Die beiden Jäger näherten sich weiterhin einem der Löwen, der darauf ziemlich ungehalten zu reagieren begann. Seine Beute war vergessen. Die noch blutigen Pranken schritten über den Kadaver direkt hinweg, die schwarzen Krallen ausgefahren, die Zähne gebleckt. Er schätzte es außerordentlich nicht, gejagt zu werden, und versuchte die beiden Jäger mit einschüchterndem Gehabe von sich fernzuhalten. Immer wieder sprang er bedrohlich ein Stück in Richtung der beiden Männer. Nur um dann doch wieder außerhalb der Reichweite ihrer Speere zu bleiben. Sein Knurren war nurmehr ein tiefes Grollen.
Auch der zweite Löwe hatte sich erhoben und taxierte die Jäger. Er und der andere Löwe mochten nur Zweckverbündete sein, doch besaß die Raubkatze offensichtlich genug Intelligenz und Erinnerungsvermögen, um zu erkennen, dass sie wohl der nächste wäre, sollte der andere Löwe getötet werden. Und die Chance gegen zwei Jäger war ungemein kleiner als die gegen einen einzelnen.
So ließ auch der zweite Löwe von seinem Kadaverteil ab und setzte sich vorsichtig in Bewegung. Wie schon zuvor bei der Gazelle ging er nicht direkt auf die Jäger los und auch nicht von vorne. Vielmehr beobachtete er die beiden Menschen genau und beschritt einen sicheren Bogen, um in deren Rücken zu gelangen.
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In der Loge des Editors wiederum verfolgte Sextus das Spektakel mit anderem Interesse als wohl das restliche Publikum. Ihm war mehr daran gelegen, das Volk zu zerstreuen und diesem ein gutes Programm zu bieten, als selbst unterhalten zu werden. Daher war er mehr damit beschäftigt, die Reaktionen des Publikums zu lesen, als sich tatsächlich vom Geschehen in der Arena zerstreuen zu lassen.
In diese Beobachtung also drang dann unerwarteter Weise seine Nichte ein, als sie ihn bat, sich entfernen zu dürfen, um Essen von einem Verkäufer zu holen. Sextus riss sich von dem Geschehen los und blickte das Mädchen etwas verwirrt an, blickte dann einmal nieder zu dem Tischchen zwischen ihnen. Dort stand ein Tablett mit allerlei Obst und auch einigen Fleischspießen und anderen Leckereien. Mehr als skeptisch blickte er wieder zu Corvina. “Dieses Essen hier schmeckt nicht?“ fragte er daher mit einem Tonfall nach, der die Verwunderung über ihre Erklärung mehr als betonte.