Beiträge von Caius Duccius Callistus

    Audaod hörte die Worte seines Vaters, erfasste aber nicht sofort ihr Bedeutung. Mehr Verantwortung. Das war gut. Finanzielle Eigenständigkeit. Das war besser. Socius Consortii. Das war genau das, was er sich schon lange erhofft hatte! "Danke", brachte er als einziges hervor. Andächtig betrachtete er die Urkunde, die er ganz vorsichtig entgegennahm, als sei sie zerbrechlich wie Glas. Audaod las den Text der Urkunde und konnte sich schließlich ein breites Lächeln nicht verkneifen. "Ich werde sie hüten wie meinen Augapfel", entgegnete er auf Witjons letztgesagte Aufforderung hin.


    Audaod war stolz. Die vielen Jahre der Schufterei unter der Fuchtel des Lehrers hatten sich also doch gelohnt. Auch die darauf folgende Zeit der Lernerei in der Bibliothek der Thermae Iuliani und der Schola Germaniae waren zumindest so erfolgreich gewesen, dass sein Vater den Eindruck bekommen hatte, Audaod sei bereit dafür erste Aufgaben selbst wahrzunehmen. Deshalb fragte Audaod sodann auch nach eben diesen erwarteten Aufgaben: "Und was...äh...wird nun meiner Verantwortung unterliegen?"

    Audaod wollte soeben die schmale Kammer der Agnodice betreten - denn für sie hatte er sich letztlich entschieden - als jemand anderes den Flur betrat. Die Erkenntnis über die Identität dieser Person durchfuhr den jungen Duccius einem fürchterlichen Schrecken gleich, der ihn sofort lähmte. Audaod war der Bewegung unfähig und starrte nur seinen Vater an, der da aus der Kammer hervorgetreten war und wohl nicht weniger überrascht zu sein schien als Audaod selbst. Umso mehr erleichterte ihn daraufhin die Ankündigung, dass Witjon diese Situation weder hier vor Ort diskutieren, noch seinen Sohn augenblicklich mit nach Hause schleifen wollte. Statt dessen würden sie es 'später klären' können.


    Audaod war perplex und der Bewegung immer noch unfähig, als sein Vater bereits davongegangen war. Beinahe hätte er vergessen zu atmen. Eine Berührung am Unterarm holte ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Agnodice zog ihn sanft in ihre Kammer hinein, wogegen Audaod auch keinen Widerstand zu leisten fähig war, zumal er sich ja bereits für ihre Dienste entschieden hatte. Gekonnt zog Agnodice den Vorhang hinter sich zu und schob den jungen Duccius auf das Bettgestellt, das mit einer Strohmatratze und einigen Wolldecken gepolstert war.
    "Wie heißt du?" säuselte sie, während ihre Finger die Spange ihrer Tunica lösten. Ihr dunkles Haar fiel ungeordnet auf ihre helle Haut und bildete so einen reizvollen Kontrast.
    "Äh. Auda...Callistus", kam es stammelnd vom Gefragten.
    "Callistus", wiederholte das Mädchen. "Du bist so gutaussehend wie dein Name verspricht", flötete sie weiter und zeigte ihr bezaubernstes Lächeln. "Ich bin Agnodice."
    Audaod saß noch immer unbeweglich da. Er starrte nur und versuchte den Anblick ihrer Brüste und ihrer Scham zu erfassen. Wenn er es sich auch noch nicht bewusst machen konnte, so regte sich doch Verlangen in ihm.
    "Wie alt bist du, Agnodice?", fragte er schließlich, einem Impuls nachgebend. Er war noch zu perplex, um selbst die körperliche Initiative zu ergreifen.
    "Sechzehn Winter", sagte sie, als wäre es völlig nebensächlich und normal, dass so junge Mädchen schon im Freudenhaus ihren Dienst taten. Und tatsächlich galten Mädchen in der römischen Gesellschaft ja bereits ab zwölf Jahren als heiratsfähig. So war es nur normal, dass für die vielen jungen Männer, die die Lupanare aufsuchten, auch junge Frauen zur Verfügung standen.


    Dann begann Agnodice, ihren Kunden zu entkleiden. Audaod ließ sie gewähren. Er lag einfach rücklinks auf dem Lager und sah der jungen Lupa bei der Arbeit zu, während er immer noch über die Begegnung mit seinem Vater nachdenken musste. Agnodice war sowieso ein paar Jahre älter als er, sie wusste was sie tat und war sich wohl auch schnell bewusst darüber, dass dieser Callistus noch nicht recht bei der Sache war. Deshalb gab sie sich Mühe, liebkoste ihren Kunden und versuchte ihn mit Fingern und Zunge zu erregen, was aber nur halb funktionierte.
    "Was ist? Willst du mich nicht?", fragte sie deshalb und fixierte Audaod mit herausforderndem Blick.
    "Was?" Der Duccius schreckte aus seinen Gedanken hoch. Er realisierte die Frage und seine mangelnde Standhaftigkeit, was ihm augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht trieb. "Äh, doch. Doch! Ich will dich!", japste er mithin und bedachte zur Bekräftigung seiner Worte Agnodices Körper mit zaghaften Berührungen.
    "Ich weiß etwas, das dir gut tun wird", grinste das Mädchen daraufhin und drückte den wehrlosen Kunden bestimmt zurück aufs Lager. Dann machten ihre Lippen sich an seinem besten Stück zu schaffen. Audaod schaffte es nun tatsächlich sich zu entspannen und zeigte sehr schnell seine starke Erregung. Agnodice trieb seine Lust geschickt dem Höhepunkt entgegen. Ihr zunächst so passiver Kunde fand bald Gefallen daran, ihr Haar zu durchwühlen und ihre Haut zu fühlen und fand schließlich auch heraus, dass er nicht nur passiv bleiben musste.


    "Bona dea", japste er, ließ sich zurückfallen und verschnaufte ausgiebig, nachdem er den Höhepunkt erreicht hatte. Agnodice grinste, um ihre Geschicklichkeit und einen weiteren zufriedenen Kunden wissend.
    "Empfehle mich weiter", forderte sie Audaod auf, als dieser sich wieder angekleidet hatte und die Kammer verließ. "Und komm bald wieder."
    Audaod nickte. Er würde beides tun, da konnte sie sich sicher sein. Draußen warteten schon seine Freunde, die bereits darauf brannten ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen. Dies würde noch ein langer, bierseliger Abend werden.

    Audaod war nicht sonderlich früh zuhause gewesen, hatte dafür aber einen festen traumlosen Schlaf genießen dürfen. Er war nicht von der Sorte Mensch, denen ihre Probleme Schlafstörungen verursachten. Als Albin ihn zum Arbeitszimmer zitierte, machte er sich umgehend auf, denn seinen Vater ließ man nicht warten.


    "Guten Morgen, Vater", begrüßte er Witjon, den er beim Frühstück noch nicht gesehen hatte. Offenbar hatte sein Vater schon wesentlich früher etwas zu sich genommen und sich dann direkt auf seine Arbeiten gestürzt. Während Audaod nun unaufgefordert gegenüber dem duccischen Sippenoberhaupt platz nahm, machte sich in seiner Magengegend ein mulmiges Gefühl breit. Er hatte doch hoffentlich keine Schelte zu erwarten wegen der gestrigen Nacht?

    Vier junge Männer stapften wankend durch die Straßen Mogontiacums. Der Schneefall hatte zum Glück pausiert und der Alkohol wärmte von innen.
    "Brrrr", machte Gilbert, der jüngste der vier. "Ist das kalt!"
    "Jammer nicht", tadelte Nordger, der älteste unter ihnen.
    "Wir sollten noch was trinken gehn. Warmer Met, der immer geht, wa?" Audaod grinste breit, was aufgrund seines Zähneklapperns jedoch nicht ganz so fröhlich rüberkam wie beabsichtigt. Er war nur ein paar Monate jünger als Nordger, mit dem er sich blendend verstand.
    "Glühwein!" forderte schließlich Wigbald, der vierte im Bunde.
    Die vier Germanen waren zusammen in die Schule gegangen und hatten gemeinsam unter der Willkür ihres Lehrers gelitten. Bald war zwischen ihnen eine tiefe Freundschaft erwachsen. Hochs und Tiefs hatten sie gemeinsam durchgestanden, wie es nur Männer konnten.


    Heute unternahmen sie einmal mehr einen ihrer Streifzüge durch die Tabernae. Aus der letzten hatte man sie herausgeworfen, weil Wigbald unbedingt Streit mit einem aus dem Vicus Navaliorum anfangen musste. Sie hatten nur Glück gehabt, dass kein Büttel in der Nähe gewesen war, der sie gleich hatte einsacken können. Jetzt staksten sie durch den Schnee, auf der Suche nach der nächsten Gelegenheit zum Saufen.
    "Ich kann dir sagen, was jetzt besonders gut wärmt", brummte Nordger. Er klang nicht so, als wolle er noch mehr trinken. "Die Titten eines hübschen Mädchens auf deinem Gesicht." In seinen Augen funkelte es, als er sich erwartungsvoll zu den anderen umdrehte.
    "Jaaa, lasst uns Lupae jagen!" frohlockte Gilbert so laut, dass Audaod zusammenfuhr. Auch wenn die Auswahl eines Mädchens im Lupanar sicherlich nicht viel mit Jagd zu tun hatte.
    "Von mir aus", schmunzelte der junge Duccius dann auch. Er konnte durchaus mal wieder eine Nummer vertragen. Der letzte Besuch im Lupanar lag ja schon mindestens eine Woche zurück. Mindestens!
    "Und was ist mit meinem Glühwein?" fragte Wigbald noch einmal, um von allen dreien entgegengeschmettert zu bekommen:
    "Denn kannst du auch im Lupanar bekommen!"


    Und so war es beschlossen. Nordger schlug eine Richtung eine, in der er ein ihm bekanntes Lupanar vermutete, das angeblich empfehlenswert war und so staksten die vier Burschen angetrieben von der Vorfreude auf eine schnelle Nummer zügiger voran. Ein paar Minuten später war an einem Haus ein Schild mit einem Phallus zu erkennen.
    "Hier ist es", bemerkte Nordger und hielt auf die Eingangstür zu. Dahinter liefen sie gleich einem bulligen Pförtner in die Arme, der sie skeptisch musterte. Als Audaod jedoch seine Geldbörse klimpern ließ, nickte der Pförtner und ließ sie passieren.


    Sie betraten einen kleinen Vorraum, der mit erotischen Wandmalereien geschmückt war. Dort erwartete sie ein schmächtiger Kerl hinter einer Theke.
    "Salvete. Viermal?" fragte der nur und musterte die Gäste desinteressiert.
    "Viermal, jawoll", bestätigte Audaod und hielt bereits seine Börse bereit.
    "Macht acht As", erklärte der Kassierer. Offenbar gab es keine Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Mädchen. Gut so. Sie zahlten und wurden dann eine Treppe hinaufgeschickt, wo sie auf einen Gang kamen. Von dort aus führten Eingänge zu den Kammern, die lediglich mit einem Vorhang verschlossen waren. An jeder Kammer war ein Namensschild angebracht.
    "Olympias, die ist mir", posaunte Wigbald los, der als erster hochgestürmt war und einem geöffneten Vorhang nachging, wo er offenbar eine schmucke Dame für sich entdeckt hatte. Audaod erhaschte noch einen knappen Blick auf blondes Haar und üppige Brüste. Nordger wurde auch schnell fündig. Nur Gilbert zögerte einen Augenblick, in dem er von einem Namensschild in die entsprechende Kammer und wieder zurück gaffte.
    "Salome? Na los, rein mit dir!" ermutigte Audaod seinen Freund und gab ihm einen kräftigen Schubser, der diesen direkt in die Arme einer lachenden Rothaarigen schickte.


    Jetzt musste nur noch er selbst ein Weib seiner Begierde finden. Suchend sah er den Gang rauf und runter. Zwei Vorhänge waren nicht zugezogen. Die eine Kammer war mit 'Chiomara' betitelt. Dort machte ihm eine kleine Schwarzhaarige einen Kussmund und entblößte lockend ihre Rundungen.
    "Augenblick", hieß Audaod sie warten und zockelte schnell zur anderen Kammer hinüber.
    "Agnodice", las er laut und erblickte hier dunkelbraunes Haar und einen unwiderstehlichen Blick, der ihm Freude verhieß.

    Als Optio blieb Audaod natürlich nicht von körperlicher Ertüchtigung verschont. Er machte die Aufwärmübungen genauso mit wie Lucius es tat, fühlte sich jedoch nicht so schnell gefordert wie dieser. Der Duccius war jung und tat jeden Tag etwas für seine Muskeln beim Besuch in den Thermen. Dennoch war er froh, als schließlich in Linie angetreten wurde und ein vorlauter Tiro sogleich einmal mit Liegestützen belohnt wurde. Alle konnten ein bisschen durchatmen, bis Centurio Petronius mit einer kleinen Fragerunde begann. Audaod hatte es Lucius gleich getan und sich am Ende der Linie seiner Centurie positioniert, von wo aus er sowohl die Männer als auch den Centurio im Blick hatte.


    "Jawohl, Centurio!" nahm er schließlich den Befehl entgegen, da er aufgerufen wurde, als es um die Bewaffnung ging. Zügig trat Audaod vor und nahm eine Wachstafel und den Griffel zur Hand, die er etwas abseits bereitgelegt hatte. Dann reckte er den Kopf und zählte die Hände in seiner Centurie. Da die meisten der Männer einfache Handwerker, Tagelöhner oder Bauern waren, hatte natürlich keiner von ihnen ein Schwert. Nur fünf Männer, allesamt Söhne reicher Kaufleute oder von Veteranen, die die Waffen ihrer Väter mitführen durften, meldeten sich. Zusammen mit ihm selbst, der ebenfalls von der winzigen duccischen Waffenkammer profitierte, waren es also sechs.
    "Vierundsiebzig", sagte er laut und notierte die Zahl auf der Tabula. "Optio Petronius, wie viele sind es bei dir?"