Beiträge von Titus Helvetius Ocella

    Der Aedil hörte aufmerksam zu. Doch was wusste er jetzt? Er kannte die Umstände, unter denen der Vescularier Stadtpatron geworden war, hatte zu Kenntnis genommen, dass das Thema in Roma zumindest zur Sprache gekommen war und fühlte sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass eine Annahme durch den Cornelier zur deutlichen Ansehenssteigerung der Stadt und ihrer Amtsträger führen würde, eine Ablehnung aber mit einem massiven Ansehensverlust eben jener einhergehen würde. Doch seine Frage war nicht beantwortet worden.


    Dabei ging es doch jetzt genau darum, die Chancen abzuschätzen, ob der Cornelier eine Übernahme überhaut in Betracht ziehen würde. Und man konnte zudem davon ausgehen, dass jene, die jetzt in Roma den Ton angaben auch weiterhin zumindest wichtige Berater des Kaisers sein würden, wenn nicht sogar entscheidende Ämter in dessen Administration übernähmen. Ocella runzelte die Stirn. Sein Informationsstand war nicht unbedingt erweitert worden, sodass seine Einschätzung jetzt auch nur auf Vermutungen beruhen würde.


    Nun, sicherlich ist es einen Versuch wert, wenn wir die Chancen für die Annahme als gut einschätzen könnten. Wenn es aber nun bereits negative Stimmen gegeben hätte und davon musste Ocella ausgehen, wenn der Duumvir an dieser Stelle zwar bestätigte, dass es Gespräche gegeben hatte, aber keine Ergebnisse eines solchen Gesprächs weitergab sollten wir vielleicht vorerst Abstand von solchen Plänen nehmen und erstmal abwarten, bis sich die Wogen wieder geglättet haben, bevor wir mit dem Angebot an den Cornelier herantreten.


    Das sollte jetzt sein Beitrag sein. Wenig belastbar und auf Vorsicht bedacht, aber gleichzeitig mit dem Wissen behaftet, dass eine Ablehnung wohl die Planungen aller Beteiligten erstmal zurückwerfen würden.

    Ocella hatte sich bereits Tag und Zeit ausgeguckt, zumindest gehörte dies ja zu den ersten Planungen mit dazu, damit bereits die Einladungen vorbereitet werden oder auch schon ausgesprochen werden konnten.


    Die Einladung gilt für die achte Stunde.


    bestätigte Ocella daher kurz die Anfrage des Iuliers und konnte sich dann im Geiste einen Haken hinter die Angelegenheit setzen.


    Beim nächsten Thema musste Ocella einige Momente nachdenken. Natürlich hatte er die Absetzung des Vesculariers zu Kenntnis genommen, sie wurde ja auch öffentlich verkündet und ausgehangen und als ostiensischer Amtsträger lohnte sich zumindest täglich ein Blick auf die öffentliche Verkündigungstafel, wenn nicht sogar noch häufiger. Wie dabei jetzt allerdings weiter zu verfahren war, war Ocella ein Rätsel. Er hatte bislang die Verleihung eines Stadtpatronats noch nicht selbst erlebt und wusste daher auch nicht, welche Formen dabei zu beachten, welche Animositäten miteinbezogen waren und wie eine solches Angebot grundsätzlich bei den möglichen Patronen angenommen wurde. Allerdings stünde wohl in jedem Fall, wie auch bei üblichen Patronaten, die Frage im Mittelpunkt, welchen Nutzen ein Patronatskandidat von der Übernahme hatte. Unbewusst ließ er den Daumen seiner rechten Hand vom Zeigefinger zum kleinen Finger und wieder zurück tanzen.


    Na ja, sollte Palma tatsächlich das Patronat über Ostia übernehmen, wäre damit sicherlich eine massive Bedeutungssteigerung der Stadt verbunden. Jeder Außenstehender würde sich zweimal überlegen, ob er sich mit der Stadt des Kaisers anlegen möchte. Doch besteht ja erstmal die Frage, ob er das Patronat annehmen würde. Denn eine Ablehnung wäre - unabhängig von irgendwelchen Sicherheitsüberlegungen - eine Klatsche für die Stadtverwaltung, die sich die Amtsträger wohl noch lange würden anhören müssen.


    Der Aedil machte eine kurze Pause, wurde sich dann aber bewusst, dass der andere Duumvir ja bereits die notwendigen Dokumente mit in Roma hatte. Vaticanus hatte diese ja übergeben, als der Cassier von den Palmanertruppen nach Ostia gebracht worden war.


    Ihr hattet ja bereits die entsprechenden Urkunden mit in Roma. War es da möglich, bereits eine... wie sollte er es formulieren? Stimmungslage bei den Palmanern auszumachen?


    Er schaute den Iulier ernst an. Womöglich hatte es bereits erste Worte dazu gegeben?

    Auf die erste Frage des Duumvirs bezüglich der Verwandschaft der Quintilia wusste Ocella keine Antwort. Sowas könnte man aber sicherlich schnell in Erfahrung bringen können.


    Das bringe ich gerne in Erfahrung.


    versprach der Helvetier dann und hört sich die weiteren Ausführungen des Iuliers an.


    Irgendwann zog Ocella jedoch seine Augenbraue hoch, ob des scharfen Tons des Duumvirs. Erst dann wurde ihm das Missverständnis bewusst, dass er hier wohl fahrlässig herbeigeführt hatte.


    Die Sponsalia haben sie nocht nicht gefeiert. In diesen Zeiten wäre das ja auch eine Anmaßung und die Sponsalia während eines Bürgerkriegs wären ja sicherlich mit schlechten Vorzeichen nur so überladen.


    stellte der Aedil die Sache nochmal klar, bevor sich hier ein tiefergehendes Missverständnis manifestieren konnte.


    Jedenfalls bist du mir jederzeit in der Casa Helvetia ein willkommener Gast.


    sagte Ocella dann nochmal, weniger im schmeichlerischen, denn aufrichtigen Ton. Schließlich hatte er dem Iulier gewissermaßen seine bisherige Karriere mit zu verdanken.

    Ocella nickte während der Ausführungen des Iuliers.


    Das wird auch notwendig sein. Nach dem plötzlichen Abbruch der Sitzung gestern ist die Stimmung unter den Decurionen alles andere als gut. Zumal einige von ihnen auch mitansehen mussten, wie ein Amtskollege von ihnen abgeführt wurde. Allerdings kann ich jetzt nicht sagen, ob noch weitere ostiensische Amtsträger auf der Liste der Palmaner stehen.


    fasst Ocella seine Einschätzung der aktuellen Situation nochmal zusammen. Grade jetzt herrschte in der wichtigsten Hafenstadt des römischen Reichs eine generelle Verunsicherung, die durch den ersatzlosen Abzug der Palmanertruppen nur noch weiter angeheizt worden war. Zudem waren bis jetzt Plünderungen ausgeblieben doch Berichte aus Roma ließen das Schlimmste erwarten, sollte sich auch hier in Ostia ein Mob zusammenfinden. Schließlich gab es derzeit auch keine Truppen, die mit dem Schutz der Stadt beauftragt waren und an den Toren wurde nur hilfsweise Liktoren eingesetzt, die mit dieser Aufgabe allerdings auch nur wenig glücklich waren.


    Die beiden Senatoren aufzufinden wird wohl noch kompliziert werden. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie sich vor den gut organisierten Palmanertruppen verborgen halten müssen, die jederzeit aktiv werden können, wenn jemand öffentlich auftritt.


    gab der Aedil auch bei diesem Thema noch seine Einschätzung dazu, auch wenn diese nur wenig zur Lösung des Problems beitragen konnte.


    Und ja, Germanicus ist verlobt. Sie heißt Quintilia Valentina. Bisher konnte ich über sie nur herausfinden, dass sie aus Roma stammt und einige Zeit im Ausland verbrachte. Zudem war sie - wie ich von einem Decurio erfuhr - vorher Scriba des Germanicus.


    Mehr Informationen konnte er in der kurzen Zeit nicht zusammenbringen, war aber sicherlich schon mal ein Einstieg. Natürlich gab es noch jede Menge Klatsch und Tratsch. Der war aber aus Ocellas Sicht nicht spruchreif und sollte gar nicht erst weitergegeben werden.


    Meinen Informationen nach ist der Trupp noch gestern aus Ostia abgezogen und gen Roma gezogen. Daher gehe ich davon aus, dass er zumindest hier in Ostia nicht mehr erreichbar ist.


    Und nach Roma wollte der Iulier mit Sicherheit erstmal nicht mehr zurück. Würde Ocella ja auch nicht wollen, wenn er noch gestern dort im Carcer gesessen hätte. Tatsächlich hatte Ocella auch keine Informationen dazu, wie es seinen Verwandten in Roma ging und ob nicht doch einer von ihnen - oder gar alle - Opfer der Plünderunge geworden waren. Die helvetischen Nachrichten ließen auf sich warten. So schweifte Ocella kurz von dem Gespräch ab, wurde aber durch die weitergehende Frage des Iuliers wieder zurückgeholt.


    Nun, weitere größere Angelegenheiten gab es nicht. Wir haben uns vorwiegend damit beschäftigt, den Tagesbetrieb am Laufen zu halten. Allerdings sei nochmal angemerkt, dass sich das Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und Classis eher verschlechtert, als verbessert hat. So war die Stadtverwaltung alles andere als glücklich darüber, dass die Classis nach dem Eintreffen der Palmaner bereits Übergabeverhandlungen geführt hatte, ohne die Stadtverwaltung überhaupt darüber zu informieren. Das führte gelinde gesagt zu Irritationen.


    Das Verhältnis von Stadtverwaltung und Classis war von Anfang an kränklich und verschlechterte sich immer weiter, je länger sie Truppen in Ostia hatte. Die meisten Amtsträger wären wohl froh darüber, wenn auch die letzte Centurie der Classis endlich gen Misenum abreisen würde.


    Ansonsten gibt es noch kleinere Sachen auf persönlicher Ebene. Ich gehe davon aus, dass du bereits über die Verlobung deines Klienten Asinius Celer informiert bist?


    begann Ocella erstmal diesen Bereich, hoffte aber nicht, dass der Asinier noch nichts erzählt hatte.


    Des Weiteren wird bald eine Cena in der Casa Helvetia stattfinden, zu der du natürlich auch herzlich eingeladen sein wirst. Ebenso habe ich vor, Celer und seine Familie einzuladen, um dabei die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit der Gens Asinia und den Helvetiern auszuloten. Ich plane dies für die kommenden Kalenden des Iunius und hoffe, dass du noch keine anderweitigen Verpflichtungen hast.


    Tatsächlich hatten die Planungen dazu bereits begonnen, doch befanden sie sich noch in der Anfangsphase. Jedenfalls konnte er damit seine Mutter etwas beschäftigen, die dabei voll aufging.

    Hätte Ocella die Gedanken des Duumvirs lesen können, wäre seine Antwort kurz gewesen: Einiges. Doch war er hier, um einige Angelegenheiten zu besprechen, die Stadtverwaltung und Stadt betrafen. Zudem wusste Ocella nicht, ob der Iulier bereits eine Statusmeldung bekommen hatte, würde das aber jetzt nochmal übernehmen. Der Iulier würde ihn schon unterbrechen, wenn die eine oder andere Angelegenheit für ihn uninteressant war.


    Salve, Dives. Nun erstmal herzlich Willkommen zurück in Ostia. Ich weiß nicht, ob du bereits eine Zusammenfassung der aktuellen Lage bekommen hast. Jedoch gibt es sicherlich einige Angelegenheiten zu besprechen.


    eröffnete Ocella das Gespräch von seiner Seite. Mit den ersten Worten hatte er Platz genommen und würde jetzt wohl beginnen, die Angelegenheiten aufzuzählen.


    Gestern fand eine außerordentliche Sitzung des Ordo decurionum statt. Thema sollte die Zukunft Ostias mit besonderer Berücksichtigung der militärischen Lage sein. Doch musste sie rundweg abgesagt werden, da der geplante Gesprächspartner, der Befehlshaber der palmanischen Truppen vor Ostia, ein gewisser Atius Romanus, bereits wieder abkommandiert wurde. Daher haben wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Informationen darüber, wie die Palmanertruppen sich vorstellen, die Sicherheit Ostias zu gewährleisten. Auch die Classis hat derweil anderweitige Befehle bekommen und ist nun ausschließlich für die Sicherung der Getreidespeicher im Portus verantwortlich.


    Eine sicherlich unschöne Nachricht. Unter Umständen musste also entweder das Thema Bürgerwehr wieder auf die Tagesordnung oder der Palmaner würden irgendwann wieder vor den Toren stehen und ihr Sicherungsrecht der Stadt einfordern.


    Zum Zweiten wurde Decurio Germanicus Aculeo vor Beginn der Sitzung von einem Trupp der achten Legion verhaftet und abgeführt. Ich gehe davon aus, dass er bereits nach Roma verbracht wurde und dort nun inhaftiert ist. Er bat uns noch darum, Kontakt zu seinen Verwandten, den Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus, aufzunehmen. Dazu habe ich gestern nach der Sitzung bereits einen ersten Schritt getan und die Wohnung des Germanicus aufgesucht. Dort habe ich seine Verlobte, Quintilia Valentina, über die Verhaftung informiert und ihr die Unterstützung der Civitas zugesagt, sollte sie irgendwelche Probleme bekommen.


    Diese Nachricht war noch unschöner, zumal Ocella um die Freundschaft des Iuliers und des Germanicers wusste. Da der Germanicer aber zugleich Decurio der Civitas war, war dies bereits keine rein persönliche Angelegenheit mehr, sondern eine der gesamten Civitas.


    Zuletzt eine erfreuliche Nachricht. Sobald es die allgemeine Situation zulässt, kann eine Sitzung des Ordo decurionum einberufen werden, um die Marktordnung zu debattieren. Diese liegt in ihrer endgültigen Form in meinem Officium.


    schloss Ocella erstmal seine kurze Zusammenfassung ab und bereitete sich darauf vor, gegebenfalls Fragen des Iuliers beantworten zu können.

    Germanicus' Verlobte stand also vor ihm. Ocella nahm die Neuigkeit ohne besondere Emotion zu Kenntnis und trat dann ein, als die Tür weiter geöffnet worden war. Er musterte die junge Frau unauffälig, bevor er dann anfing zu sprechen.


    Leider muss ich dir mitteilen, dass dein Verlobter bei der heutigen Sitzung des Ordo decurionum von einem Trupp der achten Legion verhaftet und abgeführt worden ist.


    brachte der Aedil dann seine wichtigste Nachricht raus. Er machte danach eine kurze Pause und schluckte erneut, da er keine Ahnung hatte, wie die junge Frau darauf reagieren würde.


    Ich gehe davon aus, dass er bereits nach Roma gebracht wurde und dort nun inhaftiert ist.


    schob er dann noch eine Information über den Verbleib des Germanicers nach, wobei er jetzt auch keine näheren Informationen hatte, wo der Germanicer genau inhaftiert war. Schließlich waren die Duumviri ja ebenfalls noch in Roma und über deren genauen Verbleib hatte die Stadtverwaltung ja ebenfalls keine Informationen.

    dass die beiden Duumvirn wieder nach Ostia zurückgekehrt waren. Spätestens aber mit dem öffentlichen Aushang zur Amtsenthebung des bislang amtierenden Stadtpatrons war klar, dass sie wieder vollkommen zurück waren. Auch wenn er den Cassier wohl noch nicht in der Curia erwarten konnte, musste er doch bestimmt erst seine Nerven bei sich zu Hause wieder entspannen, war sich der Aedil doch sicher, dass er Dives in der Curia antreffen würde. Das schon fast penetrante Rufen von Ostianus hatte diese Vermutung dann auch bestätigt, sodass der Helvetier noch einige Akten mit seinem Kürzel versah, sie auf den Archivstapel legte und sich dann auf den Weg zum Officium der Duumvirn machte. Dort meldete er sich dann bei dem wie ein Honigkuchenpferd strahlenden Ostianus an und wartete, dass er eingelassen werden würde.

    Als sich die Tür offnete brauchte Ocella erstmal einige Momente, um zu realisieren, wer da vor ihm stand. Hatte er damit gerechnet, dass ihm bereits ein Senator öffnen würde? Vielleicht. Wäre das wahrscheinlich gewesen? Eher nicht. Ganz abgesehen davon, dass ein quasi proskribierter Senator sicherlich nicht mit seinen Amtsinsignien hausieren gehen würde. Aber gut. Vor ihm stand eine junge Frau.


    Salve, mein Name ist Titus Helvetius Ocella, ich bin Aedilis Ostiensis und möchte mit einem Angehörigen des Decurio Ostiensis Germanicus Aculeo sprechen.


    Er versucht seine Stimme möglichst freundlich klingen zu lassen, auch wenn er hier äußerst schlechte Nachrichten für die Germanicer überbringen würde. Auch hoffte er, dass nicht der Eindruck entstünde, er sei Emissär der Palmaner, der gleich vor Ort eine Verhaftung durchführen wollte, weshalb er auch seine Liktoren nicht direkt hinter sich hatte stehen lassen. Hoffentlich kam diese Intention auch bei der jungen Frau an.

    Jetzt reichte es!


    Am Abend platzte Ocella endgültig die Hutschnur. Nachdem es im Fauces zu einem lauten Wortgefecht zwischen seiner Mutter und dem Ianitor gekommen war, knallte der Helvetier seinen Stilus neben die Tabulae auf den großen Schreibtisch.


    PROMACHOS!!!!!


    hallte seine Stimme durchs Haus und schlagartig herrschrte Ruhe. Jedoch ließ der alte Maiordomus auf sich warten, sodass Ocella, nun noch etwas lauter nach ihm rief:


    PROMACHOS!!!!!!!


    Schon erschien der Sklave im Türrahmen und schaute in das aufgebrachts Gesicht des Helvetiers.


    Meine Mutter, Adalgisa, Griego und du selbst. Ins Tablinum. Sofort!


    Der Maiordomus nickte und verschwand für einige Momente, bevor er mit den führenden Persönlichkeiten des Haushalts wieder auftaucht. Ocella bot seiner Mutter und Promachos Plätze an, während die anderen beiden stehen bleiben sollten. Dann atmete er einige Male tief durch, bevor er er anfing zu sprechen. Dies tat er ruhig, aber bestimmt. Manchmal passierte ihm bei den S-Lauten eine kleine Überbetonung, die Promachos - wäre es eine Rhetoriklektion gewesen - sicherlich angemahnt hätte. Ocella war das aber im Moment egal.


    1. Meine Mutter ist Gast in diesem Haus und wird mit allem Respekt behandelt, der ihrer Stellung angemessen ist. Auswüchse von Respektlosigkeiten werden in Zukunft bestraft. Im Zweifel auch mit Körperstrafen. Ist das soweit klar?!


    Er schaute in die Runde und nahm nur Nicken zu Kenntnis. Von seiner Mutter erhielt er ein anerkennendes Lächeln, zumal sie wohl erwartete, dass er auch weiterhin ihre Position stärken würde. Doch das hatte er keineswegs vor.


    2. Mutter, mein Haushalt funktioniert prächtig. Er funktionierte prächtig, als ich hier ankam und er wird auch morgen noch prächtig funktionieren. Adalgisa sorgt dafür, dass genug Lebensmittel da sind und sie auch vernünftig zubereitet werden. Griego sorgt dafür, dass Reparaturen durchgeführt werden, wenn Dinge zu Bruch gehen und hällt unerwünschtes Gesindel aus dem Haus. Und Promachos sorgt dafür, dass meine Anweisungen umgehend ausgeführt werden und dass ich über alle wichtigen Sachen auf dem Laufenden gehalten werde. Du bist als Gast hier und nicht als Hausherrin. Lass die Sklaven arbeiten und sie werden dafür sorgen, dass es hier gut geht.


    Seiner Mutter stockte kurz der Atem. Jedoch wäre sie nicht Pinnia Postumia gewesen, wenn sie nicht zumindest versucht hätte aufzubegehren.


    Aber ich muss doch...


    Doch Ocella ließ bei diesem Thema keinen Widerspruch gelten. Er sorgte mit einer hastigen Handbewegung dafür, dass seine Mutter verstummte.


    Du musst gar nichts, Mutter. Du bist hier zu Gast. ICH muss dafür sorgen, dass es hier läuft. Wenn es nicht liefe, wüsste ich es. Und wenn ich es nicht wüsste, würde ich es von Promachos erfahren. Doch es läuft. Mach dir also keine Sorgen darum.


    Erneut schaute Ocella in die Runde, ob es Widerworte ijedweder Art gab. Bei den Sklaven war das nicht der Fall. Doch setzte seine Mutter nochmal an, um ihr Missfallen auszudrücken. Doch auch hier ging Ocella forsch dazwischen.


    Wenn es dann nichts weiter gibt... Ich mus arbeiten.


    Promachos gab den Sklaven ein Zeichen, sodass diese das Tablinum verließen. Pinnia Postumia blieb noch einige Augenblicke sitzen und machte mit sich die Chancen aus, in der jetzigen Situation und in der momentanen Stimmung ihres Sohnes die Lage doch noch zu ihren Gunsten zu wenden. Doch entschied sie sich letztlich gegen eine solche Auseinandersetzung, erhob sich und ging vom Tablinum direkt in ihr Cubiculum. Und Ocella hoffte, dass jetzt zumindest für die nächste Zeit Ruhe in seinem Haus herrschte.

    Nach der Verhaftung des Decurio Ostiensis Germanicus Aculeo und der darauf folgenden Sitzung des Ordo decurionum, die alles anderes als ruhig verlaufen war, suchte Ocella die Wohnung des Germanicers auf, um den vo ihm gewünschten Kontakt zu seiner Familie aufzunehmen. Der Aedil hatte sich in der Schreibstube die Adresse besorgt , doch dauerte es dennoch einige Zeit, bis er und seine Liktoren die Wohnung gefunden hatten. Auch wusste der Helvetier nicht, ob der Weg nicht umsonst sein würde. Der Germanicer war seinen Informationen nach unverheiratet und die betreffenden Senatoren Germanicus Sedulus und Germanicus Avarus würden sich wohl kaum in einer Wohnung verstecken, die offiziell bei der Stadtverwaltung als Wohnung eines Germanicer gemeldet war.


    Mit diesen Gedanken suchte Ocella noch die passende Tür, wies seine Liktoren an, in der gegenüberliegenden Taberna zu warten und klopfte dann an, ohne zu wissen, ob ihm jemand öffnen oder was ihn dahinter erwarten würde.


    KLOPF KLOPF KLOPF

    Ocellas Herzschlag setzte einen Moment aus. Das Thema Bürgerwehr düsterte in den letzten Wochen und Monaten immer wieder durch die Hallen der Curia, wurde aber erst jüngst von dem befehlshabenden Centurio Menenius Planta der Classis Misensis mit drastischen Worten untersagt. Ocella selbst hatte das erste Gespräch dazu geführt und hatte noch üble Erinnerungen daran, während er von seinem Vertrauten Lutatius Frugi einen umfangreichen Berichts des zweiten Gesprächs dazu erhalten hatte.


    Das Hauptargument des Centurio war die Überzeugung davon gewesen, dass seine Centurie die Sicherheitsaufgaben alleine hätte tragen können. Und daran hatte sich - im engeren Sinne - ja nichts geändert. Nur, dass die Centurie vermentlich anderweitige Befehle hatte. Inwieweit diese jedoch den Schutz der Stadt als solches miteinschlossen - oder auch ausschlossen - wusste Ocella nicht. Allerdings fragte er sich grade, ob der Praefectus mehr wusste, oder einfach bluffte. Zweiteres traute der Helveter ihm durchaus zu, war er doch ein alter Fuchs im Geschäft, langjähriger Duumvir und einflussreicher Decurio.


    Jedenfalls konnte Ocella davon ausgehen, dass der Cassier die angelegten Akten über die mögliche Einrichtung einer Bürgerwehr gelesen hatte, hielt Ocella für sicher. Und so kannte er auch die ersten Ideen, die dazu kursierten, sodass sein Vorschlag mit Sicherheit nicht aus dem Nichts kamen und auch nicht ziellos versanden würde.


    Allerdings musste sich der Aedil jetzt ebenjene Ideen wieder ins Gedächtnis rufen, und zwar schleunigst, sollte er genau hier und genau jetzt einen Beitrag dazu leisten müssen.

    Eigent hatte sich Ocella vorgenommen, etwas Arbeit mit nach Hause zu nehmen, um nicht den ganzen Tag in der Curia sitzen zu müssen. Doch zeigte sich jetzt, wo er zu Hause war, eben keine Zeit fand, die einzelnen Akten durchzuarbeiten, geschweige denn überhaupt vernünftig zu lesen. Immer wenn er grade einigermaßen in der Materie war, störte ihn irgendetwas; sei es die laute Stimme seiner Mutter, die bereits seit geraumer Zeit in Ostia zu Gast war und zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Anstalten machte, zurück nach Roma zu reisen und die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Haushalt in der Casa effizienter zu gestalten. Das wiederum sorgte bei den Haushälterin und insbesondere bei der gallischen Köchin und Haushältern, als auch bei Griege, dem spanischen Ianitor, für Unbehagen und beide nutzten jede Gelegenheit, den üblichen Trott beizubehalten. Ocella wusste, dass das der Haushalt gut aufgestellt war, er wusste aber auch, dass er, würde er seiner Mutter widersprechen, vermutlich den Rest des Tages damit verbringen, sich anhören zu müssen, wie wenig die Jugend von heute ihre Eltern noch respektierte und wie viele Haushalte sie bereits erfolgreich neuorganisiert hatte.


    So entwickelte sich in der Casa eine Atmosphäre regelmäßiger Anspannung. Und es wurde immer klarer, dass es wohl irgendwann zu einem klärenden Gespräch zwischen Ocella und seiner Mutter kommen musste. Doch versuchte der Helvetier dies noch möglichst weiter hinauszuschieben, damit er nicht neben den ganzen Problemen mit Stadtverwaltung, Classis und Palmanertruppen nicht noch einen weiteren Kriegsschauplatz zu eröffnen. Doch würde sich das wohl nicht so lange hinauszögern lassen, wie Ocella es sich vielleicht gewünscht hätte. Jedenfalls heute würde er sich einen häuslichen Konflikt nicht aufzwingen lassen. Doch morgen oder übermorgen müsste es wohl soweit sein, damit hier nicht noch irgendwo ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen könnte.

    Ocella war nun vollends verwirrt. Hier wurden nun extra die Honoratioren der Stadt einberufen, um sich die Pläne zur Zukunft Ostias erläutern zu lassen. Da hieß es auch schon, dass der Trupp, der soeben noch vor Ostia stand, gar keine Pläne für Ostia hatte, sondern sofort wieder abkommandiert wurde. Es blieb also die große Frage: Würden überhaupt noch Soldaten in der Stadt belassen? Falls dies der Fall sein sollte, würde sich noch die Frage stellen, wer jetzt offiziell Ansprechpartner sein würde. Im anderen Fall aber wäre Ostia endgültig ohne Stadtwache, da sich die Classis - wie ihm von einem Decurio der Stadt berichtet worden war - vollständig zu den Kornspeichern verlegt hat...


    Das ging nun vollkommen über den Horizont des Aedils, sodass er zuerst fragen zu seinem Collega Vaticanus schaute, der aber auch nur hilflos mit den Schultern zuckte, und danach zum cassischen Praefectus. Er hatte keine Ahnung wie es weitergehen sollte.

    Natürlich galt es bei diesem Abendessen auch erstmal, die jeweils andere Familie überhaupt erstmal kennenzulernen, damit man wusste, wer zu jeweils anderen Familie gehörte. Von daher war es auch durchaus sinnvoll, die weiblichen Familienmitglieder ebenso einzuladen. Der Vorschlag Celers zur Einladung von Dives fand bei Ocella durchaus Zustimmung. Iulius Dives ist natürlich ebenfalls herzlich willkommen. stellt Ocella kurz fest, natürlich auch mit Wissen, dass derzeit eher unklar war, wann Dives aus Roma zurückkehren könnte. Es blieb also auch noch genug Zeit zur Planung und Vorbereitung des Abendessens, vielleicht sogar noch sehr viel Zeit.


    Aber eine mögliche Verlobung oder gar Hochzeit musste ja ohnehin auf sich warten lassen, jetzt in einer Zeit, wo noch viel unsicher war und man nicht wusste, was das Morgen brachte. Daher war Eile hier auch gar nicht angebracht. So konstatierte Ocella den Gedanken auch nochmal. Natürlich müssen wir uns auch mit der Einladung nicht überhetzen. Wir können gerne warten, bis wieder einigermaßen Normalität eingekehrt ist.

    Allzu groß sollte das dann nun auch nicht werden. Schließlich könnten schnell Gerüchte aufkommen, die dann wiederum kleben bleiben würden und sich nicht so leicht mehr abwürgen ließen. Ocella dachte daher einige Augenblicke nach bevor er antwortete, da die Einladung ja jetzt auch recht spontan ausgesprochen worden war und die eigentlichen Planungen auch jetzt in diesem Moment abliefen. Ich dachte an einen familiären Rahmen. Wahrscheinlich werde ich auch einige Helvetii aus Roma einladen. Es soll aber sicherlich keine riesig große Veranstaltung werden, sondern vielleicht der Grundstein einer Zusammenarbeit unserer beiden Familien. Ok, weiter ins Detail wollte Ocella jetzt aber nicht gehen, da dann auch sicherlich irgendwann ein Interesse an seiner Schwester mitschwang, das ja erst durch das Abendessen ausgetestet werden sollte. Und familiäre Freundschaften waren ja auch was übliches und wurden auch nicht unbedingt mit einer Hochzeit manifestiert.