Beiträge von Titus Matinius Pacatus

    Pacatus war auf dem Weg hinüber in die Basilica, um sich dort eine Portion des weltberühmten germanischen Eintopfs zu besorgen, ging aber erst mal in die Taberna Medica, weil er nach seinem Gespräch mit dem Quaestor unbedingt eine Erfolgsmeldung bei Alpina loswerden wollte. Als er eintrat, sah er, dass Petronius Crispus gerade anwesend war.


    "Salve Petronius Crispus. Ich hoffe, Du bist gut verarztet worden. Salve Alpina. Ich wollte Dir nur sagen, dass Dein Teepröbchen beim Quaestor voll eingeschlagen hat. Er hat zwar immer noch geknurrt, aber schon deutlich leiser. Und wir sind erstaunlicherweise einen Schritt weiter gekommen. Vor allem, er hat sich tatsächlich dazu bringen lassen, den Tee zu trinken. Allerdings hatte ich ihm angedeutet, dass Dein Tee auch seine Männlichkeit hochjubeln würde. Manchmal muss eben in die Trickkiste greifen."

    Am nächsten Tag entschloss sich Pacatus, die Decuriones mit weiterem Futter für Diskussionen zu versorgen. Diesmal hatte er die Marktordnung, beziehungsweise deren Entwurf aus den Tiefen seiner Regale hervorgeholt. Wieder bat er ums Wort, erhielt es auch und wandte sich an die Mitglieder des Ordo.


    "Werte Decuriones. Ich möchte, dass nach der ruhmvollen Stadterhebung in unserem Municipium auch alles nach Recht und Ordnung vor sich gehen kann, einen Entwurf für eine Marktordnung Eurer geschätzten Aufmerksamkeit zuführen. Auch hier hat es eine längere Weile gedauert, bis dieses Werk vollendet werden konnte. Aber, wie Ihr wisst, gute Arbeit braucht ihre Zeit. Das ist hier nicht anders als in Roma, wo man sich hin und wieder auch Zeit lässt. Ich habe versucht, in diesem Entwurf einerseits den Bedarf an Regelungen auf ein Minimum zu beschränken, andererseits war es mir wichtig, der Vielfalt der Märkte in Mogontiacum und der Verschiedenheiten der hier gehandelten Marktgüter gerecht zu werden. Jeder von Euch erhält auch eine Abschrift, damit wir alle auf dem gleichen Stand sind."



    ENTWURF EINER MARKTORDNUNG FÜR DIE CIVITAS MOGONTIACENSIS


    I. Handel
    (1) Handel im Sinne dieses Edictums ist das öffentliche Feilbieten und der öffentliche Verkauf von Waren.
    (2) Jeder römische Bürger und jeder Peregrinus ist berechtigt, Handel zu betreiben.
    (3) Handel darf nur auf Marktplätzen und in Tabernae stattfinden.


    II Marktplätze
    (1) Hauptmarkt ist das Forum im Vicus Apollinensis. Zu diesem Hauptmarkt gehört auch die Basilica.
    (2) Vicinalmärkte bestehen auf den Marktplätzen der folgenden Vici: Vicus Navaliorum, Vicus Salutaris, Vicus Victoria, Vicus Novus, Vicus Britannicus und der Marktplatz in den Canabae Castellae.
    (3) Jeder zum Handel Berechtigte kann auf diesen Märkten einen Marktstand betreiben. Händler, die nicht in der Civitas Mogontiacensis ihren Sitz haben, können nur auf dem Hauptmarkt oder auf dem Markt des Vicus Navaliorum Marktstände einrichten.


    III. Tabernae
    (1) Jeder zum Handel Berechtigte kann eine Taberna betreiben oder verpachten.
    (2) Jeder zum Handel Berechtigte kann städtische Tabernae in den Magazinen der Basilica anmieten und nutzen.


    IIII. Marktzeiten
    (1) Die Marktzeit erstreckt sich von der zweiten bis zur neunten Stunde. Tabernae außerhalb der Basilica können ihre Öffnungszeiten auch in die Nacht ausdehnen, wenn sie für ausreichende Beleuchtung sorgen.
    (2) Am Tag nach den Nundinae findet in der Basilica kein Markt statt. Die Duumviri können bei Bedarf jederzeit den Markt in der Basilica schließen, wenn sie dies neun Tage vorher bekanntgemacht haben.
    (3) An den Nundinae ist ein Drittel des Forums im Vicus Apollinensis vor dem Capitolium für die Marktstände der Bauern und den Viehmarkt reserviert.


    V. Größe der Marktstände
    (1) Jeder Marktstand darf eine Breite von höchstens 20 Fuß und eine Tiefe von höchstens zwölf Fuß haben.
    (2) Zwischen den Marktständen muss ein Durchgang von sieben Fuß und vor den Marktständen eine Gasse von 15 Fuß freigehalten werden.
    (3) Die Pferche auf dem Viehmarkt dürfen höchstens 40 Fuß im Geviert betragen. Dazwischen sind Gassen von 15 Fuß freizuhalten.


    VI. Größe der Tabernae
    (1) Der Verkaufsraum einer Taberna muss eine Breite von mindestens 15 Fuß und eine Tiefe von mindestens zwölf Fuß haben.
    (2) Die Fläche unter dem Porticus vor der Taberna ist von jedweder Nutzung für Handelszwecke freizuhalten.


    VII. Gebühren
    (1) Für die Genehmigung eines Marktstandes wird eine Gebühr von fünf Sesterzen erhoben. Die Genehmigung gilt für drei Monate und zwar sowohl für die Vicinalmärkte als auch für den Hauptmarkt.
    (2) Für die Genehmigung einer Taberna wird eine Gebühr von zehn Sesterzen erhoben. Die Genehmigung gilt für Jahr. Will der Betreiber einer Taberna zusätzlich einen Marktstand eröffnen, wird eine Gebühr von 20 Sesterzen erhoben. Diese Genehmigung gilt für drei Monate.
    (3) Der Pachtzins für eine städtische Taberna in der Basilika beträgt 40 Sesterzen pro Jahr. Eine Gebühr für die Genehmigung wird hierbei nicht erhoben.
    (4) Für Marktstände und Pferche des Bauern- und Viehmarkts werden keine Gebühren erhoben, sofern die Betreiber für die Reinigung der Flächen Sorge tragen. Andernfalls ist der Aedil berechtigt, eine Reinigungsgebühr zu erheben.


    VIII. Sicherheit
    (1) Jeder Betreiber eines Marktstandes oder einer Taberna hat drei Eimer Wasser mit einem Mindestinhalt von jeweils zwei Congii vorzuhalten.
    (2) Während der Marktzeiten ist jeglicher Verkehr von Karren und Kutschen auf dem Marktgelände verboten.


    VIIII. Verstöße
    Verstöße gegen diese Marktordnung werden mit einem Strafgeld von mindestens 20 Sesterzen und höchstens 200 Sesterzen geahndet. Im Einzelfall legt der Aedil die Höhe des Strafgelds fest. Dagegen kann bei den Duumviri Widerspruch eingelegt werden.

    Stadterhebung hin, Stadterhebung her, irgendwann musste man in Mogontiacum auch mal wieder zur Tagesordnung übergehen. Mit dem Bericht, den er nach den Angaben von Lysander geschrieben hatte (und mit genügend Abschriften für die Decuriones) begab sich Pacatus in den Ratssaal, bat um's Wort und stand auf, als man ihm selbiges erteilt hatte.


    "Werte Decuriones. Es ist schon länger her, damals war ich noch Stadtschreiber, als mir der seinerzeit amtierende Aedil den Auftrag erteilte, die städtischen Gebäude auf Bauschäden zu kontrollieren. Ich konnte einen Architekten hinzuziehen, den ehrenwerten Lysander, der auch genügend fachmännischen Durchblick hat. So war ich schließlich imstande, einen Bericht aufgrund der Angaben von Lysander zusammenzustellen, der, wie ich meine, in diesem hoch angesehenen Gremium mit Sorgfalt zu besprechen wäre."


    Pacatus gab den Apparitores das Zeichen, die Abschriften seines Berichts zu verteilen und fuhr fort: "Ich lege Euch hiermit diesen Bericht vor. Kurz zusammengefasst will ich folgendes vorausschicken: Insgesamt sind die meisten städtischen Gebäude in einem akzeptablen Zustand. Kleinere Erhaltungsmaßnahmen wären für das Augustalium ins Auge zu fassen. Ernster hingegen ist die Situation bei dem Gebäude der Curia. Hier haben wir es mit gravierenden Schäden an einem Teil der Fundamente zu tun, die unbedingt repariert werden müssen, um den Erhalt des Gebäudes zu sichern."



    RENUNTIATIO


    Bericht über die Untersuchungen der Bausubstanz städtischer Gebäude durch den Architekten Lysander


    Nach den Feststellungen des Architekten Lysander sind bei zwei städtischen Gebäuden in Mogontiacum Sanierungsarbeiten vonnöten:


    I. Augustalium
    Die Bausubstanz selbst ist noch in Ordnung. Nötig wäre ein neuer Anstrich und die Erneuerung, eventuell auch der Austausch einiger Steinfiguren, was in diesem Fall auch ein Gebot der Dankbarkeit gegenüber dem Kaiser wäre. Aus Sicherheitsgründen sollten unbedingt alle abgenutzten Treppenstufen des Tempels durch neue ersetzt werden.


    II. Gebäude der Curia
    Die Fundamente, welche die Wände der Aula (Sitzungssaal des Ordo Decurionum) tragen, weisen gravierende Schäden auf. Dies hat dazu geführt, dass diese Fundamente und die aufsitzenden tragenden Wände sich um zwei bis vier digiti abgesenkt haben. Die Wände der angrenzenden Gebäudeflügel sind bis auf ihre Nahtstellen zur Aula nicht davon betroffen. Die Ursachen für die Schäden an den Fundamenten sind nicht bekannt. Deshalb sind die Fundamente selbst und der Baugrund vor Beginn irgendwelcher Baumaßnahmen genauestens zu prüfen.


    Die Absenkung der Fundamente ist zur Zeit noch im Gange. Sie wird, sobald sie einen Betrag von acht bis zehn digiti überschreitet, dazu führen, dass der Gebäudeteil der Aula nicht mehr standfest sein wird. Augenblicklich besteht aber noch keine Einsturzgefahr.


    Ein Abriss und Neubau der Aula einschließlich der betroffenen Teile der angrenzenden Gebäudeflügel erscheint in dieser Situation unumgänglich.


    Dem Magistratus und dem Ordo Decurionum empfehle ich, die Planung und Ausführung der notwendigen Bauarbeiten dem Architekten Lysander zu übertragen, der die diesem Bericht zugrunde liegenden Untersuchungen durchgeführt hat und deshalb mit der Situation bestens vertraut ist.


    Noch anzufügen wäre, dass der Stadt für die Voruntersuchungen von Lysander keine Kosten entstanden sind, weil diese vom Handelskonsortium Freya Mercurioque übernommen wurden.


    T. Matinius Pacatus
    Aedil

    Auf Petronius' Aufforderung setzte sich Pacatus. "Du hast recht Petronius Crispus, hier ist es etwas überschaubarer. Und es stinkt auch nicht so wie in Roma. Ich kann's vergleichen, denn ich komme ja von dort. Ich bin damals abgehauen, weil mir unter der Herrschaft eines Salinator der Boden unter den Füßen etwas zu heiß geworden war. Zuerst hab ich gedacht, es gäbe für mich kein Leben außerhalb von Roma, aber da habe ich mich getäuscht. Man kann auch hier leben."


    Was der Petronier über die Einwohner Roma's gesagt hatte, stimmte wohl ebenfalls. "Ja, die Römer sind notorische Großmäuler. Hier ist man doch etwas umgänglicher."

    Mogontiacum brummte. Pacatus hatte einige Mühe, alle Veranstaltungen zu besuchen, die nun über die Stadt hereingebrochen waren. Als er dann die Ränge des Theatrums erreichte, war es schon knüppelhagelvoll mit Menschen. Mit ein paar Flüchen arbeitete er sich nach vorn, wo Mogontiacums Schickeria ihre Dauerabonnementsplätze hatte und fand noch einen freien Sitz neben Petronius Crispus. Bevor er sich setzte, sah er seinen Patron samt Anhang und winkte ihm fröhlich zu. Dann begrüßte er den Petronier.


    "Salve Petronius Crispus, gestattest Du, dass ich mich neben Dich setze? Nun sag mir doch, ob Dir nach Deinem Besuch in Roma unser Mogontiacum nicht doch wie ein putziges Provinznest vorkommt?"

    Unversehens wedelte Matinius Pacatus zusammen mit Icilius Cotta, dem Quaestor in das Officium der Duumviri.


    Fast atemlos verkündete er: "Salvete, die hohen Herren! Ein weiterer Schritt in die Zukunft Mogontiacums kann jetzt getan werden! Der Quaestor hat festgelegt, dass zur Finanzierung der Uferstraße ein Zoll von zwei vom Hundert des Warenwerts erhoben werden soll. Mit Eurem Einverständnis werde ich den Ordo Decurionum bitten, ein Decretum zu der ja schon beschlossenen Sache herauszugeben. Und dann kann es losgehen."


    Sim-Off:

    Ich schlage vor, SimOn keine weiteren Einzelheiten auszuspielen, sondern nur das Decretum öffentlich zu machen.

    Pacatus war's zufrieden. Dann konnte das Ding ja losgehen.


    "Da siehst Du, wie so ein Teechen wirkt, Icilius Cotta. Könnte sein, dass ich mit den Kräutertees von Susina Alpina, deren Taberna ich Dir wirklich wärmstens ans Herz lege, endlich das ultimative Schmiermittel für eine Stadtverwaltung gefunden habe. Dann wollen wir mal gleich zu den Duumviri rübergehen, um die Sache in die Puschen zu bringen".

    Mit einer Papyrusrolle unter dem Arm erschien Pacatus eines schönen Tages im Officium der Duumviri.


    "Salvete, ehrwürdige Duumviri. Manch' Ding will Weile haben und dies Ding, um das es hier geht, hat aus verständlichen Gründen eine recht lange Weile gebraucht. Nun aber haben wir ein Ergebnis. Es handelt sich um die Untersuchungen zum baulichen Zustand der städtischen Gebäude, zu der ich Euch jetzt den Abschlussbericht vorlegen kann."



    RENUNTIATIO


    Bericht über die Untersuchungen der Bausubstanz städtischer Gebäude durch den Architekten Lysander


    Nach den Feststellungen des Architekten Lysander sind bei zwei städtischen Gebäuden in Mogontiacum Sanierungsarbeiten vonnöten:


    I. Augustalium
    Die Bausubstanz selbst ist noch in Ordnung. Nötig wäre ein neuer Anstrich und die Erneuerung, eventuell auch der Austausch einiger Steinfiguren, was in diesem Fall auch ein Gebot der Dankbarkeit gegenüber dem Kaiser wäre. Aus Sicherheitsgründen sollten unbedingt alle abgenutzten Treppenstufen des Tempels durch neue ersetzt werden.


    II. Gebäude der Curia
    Die Fundamente, welche die Wände der Aula (Sitzungssaal des Ordo Decurionum) tragen, weisen gravierende Schäden auf. Dies hat dazu geführt, dass diese Fundamente und die aufsitzenden tragenden Wände sich um zwei bis vier digiti abgesenkt haben. Die Wände der angrenzenden Gebäudeflügel sind bis auf ihre Nahtstellen zur Aula nicht davon betroffen. Die Ursachen für die Schäden an den Fundamenten sind nicht bekannt. Deshalb sind die Fundamente selbst und der Baugrund vor Beginn irgendwelcher Baumaßnahmen genauestens zu prüfen.


    Die Absenkung der Fundamente ist zur Zeit noch im Gange. Sie wird, sobald sie einen Betrag von acht bis zehn digiti überschreitet, dazu führen, dass der Gebäudeteil der Aula nicht mehr standfest sein wird. Augenblicklich besteht aber noch keine Einsturzgefahr.


    Ein Abriss und Neubau der Aula einschließlich der betroffenen Teile der angrenzenden Gebäudeflügel erscheint in dieser Situation unumgänglich.


    Dem Magistratus und dem Ordo Decurionum empfehle ich, die Planung und Ausführung der notwendigen Bauarbeiten dem Architekten Lysander zu übertragen, der die diesem Bericht zugrunde liegenden Untersuchungen durchgeführt hat und deshalb mit der Situation bestens vertraut ist.


    Noch anzufügen wäre, dass der Stadt für die Voruntersuchungen von Lysander keine Kosten entstanden sind, weil diese vom Handelskonsortium Freya Mercurioque übernommen wurden.


    T. Matinius Pacatus
    Aedil


    "Mit Eurer gütigen Erlaubnis werde ich diesen Bericht auch dem Ordo Decurionum vorlegen"

    Acilianus sah sich die Bescherung an. Das Dach war schon heruntergekommen, die umgelegten Fachwerkwände kokelten noch vor sich hin aber einige Wände in der Nähe des Atriums hatten noch standgehalten, sodass auch eine Treppe stehengeblieben war. Und die fingen jetzt erst richtig an zu brennen. Er schaute sich um.


    "Wer ist hier der Clanchef? Achso ja, Duccius Marsus, kannst Du mal feststellen, ob alle Deine Leute rausgekommen sind? Ob es Verletzte gibt, da ist ja eine junge Frau, die helfen kann. Und sag mir, ob wir noch versuchen sollen, Sachen aus dem Haus zu holen, vielleicht gibt's noch was, was zu retten ist. Sonst kümmern wir uns nur noch darum, dass der Brand nicht auf andere Häuser überspringt."


    Pacatus meinte zu Corvinus: "Danke, dass Du mit Deinen Leuten die Gaffer verjagt hast. Ich hatte keine Zeit, noch ein paar Männer zusammenzutrommeln."


    Er wies auf den Alten: "Das ist Albin, der Vilicus hier."

    Pacatus schob ihm einen Becher hin. "Trink. Das Teechen macht gute Laune und ist auch lustmäßig wirksam. Also molchig, Du weißt schon, was ich meine."


    Dann nahm er selbst auch einen Schluck, um etwaiges Mißtrauen bei dem Icilier abzubauen. "Ich komme wegen der Uferstraße, vielleicht erinnerst Du Dich an den Beschluss des Ordo Decurionum vom letzten Jahr. Da waren wir so verblieben, dass die Bauarbeiten jetzt im Frühjahr losgehen sollen. Die Chose sollte zum Teil aus einem Zoll auf den Umschlag im Hafen finanziert werden. Die Decuriones hatten damals darum gebeten, dass Du die Höhe des Zolls festlegen sollst."


    Er nahm noch einen Schluck.

    Jo, eine Hand wäscht die andere. Zum Schluss hat kein Schwein mehr Dreck an den Pfoten. Die alltägliche Waschprozedur im römischen Reich. Es lebe das reine Gewissen !


    "Ich danke Dir vielmals, Lysander. Dann bring ich das mal ein in den mogontinischen Entscheidungsprozess. Ich muss mir jetzt nur noch überlegen, wie wir Eure Spende verbuchen sollen. Ach Quatsch, darüber soll sich der Quaestor seinen dicken Schädel zerbrechen. Vale, Lysander."

    Als Pacatus aus dem Schatten des Umgangsdachs hervortrat, hatte sich der Tempelbezirk trotz des engen Tores schon gut mit Menschen gefüllt. Der Pontifex trat auf ihn zu, um ihm die Patera und das Culter zu reichen. In diesem Augenblick fegte ein kurzer Windstoß über den Hof und riss ihm den Stoff der Toga vom Kopf. Wollte sich Apollo über den armen Pacatus lustig machen oder kam das von seiner Muse Thalia, die nur darauf aus war, die Zuschauer zu unterhalten?


    Pacatus blickte kurz nach oben, dann zog er sich eilig die Toga wieder über den Kopf und nahm die Patera und das Culter entgegen. Dann trat er mit dem Pontifex vor die Opfertiere. Eine Weile betrachtete er die Tiere und weihte sie anschließend dem Gott Apollo, in dem er den Wein aus der Patera über ihre Stirnen goss. Mit dem Culter strich er daraufhin über ihren Rücken, worauf die Opferdiener ihnen die Wolldecken und den Schmuck abnahmen und sie an den Altar ketteten.


    Mit ausgestreckten Armen trat Pacatus nun nach vorne und drehte die Handflächen nach oben. Bitte, Apollo, jetzt ein kleines Weilchen Windstille, nur für das Gebet, sagte er ganz leise. Dann laut:


    "Oh Apollo, Schirmherr der Herden und Städtegründer,
    Grannus, Herr der Quellen und der Heilung,
    Mogunus, Lichtbringer und Schild unseres Municipiums!


    Du hast Mogontiacum stets in fruchtbringender Umarmung gehalten, wehrtest Krankheit und Tod von uns ab und segnetest unsere Quellen. Deine göttliche Gegenwart gibt den Gesunden Kraft und stärkt die Kranken. Nie lässt Du Leid über deine Herde kommen und nie wird uns Übel zugefügt, denn Du hast dein wachsames Auge auf Deine Kinder gerichtet und Dein Pestpfeil zielt auf jeden Feind. Dein Wohlwollen ist der Sonnenschein über unseren Dächern und Dein Atem bringt unseren Wiesen und Äckern Fruchtbarkeit.


    Nun hast Du zur Mehrung Deines Ruhmes unsere Civitas zu einem Municipium gemacht, aufdass unsere Rechte gestärkt und unser Wohl gemehrt werde!


    Dafür halten wir Dich in Ehren und geben Dir gerechte Gaben!
    Blicke nun mit Huld herab auf die Begründung dieses Municipiums, das an Deinen Quellen gedeihen soll! Behüte als Lar Vicanus und Genius Loci dieses Municipiums wie bisher und schenke Deinen Dienern und ihren Oberhäuptern Weisheit und Gerechtigkeit nach dem Vorbild seines Gründers, des Imperator Caesar Appius Cornelius Palma Augustus!


    Zum Dank werden wir Dir alljährlich an diesem Tage gute und gerechte Opfer darbringen bis in alle Ewigkeit!"


    Kein Windstoß, die Toga war immer noch auf seinem Hinterkopf. Danke, Apollon für Deine Güte, sagte Pacatus ganz leise und erschrak fast über den lauten Ruf des Opferdieners.


    "Agone?"


    "Age!" antwortete Pacatus.

    Pacatus hörte sich das Gemurkel des alten Lysander aufmerksam an, überlegte kurz und kam zu dem Schluss, dass das Anliegen des Architekten, gemessen an der allgemein üblichen Korruption in der römischen Gesellschaft noch unterhalb der Schmerzgrenze lag.


    "Ja sicher, Lysander, ich werde noch einen entsprechenden Satz hinzufügen, der den Stadtoberen einen Hinweis gibt, wen man mit dem künftigen Bauvorhaben betrauen könnte. Auf jeden Fall danke ich Dir für Deine Mühe. Ach so, hattest Du nicht gesagt, dass der Preis für Dein Gutachten bei 30 Sesterzen liegen würde?"

    Pacatus hatte den Statthalter noch nicht aus der Nähe zu Gesicht bekommen, geschweige denn sprechen können. Er hob den Finger zum Gruß.


    "Salve Legatus Augusti. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, Dich zu sprechen. Und so kann ich Dir auch gleich ein Willkommen sagen."

    Der Weg zum Tempel des Apollo Grannus Mogounus war nicht weit. Am Tor zum Tempelbezirk verlangsamte sich der Zug der Honoratioren und der Bürger Mogontiacums, weil der Durchgang recht schmal war. Als Pacatus unter das Dach des Tempelumgangs trat, legte er sich einen Zipfel seiner Toga über den Kopf. Tempeldiener öffneten die Tür und Pacatus betrat mit den Opferhelfern die Cella. Ihm schoss durch den Kopf, dass er hier einem keltischen Gott opfern würde, der aber für das Gemeinwesen von Mogontiacum eminent wichtig war, so wichtig, dass man ihm die Bewachung der städtschen Kasse anvertraut hatte.


    Pacatus hatte in der Cella zusammen mit den Opferhelfern dem Gott die Gaben des Voropfers darzureichen. Das waren Kräuter der Jahreszeit, von denen es wegen des früh eingetretenen milden Wetters doch schon einige gab, etwas Wein und er legte auch eine Goldmünze zu Füßen des Apollo. Während die Kräuter auf dem Foculus verbrannten, sprach er ein Gebet, um die Aufmerksamkeit Apollos auf das folgende Hauptopfer zu lenken. Ein bißchen hatte er Zweifel. ob der einheimische Gott auf ihn, den Pacatus, der ja ein Zugereister war, auch hören würde. Er musste sich also einige Mühe geben.


    Danach öffnete sich wieder die Tür der Cella und sie traten ins Freie.

    Erst hatte er sich etwas im Hintergrund herumgedrückt, dann sah er, dass Duccius Marsus, Domitius Massula und Petronius Crispus beisammenstanden. Neugierig, wie er war, schlängelte sich Pacatus an die Gruppe heran und bekam etwas von Marsus' Getuschel mit. Aber der Knaller des Tages war natürlich Crispus, den er ja zum ersten Mal nach dessen Rückkehr aus Roma zu sehen bekam.


    "Salve Petronius Crispus. Schön, dass Du wieder heil zurück in Mogontiacum bist. Dir gebührt natürlich die größte Ehre an diesem Tag, denn Du hast ja große Beute aus Roma zurückgebracht. Erzähl, wie Du den Kaiser rumgekriegt hast."


    Bevor Crispus antworten konnte, sagte er leise zu Marsus und Massula: "Salvete Ihr beiden. Gemach, gemach. Ich mach grade mit Lysander zusammen einen Bericht an die Duumviri über diese baufällige Hütte hier. Keine Angst, die Decke hält noch ein paar Jahre."

    Mit festem Schritt hatte Pacatus das Offivium IV betreten, nachdem er angeklopft und brav gewartet hatte, bis ein mürrischen "Herein" zu erlauschen war. Stadtkämmerer muss man ja wie rohe Eier behandeln, sagte sich Pacatus, obwohl er große Lust hatte, dieses Quaestorenei am liebsten gleich ins kochende Wasser zu werfen.


    "Salve Quaestor," sagte er deshalb zu dem Quaestorenei, "wie Dir sicher schon aufgefallen ist, hat der Frühling Eingang ins Land gefunden und deshalb möchte ich mit Dir ein klitzekleines Problemchen besprechen, das mit dem Frühling in Zusammenhang steht. Damit uns das nicht so schwer fällt, habe ich zwei Becherchen Tee mitgebracht, eins für mich und eins für Dich. Tee ist doch eine wirkliche Labsal und er wird uns beim Problemchenlösen gewiss Flügel machen."

    Pacatus pickte noch ein paar Krümel zusammen, die sich auf dem Gesimsvorsprung versammelt hatten und trank den letzten Rest Wein aus seinem Becher.


    "Siehst Du, Patron, manche Sachen müssen eben sein. Wenn die Duumviri sich nicht bald rühren, dann werd ich die Marktordnung allerdings selber im Ordo vorstellen. Dann gucken wir mal. Und dem Quaestor werd ich auch einen Höflichkeitsbesuch abstatten. Ach ja, da hab ich ja auch noch den Bericht von Lysander wegen der baufälligen Curia. Den muss ich mir nochmal zur Brust nehmen und dann wieder die Duumviri belästigen. Ich muss los, vale, Patron."

    Man kann wirklich nicht sagen, dass die mogontinischen Duumviri keine Probleme lösen könnten. Das eine mit der Wahl war somit durch, bei dem anderen Ding würde man sehen, was draus wird.


    "Ich danke Dir, Gabinius Centenianus. Ich liebe geschmeidige Verwaltungsakte über Alles. Und über das herausragende Wahlergebnis befinden wir dann zuzeiten. Danke für die Vorschusslorbeeren. Vale".