Rom war manchmal echt ein Dorf. “Ich hoffe, da macht er bessere Vorschläge“, raunte Atticus noch einmal zurück. Wobei er keine Ahnung hatte, was man bei der Pflege von Kreuzungsschreinen schon groß falsch machen konnte. Man putzte sie, man opferte... erschien ihm einfach. Aber er hatte auch keine Ahnung, ihm reichte schon die übliche Opferei, die man eben so über das Jahr verteilt hatte.
Er folgte also Callistus zu ihren Übersichtsplätzen – natürlich den besten in der Arena. So gut konnte Atticus auch wirklich nur sitzen, wenn er ein Trainingsrennen leitete. Bis er einmal selbst ein Rennen ausrichten würde – und dafür allein schon einen guten Grund fand, neben dem Geld – würde es wohl noch eine Weile dauern. Dass Callistus ihm da auch noch das Startsignal überließ, ließ den ohnehin schon sehr großen Pompeier glatt noch einmal ein paar Fingerbreit wachsen. [b]“Ach, die paar Trainingsrennen“, versuchte Atticus möglichst bescheiden zu klingen. Trotzdem ging diese Anerkennung natürlich runter wie Öl, und er sprang auch gleich auf, um den Arm zu heben und zu warten, bis alle Wagen schön in Reihe standen und die Helfer, die die Pferde gehalten und rangiert hatten, außer Gefahr. Mit einer raschen Abwärtsbewegung war das Rennen damit auch eröffnet.
Und sofort starteten die Wagen mit lauten Rufen und Peitschenknallen. Bis zur ersten Wende ergaben sich auch wenig Kämpfe, da sich alle Fahrer darauf konzentrierten, mit den Wagen möglichst viel Fahrt aufzunehmen und sich möglichst vor der ersten Kurve von den anderen abzusetzen, um sicher in die Kurve gelangen zu können. Wirklich gelingen wollte dieses Vorhaben aber den wenigsten. Hamiris und Oxtaius von den Blauen waren gleichauf mit Pigor Secundus und Lusorix von den Weißen. Nur Pepe, Prusias Kynegros und der factiolose Hermippus hatten einen schlechten Start erwischt und folgten mit mehr als einer Wagenlänge Abstand dahinter.
Allerdings hatten die Blauen die Innenbahn bei der Startaufstellung erwischt und somit den kürzeren Weg in der Wende. Nach der Kurve lagen beide so vor den Weißen und trieben ihre Tiere an, diesen Abstand zu halten.
Das nachfolgende Feld hatte in der Kurve größere Probleme. Der Wagen von Pepe touchierte den des blauen Prusias mitten in dem Manöver, woraufhin dieser kurz auf einem Rad nur fuhr und gefährlich schlingerte. Prusias blieb nicht viel übrig, als die Pferde einen größeren Bogen laufen zu lassen, um sich wieder zu fangen. Dadurch war er nun deutlich hinter den weißen Fahrer geraten, aber immernoch vor Hermippus, der die erste Kurve auch geradezu ehrfürchtig in Angriff nahm und dadurch noch weiter zurückblieb.
Auch nach der zweiten Kurve hielt sich so die Reihenfolge, mit der die Fahrer auch schließlich ins Ziel gelangten: Zuerst Hamiris, dicht gefolgt von Oxtaius. Eine Wagenlänge dahinter folgten die Weißen Pigor Secundus und Lusorix. Mit größerem Abstand schließlich folgten Pepe, Prusias Kynegros – der den Abstand zu seinem Vordermann zumindest wieder hatte halbieren können – und als Schlusslicht Hermippus.
Hamiris schien wild entschlossen zu sein, dieses Trainingsrennen für sich zu entscheiden. Immerhin hatte er ja auch seinen Titel als Favorit zu verteidigen, was er allem Anschein nach als Ansporn verstand. So trieb er seine Pferde weiter zu immer größerer Geschwindigkeit an und hatte schon bald einen beachtlichen Vorsprung herausgefahren. Selbst sein Kollege Oxtaius konnte mit dieser Geschwindigkeit nicht mithalten und fiel etwas dahinter zurück. Dennoch blieben beide blauen Fahrer noch deutlich vor den Weißen dahinter.
Doch die große Überraschung dieser Runde lauerte wie schon zuvor beim blauen Prusias Kynegros. Nach dem anfänglichen Patzer konnte es scheinbar nur aufwärts gehen, und er schien wild entschlossen, das nicht auf sich sitzen zu lassen. Mit knallenden Zügeln holte er mehr und mehr auf und war bei der ersten Kurve schon gleichauf wieder mit Pepe, der ihn zuvor abgedrängt hatte. Doch dieses Mal lenkten beide Fahrer geschickter, so dass eine Wiederholung ausblieb und beide gleichauf aus der Kurve kamen. Nur dass Prusias weitaus mehr gewillt war, seine Pferde zur Erschöpfung zu treiben, denn noch immer trieb er die Tiere mehr und mehr an. Auf der Gerade ließ er so den weißen Pepe hinter sich und schloss zu Lusorix davor auf. An der zweiten Wende hatte er auch diesen eingeholt und setzte sich neben ihn auf die Innenbahn. Gezwungen, die äußere Bahn zu nehmen, verlor Lusorix so Schwung und musste sich dem Blauen geschlagen geben. Beide Fahrer verloren so aber beim Einlauf ins Ziel den Anschluss ans vordere Feld. So war Lusorix am Ende nur noch gleichauf mit Pepe, Prusias Kynegros eine gute Wagenlänge davor.
Hermippus als Schlusslicht hatte nun scheinbar in seinen Rhythmus erstmal gefunden, denn nach der anfänglichen Zögerlichkeit hatte er zumindest auf das hintere Feld hinter Pepe direkt aufgeschlossen, als die zweite Runde zuende ging.