Beiträge von Caius Duccius Callistus

    Audaod hasste Abschiede. Erst recht hasste er lange Abschiedsreden. Umso froher war er deshalb, dass sein Vater kein großes Tam Tam um seinen Fortgang machte. Sicherlich, er hatte sich im Vorfeld bereits lange Reden anhören müssen über Sicherheit auf der Reise, über seine Ankunft und ersten Schritte in Rom. Dass er sich genauestens an die Anweisungen seines senatorischen Vetters Alrik zu halten habe, dass er seiner Sippe keine Schande machen solle, dass er auf sich und sie seinen Acht zu geben habe, das gehörte alles zum festen Bestandteil der verbalen Vorbereitung auf Audaods Zukunft. Ebenso erinnerte sein Vater ihn noch einmal eingehend an die Bildung, die Audaod hatte genießen dürfen und an die körperlichen Übungen, die ihn gestählt und auch in gewissem Maße auf militärische Aufgaben, die im Laufe seines erhofften Aufstiegs zu bewältigen waren, vorbereitet hatten. Außerdem hielt Witjon seinem Sohn die gute Erziehung vor Augen, die er ihm hatte angedeihen lassen. Er, Audaod, solle ihm, Witjon, ja keine Schande machen. Die Sippe und die Gesellschaft solle er ehren, Höhergestellte (insbesondere seinen zukünftigen Patron) respektieren und achten, Niedriggestellte dagegen nicht verachten, aber so weit als möglich und nötig (aus- bzw. be-) nutzen und vor allem für einen Klientenstamm sorgen, der ihm alsbald das nötige Prestige und die wichtige Zuarbeit für gesellschaftliche wie politische Aufgaben sicherte.


    All das war jedoch unwichtig in dem Moment, in dem Audaod von seinem Vater in die Arme geschlossen wurde. Audaod versuchte möglichst einfach nicht zu denken, sondern genoss diesen sekundenlangen Augenblick, der so schnell wieder endete.
    "Danke", krächzte Audaod schließlich und ergänzte ein kleinlautes "Mach ich" als Erwiderung auf die Aufforderung, er möge Grüße an die Verwandtschaft überbringen. Dann wandte er sich Octavena zu, die er ebenfalls nun kurz umarmte, woraufhin er der kleinen Camelia liebevoll über das weiche Babyhaar streichelte. Ein angemessenes Wort des Abschieds blieb ihm im Halse stecken. So trat er einfach wieder einen Schritt zurück und sah etwas ratlos wieder seinen Vater an. Das war's dann jetzt wohl.

    http://www.kulueke.net/pics/ir…_torhausundwege_klein.pngZwischen den Bäumen, die den Weg säumten, hatte sich seine Familie versammelt. Audaod schluckte einen dicken Kloß herunter, der sich soeben wieder in seinem Hals festzusetzen drohte. Seinen Vater, seine Stiefmutter, die kleine Camelia, die vielen Onkel, Tanten, Vettern und Basen, sie alle würde Audaod viele Jahre nicht sehen - wenn nicht sogar nie wieder. Der Gedanke schmerzte ihn und stellte einen krassen Kontrast dar zu der Vorfreude und der großen Spannung, die er empfand, wenn er an die Reise und besonders an die Ankunft in Rom dachte. Rom! Die Urbs Aeterna würde nicht länger nur ein Bild seiner Fantasie bleiben, hervorgerufen durch Erzählungen, Berichte und Neuigkeiten anderer. Er selbst würde den Mittelpunkt der Welt mit eigenen Augen erfahren. Es war zu verrückt um wahr zu sein. Aber noch war Audaod nicht dort, rief er sich schnell wieder ins Bewusstsein. Mit einem schiefen Lächeln ging er auf seinen Vater zu, den er wohl von allen Familienmitgliedern am schmerzlichsten vermissen würde.


    Hinter Audaod stakste Radbod möglichst unauffällig her. Die Anwesenheit der älteren Duccii machte ihn immer etwas befangen. So blieb er irgendwo zwischen den Pferden stehen, trat von einem Fuß auf den anderen und zog seinen Mantel etwas enger um sich, denn es war kalt. Während Audaod sich verabschiedete, lenkte Radbod seine Aufmerksamkeit auf eine Fliege, die fortwährend die Nüstern seines Ponys umschwirrte.


    Sim-Off:

    Weil ich diesen Abschied schon viel zu lange vor mir her schiebe und mich nicht zu lange damit aufhalten will: Ich melde mich morgen Nachmittag/Abend um, denke ich. Ihr seid nicht gezwungen, unbedingt bis dahin hier zu posten, ich bleib euch ja auch anderweitig erhalten. Und so aktiv war ich mit dieser ID ja sowieso noch nicht, dass ein Abschied allzu schwer fällt... :D

    http://www.kulueke.net/pics/ir…a/villa_staelle_klein.pngHeute war der Tag gekommen, an dem Audaod seinen Abschied nehmen musste von seiner Heimat. Er wollte Senator werden und deshalb war die Reise nach Rom beziehungsweise ein Umzug dorthin, nicht mehr zu verhindern. Es widerstrebte ihm eigentlich, Mogontiacum zu verlassen. Dennoch, sein Traum vom Senat überwog das flaue Gefühl, das beim Gedanken an den Abschied stets im seinem Magen aufkam.
    Um nicht zu sehr über den Abschied nachdenken zu müssen, stürzte Audaod sich in seine Reisevorbereitungen. Er packte möglichst wenig, denn er fand es einfacher in Rom Kleidung und andere Gebrauchsgegenstände des Alltags neu zu erwerben - von Möbeln ganz zu schweigen. Als er den Hauptstall des Gestüts betrat, befanden sich deshalb in seinem Gepäck nur zwei Tuniken, eine neue Toga, ein zweites Paar Carbatinae, etwas einfaches Schreibzeug, eine ganze Menge Proviant und die wichtigsten Instrumente für die tägliche Körperpflege.

    http://farm1.static.flickr.com…87019926_181b637bd1_s.jpg "Na, mein Guter?", begrüßte Audaod seinen Junghengst Isberaht. Er klopfte dem Pferd freundlich den Hals und erntete ein deftiges Schnauben als Antwort. "Ja, uns steht eine happige Reise bevor. Schnauben hilft da auch nicht, da sei dir mal sicher." Audaod grinste. Isberaht schnaubte erneut und stampfte mit dem Huf auf. Audaod deutete das Stampfen als Ungeduld, endlich aus dem Stall herauszukommen. Belustigt machte er seinen Hengst bereit, schnallte ihm den Sattel um und befestigte einen großen Beutel mit seiner Habe an dem harten Leder. Am Sattelknauf machte er zudem einen Trinkschlauch - natürlich gefüllt mit süffigem Bier - fest, woraufhin er ein letztes Mal die Gerüche des Stalles einsog. Stroh, Pferdeäpfel, Schweiß, das alles würde er in Rom wohl nicht mehr riechen. Jedenfalls nicht in der Form. Als er sich wieder zusammengerissen hatte, bereitete Audaod noch ein zweites Pferd vor, dem er noch etwas mehr Proviant, ein paar Decken und dergleichen und das ein oder andere Geschenk für bestimmte Personen, die er in Rom zu besuchen gedachte, aufbürdete. Schließlich verließ er entschlossenen Schrittes den Stall, um sich ja nicht seinem bereits aufkommenden Heimweh hinzugeben. Wenn er nach Rom wollte, dann musste er jetzt gehen, oder nie.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/50.jpgVor den Ställen traf Audaod auf Radbod, der ihn nach Rom begleiten würde. Damals, kurz nach dem Brand der Casa Duccia, hatten Audaod und Radbod bereits darüber gesprochen, dass Audaod fortgehen wolle. Nachdem sich schließlich herauskristallisiert hatte, dass Audaod diese Reise tatsächlich antreten würde, rang Radbod sich schließlich dazu durch, ebenfalls seine Zelte in Mogontiacum abzubrechen. Der Duccius freute sich darüber, ein bekanntes Gesicht an seiner Seite zu haben und nahm Radbod gerne mit.


    "Bereit?", fragte er den pummeligen Burschen, während er ihm beherzt auf die Schulter klopfte.
    "Uff", keuchte Radbod. "Glaub' schon."
    "Na dann kann's ja losgehen", grinste Audaod und stapfte weit ausschreitend an seinem Gefährten vorbei, seine beiden Pferde am Zügel führend. Radbod beeilte sich, seinem Kameraden zu folgen. Er hatte ein Pony dabei, das ihn nach Rom tragen würde. Als er Audaod eingeholt hatte, war die Sonne gerade voll aufgegangen. Es war früher Morgen, denn Audaod wollte das Tageslicht ausnutzen, um möglichst schnell vorwärts zu kommen.
    "Wo treffen wir denn die anderen?", fragte Radbod.
    "Vorn an der Militärstraße", lautete Audaods Antwort.
    "Und wer sind die Leute?"
    "Wir reisen zusammen mit Publius Vennonius Caldus. Er ist ein gelehrter Mann. Und er hat sowohl Leibwächter als auch eine Kutsche." Audaod grinste breit. "Vielleicht passen wir da bei schlechtem Wetter sogar zu dritt rein."
    "Boah! Meinst du wirklich?" Radbods Augen weiteten sich. "Das muss ein reicher Mann sein."
    "Jap, das is' er. Vennonius ist Jurist, weißt du? Ich hoffe er kann mir noch so manches beibringen, was mir dann später hilft. Mit Wodans Hilfe werde ich ja einmal Praetor, da muss ich von Recht und Gesetz eine ganze Menge Ahnung haben." Sie erreichten nun den Weg, der von der Villa aus das Landgut durchschnitt und zur Römerstraße im Osten führte. "Schau, da ist schon unser Abschiedskommittee..."

    Auch Audaod postierte sich im Kreise seiner Familie, begrüßte die Anwesenden und wuschelte Dagmars Kindern forsch durchs Haar, ohne ihren ärgerlichen Protest zu beachten. Daraufhin verfolgte er die Plauderei zwischen Runa und Crispus, gefolgt von stetig ungeduldigerem Warten auf den Beginn des Opfers.


    "Ich hab' Hunger. Könn' wa ma loslegen?", fragte er in gedämpfter Lautstärke die Umstehenden - Dagmar und Octavena. Dabei erfasste sein Blick seine kleine Halbschwester, die er bereits fest ins Herz geschlossen hatte. Sein Hunger verflog für einen kurzen Moment, während dessen er Octavena ein breites Lächeln schenkte. Er freute sich sehr, dass er nun eine gesunde Schwester hatte.

    Audaod tat es seinem Vater gleich, wobei er nun doch recht nervös war. Er versuchte sich den Eid bestmöglich zu merken, der ihm vorgesprochen wurde, fürchtete jedoch sich zu verhaspeln und elend zu blamieren. Er schluckte und begann zu schwören:


    "Ich, Caius Duccius Callistus, schwöre bei Apollo Grannus Mogoun, Divus Augustus und allen Divi Augusti, ... äh ... beim Genius Cornelii Palmae und allen Göttern, der Lex Cornelia Municipalis, allen Decreta der Decuriones Mogontiaci und den Weisungen der Magistrate des Municipium Cornelium Mogontiaci zu jeder Zeit Folge zu leisten. Öhm...ich... ich schwöre, diese Gesetze zu halten, solange ich als Municeps diesem Municipium angehöre."


    Puh, da hatte nun doch an der ein oder anderen Stelle gestockt. Aber er hatte zum Glück keine großen Patzer eingebaut und hoffte, dass der Duumvir den Eid so akzeptieren würde.

    Zitat

    Original von Decimus Duccius Verus
    "Heilsam Männer. Habe ich was verpasst?" grüßte er seinen Vetter und dessen Sohn und fragte er eher rhetorisch. Denn was wollte er schon groß verpasst haben.. sie standen in einer Reihe und warteten.


    "Moin und nö", beantwortete Audaod Phelans Frage mit einem Achselzucken. "Abwarten", sagte er weiter und fügte mit einem schiefen Grinsen hinzu: "Was zu trinken wär super gegen die Warterei."


    Womit er seinen Blick über die Wartenden schweifen ließ. Oha, hier und dort ließen sich hübsche junge Mädchen ausmachen. Audaod sah genauer hin. Die ein oder andere war ihm bekannt, Töchter von Bekannten und Freunden der Familie oder von Decuriones. "Andererseits hat das Warten auch etwas Gutes", raunte er Phelan zu und wies mit einem verhaltenen Nicken auf eine brünette Schönheit, die ein paar Schritte rechts vor ihnen in einer Schlange stand. Sie war die Tochter eines Fernhändlers, der unter anderem qualitativ hochwertige Pelze aus Germania Magna importierte und damit eine Menge Geld scheffelte.

    Beinahe wäre er seinem Vater um den Hals gefallen. Audaod war überglücklich! Er strahlte über das ganze Gesicht, denn sein Vater war einverstanden. Audaod würde nach Rom gehen. Er würde Senator werden. Er würde die Karriereleiter des Cursus Honorum emporklettern und am Ende würde er Consul werden. Davon war er überzeugt!


    "Danke, Vater", sagte er ergriffen und schluckte einen dicken Kloß im Hals herunter. "Ich werde dich nicht enttäuschen", versprach er.

    Ja bitte, Senator!, flehte ein Schreihals in Audaods Kopf sehnsüchtig. Das Funkeln in seinen Augen deutete dem Außenstehenden an, was dem jungen Mann in diesem Moment durch die Birne schoss. Seine kühnsten Vorstellungen könnten wahr werden! Ihr Götter, warum machte sein Vater es nur so spannend?


    "Ich..." Er stockte. Bei Donars Nüssen, reiß dich zusammen! "Ja, Vater. Ich möchte in den Senat einziehen." Audaod schluckte. "Das ist mir der größte Wunsch."

    Audaod war sich sicher, dass sein Vater ihn zum Narren hielt. Er hatte doch etwas ganz anderes gemeint! Ihn interessierte doch gar nicht, ob Alrik heiratete oder gute Beziehungen zu den Viniciern hatte oder, oder, ...


    "Und das Tirocinium fori?", fragte er sichtlich erregt. "Ich...das ist doch eine tolle Idee, nicht wahr?" Audaod fürchtete, dass sein Vater es genau gegenteilig sehen würde. "Ich könnte doch richtig viel lernen von Alrik! Über Politik und Verwaltung und über Recht und Rechtsprechung. Und..."


    Audaod stockte. Zögerte. Unterdrückte schließlich den letzten Rest Zurückhaltung, indem er allen erdenklichen Mut zusammennahm. "...ich könnte Senator werden, wie Alrik!"

    Audaod war an diesem Tag im Domus Petronia zu Besuch. In der Casa Domitia herrschte bisweilen immer noch recht gedrückte Stimmung, weshalb es ihn nicht selten aus dem Hause zog und sich bei seinem Vater, seiner Stiefmutter und Naha, die für ihn mittlerweile wie eine Schwester war, aufhielt.


    "Vater", erwiderte Audaod die Anrede und legte seine Lektüre zur Seite. "Was gibt es denn?", fragte er und ließ sich neugierig den Brief geben.


    Was er dann zu lesen bekam, machte ihn für den ersten Moment sprachlos. Alrik schlug vor, dass Audaod sein Tirocinium Fori bei ihm machen solle. In Rom! Audaod war hin und weg. Er sah seinen Vater an, öffnete den Mund, schloss ihn wieder, warf einen weiteren erstaunten Blick auf das Schreiben.


    "Und...", rang er sich schließlich dazu durch irgendetwas zu sagen. "Was sagst du dazu?"

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/50.jpg "A...Audaod? Schläfst du?", fragte eine zögerliche Stimme und zerstörte damit die wohltuende Stille, die hier im Garten abseits der Straßen herrschte. Audaod schlug die Augen auf und erblickte Radbod. Sie nannten ihn plump 'Schwabbel', weil er dick war und ungelenkig und dazu auch noch ungeschickt. Aber Radbod war ein netter Bursche, das wusste Audaod. Und er kein Schisser wie so manch anderer, der von seinen gehässigen Mitmenschen stets gehänselt wurde.


    "Nein", entgegnete Audaod. "Was willst du?" Er sah Radbod mit zusammengekniffenen Augen an.


    "Äh..." Radbod stand einen Moment unschlüssig herum. Dann fiel ihm ein, dass er ja ein paar Dinge in den Händen hielt. "Ich hab' Bier dabei", grinste er und hielt ihm den Krug und zwei Becher entgegen. "Ich dachte du möchtest vielleicht...was trinken?" Er grinste gewinnend.


    Audaod versuchte aus Radbod schlau zu werden. Er mochte diesen Kerl, aber manchmal verstand nicht, was in seinem Kopf vorging. Er nahm wortlos einen Becher und ließ sich einschenken.


    "Ich hab' dich nirgendwo gefunden, deshalb...äh...naja, ich hab' einfach mal geraten du seist hier." Sie stießen miteinander an und tranken. Audaod schwieg weiter. Er starrte nachdenklich vor sich hin. "Du siehst nicht so glücklich aus", bemerkte Radbod. "Also, ich meine, abgesehen von dem...Brand", schob er schnell hinterher, als würde es das besser machen.


    Audaod war kurz versucht Radbod eine ordentliche Kopfnuss zu verpassen, beließ es dann aber bei einem stechenden Blick. "Hm", brummte er verdrießlich. Dann seufzte er schwermütig. "Ach Radbod, ich weiß auch nicht." Er trank noch etwas Bier, bevor er sich überwinden konnte, etwas mehr zu sagen. "Weißt du, ich möchte nach Rom. Senator werden. Es wäre...genial." Seine Augen leuchtete. "Aber...ich kann nicht. Wie könnte ich auch? Hier liegt alles in Scherben und ich soll verschwinden? Einfach so?" Er schüttelte den Kopf. "Nein, kommt nicht in Frage."

    Leise raschelte das Laub der Bäume im Garten der einstigen Casa Duccia in der leichten Brise. Dieser Ort, der einst sein Zuhause gewesen war, wirkte jetzt unwirklich, surreal. Der verkohlte Schuttberg stand in krassem Gegensatz zu den vom Feuer verschont gebliebenen Bäumen und Strächern, die in angemessener Entfernung zur Casa wucherten.


    Audaod saß im Schatten einer Buche im Moosdurchsetzten Gras und hing seinen Gedanken nach. Er fühlte sich schlecht. Seine Sippe steckte in der schwersten Krise seit er denken konnte und was machte Audaod? Er hatte nur Sorgen für sich selbst, für seine Zukunft und seine Wünsche übrig. Er war ein erbärmlicher Egoist. Audaod seufzte schwer. Er rupfte nachdenklich Gras aus und schmiss es lustlos vor sich auf die Wiese.


    Der Sohn eines der mächtigsten Männer der Civitas hatte sich eine Idee in den Kopf gesetzt, die er nicht mehr los wurde. Er wollte fort aus Mogontiacum um nach höheren Weihen zu streben. Er wusste, er war dafür geboren. Alrik war aus dem selben Grund fortgegangen und war sehr erfolgreich. Audaod war überzeugt, er könne es ihm gleich tun. Er wollte Senator werden. Unbedingt! Aber wie konnte er jetzt weggehen? Wie konnte er in dieser schwersten aller Stunden seine Sippe verlassen, nein, sie geradezu im Stich lassen? Sein Vater brauchte ihn hier, da war Audaod sicher. Aber er wollte so gerne seinen Traum verfolgen und seiner Sippe Ruhm und Ehre einbringen. So wie Alrik! Er beneidete Alrik um die Freiheit, einfach seinen Weg gehen zu können. Sein Vater würde Audaod bestimmt nicht gehen lassen. Oder doch? Audaod verzweifelte an diesen Fragen, die ihm den Schlaf raubten.


    Eine weitere Handvoll Gras verteilte sich vor seinen Füßen. Ein Specht klopfte irgendwo in den Bäumen. Ein Eichhörnchen huschte über die Wiese und erklomm in Windeseile einen Baum. Audaod schloss entnervt die Augen.

    Es waren nun einige Tage vergangen, seit Domitius Massula den obdachlosen Duccii bereitwillig erste Hilfe geleistet hatte. Audaod war mit Leif inklusive Frau und Kindern, Rodrik, Albin, Marga und Lanthilda bei Massula gut untergekommen und die Tage nach der Brandkatastrophe ließen sich halbwegs aushalten. Boduognatos versorgte sie hinreichend und die Duccii fühlten sich willkommen. Die Stimmung war den Umständen entsprechend gut, die vielen Hausbewohner kamen gut miteinander aus und Audaod ertappte sich oft genug bei dem Gedanken, dass es wesentlich schlimmer hätte kommen können.


    Dann wurde Faustus Domitius Massula krank. Es kam von jetzt auf gleich. Abends ging es ihm noch gut. Man hatte zunächst ohne den Hausherrn zu Abend gegessen, da dieser geschäftlich außer Haus gewesen war und auch außerhalb essen wollte. Als Massula dann eintraf, trank man noch das eine oder andere Glas Wein oder Bier und wenig später verabschiedete man sich ins Bett. Im Laufe der Nacht ging es Massula dann aber plötzlich so schlecht, dass er zwischen Erbrechen und Darmproblemen beinahe keine Atempausen hatte. Man konnte keine Erklärung finden und der gerufene Medicus wusste auch keine Antwort. Dass der Domitier sich an verdorbenem Fischeintopf vergiftet hatte, konnte ja keiner der sorgenvollen Freunde erahnen.
    Am folgenden Tag verschlechterte sich Massulas Zustand zusehends. Er nahm nur wenig zu sich, behielt davon rein gar nichts und war völlig geschwächt. Der Medicus verließ verzweifelt das Haus, Boduognatos heulte wie ein Schlosshund. Am zweiten Tag waren die Gesichtszüge des Domitiers bereits ausgezehrt und seine Bewegungen quasi nicht mehr vorhanden.


    Am dritten Tag starb Faustus Domitius Massula im Kreis seiner trauernden Freunde und Nachbarn.

    Audaod hatte mehr schlecht als recht geschlafen in dieser Nacht. Er plagte sich in letzter Zeit mit allerlei Gedanken herum; über seine Zukunft, sowohl in beruflicher als auch familiärer Hinsicht als auch ganz allgemein über seine Wünsche und Vorstellungen für das Leben. Eine Entscheidung zu treffen in dieser oder jener Hinsicht sah er sich unfähig oder unwillig, je nach tageslaune. So hatte er lange gebraucht um den heilsamen Schlaf zu finden, der ein jähes Ende fand, als das Chaos in der Casa Duccia ausbrach.


    Von Naha aufgeschreckt war Audaod in eiligst übergestreiftem Hemd sowie einer Hose hinaus auf den Flur gelaufen und hatte sich nach der Überwindung des ersten Schreckens in adrenalingetriebener Tatkraft entsprechend den Anweisungen der älteren Verwandten in die Brandlöschung eingereiht. Er schleppte Eimer, Schüsseln, Karaffen, eins um das andere, und dennoch schienen die Flammen nur Stück um Stück in die Höhe zu wachsen. "Ihr Götter, steht uns bei", flehte er bei sich und hievte einen weiteren wassergefüllten Bottich vom Hintermann nach vorn, wo der Inhalt alsbald in der Hitze verdampfte, ohne Nutzen zu tragen.


    In einem Moment des Wartens auf das nächste Wassergefäß fiel ihm eine Truhe im Atrium ins Auge, die dort nicht mehr stehen sollte. "Das Geld!", rief er entsetzt und gestikulierte Wild in Richtung der Truhe, die wie in jedem betuchteren Haushalt im Atrium ihr Dasein fristete und einen Teil des familiären Vermögens beinhaltete.


    Da brach jedoch schon das erste Stück der Casa in sich zusammen. Unter lautem Getöse fiel der hölzerne Aufgang in die oberen Stockwerke in sich zusammen und Funken und Rauch stoben in alle Richtungen. Schon machte der erste der Helfer seiner Verzweiflung Luft und rief die Zwecklosigkeit des Löschungsunterfangens aus. Audaod knirschte wütend mit den Zähnen angesichts der Hilfslosigkeit, die ihn mit einem Mal zu übermannen drohte. Ihm wurde klar: Sie konnten nichts tun. Ihr Heim, sein Geburtshaus, der Mittelpunkt seines Daseins: Nicht mehr zu retten. Verloren!


    Hinter ihm geriet die Eimerkette in Unordnung. Sollte man sich zur Flucht wenden? Manch einer verließ bereits das Haus, andere zögerten, hingehalten vom unbedingten Willen den Brand doch noch zu bezwingen, das Heim zu retten. Doch es half alles nichts. "Nein!" Audaod schüttelte den Kopf, winkte eine weitere mit Wasser gefüllte Schüssel heran. "Los, weiter! Wir können das schaffen..."
    Aber er glaubte selbst nicht mehr daran. Insgeheim hatte Audaod die Hoffnung bereits aufgegeben und klammerte sich nur noch an die wütende Verzweiflung, die sich in ihm breit machte. Zornestränen vernebelten seine Sicht, als er seinem Vordermann die Wasserschüssel so rabiat in die Hände drückte, dass der Großteil des Inhalts verschüttet wurde.

    Audaod streunte an diesem milden Tag zusammen mit seinem Freunden Gilbert und Wigbald über das Forum und schaute sich einerseits nach Waren für seine Betriebe, andererseits nach hübschen Mädchen um. Ein paar geeignete Stände mit Leder für seinen Schuster und Gerste für seine Brauerei hatte er bald schon ausgemacht. Ebenso war ihm die ein oder andere Schönheit unter den Marktbesucherinnen aufgefallen.


    "He, schaut mal da vorn", machte Gilbert sie schließlich auf eine Menschenansammlung aufmerksam. Audaod reckte den Hals. Das versprach Unterhaltung, egal welcher Art. "Na dann lasst uns doch mal sehen, was da los ist", schlug er vor und sie schlurften dort hinüber, wo sie sich in die vorderen Reihen durchkämpften.
    "Ein Hütchenspieler!", rief Wigbald erfreut aus. Er hatte schon immer ein Faible für Glücksspiel gehabt und betrachtete nun gespannt, wie sich der Schmalhans anstellte, der nun sein Glück versuchen wollte. "Na, jetzt bin ich aber gespannt", grinste Audaod.

    Zitat

    Original von Caius Duccius Callistus
    Das ging ja ratz-fatz, danke. Nun bitte ich daran anschließend um die Einstampfung meines Schusters 'Freya Mercurioque - Skaeha Maka' - (Achtung!) Stufe I. Dankesehr.


    Stopp! Kommando zurück! Wie mir soeben mitgeteilt wurde, kann man Betriebe auch verschmelzen? So dies möglich ist, würde ich gern meine Schusterbetriebe Stufe I und Stufe II zusammenfügen. Der Name bleibt der gleiche.

    Audaod trat ein, setzte sich und hörte zu. Es ging um Eilas Schuster, aha. Audaod knibbelte ein bisschen an seinen Fingernägeln, während sein Vater ihm einen gar nicht so dummen Vorschlag machte.


    "Jap, der Laden läuft gut", bestätigte er daher erstmal die Vermutung seines Vater über den noch aktiven Schuster unter Audaods Leitung. "Klingt gut", kommentierte er daher Witjons Vorschlag. "Was muss ich tun?" An höherem Umsatz hatte er schließlich stets Interesse.

    Der Sohn des Bräutigams hatte genug gesehen. Er nickte nur schweigsam, als ihm das blutige Laken gezeigt wurde und vergewisserte sich auch nochmal, dass der Petronier ebenfalls alles notwendige mitbekommen hatte. Anschließend ließ er sich bereitwillig aus dem Zimmer herauskomplimentieren. Draußen wartete noch eine Feier auf ihn.


    "Das werden wir, danke. Gute Nacht", wünschte er seinem Vater und schob Marcus Petronius Crispus behutsam aus dem Zimmer, um seinem Vater und seiner Stiefmutter ihre Zweisamkeit zu lassen.