ich entbehren konnte? Ich war mir nicht sicher. “Ich weiß nicht, Pina, vielleicht wäre es doch besser du bleibst hier.“ Andererseits hatte ich ja auch schon ins Auge gefasst, Valentina in die Casa Decima holen zu lassen, doch dann wäre es wieder eine Frau, die durch die Straßen eilen musste. Ich seufzte leise vor mich hin und griff nach der Tabula und dem Stylus, den mir Muckel nun reichte. “Aber wenn du unbedingt möchtest, dann kann ich dich selbstverständlich nich aufhalten.“ Dann schaute ich zu meinem Bruder, welcher sich ebenfalls auf einer Kline niedergelassen hatte. “Ich werde sogleich ein Schreiben aufsetzen. Vielleicht sollte ich auch Ulcus aus der Tonstrina holen lassen...“ Meine Tonstrina! An die hatte ich ja noch gar nicht gedacht. Was, wenn man sie niedergebrannt hätte? Mein Blut geriet nun einmal mehr in Wallung, doch das war wohl eine Unsicherheit, welche ich zu dieser Stunde wohl einfach ertragen musste. Oder besser gesagt zwei Tage, wenn ich Massa glauben konnte. “Zwei Tage!“, wiederholte ich dann und trug dabei einen erstaunten Gesichtsausdruck zur Schau. “Ich hätte niemals gedacht, dass eine Bande von Sklaven es schaffen würde, die Stadt derartig in Aufruhr zu versetzen.“ Doch es war nun einmal geschehen. Schnell schrieb ich einige Zeilen auf die Tabula, um sie dann Pina zu überreichen. “Ich werde dir auf jeden Fall Sidonius und Argus mitschicken. Das sind sehr fähige Custodes,“ sagte ich schnell. “Und sie sollen sich die Männer aussuchen, die noch gebrauchen können.“ Zum Glück war auch schon Silas mit ein wenig Wein herbei geeilt. “Silas, ruf Argus und Sidonius her!“, forderte ich, während der Junge mir, meinem Bruder und Pina etwas Wein einschenkte. Der junge Sklave nickte und machte sich danach auch schon auf den Weg. “Ich bin ganz außer mir!“ erklärte ich dann und fasste mir auf die Brust.

    Die Fachbegriffe fielen und ich gab mir die größte Mühe, sie alle nachzuvollziehen. Bestimmt würde ich mich später hinsetzen und sie aus den Notizen noch einmal repetieren müssen. Einige der Begriffe hatte ich noch nie gehört und somit wurde es für mich ein wenig schwer zu folgen, doch ich gab mir die größte Mühe. Immer wieder waren meine Blicke über das Äußere des Tempels geglitten und ich musste gestehen, dass ich mich noch niemals so lange und in verstehender Absicht vor einem Bauwerk aufgehalten hatte. Die Steinfiguren, die der Meister als Akroter bezeichnete, hatten es mir irgendwie angetan. Vielleicht ließe sich mit sowas auch im Hause Decima etwas machen. Doch im Moment hatte ich keine Fragen mehr, denn ich war noch am Verarbeiten des Gehörten. Also folgte ich nun unserer kleinen Truppe hin zum nächsten Tempel. Es ging so schnell, dass ich kaum hinterher kam mit meinem Knie und schnell geriet ich auch ins Schnaufen, doch ich hielt durch. Für Wissen galt es immerhin Opfer zu bringen.
    Vor dem Tempel des Apollo Alexikakos angekommen, hätte ich mich am liebsten irgendwo hingesetzt, doch das war nur schwer möglich. Für den Moment des Schweigens unseres Lehrers war ich sehr dankbar, wie ich zugeben musste, doch dann konnte es auch schon weitergehen. Dies war also ein Tempel der kointhischen Bauordnung. Prüfend ließ ich meine Blicke schweifen und nickte anerkennend. Natürlich erkannte ich die Arkanthusblätter und auch die Lorberbüschel. Alles in allem war dieser Tempel anders als der vorherige. Er war dem Auge gefälliger. Schließlich schaute ich unter den Erklärungen dem Sockelbau entgegen und stellte mir die Frage, wie man denn einen solchen Bau versetzen konnte. “Wie ist das möglich?“, fragte ich deshalb erstaunt. “Also, wie versetzt man denn einen solchen Bau?“

    [...] ein wenig langsam war ich schon unterwegs gewesen, doch als Ausgleich hatte ich frühlich plappernd meinem Bruder den neuesten Trasch der Stadt zum Besten gegeben. Diese kannte ich von meinem Sklaven Quix, welcher in der Tonstrina stets die Ohren spitze. Dann waren wir auch schon beim Tempel angekommen und ich blieb einen Moment ehrfürchtig auf dem Vorplatz stehen. Bisher hatte ich Minerva noch nicht ein derartiges Opfer dargebracht, weshalb ich der Meinung war, dass sie sich nun umso mehr freuen würde. Muckel war einige Schritte hinter uns, denn das Kalb war es nicht gewohnt, an einem Strick zu folgen und hatte sich dann und wann recht bockig angestellt. Stolz schwenkte ich nun meinen Blick zu meienm Bruder. “Was sagst du?“, wollte ich wissen. “Hier ist meine Wirkungsstätte!“ Präsentierend breitete ich die Arme aus und genoss noch einen Augenblick den Moment. Dann setzte ich mich wieder in Bewegung, um an anderen Opferwilligen vorbei zu drängen.

    “Wirklich? Wie viel hast du für das Kalb bezahlt?“, wollte ich wissen. Es hatte wirklich nicht billig ausgesehen und die Preise lagen zum Teil in schwindelerregenden Höhen. Doch für Minerva sollte eigentlich nichts teuer genug sein, wenn man es aus dem idealistischen Blickwinkel betrachtete. Aus dem realistischen Blickfeld allerdings sah die Sache ganz anders aus. “Ja, gehen wir zum Minvervatempel. Dort kann ich dir gleich meine neue Wirkungsstätte zeigen. Es gibt dort noch sehr viel zu tun, weißt du. Aber mit ein wenig Tatendrang und Energie ist alles zu schaffen!“ Meine Stimme klang sehr zuversichtlich und das zu recht, wie ich meinte. Ich setzte mich nun in Bewegung und lenkte meine Schritte gen Tempel, auch wenn ob meines Beines nicht ganz so schnell konnte wie mein Bruder.

    Ich sah sofort, dass mein Bruder das hübsche Kälbchen am Strick hielt und mein Lächeln wurde noch strahlender. Hatte er es also geschafft. Ich versuchte mich daran, noch einen Schritt schneller zu gehen. Ich hörte auch sogleich seine Frage und hielt den Käfig freudig in die Höhe. Die Tauben gurrten erschrocken und flatterten umher, denn immerhin hatte ich sie mit einem recht heftigen Ruck nach oben gerissen. “Ich kehre drei Wochen lang den Hof, wenn Venus nicht über sie verzückt wäre,“ lachte ich, als ich direkt vor Massa stand. Dann fielen meine Blicke auf das hübsche Kalb, welches mir aus großen Augen entgegen starrte. “Ich hoffe, deine Verhandlungen waren nicht zu hart,“ sagte ich dann, während ich hoffte, dass dieses Opfer nicht allzu sehr in Geld gehen würde. Andererseits war es jedes Geld wert, denn schließlich sollte mein Bruder gut nach Germanien gelangen, ohne von Wegelagerern oder anderem Gesindel aufgehalten zu werden. Vorsichtig tätschelte ich den Kopf des Kalbes und winkte dann Muckel herbei, damit er es führen konnte auf unserem Weg. “In welchen Tempel wollen wir zuerst?“, wollte ich wissen. Vielleicht wäre es besser, zuerst der Minerva zu opfern, denn es wäre ein seltsames Bild am Tempel der Venus anzukommen, mit einem stattlichen Opfertier, welches man aber einer anderen Gottheit übergeben wollte. Ich sah Massa fragend an, während ich mich schon in Bewegung setzte.

    [...] Kaum an der Casa angekommen, trat ich ins Triclimium ein und steuerte auf eine der bequemen Liegen zu und ließ mich darauf nieder sinken. Ephialtes hatte uns erstaunlich schnell die Tür geöffnet, wohl weil er gehört hatte, dass es in der Stadt Unruhen gab. Nun saß ich hier und schaute zwischen Pina und Massa hin und her. “Wir müssen Valentina eine Nachricht zukommen lassen, dass du hier bist, Pina!“, erklärte ich. “Und wir sollten ihr einige Männer schicken, die ihre Casa bewachen.“ Nicht auszudenken, wenn diese ehrlose Horde von barbarischen Assassinen auch noch über der Reich der Quintilia herein brachen. “Muckel! Bring mir einen Tabula und einen Stylus,“ forderte ich und mein Sklave setzte sich auch schon in Bewegung. Wäre Nepomuk nicht von Natur aus mit einem dunklen Teint gesegnet, so hätte ich nun gesagt, dass auch er recht blass um die Nase war. “Hoffentlich fassen sie die Aufrührer!“ seufzte ich hervor. Am liebsten hätte ich mich nun hingelegt. Diese ganze Aufregung war nicht gut für mich und doch wollte ich keineswegs schwach wirken. Ich wendete mich also an meinen Bruder: “Was meinst du, wie lange werden sie brauchen, um Rom wieder zu einem friedlichen Ort zu machen?“

    Es ging alles in allem schnell voran und ich hatte es auch zugegebenermaßen eilig, denn ich wollte gernde die sicheren Mauern der Casca Decima um mich haben. Ich hinkte so schnell ich konnte und mein Stock war mir eine große Hilfe. Nur gut, dass Pina keinen allzu großen Schrecken davon getragen hatte. Immer wieder schenkte ich ihr einen Seitenblick, ob dem wirklich so war. Irgendwie wirkte sie ein wenig stolz auf mich und das ganzen Weg, bis wir die Casa endlich erreichten.

    Als ein Pfeil die Luft zerschnitt und Pina am Arm streifte, ergoss sich einen Moment die schiere Panik über mich. Wagten es diese Verbrecher wirklich auf Prätorianer zu schießen? Und auf uns? Hastig zuckte mein Blick zu Pina, doch sie schien nicht verletzt zu sein. Automatisch hatte ich mich geduckt, in der Hoffnung einem weiteren Beschuss zu entgehen, doch es folgte keiner mehr. Eilig kam ich der Aufforderung meines Bruder nach und stellte mich hinter ihn, wobei ich heldenmutig Pina mit mir zog. Eines war klar: Ich wollte nur noch hier weg, zumal nun ein Mann aufgetaucht war, der geschrieen hatte, dass die Villa Tiberia brennt. Was war mit der Casa Decima? Welches Scheusal trieb die Aufständischen nur dazu Rom auf eine derartige Weise anzugreifen? Und warum hielten die Prätorianer uns auf, während die Rädelsführer noch frei herum liefen und ihre Handlanger auf Dächern positionierten? Meine Gedanken stürzten ineinander. Muckel war dcht neben mir und auch er machte ein verschrecktes Gesicht. Wer konnte es ihm verdenken? Während nun seitens des Prätorianertribuns weitere Befehle gebrüllt wurden, versuchte ich mich zu sammeln. Offenbar waren wir dem Tribunus nun über und durften gehen. Das wollte ich mir nicht zweimal sagen lassen. “Geht es dir gut?“, wollte ich von Pina wissen. Götter, ich war ganz durcheinander und war heilfroh, als Massa uns nun in Hauswandnähe befehligte. Das wollte ich mir nicht zweimal sagen lassen. Ich hakte Pina unter und versuchte sie mit mir von dannen zu ziehen, während ich an meinem Stock vor mich hin stakte. Alles in dem Bewusstsein, dass eine ganze Kohorte uns folgen würde, was nun doch ein ganzes Maß an Sicherheit versprach.

    Hatte ich wirklich an Valentina gedacht? Etwas peinlich berührt stand ich da und blickte meinem Bruder entgegen. Eigentlich dachte ich wirklich immer an sie und gab mich meinen Illusionen hin. In diesen lebte es sich bisweilen tatsächlich besser als im wirklichen Leben, doch Massa hatte natürlich auch recht. Man konnte nicht imemr nur den Kopf in die Wolken hängen, besonders dann nicht, wenn es um wichtige Dinge ging. Ich zog meinen noch ausgestrckten Finger zurück und kratzte mich am Kopf. Ein Schaf würde wirklich nicht gehen und ich folgte meinem Bruder dann zu den Kälbern und ließ meine Blicke über sie schweifen. Tatsächlich war auch ein weißes dabei. Mein zweiter Blick fiel auf das Schild mit dem Preis und ich musste schlucken. Nun war ich schon eine Weile Aedituus und hätte an die Preise gewöhnt sein müssen, doch was Pullo hier betrieb war reiner Wucher. Da konnten auch ein nachtschwarzes Näschen und feuchte, große Kulleraugen, mit denen uns das Kalb entgegen blickte nicht helfen. “Es wird Minerva bestimmt gefallen,“ sagte ich dennoch. Wer hätte nicht gerne so ein prachtvolles Tier? Dann allerdings war ich erleichtert, als Massa meinte, wir könnten es uns teilen. “Das können wir gern tun,“ erklärte ich schnell und mein Blick schweifte schon hinüber zu den Käfigen mit den gurrenden Tauben, die in einiger Entfernung standen. “Ich werde mal hinüber gehen und mir Tauben aussuchen… du kannst ja schon mal wegen dem Kalb verhandeln,“ schlug ich vor und war ganz zufrieden mit diesem Vorschlag.


    Noch ehe mein Bruder hätte antowrten können, setzte ich mich in Bewegung, wobei Muckel mir folgte. Vor einem der Käfige angekommen, spähte ich hinein und entdeckte auch gleich zwei Exemplare, die mir gefielen. Sie waren zwar nicht weiß, sondern aschgrau, doch die hatten schöne helle Köpfe. Ich winkte den Verkäufer herbei und deutete auf die Tiere. Mit fester Stimme erklärte ich: “Diese beiden möchte ich haben!“ Um weiteren Verhandlungen vorzubeugen bedeutete ich meinem Sklaven mit einer Handgeste mir das Geld zu überreichen, welches auf einem der Schilder ausgewiesen war. Dieses drückte ich dem Händler sogleich in die Hand. Er war zwar etwas überrascht, doch er machte sich daran, die beiden Vögel aus dem Käfig zu holen und gemeinsam in eine vergitterte, keine Box zu sperren. Dieser Vorgang sorgte bei den Tauben ein wenig für Aufruhr, doch schnell war es geschafft. Hoffentlich würde Venus dieses Opfer annehmen. Wieder waren meine Gedanken flüchtig bei Valentina, doch ich verdrängte sie schnell. Immerhin galt es noch ein Kalb zu kaufen. Ich nickte dem Händler dankend zu und machte mich wieder hinkend auf den Weg zu Massa.

    “Zwanzig Sesterzen?“, wiederholte ich die Worte der schönen Sklavin und kratzte mich am Kopf. Gut, die Summe war es bestimmt wert, dass sie sich darüber aufregte, doch mehr noch schien es ihre Angst vor ihrer Domina zu sein, die sie nun zur Verzweiflung trieb. Ich blickte Muckel entgegen. Ihm hätte ich wahrscheinlich auch den Kopf abgerissen, wenn er einen ganzen Korb mit bereits gekauften Gütern und einen Geldbetrag auf dem Markt hätte stehen lassen. Lavinia schien nunmehr panisch zu werden, doch was sollte ich nur tun, um sie wieder zu beruhigen? “Ja, ja, ich werde es ihr erklären!“, gelobte ich ihr ruhig, trat einen Schritt auf sie zu und fasste sie bei den Oberarmen, um diese ein wenig zu drücken. “Wenn du mir sagst, wo ich sie finden kann, dann werde ich Muckel schicken und dann… werden wir das … werde ich das alles regeln.“ Diese Domina musste also irgendwie her oder wir zu ihr. Zur Not würde ich Lavinia Muckel mitschicken und… nein… ich würde höchstpersönlich mitgehen und dann… ja dann… Ich lächelte ein wenig über meine eigene Misere hinweg. “Nun setz dich doch erstmal. Wir besprechen das in Ruhe und vielleicht mit ein wenig…. Quix? Haben wir Wein da?“ Ich dirigierte Lavinia zu einem Hocker, um sie auf diesem zu platzieren. “Magst du ein wenig Wein?“, wollte ich wissen. Bei mir half dieses Elixier immer Wunder, doch bei einer Sklavin?

    Andächtig lauschte ich der Rede, die Claudiua Menecrates führte und konnte dem allen nur zustimmen. Der Aufstand steckte auch noch in meinen Knochen und Rom hatte allen grund dankbar zu sein, auch wenn manche Zungen behaupteten, dass ein kleines Heer von Sklaven gegen die Soldaten Roms sowieso keine Chance gehabt hätten. Einige zweifelten sogar an dem Verstand der Aufständischen, doch im Nachhinein waren Worte immer leicht gesprochen. Es hatte viele Opfer gegeben. Für meinen Geschmack zu viele. Ihnen sollte gedacht werden und auch für sie – so hoffte ich – sollte dieses Opfer gelten. Auf dem Platz kehrte das Schweigen ein, als das Favete linguis ertönte und ich ließ mich ein wenig mit Wasser besprengen, während ich hoffte, dass das Opfer auch wirklich angenommen wurde. Ganz in mich gekehrt stand ich da und versuchte in Zwiesprache mit dem Gott zu versinken, was mir allerdings nicht so wirklich gelingen wollte. Warum dem so war, konnte ich selbst nicht sagen. Anstatt es weiter zu versuchen, beschaute ich mir die Menschenmenge und versuchte bekannte Gesichter auszumachen, was sich allerdings als schwierig gestaltete. Schließlich aber entdeckte ich Senator Purgitius Macer, bei welchem ich die Ehre hatte ihn bei bei Trainingsrennen kennen zu lernen. Zu dieser Zeit war Scipio noch am Leben gewesen. Schnell verdrängte ich diesen Gedanken, denn noch immer machte mich dieser ein wenig mürbe. Ich seufzte leise und betrachtete aufmerksam das weitere Geschehen.

    [...] Obwohl es noch recht früh am Tag war, war schon einiges los auf den Märkten. Offenbar wollte man alles beisammen haben, ehe die Mittagshitze zuschlug. Unter dieser begann es auch auf dem Viehmarkt besonders unangenehm zu riechen, doch das würde ich heute wohl nicht mehr erleben. So schnell es eben humpelnd ging schritt ich auf den Marktstand zu, dem ich meine Ziege Beate verdankte. “Dort drüben gibt es die guten Opfertiere,“, erklärte ich meinem Bruder und deutete auf Pullos Gehege. “Lämmer, Böcke, sogar Tauben hat er. Ziegen, Schafe, Rinder, alles was das Herz begehrt!“ Meine Stimme klang ein wenig schwärmerisch. “Noch nie hat ein Gott eines meiner Opfer zurück gewiesen, seit ich bei ihm kaufe. Er weiß wirklich, was er macht!“ Das hatte natürlich auch seinen Preis, doch das sollte es mir wert sein. Ich erreichte das Gatter und schaute auf die Schafe, die sich blökend selbst im Weg standen. Schnell machte ich auch eines mit Hörnern aus. Es schien blütenweiß zu sein und hatte einen munteren Blick. Ich zeigte darauf. “Was hälst du von dem?“, fragte ich Massa und dann fiel mir etwas ein. “Weißt du was, ich kaufe es für dich! Als Geschenk, damit deine Reise gut verläuft und du eines Tages wieder heil nach Rom zurück kehrst.“ Zu mir und seiner Familie. Ich mochte gar nicht daran denken, dass es bald wieder abreisen würde und ich dann wieder beinahe ganz allein in der Villa hauste. Doch ich war ein erwachsener Mann und würde das wohl überstehen müssen. Ja, ich war gereift, dessen war ich gewiss.

    Kurz hing ich mit den Gedanken noch bei der Schönwetter-Variante des Ausflug mit Valentina. Ja, das würde ihr sicher gefallen. Zumindest hofft ich das. Gleich am Nachmittag würde ich ihr eine Nachricht zukommen lassen, bei der ich natürlich nicht zu dick auftragen durfte. Und bei schlechtem Wetter würde ich einfach mit ihr in der Dianalaube im Garten picknicken. Einen Moment lang schwelgte ich noch in diesem Gedanken, ehe mir einfiel, dass Massa ja wartete. Ich räusperte mich und nickte ihm zu. “Ja, dann lass uns aufbrechen und keine Zeit mehr verlieren.“ Ich schritt auf die Türe zu, bis mir einfiel, dass ich ja Muckel rufen wollte. “MUUUCKEEEEL!“ krakehlte ich durch die Gänge, dann lief mir Pontia über den Weg, offenbar erschrocken über mein lautes Organ. “Pontia. Sag Muckel Bescheid, dass er sich bereit macht. Mein Bruder und ich wollen zum Markt, ein Opfertier kaufen. Er soll ausreichen Geld mitnehmen und sich gleich im Atrium einfinden.“ Ich schritt voran und strahlte meinem Bruder entgegen. “Das wird ein wunderbares Opfer, du wirst sehen!“ Im Atrium warteten wir noch schnell auf meinen Sklaven und dann konnte es auch schon auf den Markt gehen.

    Ich kaute noch einmal kräftig und schluckte dann den Schinken hinunter. Das sollte für das erste reichen. Zwar musste ich mir leider eingestehen, eine kleine Vorliebe für das Essen entwickelt zu haben – selbst in den frühen Morgenstunden – doch war dies eine Angewohnheit, die ich besser schnell wieder los wurde. Also ließ ich vom Essen ab. “Naja… wir können da ruhig ein goldenes Band nehmen,“ sagte ich lapidar. “Oder wir nehmen ein Tier mit Hörnern, die könnte man vergolden. Nur die sind leider immer auch ein bisschen teuer.“ Ich nickte. “Wir werden auf dem Markt schon etwas finden. Und Valentina werde ich zum Essen einladen. Oder zu einem kleinen Ausflug?“ Ich schaute Massa entgegen. “Und ich werde ihr auch ausrichten, dass sie ruhig auch Pina mitbringen kann.“ Dann trank ich noch einen Schluck, tupfte mir den Mund mit einem weißen Tuch ab und tat es dann meinem Bruder gleich, indem ich mich erhob. “Aber natürlich können wir… Soll ich Nepomuk rufen?“ fragend sah ich Massa an.

    Genau! Genau! Mehr als unsere Angreifer vertreiben hatte diese Varia nicht gemacht. Jetzt im Nachhinein kam mir dieser Satz von Pina aber ein bisschen merkwürdig vor. Mir hatte es eher den Anschein gemacht, als wäre sie die Anführerin dieser Bande, die uns an die Kehle wollte. Und wie grauselig diese Individuen ausgesehen hatte. Außerdem war diese Varia bemalt gewesen wie eine Wilde, die sie sicherlich auch war. Aber dennoch wollte ich selbst in meinen Gedanken nicht undankbar sein. Ohne sie wären wir jetzt nicht mehr am Leben! Zu dumm nur, dass wir nun durch diese glückliche Fügung in etwas sehr Unglückliches hinein geraten waren, denn der Präatorianer sah nicht so aus, als würde er uns nur einen Funken Glauben schenken oder uns gar in näherer Zukunft vondannen ziehen lassen. Im Gegenteil. Wir wurden übel angefahren und ich war wirklich froh, dass Massa vor mir stand, denn das Wort ‚Carcer‘ klingelte sehr unangenehm in meinen Ohren. Ich sah uns schon schrecklich verhört und verprügelt im Stroh irgendeines rattenverseuchten Bodens liegen. Mein Herz klopfte immer schneller und ich musste unwillkürlich schlucken. Ich hatte gar nichts mit der Sache zu tun. Ebensowenig wie Pina. Nur leider war ich es nicht, der auf die Frage des Prätorianers eine Antwort hätte geben können. Dafür aber Pina. Hilfesuchend blickte ich ihr entgegen und da antwortete sie auch schon.


    Nur leider viel zu stürmisch! “Pina!“, zischte ich ihr wieder ein Mal verzweifelt zu. Das konnte sie doch nicht sagen! Nun sah ich bereits ergriffen und über das Pflaster hin zur Castra geschleift. Dennoch musste ich ihr beistehen. Ich streckte mich ein wenig, zog noch einmal tief den Atem ein und wagte dann mit fester Stimme zu sagen: “Mir ist diese Varia nicht bekannt. Wir haben nichts mit der Sache zu tun. Ich bin der Cousin des Praefectus Praetorio Decimus Serapio und ich habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen. Ich kenne keine Aufrührer und gehöre ihnen erst recht nicht an!“ Pina hatte sich schon weg gedreht und ich hätte am liebsten dasselbe getan. Der Drang, nun schnell nach Hause zu gelangen war unbändig in mir und er wuchs mit jeder Sekunde. “Ich glaube, wir werden uns noch etwas gedulden müssen, Pina...“ flüsterte ich. Wer konnte schon wissen wie lange. Einen ganzen Aufstand lang, wenn es ganz schlimm lief. Und genau so sah es im Moment aus.