Beiträge von Titus Matinius Pacatus

    Als Boduus zur Tür hereinkam, hatte Pacatus wieder mal zum Fenster hinausgeschaut. Die Guckerei hatte sich mittlerweile zu festen Bestandteil seines Arbeitsstils entwickelt.


    Boduus ...
    komplimentierte eine junge Frau herein und stichelte: "Da is jemand, der will was gegen Dein Augenleiden machen ..."


    Pacatus drehte sich sich vom Fenster weg: "Ah, salve Susina Alpina. Willst Du noch einen Laden aufmachen?"

    Pacatus war mit seiner Stulle zu Ende gekommen und nahm einen Schluck Wein, um der zweiten Stulle den Weg zu bereiten.


    "Ich denke daran, am Tag nach den Nundinae die Basilica für jeglichen Markt zu schließen, damit man ungestört Gerichtsverhandlungen abhalten kann. Ansonsten können die Duumviri ja jederzeit einen marktfreien Tag dort ankündigen, wenn eine Versammlung ansteht."


    Er nahm die zweite Stulle ins Visier. "Umg an den Mnundimnae if vor dem Fkapfitolimn damn Mbauernmaagd mnit Viehmaagd." Er schluckte den Brocken runter. "Ein bißchen abgesetzt vom übrigen Markt also. Für den Mist sind dann die Servi Publici zuständig oder die Kerle, die zum Opus Publicus verdonnert worden sind. Weißt Du, der Brauch, an den Nundinae Jupiter Opfer zu bringen ist ja mittlerweile nicht mehr im Trend, da gibt's voraussichtlich keine Kollisionen. Ich denke, falls unser Pontifex nicht zu altmodisch ist, können wir das machen."

    Pacatus betrat das Officium der Postannahme.
    "Salve, Celeripes! Nur ein kleines Briefchen nach Roma, bitte."


    M. Iulius Dives
    Casa Iulia, Roma, Italia



    T. Matinius Pacatus M. Iulio Diviti s. d.


    Das Imperium scheint kleiner zu sein als ich dachte, mein lieber Neffe. Jedenfalls kleiner als meine Überraschung beim Lesen Deines Briefs. Ich bin damals während der Herrschaft des Fettflecks namens Salinator aus Roma weggegangen, weil es mir dort zu unbehaglich wurde. Dann habe ich begonnen, mich in Mogontiacum einzurichten und wie man so sagt, auf einen grünen Zweig zu kommen.


    Ich mache hier einigermaßen einträgliche Geschäfte mit einer Tongrube, in der zwei Sklaven arbeiten. Inzwischen habe ich mich zum Aedil in Mogontiacum wählen lassen. Und dies ist zu meinem großen Bedauern auch einer der zwei Gründe, weshalb ich Deiner Einladung nicht nachkommen kann. Es stehen bald wieder Wahlen an und ich will bis dahin meinen Entwurf für eine Marktordnung im Ordo Decurionum durchbringen. Wie ich diesen Laden kenne, werden da die Fetzen fliegen.


    Der zweite Grund ist durchaus brutaler: Niemand weiß, was die Götter noch mit diesem Winter im Sinn haben. Deshalb wird eine Überquerung der Alpes kaum noch bis zu Deinem Hochzeitstermin zu schaffen sein.


    So bleibt mir nur, Euch das Allerbeste für Eure gemeinsame Zukunft zu wünschen.


    Mögen die Götter Euch wohlgesinnt sein!



    [Blockierte Grafik: http://imageshack.com/a/img401/5742/n88d.png]
    T. Matinius Pacatus
    Casa Matinia, Mogontiacum
    Germania Superior


    Sim-Off:

    10 Sesterzen überwiesen

    Jetzt war Pacatus dran mit dem Grinsen. "Da kommt in mir doch gar kein Widerspruch auf, da muss ich Dir einfach recht geben, Patron. Hast Du mitgekriegt, wie mich einer bei meiner Wahlrede 'Römergockel' geschimpft hat? Warum soll sich also ein Römergockel nicht mal auch auf germanisch verwöhnen lassen?"

    Natürlich hatte sich Pacatus schon ein paar Gedanken über die Einzelheiten gemacht. Aber wie das so ist, tauchten bösartigerweise umso mehr Widersprüche auf, je detaillierter man den Kram anpackte. Er wollte das Ding aber möglichst bald fertigmachen und sei es auf Biegen oder Brechen.


    "Also, wenn ich die verdammte Definitionshürde genommen hab, dann schreib ich rein, wer Handel betreiben darf und unter welchen Bedingungen. Dann kommt, wo überall Markt stattfinden darf. Im Moment bin ich grade dabei, zu überlegen, wie das in der Basilica laufen soll. Die Tabernae in den Magazinen werden da ja von der Stadt vermietet. Da kann man leicht regulieren. Aber es gibt ja auch Stände. Die müssten bei Gerichtsverhandlungen und öffentlichen Versammlungen draußen bleiben. Der Viehmarkt macht mir auch etwas Kopfschmerzen. Ich will ihn nicht aus der Stadt rausschmeißen. Und da hab ich die Idee gehabt, ihn auf den Platzteil vor dem Capitolium zu verlegen. Jupiter liebt doch das Vieh, oder?"


    Er biss nochmal kräftig in seine Stulle.

    Er ging hinüber zu dem Tisch, raffte seine Papyrusrollen wieder zusammen und klemmte sie unter den Arm.


    "Nichts leichter als das. In der Basilica gibt es einen Aushang. Dort kannst Du die Eröffnung Deiner Taberna bekanntmachen. Ansonsten kannst Du auch einen Eimer Farbe und einen Pinsel nehmen und es an irgendwelche Wände schreiben. Das hab ich bei meiner letzten Wahl so gemacht. Geht auch, obwohl manche Hausbesitzer darüber die Nase rümpfen. So, ich muss jetzt noch was tun, bevor der Feierabend über uns hereinbricht. Vale, Susina Alpina, und viel Erfolg".

    Pacatus lächelte. "Ich weiß es noch nicht. Im Moment kostet es nichts. Aber wir wollen künftig Gebühren für Marktstände erheben. Das hängt alles davon ab, was der Ordo Decurionum entscheiden wird. Wenn das durch ist, dann werden wir sicher für die Tabernae, die zusätzlich einen Marktstand betreiben wollen, eine Gebühr verlangen."

    "Mhm, Taberna medica Alpina. Und was die Grüße der Räume angeht, warte mal ...", Pacatus ging zu einem Regal und suchte eine Papyrusrolle. Er musterte die kleinen Holzschildchen, die am Vorderende der Rollen angebracht waren. "Ah, da haben wir es ja."


    Er rollte den Papyrus auf. "Es sind nur fünf Häuser auf der Seite der Straße und die Parzellen haben alle die gleiche Breite, 48 Fuß, da müssten in der Casa Atia zwei Läden sein, das wären dann rund 20 Fuß Breite pro Taberna, ja, das ist ausreichend. Gut, dass Du einen Lagerraum im Keller hast, wo Du deine Waren kühl lagern kannst, denn Du darfst keine verdorbene Ware in den Verkauf bringen. Wir kontrollieren das von Zeit zu Zeit. Falls Du zusätzlich einen Marktstand auf dem Forum einrichten willst, musst Du das bei mir beantragen."


    Er stand auf und legte die Papyrusrolle wieder an ihren Platz. "Das geht in Ordnung. Die Erlaubnis für Deine Taberna schicke ich Dir morgen zu".

    Pacatus nahm sich einen Griffel und notierte:


    Taberna medica
    Vicus Apollinensis, Casa Atia
    Susina Alpina, Inhaberin



    Er lehnte sich zurück. "Zunächst einige allgemeine Hinweise, die Du beachten musst. Der Porticus auf der Straßenseite Deiner Taberna muss frei bleiben. Du darfst dort keine Waren auslegen oder Schilder aufstellen. Die Öffnungszeiten liegen zwischen Sonnenaufgang und Untergang. Eine Taberna medica kann aber auch abends länger geöffnet sein, wenn dringender Bedarf ist."


    Das mit den Öffnungszeiten war eigentlich ein Vorgriff auf die neue Marktordnung, die es noch gar nicht gab, aber Pacatus sagte sich, dass das Gemurre der Händler sicher leiser sein würde, wenn man jetzt schon darauf hinwies und nicht erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war.


    "Ich hab dann noch ein paar Fragen. Hast Du schon einen Namen für Deine Taberna? Wieviele Räume hat die Taberna und wie groß sind sie? Wirst Du selbst da arbeiten oder beschäftigst Du Angestellte oder Sklaven?"

    Pacatus üffnete die Tür zum Officium der Scribae. "Da bist Du genau an den Richtigen gekommen. Ich bin Matinius Pacatus, der Aedil in Mogontiacum. Und ich muss mich in Alles einmischen, was mit Handel und Markt zu tun hat. Komm hier rein, wir können das auch in der Schreibstube da erledigen."


    Er warf seine Papyri auf einen freien Tisch. "Nimm Platz." Er wies auf einen der Hocker und nahm sich eine Tabula. "Du willst also eine Taberna medica eröffnen? Sag mir doch mal bitte Deinen Namen. Du sagtest, das wäre in der Casa Atia? Ach ja, das ist die Gasse, wenn man bei der Casa Petronia nach links abbiegt, gleich gegenüber vom Barbier Leonidas, richtig?"

    Pacatus hatte sich auch eine Ladung von Otmars Stullen besorgt und hörte sich, während er selber auf dem ersten Bissen herumkaute, das Gemurkel seines Patrons an. Er schluckte den Kram runter.


    "Ich bin noch am Sortieren. Es ist ein Haufen Zeugs. Da hab ich mir gedacht, ich definiere erst mal, was ein Markt ist, dann schreibe ich rein, welche Märkte es in der Civitas gibt. Hauptmarkt hier, Vicinalmärkte in Navaliorum, Salutaris .. und so weiter. Dann, was wo erlaubt ist und was nicht. Ich brauch aber noch ein griffiges Wort für den Handel, der auf dem Markt und in den Tabernae stattfindet. Verstehst Du, in Abgrenzung zu den größeren Handelsgeschäften, bei denen die Ware nicht vor Ort ausgelegt wird und die auch nicht auf dem Markt, sondern in Kontoren abgewickelt werden. Fällt Dir da was ein?"


    Sim-Off:

    Ja, hier geht's geplaudermäßig weiter

    Etwas gerührt nahm Pacatus die Urkunde entgegen und las sie durch.


    "Ich danke Dir von Herzen. Sehr eindrucksvoll. Richtig schön. Klar, das muss gefeiert werden."


    Sim-Off:

    Die Feier spielen wir nicht aus

    Nachdem er eine Weile dem Treiben auf dem Forum zugesehen hatte, ging er an ein Regal und kramte einen Papyrus mit der Marktordnung von Ostia hervor, die er sich hatte schicken lassen. Mit leichtem Missmut las er sich das Ding durch und kam zu dem Schluss, dass man den ganzen Krempel doch etwas grundsätzlicher anpacken sollte. Eingedenk der Streitigkeiten, die die Töpfer ehedem angezettelt hatten, war ihm klar geworden, dass man mit dieser Marktordnung einem derartigen Zoff nicht hätte beikommen können.


    War ja gut und schön mit dem grundsätzlicher-Anpacken, aber da fiel ihm siedendheiß ein, dass er als Aedil den ganzen Schamott ja nacher auch kontrollieren musste. Nein, sagte er sich, schlank musste das Ding sein und, bei den Schlappen von Mercurius, es sollte ihm nicht zuviel Arbeit machen.


    Er nahm sich noch mal die Tabula mit seinen Stichworten vor.


    Zulassung/Berechtigung/Schließung
    Zentralmarkt/Vicinalmärkte
    Markttage/Marktzeit
    Standplätze/Läden/Marktstände
    Viehmarkt
    fahrende Händler/Einheimische
    Bauern/Vicinalmärkte


    Er verfiel ins Grübeln. Wie sollte man diesen chaotischen Schrott in eine Ordnung bringen? Nachdem er ein Dutzend mal gedanklich im Kreisverkehr diesen Krempel umrundet hatte, gab er es auf. Aber der Gedanke von vorhin, das Ding grundsätzlicher anzugehen, gefiel ihm dann doch wieder.


    Er stand auf, ging ans Fenster und betrachtete sich das Gewusel auf dem Forum.

    Sieh da, jetzt läuft die Sache ja fast wie von alleine, sagte sich Pacatus. Vorher hatte er sich wie ein Furz im Taschentuch gedreht, um weiter zu kommen, aber dann lief's auf einmal. Irgendwie schien es auch gut zu sein, dass er erst Massula angepumpt hatte. So konnte sein Patron auf diese Grundlage auch noch eins drauf setzen. Er beugte sich vor und sagte: "Ja, dann lass uns doch gleich zur Tat schreiten, Patron."

    Ah, der Patron! Er überhäufte Pacatus mit Glückwünschen. Natürlich fühlte sich Pacaus ziemlich wohlig gebauchpinselt. Sowas braucht der Mensch ja von Zeit zu Zeit, um nicht in die endlosen Tiefen der Melacholie abzusacken.


    "Danke, Patron, danke. Was die gräßlichen Bildchen angeht, so waren die Urheber nicht etwa politische Gegner von mir, sondern ich hab das mit eigener Hand verbrochen. Aber nachts bei flackernden Fackeln in den windigen Gassen von Mogontiacum, bei Nieselregen und Kälte, da kann ja keine große Kunst zustandekommen. Hat mir aber nicht geschadet. Großen Dank auch für Deine wirksame Mithilfe. Bierchen? Ja, sicher!"


    Sim-Off:

    Fortsetzung nur, falls Du Zeit dazu hast

    Pacatus hörte sich das an. Ja, die Freya Mercurioque war ihm schon hin und wieder aufgefallen, wenn er an ihren Ständen auf dem Markt vorbeigegangen war. Aber, abgesehem von ein paar kurzen Aufwallungen seiner Neugier, hatte er sich nicht weiter darum gekümmert, was das wohl für ein Verein war. Doch es war offensichtlich ein ziemlich großer Klops, wenn man den Worten des Ducciers Glauben schenken wollte. Jetzt konnte er dem in ihm aufkommenden Geschäftssinn nicht mehr widerstehen.


    "Ach so," zwitscherte er, "das ist ja ein richtig dickes Ding, Patron. Ja, dann bin ich dabei. Obwohl ich mit meinem Tongrübchen da drin voraussichtlich keine Berge versetzen kann. Aber auch der Specht fängt mit einem kleinen Hack an, wenn er eine Höhle ausmeißeln will, oder?"

    Nach der Vereidigung ging Pacatus hinüber zur Curia. Er ging ins Officium der Scribae, quatschte noch ein bißchen mit Boduus und räumte sein Schreibpult. Boduus ließ es sich nicht nehmen, ihm weitläufig und wortreich zur gewonnenen Wahl zu gratulieren. Dahinter verbarg sich, wie Pacatus sogleich witterte, die Absicht von Boduus, im Rahmen einer Wahlfeier kostenfrei an ein paar Bierchen zu kommen. So sei es, sagte sich Pacatus und lud ihn und die anderen Schreiber in eine der Kneipen von Mogontiacum ein. Dann raffte er seinen Krempel zusammen, vergaß auch nicht die sechs Stapel Wachstäfelchen einzupacken und nahm sein neues Officium in Besitz.


    Dort breitete er seine Papyri auf dem Tisch aus, stützte sich auf seine Ellenbogen und überlegte, womit er sein Aedilat beginnen sollte. So eine Amtszeit war schnell herum, das hatte er im Amt des Magister Vici schon bemerkt. Kaum hatte man mit irgendwas angefangen, da ging schon wieder der verdammte Wahlkampf los.


    Uferstraße, Bauschäden, Marktordnung. Eigentlich war es ja die Marktordnung, die einen Aedil was anging. Um die Uferstraße konnten sich die Duumviri und der Quaestor kümmern, ebenso um die bröckelnden Mauern der städtischen Gebäude. Bei letzterem fiel ihm ein, dass ja eventuell die mogontinische Delegation beim Kaiser die Erhebung Mogontiacums zum Municipium herausleiern könnte. Dann würde es natürlich nicht gut aussehen, wenn bei den Feierlichkeiten irgendjemand von herabfallendem Putz getroffen würde. Er beschloss, einen der Duumviri mal daran zu erinnern.


    Also Marktordung. Pacatus stand auf, ging ans Fenster und schaute hinaus.

    Dass Pacatus der Clique der Eulen angehörte, die es lieben, in den Tag hinein zu schlafen, war ja nun wohl abgehakt. Und dass der Duccier die Geschäftsabsprachen zwischen Pacatus und dem Domitier ganz normal fand, war für Pacatus beruhigend. Schließlich hatte Pacatus bei Schnauzbartträgern immer einen ausgeprägten Anfangsverdacht bezüglich eines hypertrophen Geschäftssinns. Man weiß ja nie.


    Aber dann fing der Duccier an in Rätseln zu sprechen. "Wie? Vorteile? Was meinst Du denn damit?"