Beiträge von Caius Duccius Callistus

    Caius hatte sich bereits nach kurzer Zeit daran gewöhnt, dass der Consul von allerlei Boten zu jeder Tageszeit gestört wurde. Er hielt daher gezwungenermaßen im Gespräch mit Vala inne und musterte etwas überrascht den reichlich abgehetzten Boten. Ein Schreiben aus dem Palast, das keinen Aufschub duldete, bedeutete entweder sehr dringende gute Nachrichten, die es zu besprechen galt. Oder aber es bedeutete sehr dringende schlechte Nachrichten, auf die es zu reagieren galt. Beides bedeutete jedenfalls Stress für den Nachrichtenempfänger, den Consul, was wiederum Stress für seinen Tiro, Caius, nach sich zog. Der zog deshalb auch die Stirn kraus und beobachtete mit ungutem Gefühl wie der Consul das Schreiben entgegennahm. Neugierig erwartete er nun Valas Reaktion.

    Zitat

    Original von Tiberia Lucia
    „Wenn sich die Möglichkeit bietet, bestellt Vennonius bitte meinen Dank, dass er euch gesund hierher brachte.“


    „Die ewige Stadt wird ihrem Ruf mehr als gerecht. Aber ihr seid ja grade erst angekommen! Habt ihr schon das Forum Romanum gesehen und die angrenzenden Basilicae und Templae? Wart ihr schon auf dem Palatin? Das Amphitheater und der Circus Maximus sind wahrlich beeindruckend.“


    „Ich hoffe ihr habt auch der Stadt entsprechenden großen Hunger!“, konnte sie sich eine Anspielung nicht verkneifen und die Sklaven boten den jungen Herren verschiedenste Kleinigkeiten an.


    Derart zur Dankesübermittlung aufgefordert machte Caius mit einem bejahenden Nicken deutlich, dass er Lucias' Wunsch nachkommen würde. "Sehr gern", sagte er einfach und fragte sich bereits, ob er Vennonius nicht zusätzlich in die Casa Accia Ducciaque einladen sollte. Aber das würde er später einfach mal in Ruhe mit der Hausherrin besprechen müssen, sobald er sich hier eingerichtet hatte und sich auch traute, solcherlei Wünsche anzusprechen.


    "Oh ja, wir haben dem Forum einen kurzen Besuch abgestattet. Auch, um nach dem Weg hierher zu fragen, aber eben auch weil die Bauten dort einfach umwerfend sind. Nicht wahr, Crassus, vor lauter Staunen wären uns beinahe die Augen ausgefallen", erwiderte Caius auf Lucias Frage nach dem Forum und rief bei seinem Begleiter ein beipflichtendes Nicken hervor.
    "Den Palatin haben wir aber noch nicht gesehen, also noch nicht aus direkter Nähe. Übersehen kann man Aphitheater und Circus Maximus ja gar nicht." Hier musste er sich kurz überwinden, um die anschließende Frage zu stellen: "Vielleicht... ähm... könntest du uns ja eine kleine Führung geben?"


    "Bei Donar, den haben wir!", jubilierte Radbod, als ihnen daraufhin etwas zu essen angeboten wurde. Dass er sich für diesen unverschämt überschwänglichen Ausbruch einmal mehr in Grund und Boden schämte, war so vorhersehbar wie es Caius ein entschuldigendes Lächeln entlockte.
    "Vielen Dank für die Bewirtung, Tiberia", zeigte der Duccier sich deshalb nochmal etwas formvollendeter.

    Valas Scherz begriff Caius nicht sogleich. Er erwiderte zwar das Schmunzeln, aber nur aus Reflex, denn er hatte nicht direkt auf dem Schirm, dass Vala die Statthalterschaft ja für sich selbst beanspruchte. Eine blamable Situation ergab sich aus seinem lahmen Gedankengang jedoch nicht, da der duccische Consul Caius' Frage anschließend komplett überging und mit einer Gegenfrage konterte; allerdings nicht an Caius gerichtet, sondern an Radbod, der augenblicklich vor Schreck erstarrte.

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    "Ich... ich... Radbod, Consul. Mein Name ist Radbod!"


    Caius sah hilflos zu, wie sein zukünftiger Sekretär sämtliche Hoffnung zunichte machte, gegenüber den Würdenträgern Roms kompetent zu wirken oder auch nur einen Hauch Souveränität auszustrahlen.


    "Äh... ich soll, ähm... werde Caius bei seinen Aufgaben als Scriba Personalis unterstützen", brachte Radbod dann hervor. Es klang schon nicht mehr ganz so jämmerlich. "Wenn nötig."

    Zitat

    Original von Titus Duccius Vala
    "Ganz einfach: sobald du dich bereit dazu fühlst."


    "Es gibt zur Zeit allerdings einen Trend zurück zur Familienpatronage, nach dem was man sich erzählt. Ich habe darüber noch keine größeren Gedanken angestellt, aber vielleicht wäre das bedenkenswert.. höher als mein Patron steht wahrscheinlich nur der Kaiser.."


    Bereit fühlte Caius sich nicht im geringsten, so viel stand fest. Er hatte nicht die Hoffnung, dass er sich allzu bald sonderlich bereit fühlen würde, einen Prozess zu führen. Mit einem unguten Gefühl im Bauch schluckte der junge Duccier, stumm nickend. Er würde sich an diese Sache begeben, sobald er sich in Rom gut eingelebt hatte. Oder vielleicht würde er diese Aufgabe auch einfach dazu nutzen, sich einzuleben. Wie auch immer, er hatte bereits jetzt großen Respekt vor der Herausforderung, die der Consul ihm da vorgesetzt hatte.


    Im Folgenden hörte Caius wissbegierig Valas Ausführungen über mögliche Patrone. Das Ergebnis war ernüchternd. Zwar kannte er einige der genannten Namen, hatte jedoch keine Ahnung wer von denen nun tatsächlich der beste Patron für ihn war. Gut, dass Vala schließlich noch einen anderen Vorschlag machte. Caius war sofort begeistert.
    "Ja dann...", zeigte er sich zustimmend. "Gegen Vinicius Hungaricus als Patron hätte ich nichts einzuwenden. Weißt du, wann er in etwa nach Rom zurückkehren will? Also...er wird ja nicht ewig Statthalter von Germania Superior bleiben, denke ich."


    Und weil sie ja schon beim Thema waren, bot sich noch eine Frage für Caius an: "Ähm, wie steht es eigentlich - wo wir schon von Patronen sprechen - mit politischen Verbündeten und Vertrauten? An wen kann ich mich wenden, wenn ich einmal Hilfe benötige? Abgesehen von dir, meine ich."

    "Oh ja", beantwortete Caius wahrheitsgemäß Vala Frage über die Familie, ohne zu ausschweifend erzählen zu wollen. "Vater geht es gut, ebenso seiner Frau und der neugeborenen Camelia. Weißt du davon eigentlich schon? Ja und Dagmar und den Kindern geht es ebenfalls ganz gut und Rodrik und meine ganzen anderen Vettern und Basen wuseln wie immer so vor sich hin. Nur dem ollen Albin merkt man langsam sein Alter an."


    Über Valas Scherz musste Caius unweigerlich schmunzeln. "In Ordnung, nicht ins Bett, aber auf die Latrinen", wiederholte er zum Zwecke der Verinnerlichung Valas Anweisungen.


    Und dann kam die Arbeit. Caius wusste gar nicht wie ihm geschah, da wurde ihm schon sein erster Fall aufgehalst. Er sollte eine Klage einreichen und diese vor Gericht durchdrücken. Wieder musste Caius die ersten Schrecksekunden überwinden, bis er begann eifrig Notizen auf seiner Tabula zu fertigen. Vala hatte offensichtlich schon an das Wichtigste Gedacht, nämlich dass Caius sich mit diesem Projekt erstmal keine Feinde machen konnte. Abgesehen vom Praetor vielleicht, aber solange er den nicht gleich beleidigte oder mit Straßendreck bewarf, würde Caius den wohl nicht verärgern können.
    "Äh, bis wann meinst du, soll ich die Klage denn einreichen?", fragte Caius letztlich, um abschätzen zu können wie weit der zeitliche Rahmen für dieses Projekt gesteckt war.


    Schlussendlich warf der Consul dann auch noch eine Frage in den Raum, über die Caius sich auf seiner Reise nach Rom auch schon erfolglos Gedanken gemacht hatte.
    "Tja, nein. Einen Patron habe ich noch nicht. Kannst du mir da jemanden empfehlen? Und sonstige Verbindungen... also wir sind als Begleitung von Publius Vennonius Caldus hergekommen, der kennt ein paar Senatoren und Ritter hier in Rom. Ansonsten... sieht das eher mau aus." Dabei machte Caius ein leicht missgelauntes Gesicht.

    Gern kamen Lucias Gäste ihrer Aufforderung Platz zu nehmen nach. Crassus ließ sich plump auf seinen Stuhl zurückfallen, ihn hatte die Reise wirklich geschafft. Caius schaffte es dagegen sich etwas eleganter zu setzen, was angesichts von Crassus' Vorlage nicht so schwer war.


    "Also die Reise, nun, sie war so erträglich, wie man das von einer Reise bei Herbst- und Winterwetter eben erwarten kann. Wir sind gut sechs Wochen unterwegs gewesen, hatten aber das Glück uns dem ehrenwerten Publius Vennonius Caldus anschließen zu dürfen. Der hatte einige Leibwächter und einen Reisewagen dabei, was einige Komfort mit sich bringt."
    Er lächelte verschmitzt. "Und wie du siehst, sind wir, äh, gesund und munter in Rom angekommen."
    Crassus nickte eifrig. Er brachte immer noch kein weiteres Wort heraus. Caius dagegen musste nun endlich auch gegenüber seiner Gastgeberin seine Bewunderung für Rom ausdrücken: "Und, äh, wenn ich das mal so sagen darf: Rom. Das ist... also ich bin überwältigt von, äh... allem. Was die Leute über die Urbs Aeterna erzählen, ach, das ist alles Kinderkram. Diese Stadt übertrifft alle meine Erwartungen!"
    "Ja, alles ist so GROß!", platzte es da aus Crassus hervor, der daraufhin ganz erschrocken schaute als wäre ihm das Sprechen verboten, und den Mund schnell wieder schloss.

    Nach der Begrüßung durch die Hausherrin hatten Caius und Crassus ein kleines Cubiculum zugewiesen bekommen, das mit einem Bett, einem Hocker und einem schmalen Kleiderschrank pro Person ausreichend Annehmlichkeiten bot. Ein winziger Tisch eröffnete zudem die Möglichkeit, persönliche Gegenstände offen und falls notwendig griffbereit zu lagern, sei es Schreibzeug oder das Abbild einer Gottheit. Kurz nach der Ankunft der beiden jungen Männer fand sich jedoch noch keinerlei Krimskrams außerhalb der Schränke, in die sie einfach alle mitgebrachten Dinge hineingepackt hatten. Neben Caius' Bett hatte dieser zudem eine Tasche gelegt, in der er sich bereits einige Gegenstände zurechtgelegt hatte, die er erwartungsgemäß in nächster Zeit benötigen würde: Tabula, Griffel, Abacus, etwas Kleingeld. Nachdem die beiden sich schließlich einige Zeit im Cubiculum eingerichtet hatten, wurde ihnen von einem Sklaven mitgeteilt, dass in absehbarer Zeit die Ankunft des Consuls zu erwarten sei. Caius entschied, dass er im Triclinium warten wollte. Zu diesem Zweck zog er sich eine frische Tunika über und forderte auf Crassus dazu auf, ihm dies gleich zu tun.


    So präpariert vertrieben sie sich alsdann die Wartezeit im Triclinium, bis der Hausherr tatsächlich eintraf - und Caius komplett überfuhr. Der junge Duccier öffnete den Mund, sah Vala konsterniert an und schloss den Mund wieder. Es dauerte einige Sekunden, bis sein Hirn schnallte, dass gerade sein Tirocinium Fori begonnen hatte. Caius nickte also, nickte nochmal, nickte, nickte. Er nahm selbstredend alles, was Vala ihm vor die Füße warf, für bare Münze. Und sobald sein Hirn richtig geschaltet hatte, ließ Caius sich von Crassus eine Wachstafel geben und schrieb auf:


    Tirocincium


    Helv. Commodus - III Jahre


    Projekte
    - Leistungen Magistr. letzte XXX - XL Jahre
    - Lex Prov. o. L. P. Ger. Sup.
    - verdammtes Ulp
    - römisches


    Caius blickte irritiert von der Wachstafel auf. Der letzte Stichpunkt war ja eine Frage, die an ihn gerichtet war! "Äh", machte er so einfallsreich und sprachgewandt wie er es bereits bei der Begrüßung durch Tiberia Lucia gewesen war und fand für einen Moment schlichtweg keine passenden Worte, weil sein Hirn noch zu sehr damit beschäftigt war, diese Aufgabenattacke zu verarbeiten. Glücklicherweise zeigte sein Großvetter (oder wie auch immer dieses Verwandtschaftsverhältnis zu bezeichnen war) doch noch einen Anflug von verwandtschaftlicher Herzlichkeit, die Caius zurück ins Reich der Denkenden holte.


    "Danke", sagte er artig als Erwiderung auf den Willkommensgruß und fuhr fort mit der Antwort auf die Frage, die Vala ihm zuvor gestellt hatte: "Ich habe im Unterricht eines Rhetors die Grundlagen unseres Rechtssystems gelernt und interessiere mich besonders für das Strafrecht." Dazu ergänzte er noch hastig: "Aber Provinzgesetzen werde ich auch klarkommen!" Man sah des Consuls Tiro an, dass er zu seinem Verwandten aufblickte und absolut darum bemüht war, ja keine Fehler oder einen anderweitig schlechten Eindruck zu machen.
    "Und ja, äh, eine Frage hätte ich noch", gab er schließlich noch zu. "Soll ich dich ab sofort begleiten. Also... überall hin?" Denn was Vala ihm da gerade aufgebürdet hatte, klang eher als solle Caius bloß sich weit vom Consul entfernt inmitten von Aktenstapeln aufhalten.

    Die Fremde aus dem Norden hatten Zeit genug, die Einrichtung der Casa auf sich wirken zu lassen. Dieses Haus war eines Consuls wahrhaft würdig. Erst recht seiner patrizischen Gattin! Stumm saßen sie da, unfähig ihre Eindrücke in Worte zu fassen, und harrten der Ankunft ihrer Gastgeberin. Als diese schlussendlich den Raum betrat, hatte Caius Mühe, seine Kinnlade unter Kontrolle zu behalten. Diese Frau erfüllte wahrhaftig alle Erwartungen, die er an eine römische Dame aus noblem Hause stellte: Mit graziösem Auftreten, einzigartiger Sprachgewandtheit und einer wundersam Aura der Selbstverständlichkeit ihres Daseins zog sie die den unbedarften jugendlichen Provinzler augenblicklich in ihren Bann. Und dann war sie auch noch so unfassbar attraktiv, dass es Caius zunächst die Sprache verschlug.


    Gut, dass es der Tiberia nicht anders erging, wenn auch aus anderen Beweggründen. Ihr Stocken registrierte Caius nicht, noch weniger realisierte Radbod mit seinem schlichten Gemüt die Irritation der Hausherrin. Als Caius den ersten Schock abgeschüttelt hatte, erhob er sich hastig, was Radbod ihm gleichtat.
    "Caius Callistus aus dem Hause Duccia, Sohn des Eques Imperii Numerius Marsus", spulte der soeben Begrüßte die fein säuberlich auswendig gelernten Worte eilig ab, sodann fortzufahren: "Ich... dies ist mein treuer Begleiter Rad... äh, Crassus. Danke, dass wir deine Gastfreundschaft, äh... genießen dürfen."
    "Salve", krächzte Radbod ungeschickt und verstummte sogleich wieder vor lauter Angst etwas Dummes zu sagen.
    "Äh", stolperte Caius daraufhin weiter durch diese Begrüßung, "Du bist die ehrenwerte Ehegattin meines Verwandten - nunja, entfernten Verwandten - Titus Vala? Ich freue mich sehr, dich kennen zu lernen."
    Was nun? Gab man sich die Hand? Oder war es in Rom im Kreise der Nobilitas Usus, sich mit Wangenküsschen zu begrüßen? Umarmte man sich, wenn man schon einen Verwandten - wenn er auch nur angeheiratet war - in seinem Hause willkommen hieß? Caius' Hände wurden feucht vor Nervosität und aufgrund der reichlich tölpelhaften Vorstellung, die er gerade abgeliefert hatte. Angesichts dieser Frau, die ihn schlichtweg aus dem Konzept gebracht hatte, war jede Vorbereitung beim Rhetor hinfällig gewesen, denn wie konnte der männliche Verstand - in so jungen Jahren wenigstens - einen klaren Gedanken fassen und hernach äußern, wenn in einem solchen Moment alles Blut in gänzlich andere Körperregionen floss?
    Dass die Tiberia, die ihn so souverän willkommen geheißen hatte, nur unwesentlich älter war als Caius selbst, und dass sie innerlich ebenso besorgt ob dieses Zusammentreffens gewesen war wie er, konnte der junge Duccier freilich nicht erahnen. Vielmehr fürchtete er bloß noch, sich vor der Hausherrin nunmehr völlig zu blamieren, indem er beim nächsten Wort in albernes Gestammel geraten könnte.

    Der Ianitor wurde von Minute zu Minute hilfsbereiter und auskunftsfreudiger. Caius fiel das positiv auf. Höflich lächelnd wartete er ab, bis die Anweisungen des Pustus Blumus ins innere der Villa weitergetragen und wenig später ausgeführt wurden. Caius und Radbod ließen sich darob auch bereitwillig ihre Pferde von Tertius abnehmen und betraten sodann die Casa.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/50.jpg "Mannohmann", entfuhr es einem offensichtlich höchst beeindruckten Radbod, als sie im Atrium zum Stehen kamen. "Rom ist echt der Hammer!"
    Caius nickte seinem Begleiter nur beipflichtend zu, konnte jedoch wegen der neuerlichen Worte des Pustus Blumus nicht zu einer gleichsam bewundernden Antwort gegenüber Radbod ansetzen. Vielmehr entgegnete er dem Ianitor: "Sehr gern."
    Anschließend folgte er dem Fingerzeig des Jungen und ließ sich von Radbod gefolgt im Tablinium nieder. Den Wein - zur hälfte mit Wasser gemischt - nahmen die beiden Reisenden dabei zutiefst dankbar entgegen und tranken auch gleich einen großen erfrischenden Schluck des Rebsaftes. Daraufhin sahen sie sich während der Wartezeit ausgiebig im Tablinium um. Die Wandgemälde kündeten davon, dass der Hausherr sich einen kunstfertigen Maler hatte leisten können. Ebenso die kunstvoll geschnitzten Möbel. Und die Weinpokale erst, aus denen sie tranken! Caius wurde sich in diesem Moment endgültig bewusst, dass er in der Casa eines Consuls saß. Ein entrücktes Lächeln stahl sich bei diesem Gedanken auf sein Antlitz, das ihn einen Augenblick lang ziemlich verträumt aussehen ließ. Radbod dagegen starrte einfach nur mit offenem Mund die Gravurarbeiten auf einer silbernen Weinkanne an, die einige griechische Athleten bei ihren Leibesübungen zeigten.


    So würde die Hausherrin zwei beeindruckte junge Burschen zu Gesicht bekommen. Der eine, Caius, in typisch römischer Gewandung - er hatte bewusst auf römisches Auftreten geachtet - und der andere, Radbod, in nicht ganz so römischer Aufmachung. Beide wiesen allerdings keine allzu großen Spuren der Reisestrapazen auf, denn am Abend zuvor hatten sie im Gasthaus vor der Stadt die Möglichkeit gehabt sich zu waschen und noch einmal frische Kleidung von den Packpferden überzuwerfen, um einen besseren Eindruck bei der Tiberia und ihrem Mann zu machen. Eine gewisse Erschöpfung von der langen Reise war beiden Wartenden abseites der offensichtlichen Bewunderung für Rom und alles was damit einherging dennoch anzusehen.

    Die Miene des Ianitors blieb unbewegt. Caius wäre dadurch womöglich irritiert gewesen, aber glücklicherweise sprach Pustus Blumus gleich weiter. Dass Vala nicht da war, erwies sich zwar als lästig, war im Endeffekt aber nicht weiter schlimm.


    "Nun gut. Wenn die Domina... Tiberia, nicht wahr? Wenn sie uns empfangen möchte, so kehren wir gern ein", beantwortete Caius die Frage des Ianitors und wollte schon auf die einladende Geste hin eintreten, als ihm die Pferde wieder ins Gedächtnis kamen. "Achso, kannst du noch jemanden anweisen, unsere Pferde zu versorgen und das Gepäck entgegenzunehmen?" Caius hoffte, dass man die Pferde in der Casa Accia irgendwo würde unterstellen können. Ansonsten käme wohl ein Mietstall in Frage. Radbod schaute derweil mit großen Augen und trat noch einen Schritt näher um zu verdeutlichen, dass er ebenfalls ein Reittier inklusive Packpferd dabei hatte, das er versorgt wissen wollte.

    Der Empfang durch den Ianitor war nicht überwältigend freundlich, aber auch nicht abschreckend unfreundlich. Caius versuchte sich an einem unsicheren Lächeln und wollte sich vorstellen, als ihm erstmal die Stimme versagte. Er räusperte sich und begann dann nochmal von neuem:


    "Salve. Ich bin Caius Duccius Callistus, Sohn des Numerius Duccius Marsus. Ich komme mit meinem Begleiter" - kurzer Daumenzeig über die Schulter auf Radbod - "aus Germania Superior. Ich... äh... würde gern den Senator, na der ist ja jetzt Consul... also den Consul Duccius...Titus Duccius Vala sprechen. Wenn er da ist."

    Nachdem Caius den größten Stau, den er je zu Gesicht bekommen hatte, hinter sich gelassen hatte und in die Straßenschluchten Roms eingetaucht war, dauerte es geraume Zeit, bis er die Casa Accia Ducciaque erreichte.
    Caius und sein Begleiter Radbod folgten zunächst im Schneckentempo der Via Flaminia, die sie mit jedem Schritt tiefer auf das Herz der Urbs Aeterna, das Forum Romanum, zu führte. An einer der hunderten Kreuzungen verabschiedeten sie sich denn auch von Publius Vennonius Caldus, der eine Abzweigung nahm, um einen Freund zu besuchen (beziehungsweise als günstige Verkostungs- und Übernachtungsmöglichkeit zu missbrauchen). Von da an zogen sie zu zweit weiter. Sie brauchten zwar eine halbe Ewigkeit, weil das Gedränge mit jedem passus, den sie vorankamen, schlimmer wurde. Aber das war nun nicht mehr von Bedeutung. Caius kam nämlich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Allein die Stockwerkzahl der Mietskasernen beeindruckte ihn dermaßen, dass er dreimal in Folge unschuldige Passanten beinahe mit seinem niedergeritten hätte, was durch deren lauthalsen Protest noch kurzfristig verhindert werden konnte. Und die Prachtbauten erst! Einen Blick auf das Mausuleum Augusti und den Ara Pacis hatte er ja bereits erhaschen können. Doch auch die großen Denkmäler und Tempel, die ihm später zu Gesicht kamen, beeindruckten Caius über alle Maßen. Er war zwar aus Mogontiacum, wo der Sitz des Statthalters lag und wo es auch Thermen, Tempelanlagen und ein Forum mit Basilika gab, schon prächtige römische Architektur gewöhnt. Aber hier in Rom schienen ja bereits die Insulae der Unterschicht gigantisch zu sein, wie mussten da erst die Stadtvillen der Nobilitas ausgestattet sein?


    Und dann erreichten Caius und Radbod das Forum Romanum. Da saßen sie auf ihren Pferden und hielten Maulaffen feil. Niemand beachtete sie sonderlich. Nur wenige Leute würdigten sie eines Blickes, während sie an ihnen vorbei hasteten oder in den Portiken und auf den Tempelstufen herumlungerten. Dies war der Mittelpunkt der Welt, erkannte Caius als sein Hirn wieder zu arbeiten begann. Verrückt. Und er stand mitten darin.
    "He, guter Mann", sprach er schließlich einen gemütlich daherschlendernden Bürger mittleren Alters an. "Wo finde ich das Haus des Senators Titus Duccius Vala?"
    "Du meinst den Consul Titus Duccius Vala?", antwortete der Mann mit einer Gegenfrage, deren Ton klar machte, was er von der Unwissenheit des jungen Burschen hielt - gar nichts. Caius riss die Augen weit auf. Hatte Alrik... Vala... es tatsächlich geschafft? Sollte es wahr sein? Das wäre wirklich eine frohe Botschaft.
    "Genau der", grinste er also und erhielt auch prompt eine halbwegs genaue Wegbeschreibung, anhand derer Caius und Radbod sich unter stetem Nachfragen entlang des Weges schließlich bis zur Casa des Consuls durchkämpfen konnten.


    "Das muss es sein", verkündete Caius dann endlich seinem Begleiter, als sie an ihrem Zielort angelangt waren.
    "Donar sei Dank. Ich sterbe vor Hunger!", ächzte Radbod nur und warf einen sehnsüchtigen Blick auf das Haus, in dem er sich eine gute Mahlzeit und ein weiches Bett erhoffte.
    "Dann wollen wir mal", raffte Caius sich ungeachtet des radbodschen Gejammers auf, stieg vom Pferd und betätigte den Türklopfer.

    Der übliche Betrieb? Caius machte große Augen. Bei Wodan, allein auf dieser Straße mussten es hunderte Menschen sein, die in die Stadt hinein wollten. Wie viele mussten sich dann in den Straßen Roms gegenseitig auf die Füße treten? Langsam dämmerte Caius, dass er sich noch gar keine richtige Vorstellung davon gemacht hatte, wie Rom wirklich war.


    "Schnee? Ahja, natürlich. Es ist ja schon November, da steckt ganz Germania jetzt vermutlich schon unter einer weißen Decke. Aber besondere Neuigkeiten gibt es eigentlich nicht", beantwortete Caius die Frage des Urbaners. "Nichts weltbewegendes jedenfalls."


    Und dann durften sie schon passieren. Caius holte kurz Luft, als er spürte wie sich die Anspannung vor dem Betreten der Urbs Aeterna noch einmal steigerte und sagte dem Urbaner anschließend erstmal ein paar Worte des Dankes: "Danke, Miles. Genieß' deinen Feierabend, wenn es soweit ist."
    Womit er lächelnd die Soldaten passierte, gefolgt von seinen Begleitern. Im nächsten Moment, in dem er in das Straßengewimmel eintauchte, erschlugen ihn auch schon die unzähligen Eindrücke.

    Caius erkannte am Ton des Urbaners, dass seine Antwort recht einfältig gewesen war, woraufhin ihm augenblicklich eine leichte Schamesröte in die Wangen schoss.


    "Äh, klar doch", gab Caius dem Soldaten die Erlaubnis, ihr Gepäck zu durchsuchen. "Waffen führen wir nicht mit uns." Falls die Männer seine Satteltaschen durchsuchen wollten, so würde Caius sie gewähren lassen. Mehr als Proviant, Schreibkram, Kleidung und Toilettenartikel würden sie weder bei ihm noch bei Radbod finden. In Radbods Gepäck war ohnehin mehr Proviant und Kochgeschirr als irgendetwas anderes. Und der Vennonius beobachtete die ganze Szene sowieso nur mit hochnäsigem Blick durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen seiner Sänfte. Er hatte keine Durchsuchung zu fürchten, da er sein Gepäck ja bereits zuvor in die Stadt hatte schaffen lassen.


    "Ist hier eigentlich immer so viel los?", fragte Caius schließlich den Urbaner, der ihn angesprochen hatte, während dieser seiner Arbeit nachging.

    "Salvete Milites", erwiderte Caius den Gruß des Soldaten, als sie endlich an der Reihe waren. "Äh, so ist es", bejahte er die Frage nach der Zusammengehörigkeit der kleinen Reisegruppe. Es folgte die Vorstellung seiner selbst: "Mein Name ist Caius Duccius Callistus, ... ähm, Sohn des Eques Imperii Numerius Duccius Marsus." Daraufhin wies er zunächst auf seinen dicklichen Begleiter zu Pferd und sodann auf die Sänfte. "Dies ist mein Begleiter ... öhm, Crassus" - Radbod verschluckte sich heftigst an den Nüssen, die er soeben in sich hineinstopfte; Caius war es irgendwie unangenehm, seinen Freund mit germanischem Namen vorzustellen, weshalb er den ersten Begriff nannte, der ihn zu Radbod einfiel: Crassus, das heißt dick - "und des Weiteren seht ihr hier die Sänfte des hochangesehenen Gerichtsredners Publius Vennonius Caldus." Voller Erwartung der Reaktion des Urbaners sah Caius diesen nun an. Da fiel ihm ein, dass ja noch mehr Fragen zu beantworten waren: "Äh, ach ja und wir kommen aus Mogontiacum. In Germania Superior. Und wollen in die Stadt." Er zeigte über den Kopf des Soldaten hinweg die Straße hinauf, wo er dem Menschenstrom nach Rom hinein folgen wollte.

    Caius hatte ja versucht sich darauf vorzubereiten. Er hatte viele Berichte gelesen, die Beschreibungen von Publius Vennonius Caldus in sich aufgesogen und so manchen Reisenden auf dem Weg nach seinen Eindrücken befragt. Aber nichts von alledem konnte Caius Duccius Callistus (,der sich geschworen hatte seinen germanischen Namen in Rom aus politischen Gründen vorerst beiseite zu lassen) auf den Moment vorbereiten, in dem er die letzte Hügelkuppe vor seinem Ziel überschritt und seiner Destination angesichtig wurde.
    Dort lag es vor ihm. Rom, Mittelpunkt der Welt, Urbs Aeterna, gewaltigste aller Städte. Viele priesen diesen Ort, mehr noch verfluchten ihn, jeder liebte ihn. Rom, das war für Caius seit er sich erinnern konnte der größte Wunsch (Freilich hatte es auch andere Wünsche gegeben, aber die waren in diesem Augenblick gänzlich vergessen). Ein Jugendtraum ging in dem Moment in Erfüllung, als er das Meer aus Ziegeldächern erblickte, aus dem zahllose Tempelkuppel und Markthallen emporragten. Und dann noch das Colloseum, das unübersehbar inmitten dieser steinernen Prachtbauten hockte wie ein Fels im schäumenden Flusslauf.
    Sofort drängte es den Duccius sein Pferd anzutreiben und sich in die Menschenmassen zu werfen, um die Eindrücke dieser Metropole in sich aufzunehmen. Aber sein Überschwang erfuhr jäh einen herben Dämpfer, denn alsbald kam er am Ende einer langen Warteschlange zum Stehen, die seine Geduld in Sekundenschnelle überstrapazierte.


    Aufgeregt ließ er seine Ungeduld am Vennonius aus: "Was soll das? Warum müssen wir warten? Wo kommen die ganzen Leute her?"

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpgPublius Vennonius Caldus verzog seine Lippen zu einem schmalen Lächeln, zog amüsiert die Augenbrauen hoch und machte es sich in seinem Reisewagen noch etwas bequemer, bevor er sich zu einer Antwort herabließ: "Ach, mein junger Freund. Dies ist Rom. Jeder Mann und jede Frau dieses Reiches begehrt Einlass in diese prächtigste aller Städte. Schau, sie harren aus um sich hineinzustürzen in dies Labyrinth aus Straßen und Gassen, um ihrem Tagwerk nachzugehen oder Freunden und Verwandten einen Besuch abzustatten. Und dafür heißt es Zeit Opfern und sich in Geduld üben. Denn der Notwendigkeit einer Kontrolle durch die tapferen Milites der Cohortes Urbanae an der Pforte entrinnt letztlich niemand."
    Er machte eine unbestimmte Bewegung mit der Hand, bei der seine Finger sich in routinierter Eleganz die Luft durschnitten und der vennonische Siegelring in der spärlichen frühwinterlichen Sonne glänzte. "So steht zu befürchten, werden auch wir warten müssen."
    Caius schnaubte verärgert. So hatte er sich seine Ankunft in Rom nicht vorgestellt. "Na großartig", maulte er und warf einen weiteren verärgerten Blick auf den Stau, der sich vor ihnen aufgetan hatte.
    "Gräme dich nicht, Duccius", setzte nun der Vennonier erneut an und schlug dabei einen versöhnlichen Ton an. "Wir werden ohnehin vor Betreten der Urbs noch einmal in einem Gasthaus einkehren. Denn mit diesem Wagen dürfen wir ohnehin nicht die Straßen Roms queren. Und unsere bewaffneten Gesellen hier werden ebenso keine Erlaubnis zum Betreten der Stadt erhalten, das weißt du ja. Deshalb werden wir uns gezwungen sehen, bis zum Anbruch des kommenden Tages uns noch in Geduld zu üben, so leid es mir denn tut. Schließlich müssen wir den Reisewagen noch gegen eine Sänfte eintauschen, zu deren Erhalt Mercurius sei dank dort vorn zahlreiche Leihgeschäfte existieren."
    Caius schnaubte erneut. Das wurde ja immer besser. Radbod dagegen zuckte unbeeindruckt mit den Schultern und warf beiläufig dazwischen: "Tja, das ruft nach einer Zwischenmahlzeit." Daraufhin begann er in einer Satteltasche zu kramen und zückte eine geräucherte Wurst. Vennonius brachte das zum schmunzeln, Caius dagegen lachte laut.
    "Ach Radbod, du denkst von uns allen hier doch noch am praktischsten! Etwas zu beißen ist jetzt tatsächlich das richtige!"


    Und so verbrachte die Gesellschaft zunächst eine Nacht im Gasthaus, bevor sie am nächsten Morgen sich erneut einreihte in die Schlange der Wartenden, um Schritt für Schritt über die Via Flaminia her sich dem Kontrollpunkt der Cohortes Urbanae anzunähern. Die bewaffneten Leibwächter und die Kutsche hatten sie nun hinter sich gelassen. Statt dessen bewegte Publius Vennonius Caldus sich in einer Sänfte fort - sein Gepäck hatte er bereits in der Nacht auf einem Wagen in die Stadt schaffen lassen -, während Caius und Radbod auf ihren Pferden sowie mit zwei Packpferden im Schlepptau dieser Sänfte folgten.
    Bald befanden sich zwischen ihnen und den Urbanern nur noch eine Familie mit zwei Kindern und eine Gruppe dreier Pilger, die noch abzufertigen waren. Caius bekam plötzlich schweißfeuchte Finger, die er sich an seiner Tunika - die germanische Reithose hatte er schon an der Grenze zu Italia abgelegt - abzuwischen versuchte. Er tauschte einen nervösen Blick mit Radbod. Diese Milites sahen beeindruckend aus, das gestand Caius sich ein. Er bereitete sich darauf vor, dass sie ebenso ruppig und unhöflich waren, wie er es von den Soldaten der Legionen und Straßenposten gewöhnt war.

    Nach seinem Abschied hatte Audaod eine weite und anstrengende Reise zu bewältigen. Von Mogontiacum ging es in südlicher Richtung zunächst über Borbetomagus rhenusaufwärts weiter nach Argentoratum und von dort aus nach Augusta Raurica. Das Wetter machte es in diesen Tagen bereits unmöglich, den direkten Weg über die Alpes Montes einzuschlagen. Statt dessen war ein Umweg über Vesontio und Cabillonum weiter in südwestlicher Richtung bis nach Lugdunum notwendig, der durch Gallia Narbonensis letztlich nach Massilia führte. Von dort aus ging es schließlich entlang der Küste nach Italia, wo man bequem der Via Aurelia nach Rom folgen konnte.


    Wesentlich erleichtert wurde die Reise durch zwei Faktoren. Erstens reiste Audaod nicht allein, sondern in Begleitung. Da war einerseits Radbod, der etwas unbeholfene aber sehr hilfsbereite junge Kerl, den es aus Mogontiacum fortgetrieben hatte und der Audaod - wie dieser vermutete aus purer Verzweiflung - nun zur Seite stehen wollte (seine Kochkünste waren im Übrigen ausgezeichnet!).

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpgAndererseits war da Publius Vennonius Caldus, der eine Reisekutsche und vier gut gerüstete Leibwächter zu ihrer kleinen Gesellschaft beisteuerte. Und nicht nur das, Vennonius hatte auch eine ganze Menge Wissen im Gepäck. Wie sich nämlich bald herausstellte, hatte Vennonius eine juristische Ausbildung durch den reichsweit bekannten Juristen Publius Iuventius Celsus genossen, die er auf der Reise alsbald mit dem sehr interessierten Audaod teilte. Doch nicht nur das. Als schnell herauskam, weshalb der junge Duccius nach Rom ging, begann der Vennonier sein gesamtes Wissen über die stadtrömische Gesellschaft, den Umgang innerhalb der Senatorenriege, Unterhaltungsmöglichkeiten und das Geldverdienen mit Audaod zu teilen.
    "Junger Duccius, lass dir gesagt sein: Dies ist jenes Wissen, das dir den Einstieg in eben diese besagte römische Gesellschaft - du freilich würdest sie bezeichnen als Klüngel, so wage ich zu behaupten - in erheblicher Art und Weise zu erleichtern vermag. Wahrlich und wahrlich, angesichts deiner hehren Bestimmung, der dich der erhabene und ruhmreiche Iuppiter höchstselbst wohl zugeführt haben mag, sehe ich es als meine geheiligte Pflicht an, dich angemessen und würdig auf diese atemberaubende und rühmliche Destination vorzubereiten!"
    So pflegte der Vennonier in seiner recht abgehobenen und schwülstigen Art zu sagen und Audaod nickte beipflichtend. "Ganz wie du es sagst", antwortete er dann. Und während Radbod das ein oder andere Mal einsam auf seinem Pferd dahintrottete, fuhr Audaod in Vennonius' Kutsche mit und führte Diskurse. Oder hörte sich Ein-Mann-Diskurse seines Lehrers an. Audaod amüsierte die Art des Vennoniers nicht selten, wenngleich er nicht verkannte, dass er bei dem Mann viel Neues erfuhr. Besonders sein juristischer Sachverstand wurde geweckt und geschärft, was sich vor allem an so manchem anschaulichen Problem anhand der geltenden Gesetzestexte zeigte.
    Schließlich aber versäumte Audaod es ebenso wenig seine Fertigkeiten im Ring- oder Schwertkampf im Wettstreit mit ihren recht robusten Leibwächtern auf einem guten Stand zu halten, wofür so manche Rast die Zeit bot.
    Und zu guter Letzt sah Audaod es außerdem als seine Pflicht an, auch dem guten Radbod einen Teil seiner Zeit zu widmen, der die Reisegesellschaft durch seine Kochkünste bei Laune hielt und für das ein oder andere erheiternde Gespräch zu haben war. So wurde auch bei stetig sich verschlechterndem Novemberwetter die Stimmung nicht oder jedenfalls nie dauerhaft trüb, was Audaod als sehr komfortabel empfand.

    Ein Amulett! Audaod nahm das Kleinod entgegen und betrachtete es ehrfürchtig, bevor er gewahr wurde, dass sein Vater erwartete, dass er es auch gleich anlegte. Nichts lieber als das, dachte Audaod sich und trug fortan Wodans Raben um den Hals. Der Gott würde über ihn wachen und fast schon fühlte Audao sich sicherer in seinen Schritten. "Danke, Vater", presste er atemlos hervor, unfähig seine Gefühle wortreicher zu artikulieren.


    Und dann war der Moment gekommen, in dem sein Vater ihn fortschickte. In dem Witjon es endgültig machte. Audaod nickte ernst und steuerte mechanischen Schrittes sein Pferd an, wo er aufstieg und sich noch einmal umwandte.
    "Wir sehen uns wieder, wenn ich den latus clavus trage!", rief er, winkte nochmal zum Abschied und wendete daraufhin sein Pferd, das er energisch zum Tor der Villa Rustica hin antrieb. In eiligem Gallopp stob er davon. Radbod beeilte sich ebenfalls aufzusteigen, winkte Witjon und seiner Familie flüchtig und wendete dann ebenfalls, um Audaod ungeschickt hinterherzureiten. Radbod sah noch ein, zwei Mal ängstlich zurück. Audaod dagegen verschloss sich jedwedem Heimweh. Er sah nur nach vorn, in Gedanken bereits bei ihrem Mitreisenden Publius Vennonius Caldus, den sie wenig später auf der Hauptstraße treffen würden.


    Vale Germania. Salve Italia!

    Zitat

    Original von Petronia Octavena
    "Das fällt dir jetzt ein?" Octavena schnaubte, wenn auch nicht ernsthaft böse, und schüttelte den Kopf. "Ich glaube, noch sind noch nicht alle da... Ein wenig wirst du dich aber wohl noch gedulden müssen."
    Hunger. Der einzige Gedanke ihres Stiefsohns war, wann es das nächste Mal etwas zu essen gab.
    Na ja, vielleicht nicht ganz der einzige, dem verliebten Blick nach zu urteilen, mit dem er kurz darauf das Baby in ihren Armen bedachte und der auch Octavena gleich wieder etwas milder stimmte. Die kleine Camelia reagierte auch nahezu prompt auf die Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde und gluckste leise, wobei sie ihrer noch recht neu entdeckten aktuellen Lieblingsbeschäftigung nachging und neugierig die Händchen ausstreckte.


    "Wann denn sonst?", entgegnete Audaod auf die völlig unverständliche Frage nach dem Zeitpunkt seines Magengrummelns. "Ich könnte glatt ein halbes Schwein auf Fladenbrot verdrücken."
    Das Glucksen seiner Schwester bestätigte ihn in seiner Meinung. Er wandte sich der Kleinen zu, stupste ihre Nase an und fragte ohne ernsthafte Erwartung einer Antwort: "Ja, nicht? Du könntest jetzt auch ein halbes Schwein vertragen, ja? Genau, so ein richtig leckeres saftiges Ferkelchen." Seinem breiten Grinsen war deutlich zu entnehmen, dass er sichtlich Spaß mit dem Kleinkind hatte. Schade eigentlich, dass er nicht schon viel früher weitere (Halb-) Geschwister bekommen hatte.


    Sim-Off:

    Ich muss hier jetzt leider aussteigen, sonst komme ich niemals in Rom an. Schleift mich einfach mit!